Urteil des BGH vom 28.10.2010

BGH (ablauf der frist, schuldner, antrag, zpo, frist, rechtsmittelfrist, bewilligung, partei, bemühen, fortbildung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZA 37/10
vom
28. Oktober 2010
in dem Restschuldbefreiungsverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Fischer und
Dr. Pape
am 28. Oktober 2010
beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine
Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Augs-
burg - 7. Zivilkammer - vom 1. Juni 2010 wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den vorbezeichneten Beschluss
wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Gründe:
Prozesskostenhilfe kann dem Schuldner nicht gewährt werden, weil das
Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
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1. Einer Partei wird auf ihren Antrag oder von Amts wegen Wiedereinset-
zung in die versäumte Frist gewährt (§§ 233 ff ZPO), sofern sie bis zu deren
Ablauf einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Pro-
zesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften stehende getan hat, damit
über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann. Das
setzt voraus, dass die Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist zum einen den An-
trag stellt, und zum anderen auch alle für die Bewilligung der Prozesskostenhil-
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fe erforderlichen Unterlagen beibringt (vgl. BGH, Beschl. v. 21. Februar 2002
- IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180; v. 6. Juli 2006 - IX ZA 10/06, FamRZ 2006,
1522, st. Rspr.). An beiden Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Die Versäu-
mung der Frist zur formgerechten Einlegung der Rechtsbeschwerde war daher
nicht unverschuldet.
a) Der Schuldner hat innerhalb der Frist für die Einlegung der Rechtsbe-
schwerde zwar einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Der Antrag war aber nicht ordnungsgemäß, weil sich aus ihm weder die anzu-
fechtende Entscheidung ergab, noch dargelegt wurde, dass überhaupt eine
Entscheidung des Beschwerdegerichts vorlag. Erst nach Ablauf der Frist für die
Einlegung der Rechtsbeschwerde, am 10. September 2010, ist beim Bundesge-
richtshof ein Antrag des Schuldners eingegangen, der die erforderlichen Anga-
ben enthält. Dieser Antrag ist verspätet.
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b) Auch die nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche Erklärung über
seine Verhältnisse mit den entsprechenden Belegen ist unvollständig, weil sich
aus ihr nur ein Bruttoeinkommen aus selbständiger Tätigkeit ergibt, aber Anga-
ben zu den Abzügen und den Wohnkosten fehlen. Aufgrund der fehlenden An-
gaben und Belege durfte der Schuldner bei Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht
darauf vertrauen, dass seinem Prozesskostenhilfeantrag entsprochen würde.
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2. Die vom Schuldner selbst eingelegte Rechtsbeschwerde war nach
§ 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist (§ 78
Abs. 1 Satz 3 ZPO).
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3. Auch eine form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde wäre
unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und we-
der die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Recht-
sprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574
Abs. 2 ZPO). Das Insolvenzgericht hat dem Schuldner in Übereinstimmung mit
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Restschuldbefreiung nach
§ 296 Abs. 1, § 295 InsO versagt. Erkennt der Schuldner in der Wohlverhal-
tensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht
genug erwirtschaftet, um seine Gläubiger so zu stellen, als übe er eine entspre-
chende abhängige Tätigkeit aus, muss er sich - ebenso wie ein beschäftigungs-
loser Schuldner - gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO nachweisbar um eine ange-
messene Erwerbstätigkeit bemühen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräf-
ten (BGH, Beschl. vom 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, WM 2009, 1291 Rn. 5). Die-
ser Obliegenheit ist der Schuldner nach seinen eigenen Angaben bei seiner
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Anhörung durch das Insolvenzgericht nicht nachgekommen. Auf den vom
Schuldner bestrittenen Zugang von Stellenangeboten kommt es nicht an.
Ganter Vill
Lohmann
Fischer
Pape
Vorinstanzen:
AG Nördlingen, Entscheidung vom 15.04.2010 - 2 IN 232/03 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 01.06.2010 - 71 T 1833/10 -