Urteil des BGH vom 23.07.2008

Leitsatzentschedung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 134/06 Verkündet
am:
23. Juli 2008
Breskic,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2
a) Ein Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete i.S. des § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB liegt bei vereinbarter monatlicher Mietzahlung auch bei
der Geschäftsraummiete jedenfalls dann vor, wenn der Rückstand den Betrag von
einer Monatsmiete übersteigt.
b) Ein solcher Rückstand reicht für eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß
§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB nur aus, wenn er aus zwei aufeinanderfol-
genden Zahlungszeiträumen (hier: Monaten) resultiert.
c) Ein Rückstand, der diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil er (auch) aus anderen
Zahlungszeiträumen herrührt, rechtfertigt die außerordentliche fristlose Kündigung
lediglich, wenn seine Höhe zwei Monatsmieten erreicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
b BGB).
BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 - XII ZR 134/06 - OLG Jena
LG
Meiningen
- 2 -
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juli 2008 durch den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke, den
Richter Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats
des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 27. Juli 2006 auf-
gehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlan-
desgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien verlangen mit der Klage und der Widerklage Feststellung,
dass der zwischen ihnen bestehende Mietvertrag über Gewerberäume durch
ihre wechselseitigen außerordentlichen Kündigungen beendet worden ist, und
begehren Ersatz des ihnen daraus entstandenen Schadens. Der Beklagte ver-
langt weiter Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde, die er dem Kläger zur Ab-
wendung des Vermieterpfandrechts übergeben hat.
1
Der Kläger vermietete an den Beklagten mit Vertrag vom 15. Oktober
2002 noch nicht fertig gestellte Räume in einem Neubau zum Betrieb eines "Ca-
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- 3 -
fes und Backshops (Bäckercafe)" für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis
30. November 2012 mit Verlängerungsoption zu einem im Voraus bis spätes-
tens zum 3. Werktag eines jeden Monats an den Vermieter zu zahlenden mo-
natlichen Mietzins von 7.779,54 € einschließlich Nebenkostenvorauszahlung
und 16 % MwSt. Dieser Mietzins setzt sich im Einzelnen zusammen aus einer
"Netto-Kaltmiete" von 6.370 € für eine Mietfläche von 130 m², einer Nebenkos-
tenvorauszahlung für 130 m² von 260 €, einer "Netto-Kaltmiete" für einen Tech-
nikraum von 9 m² von 67,50 € und einer Nebenkostenvorauszahlung für diesen
Raum von 9 €, jeweils zuzüglich MwSt. Die exakte Miethöhe sollte gemäß § 20
Ziff. 5 des Mietvertrages nach Aufmass festgelegt und bei einer Fläche von we-
niger als 130 m² entsprechend korrigiert werden.
Nach § 2 Nr. 6 des Mietvertrages sollte der Vermieter das Mietverhältnis
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund kündigen können,
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a) wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit einem
Betrag rückständig ist, der eine Monatsmiete übersteigt, oder
b) wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Ter-
mine erstreckt, mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten
rückständig ist.
Zum Konkurrenzschutz enthält § 18 des Mietvertrages die Zusicherung
des Vermieters, dass im selben Gebäude kein (weiteres) Bäckercafé vermietet
wird.
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Am 31. Dezember 2002 oder 2. Januar 2003 eröffnete in dem Gebäude,
in dem sich die Mieträume befinden, die "Bar und Café Ü. ". Der Beklagte
erhielt am 17. Dezember 2002 die Schlüssel für die Mieträume, in denen er am
10. Januar 2003 einen Backshop mit Café eröffnete. Er zahlte für Dezember
5
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2002 keine und für den Zeitraum von Januar bis Mai 2003 eine wegen behaup-
teter Mängel und eines behaupteten Verstoßes gegen das Konkurrenzschutz-
gebot geminderte Miete und zwar am 6. März 2003: 12.898,62 €, am 3. April
2003: 6.909,54
€ und am 5.
Mai 2003: 6.039,54
€, somit insgesamt
25.847,70 €. Für Januar und Februar 2003 minderte er die Miete um jeweils
3000 € netto, für März 2003 um 2.250 € netto und für April und Mai 2003 um
jeweils 1.500 € netto, wovon der Betrag von jeweils 1.500 € netto auf die be-
hauptete Verletzung der Konkurrenzschutzklausel und der jeweilige Restbetrag
auf die Mängel entfiel.
Mit Anwaltschreiben vom 7. Mai 2003 kündigte der Kläger den Mietver-
trag fristlos wegen Zahlungsverzugs mit einem Mietzins in Höhe von insgesamt
15.643,18 €. Bei der Berechnung dieses Rückstands legte er eine wegen ver-
späteter Übergabe auf ein Drittel = 2.593,18 € reduzierte Dezembermiete und
für die Monate Januar bis Mai 2003 die vertraglich vereinbarte Miete von mo-
natlich 7.779,54 €, somit eine geschuldete Miete für die Zeit von Dezember
2002 bis Mai 2003 in Höhe von insgesamt 41.490,88 €, zugrunde.
6
Der Beklagte widersprach der Kündigung und erklärte seinerseits mit
Schreiben vom 22. Mai 2003, abgeändert durch Schreiben vom 25. Juni 2003
,
wegen Verstoßes gegen die Konkurrenzschutzklausel die fristlose Kündigung
des Mietvertrages zum 31. August 2003.
7
Nach erfolglosen Vergleichsverhandlungen räumte der Beklagte das
Mietobjekt Ende September 2003.
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Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Gegen
das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat
auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts abgeändert und der
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Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Da-
gegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
10
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die fristlose Kün-
digung des Klägers sei gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB wirksam. Der Beklagte
sei zum Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung mit einem nicht uner-
heblichen Teil der Miete, von dem bei einem Rückstand mit mehr als einer Mo-
natsmiete auszugehen sei, in Verzug gewesen. Der Gesamtrückstand an Miete
und Nebenkosten habe 15.643,18 € betragen und damit den monatlich verein-
barten Betrag von 7.779,54 € überstiegen.
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Der im Mietvertrag vereinbarte Mietzins sei nicht wegen Wuchers sitten-
widrig. Zwar liege bei gewerblichen Mietverträgen ein auffälliges Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung vor, wenn die vereinbarte Miete knapp
100 % höher sei als die Marktmiete. Hier überschreite der vereinbarte Mietzins
den ortsüblichen Mietzins schon nicht um 100 %. Ausgehend von der von dem
Sachverständigen ermittelten, für die Berechnung des Mietzinses maßgeblichen
Fläche von 138 m
2
ergebe sich unter Berücksichtigung der vereinbarten Netto-
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miete von 6.437,50 € ein Nettomietzins von 46,65 €/m
2
. Dieser Mietzins über-
schreite den von dem Sachverständigen ermittelten ortsüblichen Mietzins von
23,60 €/m
2
nicht um 100 %. Im Übrigen fehle es an der für eine Sittenwidrigkeit
der Miete neben dem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleis-
tung erforderlichen verwerflichen Gesinnung des durch den Vertrag objektiv
Begünstigten. Die vom Kläger vorgelegte Halbjahresanalyse der ortsansässigen
Makler weise für 1 a-Lagen Gewerberaummieten zwischen 37,50 €/m² im
1. Halbjahr 2003 und 40 €/m² im 1. Halbjahr 2002 aus. Dagegen beliefen sich
die Quadratmeterpreise für Ladenlokale in der 1 b-Lage lediglich auf 10 €/m² bis
13 €/m². Da es oft schwierig sei zu entscheiden, ob ein in guter Geschäftslage
liegendes Objekt der 1 a-Lage oder der 1 b-Lage zuzuordnen sei, ergebe sich
eine Preisspanne von 10 € bis 40 €. Einem privaten Vermieter, der einen Miet-
preis im Bereich der dargelegten Schwankungsbreite durchgesetzt habe, könne
man angesichts der kurzfristig möglichen Mietzinsveränderungen bei der Ge-
werberaummiete nicht ohne weiteres ein unredliches Verhalten vorwerfen,
wenn ein Sachverständiger später zu dem Ergebnis gelange, dass innerhalb
der Schwankungsbreite ein um die Hälfte niedrigerer Mietzins marktüblich ge-
wesen wäre. Es müssten dann weitere Umstände für eine verwerfliche Gesin-
nung des begünstigten Vertragspartners sprechen. Solche Umstände lägen hier
nicht vor. Vielmehr sei der Beklagte, der im Zeitpunkt der Anmietung des Miet-
objekts bereits mehrere Backshops in der Region unterhalten habe, unterneh-
merisch nicht derart unerfahren gewesen, dass er bei der Vereinbarung des
Mietzinses dem Kläger unterlegen gewesen sei und dieser seine Unerfahren-
heit ausgenutzt habe.
Ein Verzug mit der Entrichtung von mehr als einer Monatsmiete scheitere
auch nicht an der von dem Beklagten geltend gemachten Minderung
.
Selbst
wenn der Beklagte die von dem Kläger in Höhe von 2.593,18 € verlangte
Miete
für Dezember 2002 wegen der behaupteten Nichtgewährung des Gebrauchs
13
- 7 -
nicht geschuldet hätte und die von ihm für die Zeit von Januar bis März 2003
angenommene Minderung wegen angeblicher Mängel in Höhe von insgesamt
3.750 € netto berechtigt gewesen wäre, somit der Minderungsbetrag insgesamt
6.343,18 € betragen hätte, verbliebe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündi-
gung des Klägers ein Mietzinsrückstand, der eine Monatsmiete übersteige
.
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Gegenüber diesem Anspruch habe dem Beklagten auch kein Zurückbe-
haltungsrecht in Höhe von 1.500 € monatlich wegen der behaupteten Verlet-
zung des vereinbarten Konkurrenzschutzes zugestanden
.
Die in § 18 des Mietvertrages vereinbarte Konkurrenzschutzklausel sei
bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass der Kläger dem Beklagten
Konkurrenzschutz lediglich in Bezug auf künftig abzuschließende weitere Miet-
verträge zugesagt habe. Aus den nicht angegriffenen Feststellungen des land-
gerichtlichen Urteils ergebe sich aber, dass bereits zu Vertragsbeginn im Ober-
geschoss des Anwesens das Café Ü. als gastronomische Einrichtung
existiert habe. Diese Feststellungen stünden im Einklang mit dem klägerischen
Vortrag, wonach der mit dem Konkurrenten bestehende Mietvertrag bereits im
März 2003 (richtig: 2002) geschlossen worden sei. Der Kläger sei auch nicht
verpflichtet gewesen, dem Beklagten den Umfang des von dem Café Ü.
angebotenen Warensortiments zu offenbaren. Vielmehr habe der Beklagte,
dem bei Vertragsschluss die Vermietung der Räume an das Café Ü. be-
kannt gewesen sei, selbst Erkundigungen über die dort angebotenen Waren
einholen müssen. Im Übrigen habe der Beklagte nicht ausreichend dargelegt,
dass der vereinbarte Konkurrenzschutz verletzt sei. Grundsätzlich erstrecke
sich der Konkurrenzschutz nur auf die Fernhaltung solcher Konkurrenten, wel-
che die von dem Beklagten als Hauptartikel seines Geschäfts vertriebenen Wa-
ren oder Leistungen ebenfalls als Hauptartikel vertrieben und damit dieselbe
Verbrauchergruppe ansprächen. Einen die Ertragslage in der Regel nicht we-
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sentlich beeinträchtigenden Wettbewerb in bloßen Nebenartikeln müsse der
Mieter dagegen hinnehmen. Der Beklagte habe aber nicht dargetan, dass das
Café Ü. vom Schwerpunkt her auf bäckerspezifische Angebote ausge-
richtet und damit einem Backshop vergleichbar sei. Dem Beklagten sei es bei
Vertragsschluss ersichtlich darauf angekommen, vor dem Betrieb eines Bäcke-
reigeschäftes geschützt zu werden, das in der näheren Umgebung die gleichen
Kunden anspreche wie sein eigenes Unternehmen.
Da der Beklagte den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom
7. Mai 2003 auch zu vertreten habe, sei er dem Kläger dem Grunde nach ver-
pflichtet, den aus der Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen.
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Im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung des Klägers vom 7. Mai
2003 habe die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 22. Mai 2003
bzw. 25. Juni 2003 nicht mehr zur Beendigung des Vertragsverhältnisses füh-
ren können, weshalb die Widerklage abzuweisen sei.
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II.
Die Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in
allen Punkten stand.
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1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht sei
rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, der im Mietvertrag vereinbarte Miet-
zins sei nicht sittenwidrig überhöht.
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a) Zwar beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht
bei seiner Annahme, der vereinbarte Mietzins übersteige den ortsüblichen Miet-
zins nicht um 100 %, sondern liege knapp darunter, unzutreffend von der im
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Sachverständigengutachten mit 138 m
2
festgestellten Gesamtmietfläche aus-
gegangen ist. Das Berufungsgericht hätte vielmehr die für die Berechnung des
im Mietvertrag mit 6.370 € netto vereinbarten Mietzinses maßgebliche Haupt-
nutzungs- und Verkehrsfläche zugrunde legen müssen, die nach den Feststel-
lungen des Sachverständigen lediglich 130,52 m
2
beträgt.
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Dieser Fehler wirkt sich jedoch auf die Entscheidung nicht aus. Denn das
Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats
davon ausgegangen, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung bereits dann vorliegt, wenn die vereinbarte Miete - wie hier -
knapp 100 % höher ist als die ortsübliche Miete (Senatsurteile vom 14. Juli
2004 - XII ZR 352/00 - NJW 2004, 3553, 3554 und BGHZ 141, 257, 262; BGHZ
146, 298, 302).
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei der
Annahme, es fehle an einer verwerflichen Gesinnung des Klägers, keine Aus-
führungen und Beweisanträge des Beklagten übergangen.
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Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der ständigen Recht-
sprechung des Senats, nach der bei gewerblichen Mietverträgen allein aus ei-
nem auffälligen Missverhältnis zwischen der vereinbarten und der marktübli-
chen Miete noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten ge-
schlossen werden kann, geprüft, ob das bestehende auffällige Missverhältnis
für den Kläger erkennbar war (Senatsurteile vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 -
NJW 2004, 3553, 3555, vom 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - NJW 2002, 55, 57
und vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 159/99 - BGH-Report 2002, 224). Dabei ist
es unter Berücksichtigung der von dem Kläger vorgelegten Halbjahresanalyse
der ortsansässigen Makler davon ausgegangen, dass dem Kläger angesichts
der erheblichen Unterschiede der Mietpreise für Objekte in der 1 a- und der
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1 b-Lage und der Schwierigkeit zu entscheiden, welcher genauen Lage das Ob-
jekt zuzuordnen sei, nicht ohne Weiteres ein unredliches Verhalten vorgeworfen
werden könne. Andere Umstände, die eine verwerfliche Gesinnung des Klägers
begründen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht.
24
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht dadurch,
dass es nicht ausdrücklich auf die von dem Beklagten behauptete Überrumpe-
lung durch den Kläger bei Abschluss des Mietvertrages und dessen Tätigkeit
auf dem Gebiet der Immobilienerrichtung, -verwertung, sowie -verwaltung ein-
gegangen ist, nicht gegen Art. 103 GG verstoßen.
Zwar verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs das Gericht, die Aus-
führungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu
ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar
ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich
ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kennt-
nis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist dabei nicht ver-
pflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich
zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich ma-
chen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis
genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 86,
133, 145 f.).
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Solche besonderen Umstände sind hier nicht gegeben. Vielmehr hat das
Berufungsgericht der von dem Beklagten behaupteten Überrumpelung im Hin-
blick darauf, dass dieser im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages be-
reits mehrere Backshops in der Region betrieb und deshalb unternehmerisch
nicht derart unerfahren war, dass er bei der Vereinbarung des Mietzinses dem
Kläger unterlegen gewesen wäre und dieser seine Unerfahrenheit ausgenutzt
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hätte, zu Recht kein entscheidendes Gewicht beigemessen. Angesichts der
besonderen Erfahrung des Beklagten und der sich aus der Halbjahresanalyse
der ortsansässigen Makler ergebenden Mietpreise kam auch der Tätigkeit des
Klägers auf dem Immobiliensektor für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit keine
eigenständige Bedeutung zu.
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2. Die Revision rügt weiter ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe unter
Verstoß gegen Art. 103 GG ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen
Verletzung der vereinbarten Konkurrenzschutzklausel verneint.
a) Das Berufungsgericht hat die in § 18 des Mietvertrages getroffene
Vereinbarung der Parteien, in der sich der Kläger gegenüber dem Beklagten
verpflichtet hat, im selben Gebäude kein Bäckercafé zu vermieten, in revisions-
rechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass der Kläger nur
vor der Konkurrenz eines vom Konzept her einem Backshop mit Café gleichen-
den, vom Schwerpunkt auf bäckereispezifische Angebote ausgerichteten Be-
triebs geschützt werden sollte, nicht aber generell vor gastronomischen Einrich-
tungen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, liegt der
Schwerpunkt des auf einen Barbetrieb ausgerichteten Café Ü. nicht in der
Versorgung von Gästen mit Kaffeespezialitäten und Backwaren. Entgegen der
Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht dabei den Vortrag des Beklagten
berücksichtigt, wonach das Café Ü. auch Kaffeespezialitäten mit back-
spezifischen Waren anbietet
.
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3. Das Berufungsgericht hat jedoch - wie die Revision zu Recht rügt -
rechtsfehlerhaft angenommen, die dem Beklagten am 9. Mai 2003 zugegange-
ne Kündigung des Klägers vom 7. Mai 2003 sei gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 3 a Alt. 2 BGB wirksam, weil der Gesamtrückstand der Miete einschließlich
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Nebenkosten für die Zeit von Januar bis Mai 2003 zum Zeitpunkt der Zustellung
der Kündigung den Mietzins für einen Monat überstiegen habe.
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a) Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht § 2 Nr. 6 a des
Mietvertrages, der die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung regelt,
nicht ausdrücklich erwähnt und ausschließlich auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
BGB abstellt. Denn § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages stimmt weitgehend mit § 543
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB überein, nach dem für eine fristlose Kündigung
aus wichtigem Grund der Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete
für zwei aufeinander folgende Termine ausreicht. § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages
konkretisiert lediglich den nicht unerheblichen Teil dahin, dass der Verzug mit
einem Betrag, der eine Monatsmiete übersteigt, ausreicht. Ein Rückstand mit
mehr als einer Monatsmiete ist auch gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2
BGB als nicht unerheblich anzusehen. Das ergibt sich aus § 569 Abs. 3 Nr. 1
BGB, der dies für die Wohnraummiete ausdrücklich regelt. Da § 569 Abs. 3
Nr. 1 BGB eine Schutzvorschrift zugunsten des Wohnraummieters ist, ist nach
einhelliger Auffassung ein Mietrückstand von einer Monatsmiete bei gewerbli-
chen Mietverhältnissen erst recht erheblich (BGH Urteil vom 15. April 1987
- VIII ZR 126/86 - NJW-RR 1987, 903, 905 zu § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB
a.F.; Palandt/Weidenkaff 67. Aufl. § 543 BGB Rdn. 24; Both NJW 1970, 2197).
Im Hinblick auf die Übereinstimmung mit § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages durfte
das Berufungsgericht allein auf die gesetzliche Regelung des § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 a BGB abstellen.
b) Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte
sei bei Zugang der Kündigung mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug gewe-
sen. Miete im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB und damit gemäß § 2
Nr. 6 des Mietvertrages ist die Grundmiete zuzüglich der Nebenkostenvoraus-
zahlung (Senatsurteil vom 10. Oktober 2001 - XII ZR 307/98 - BGHReport
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2002, 225 m.w.N.; Sternel Mietrecht 3. Aufl. IV Rdn. 402), hier somit ein Betrag
von monatlich insgesamt 7.779,54 €.
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Das Berufungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, dass die-
ser die von dem Kläger für Dezember 2002 in Höhe von 2.593,18 € verlangte
Miete wegen Nichtgewährung des Gebrauchs und die Miete für die Zeit von
Januar bis März 2003 wegen verschiedener Mängel in Höhe von 3.750 € (rich-
tig: 3.750 € zzgl. 16 % MwSt. = 4.350 €), folglich in Höhe von insgesamt
6.343,18 € (richtig: 6.943,18 €), nicht geschuldet habe. Davon ist im Revisions-
verfahren auszugehen. Der Betrag von 6.943,18 € ist somit bei der Berechnung
des Rückstandes von dem für die Zeit von Dezember 2002 bis Mai 2003 ver-
traglich noch geschuldeten Mietzins von 15.643,18 € in Abzug zu bringen. Da-
nach bestand zur Zeit des Zugangs der Kündigung des Klägers ein Mietzins-
rückstand von 8.700 €, der sich aus den wegen der behaupteten Verletzung
des Konkurrenzschutzgebots von den Mieten für Januar bis Mai 2003 monatlich
jeweils einbehaltenen 1.500 € zuzüglich 16 % MwSt. zusammensetzt. Einer
anderen Verrechnung der geleisteten Zahlungen steht die ausdrückliche Leis-
tungsbestimmung des Beklagten entgegen (§ 366 Abs. 1 BGB)
.
Mit diesem die monatliche Miete von 7.779,54 € übersteigenden Ge-
samtbetrag befand sich der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündi-
gung am 9. Mai 2003 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug, da die Miete
gemäß § 4 des Mietvertrages monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten
Werktag des Monats zur Zahlung fällig war.
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c) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht jedoch davon aus, dass dieser
Rückstand die weitere Voraussetzung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2
BGB erfüllt, indem er für zwei aufeinander folgende Termine angefallen ist. Ent-
gegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt hierfür nicht, dass sich der
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Rückstand in Höhe von mehr als einer Monatsmiete aus Einzelbeträgen zu-
sammensetzt, die für einen Zeitraum von mehr als zwei aufeinander folgenden
Terminen angefallen sind (wie das Berufungsgericht: OLG Düsseldorf DWW
2006, 240; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. § 543 BGB Rdn. 109).
§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB setzt vielmehr voraus, dass der Gesamt-
rückstand von mehr als einer Monatsmiete aus zwei aufeinander folgenden
Monatsmieten resultiert (BGH Urteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86 -
NJW-RR 1987, 903; MünchKomm/Bieber 5. Aufl. § 543 Rdn. 46; Staudin-
ger/Emmerich [2006] § 543 BGB Rdn. 52; Bub/Treier/Grapentin Handbuch der
Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. IV Rdn. 178; Lindner-Figura/
Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 15 Rdn. 210; Gramlich Mietrecht
§ 553 Rdn. 10; Both NJW 1970, 2197). Diese Auslegung von § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 a BGB ergibt sich aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung
und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
Schon der Wortlaut: "wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Ter-
mine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete (§ 2 Nr. 6
des Mietvertrages: mit einem Betrag, der eine Monatsmiete übersteigt) in Ver-
zug ist", spricht dafür, dass der Rückstand aus zwei aufeinander folgenden Mo-
naten herrühren muss.
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Zudem lassen die beiden Regelungen in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und
b (§ 2 Nr. 6 a und b des Mietvertrages) erkennen, dass der Fall, in dem der Mie-
ter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Mietzahlung in Verzug ist,
abweichend von dem Fall, in dem der Verzug sich über eine Zeitraum von mehr
als zwei Terminen erstreckt, dahin geregelt werden soll, dass im ersten Fall ein
Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete ausreicht, während im zweiten Fall
ein Rückstand in Höhe von zwei Monatsmieten erforderlich ist. Dieser Wille des
Gesetzgebers ist auch den Gesetzesmaterialien zu § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
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und Nr. 2 BGB a.F. (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und Nr. 3 b BGB) zu entneh-
men. Danach sollten in § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB a.F. zwei selb-
ständige Tatbestände geregelt werden, nämlich der des Verzugs für zwei auf-
einander folgende Termine, bei dem der Rückstand mit mehr als einer Monats-
miete für die außerordentliche fristlose Kündigung ausreicht, und der des Ver-
zugs in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, bei dem
aber ein Rückstand von zwei Monatsmieten erforderlich ist (Materialien zum
Ersten Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 1963,
Bundestag
4. Wahlperiode
12. Ausschuss Stenografisches Protokoll
56. Sitzung des Rechtsausschusses vom 12. Juni 1963 S. 10, 11). § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB erfasst folglich nur die Fälle, in denen Rückstände, die
eine Monatsmiete übersteigen, aus zwei aufeinander folgenden Terminen ent-
standen sind, wohingegen § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB die Fälle abdeckt,
in denen sich die Rückstände aus mehr als zwei aufeinander folgenden Termi-
nen ergeben. Da sich der Gesamtrückstand des Beklagten über einen Zeitraum
von Januar bis Mai 2003 und damit über mehr als zwei Termine erstreckte, oh-
ne die Höhe von zwei Monatsmieten zu erreichen, liegen die Voraussetzungen
für eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB bzw.
§ 2 Nr. 6 a des Mietvertrages nicht vor.
4. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das
Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die von dem Be-
klagten geltend gemachte Minderung wegen behaupteter Mängel in der Zeit
von Januar bis März 2003 und wegen Nichtgewährung des Gebrauchs im De-
zember 2002 berechtigt ist. Andernfalls hätte der Mietzinsrückstand zum Zeit-
punkt des Zugangs der Kündigung des Klägers, am 9. Mai 2003, zwei Monats-
mieten erreicht, so dass die Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1Nr. 3 b BGB
wirksam wäre. Ist dies nicht der Fall, wäre die Kündigung des Klägers unwirk-
sam und zu prüfen, ob die Kündigung des Beklagten vom 22. Mai 2003 den
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Mietvertrag beendet hat und der Kläger zum Ersatz des daraus entstandenen
Schadens verpflichtet ist. Der Rechtsstreit war deshalb an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.
Sprick Weber-Monecke Fuchs
Vézina Dose
Vorinstanzen:
LG Meiningen, Entscheidung vom 23.08.2005 - 2 O 596/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 27.07.2006 - 1 U 911/05 -