Urteil des BGH vom 06.07.2010

BGH (stand der technik, fachmann, gas, bundesrepublik deutschland, verbindung, abstand, patentanspruch, transport, anlage, lehre)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 115/07 Verkündet
am:
6. Juli 2010
Anderer
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 6. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Scharen und die Richter
Gröning, Dr. Berger, Dr. Grabinski und Hoffmann
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 2. Senats (Nich-
tigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 10. Mai 2007 abgeän-
dert.
Das europäische Patent 0 781 629 wird mit Wirkung für das Hoheits-
gebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es
über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht:
1. Schleifkörper, für Schleifmittelhalter (5, 6) mit Absaugeinrichtun-
gen (7), mindestens bestehend aus einer ein Schleifmittel (2)
aufweisenden partikelstromundurchlässigen Schicht (3), der di-
rekt oder mit Hilfe eines Adapters (4) indirekt auf einem Schleif-
mittelhalter (5, 6) mit Absaugeinrichtungen (7) arbeitsgerecht be-
festigbar ist, mit Durchbrechungen (9), die zumindest die das
Schleifmittel (2) aufweisende Schicht (3) durchdringen, und einer
Schicht, insbesondere einer Klettadaptionsschicht (11), die gas-
und partikelstromdurchlässig ist, dadurch gekennzeichnet, dass
die Durchbrechungen (9) als gas- und partikeldurchströmbare
Perforation (8) ausgebildet sind, die annähernd gleichmäßig über
die gesamte Fläche des Schleifkörpers oder einen Teil davon
verteilt ist, wobei die einzelnen, die Perforation (8) bildenden
Durchbrechungen (9) miteinander in Verbindung stehen und ihr
Abstand zueinander so gewählt ist, dass ein nahezu stauloser
kontinuierlicher Transport des Schleifstaubes bewirkt ist.
2. Schleifkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
die das Schleifmittel (2) aufweisende Schicht (3) und die Klett-
adaptionsschicht (11) gemeinsam von der Perforation (8) durch-
drungen sind.
- 3 -
3. Schleifkörper nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
dass zwischen der das Schleifmittel (2) aufweisenden Schicht (3)
oder deren Träger oder Einbettungsschicht (10) und der Klett-
adaptionsschicht (11) eine weitere gas- und partikeldurchlässige
Schicht (12) angeordnet ist, die als elastische Anpassungs-
schicht oder Ausgleichsschicht oder als Temperatursperrschicht
ausgebildet oder zum Nass- und/oder Trockenschliff geeignet ist.
4. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
dass die den Schleifkörper (1) bildenden Schichten eine gemein-
same Perforation (8) aufweisen.
5. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
dass die weitere Schicht (12) keine Perforation (8) aufweist und
durch einen schaumartigen Aufbau Kommunikationskanäle (13)
zwischen den Durchbrechungen (9) der Perforation (8) der be-
nachbarten Schicht und den Ansaugeinrichtungen
(7) des
Schleifmittelhalters (5, 6) bildet.
6. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet,
dass auch die Kommunikationskanäle (13) gas- und partikel-
durchströmbar sind.
7. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet,
dass die Perforation (8) durch kreisförmige, eckige oder ovale
Durchbrechungen (9) gebildet ist.
8. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet,
dass die Perforation (8) durch schlitzartige Durchbrechungen (9)
gebildet ist, die insbesondere linear oder bogenförmig ausgerich-
tet sind.
9. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet,
dass dieser scheibenförmig ausgebildet ist.
10. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet,
dass dieser kreisrund, eckig, insbesondere rechteckig, dreieckig
oder sternförmig ausgebildet ist.
11. Schleifkörper nach Anspruch 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet,
dass der Schleifmittelträger aus Papier, aus einem Gewebe oder
Vlies besteht.
- 4 -
12. Kombination aus einem Schleifkörper nach einem der Ansprüche
1 bis 11 und einem Schleifmittelhalter (5, 6) mit Absaugeinrich-
tungen (7), an dem der Schleifkörper befestigt ist und der Mittel
aufweist, die mit den Absaugeinrichtungen (7) zusammenwirken
und der Abstand der Durchbrechungen (9) gegenüber den Ab-
saugeinrichtungen (7) des Schleifmittelhalters (5) so gewählt ist,
dass ein nahezu stauloser Transport des Schleifstaubes bewirkt
ist.
13. Kombination nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass
sie auf einem als Schleifteller oder Schleifplatte ausgebildeten
Schleifmittelhalter (5) einer Maschine befestigbar ist.
14. Adapter (4) zur arbeitsgerechten Maschinen- oder Schleifmittel-
halteranordnung eines Schleifkörpers nach den Ansprüchen 1 bis
11 an einem Schleifmittelhalter (5, 6) mit Absaugeinrichtungen
(7), wobei der Adapter (4) aus einer Klettadaptionsschicht (14),
einer Schaumpartikelschicht (15) und einer Veloursschicht (16),
die gas- und partikelstromdurchlässig sind, besteht, wobei die
zum Schleifkörper (1) hinweisende Klettadaptionsschicht (14) mit
von der gas- und partikelstromdurchlässigen und annähernd
gleichmäßig über die gesamte Fläche des Adapters oder einen
Teil davon verteilten Perforation (8) durchdrungen ist.
15. Adapter nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass die
Schaumpartikelschicht
(15) als elastische Anpassungsschicht
oder Ausgleichsschicht oder als Temperatursperrschicht ausge-
bildet ist oder zum Nass- und/oder Trockenschliff geeignet ist.
16. Adapter nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass die
Schaumpartikelschicht (15) keine Perforation (8) aufweist und
durch den schaumartigen Aufbau gas- und partikeldurchströmba-
re Kommunikationskanäle (13) zwischen den Durchbrechun-
gen (9) der Perforation der benachbarten Schicht und den An-
saugeinrichtungen des Schleiftellers oder der Schleifplatte bzw.
dem Schleifmittelhalter bildet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
- 5 -
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung auch für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten europäischen Patents 0 781 629 B1 (Streitpatents), das am
26. April 1996 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmus-
teranmeldung 295 20 566 vom 29. Dezember 1995 angemeldet worden ist. Das
Streitpatent betrifft nach seinem Titel "Direkt oder indirekt mit einer Maschine oder
einem manuell betreibbaren Schleifmittelhalter adaptierbarer Schleifkörper sowie
ein hierfür geeigneter Adapter" und umfasst 16 Patentansprüche. Patentan-
spruch 1 und die nebengeordneten Patentansprüche 12 und 14 haben folgenden
Wortlaut:
1
"1. Schleifkörper, mindestens bestehend aus einer ein Schleifmittel
(2) aufweisenden partikelstromundurchlässigen Schicht (3), der
direkt oder mit Hilfe eines Adapters (4) indirekt auf einem Schleif-
mittelhalter (5, 6) arbeitsgerecht befestigbar ist, mit Durchbre-
chungen (9), die zumindest die das Schleifmittel (2) aufweisende
Schicht (3) durchdringen, und einer Schicht, insbesondere einer
Klettadaptionsschicht (11), die gas- und partikelstromdurchlässig
ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Durchbrechungen (9) als
gas- und partikeldurchströmbare Perforation (8) ausgebildet sind,
die annähernd gleichmäßig über die gesamte Fläche des Schleif-
körpers oder einen Teil davon verteilt ist, wobei die einzelnen, die
Perforation (8) bildenden Durchbrechungen (9) miteinander in
Verbindung stehen und ihr Abstand zueinander so gewählt ist,
dass ein nahezu stauloser kontinuierlicher Transport des Schleif-
staubes bewirkt ist.
12. Kombination aus einem Schleifkörper nach einem der Ansprüche
1 bis 11 und einem Schleifmittelhalter (5, 6), an dem der Schleif-
körper befestigt ist und der Mittel aufweist, die mit Absaugeinrich-
tungen (7) zusammenwirken und der Abstand der Durchbrechun-
gen (9) gegenüber den Absaugeinrichtungen (7) des Schleifmit-
telhalters (5) so gewählt ist, dass ein nahezu stauloser Transport
des Schleifstaubes bewirkt ist.
- 6 -
14. Adapter zur arbeitsgerechten Maschinen- oder Schleifmittelhal-
teranordnung sowohl eines konventionellen als auch eines
Schleifkörpers nach den Ansprüchen 1 bis 11, der aus einer
Klettadaptionsschicht (14), einer Schaumpartikelschicht (15) und
einer Veloursschicht (16), die gas- und partikelstromdurchlässig
sind, besteht, wobei die zum Schleifkörper (1) hinweisende Klett-
adaptionsschicht (14) mit von der gas- und partikelstromdurchläs-
sigen und annähernd gleichmäßig über die gesamte Fläche des
Adapters oder einen Teil davon verteilten Perforation (8) durch-
drungen ist."
2
Hinsichtlich der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift Bezug
genommen.
3
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents ge-
richtlich in Anspruch genommen wird, hat mit ihrer Nichtigkeitsklage die Nichtig-
keitsgründe fehlender Offenbarung und Ausführbarkeit der Erfindung und die
mangelnde Patentfähigkeit des Streitpatents wegen fehlender Neuheit und fehlen-
der erfinderischer Tätigkeit geltend gemacht. Sie hat sich hierzu insbesondere auf
die deutschen Offenlegungsschriften 37 24 747 (Anlage K9) und 40 09 876 (Anla-
ge K10) und sowie auf das US-Patent 2 838 890 (Anlage K11) gestützt. Sie hat
außerdem geltend gemacht, dass die Schleifscheibe (Anlage K6), die
von ihrer früheren Tochtergesellschaft N. mit dem im September 1994 veröf-
fentlichten Katalog "C. " (Anlage K4 S.
12) Dritten ohne
Geheimhaltungsverpflichtung angeboten und im Februar 1995 an Dritte geliefert
worden sei (Anlage K5 Annex C), eine neuheitsschädliche offenkundige Vorbenut-
zung darstelle. Wegen der weiteren erstinstanzlich in das Verfahren eingeführten
Entgegenhaltungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug
genommen.
Die Klägerin hat beantragt, das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu
erklären. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat das Streitpatent hilfswei-
se mit einer geänderten Anspruchsfassung verteidigt.
4
- 7 -
Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet
der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
5
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Ansprü-
che 1, 12 und 14 in einer wie folgt geänderten Fassung verteidigt (Änderungen
unterstrichen bzw. gestrichen), wobei sich auf die geänderte Fassung die jeweils
nachgeordneten Patentansprüche zurückbeziehen sollen:
6
"1. Schleifkörper, für Schleifmittelhalter (5, 6) mit Absaugeinrichtun-
gen (7), mindestens bestehend aus einer ein Schleifmittel (2) auf-
weisenden partikelstromundurchlässigen Schicht (3), der direkt
oder mit Hilfe eines Adapters (4) indirekt auf einem Schleifmittel-
halter (5, 6) mit Absaugeinrichtungen (7) arbeitsgerecht befestig-
bar ist, mit Durchbrechungen (9), die zumindest die das Schleif-
mittel (2) aufweisende Schicht (3) durchdringen, und einer
Schicht, insbesondere einer Klettadaptionsschicht (11), die gas-
und partikelstromdurchlässig ist, dadurch gekennzeichnet, dass
die Durchbrechungen (9) als gas- und partikeldurchströmbare
Perforation (8) ausgebildet sind, die annähernd gleichmäßig über
die gesamte Fläche des Schleifkörpers oder einen Teil davon ver-
teilt ist, wobei die einzelnen, die Perforation (8) bildenden Durch-
brechungen (9) miteinander in Verbindung stehen und ihr Abstand
zueinander so gewählt ist, dass ein nahezu stauloser kontinuierli-
cher Transport des Schleifstaubes bewirkt ist.
12. Kombination aus einem Schleifkörper nach einem der Ansprüche
1 bis 11 und einem Schleifmittelhalter (5, 6) mit Absaugeinrichtun-
gen (7), an dem der Schleifkörper befestigt ist und der Mittel auf-
weist, die mit den Absaugeinrichtungen (7) zusammenwirken und
der Abstand der Durchbrechungen (9) gegenüber den Absaugein-
richtungen (7) des Schleifmittelhalters (5) so gewählt ist, dass ein
nahezu stauloser Transport des Schleifstaubes bewirkt ist.
14. Adapter (4) zur arbeitsgerechten Maschinen- oder Schleifmittel-
halteranordnung sowohl eines konventionellen als auch eines
Schleifkörpers nach den Ansprüchen 1 bis 11 an einem Schleif-
mittelhalter (5, 6) mit Absaugeinrichtungen (7), wobei der Adapter
(4) aus einer Klettadaptionsschicht (14), einer Schaumpartikel-
schicht (15) und einer Veloursschicht (16), die gas- und partikel-
- 8 -
stromdurchlässig sind, besteht, wobei die zum Schleifkörper (1)
hinweisende Klettadaptionsschicht (14) mit von der gas- und par-
tikelstromdurchlässigen und annähernd gleichmäßig über die ge-
samte Fläche des Adapters oder einen Teil davon verteilten Perfo-
ration (8) durchdrungen ist."
Die Beklagte verteidigt das Streitpatent hilfsweise in der Fassung von zwei
Hilfsanträgen.
7
8
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen, wobei sie sich im Berufungs-
verfahren ergänzend auf die US-Patentschrift 5 027 470 (Anlage K17) bezieht.
9
Im Auftrag des Senats hat Dr.-Ing.
H. , Technische
Universität B. , Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik,
ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläu-
tert und ergänzt hat.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat mit dem in der mündlichen Ver-
handlung gestellten Hauptantrag in vollem Umfang Erfolg.
10
I. 1. Das Streitpatent betrifft einen Schleifkörper, der aus einem Träger mit
aufgebrachtem Schleifmittel (Schleifkorn) besteht. Es betrifft ferner eine Kombina-
tion aus einem Schleifkörper und einem Schleifmittelhalter zur direkten Befesti-
gung des Schleifkörpers sowie einen Adapter zur indirekten Befestigung des
Schleifkörpers am Schleifmittelhalter. Die Streitpatentschrift schildert, dass als
handelsübliche Schleifkörper beispielsweise für sog. Exzenterschleifer kreisrunde
Schleifscheiben bekannt gewesen seien, die auf der Rückseite der das Schleifmit-
11
- 9 -
tel aufweisenden Tragschicht mit einer Adaptionsschicht beispielsweise aus Ve-
lours zur Befestigung der Schleifscheibe an der Schleifplatte mittels Anklettens
versehen seien. Solche Schleifscheiben wiesen beispielsweise sechs oder acht
auf einem Kreis angeordnete Löcher auf, die mit entsprechenden Bohrungen in
der Schleifplatte in Übereinstimmung gebracht werden müssten, um ein Absaugen
des Schleifstaubs zu ermöglichen (Streitpatentschrift Tz. 0002).
12
Zu dem sich im Stand der Technik ergebenden und der Erfindung zugrunde
liegenden Problem führt die Streitpatentschrift weiter aus, dass sich die das
Schleifmittel tragende Schicht der Schleifscheibe bei unzureichendem Abtransport
des Schleifstaubs mit diesem zusetze, so dass das einzelne Schleifkorn nicht
mehr wirksam werden könne. Dies führe zu einer verkürzten Standzeit der
Schleifscheibe und zu einem nicht zufriedenstellenden Schleifergebnis. Daher sei-
en Absaugeinrichtungen in dem Schleifteller bzw. der Schleifplatte der Schleifma-
schine angeordnet worden, wobei die herkömmlichen mit den Absaugkanälen des
Schleiftellers deckungsgleichen Lochungen der Schleifscheibe exakt über den Ab-
saugkanälen zu positionieren seien. Jedoch werde von vielen Anwendern nicht
darauf geachtet, den Schleifkörper so auf dem Schleifteller bzw. auf der Schleif-
platte aufzubringen, dass seine Durchbrechungen deckungsgleich mit den Ab-
saugkanälen seien. Noch schwieriger sei dies bei der Verwendung eines Adap-
ters. Aber auch bei sachgemäßer Anordnung der adaptierten Teile mit übereinan-
der liegenden Lochungen sei die Staubabfuhr nicht zufriedenstellend, wenn der
Schleifstaub durch die Bewegung des Schleifkörpers nicht dort aufgesaugt werde,
wo er entstehe (Streitpatentschrift Tz. 0005f., 0023f.).
2. Diesen Nachteilen soll durch die Lehre des Streitpatents abgeholfen und
ein kontinuierlicher, regelmäßiger und zufriedenstellender Abtransport des Schleif-
staubs sichergestellt werden. Dazu schlägt Patentanspruch 1 in der mit dem
Hauptantrag verteidigten Fassung einen Schleifkörper für Schleifmittelhalter mit
Absaugeinrichtungen mit folgenden Merkmalen vor:
13
- 10 -
1. Der Schleifkörper besteht mindestens aus zwei Schichten, von
denen
1.1 eine Schicht ein Schleifmittel aufweist und partikelstromundurch-
lässig ist und
1.2 eine Schicht, insbesondere eine Klettadaptionsschicht, die gas-
und partikelstromdurchlässig ist.
2. Er ist auf einem Schleifmittelhalter mit Absaugeinrichtungen ar-
beitsgerecht befestigbar, und zwar
2.1 direkt oder
2.2 indirekt mit Hilfe eines Adapters.
3. Er weist Durchbrechungen auf,
3.1 die zumindest die das Schleifmittel aufweisende Schicht durch-
dringen und
3.2 die als gas- und partikeldurchströmbare Perforation ausgebildet
sind,
3.3 wobei die Perforation annähernd gleichmäßig über die gesamte
Fläche des Schleifkörpers oder einen Teil davon verteilt ist;
3.4 die einzelnen die Perforation bildenden Durchbrechungen ste-
hen miteinander in Verbindung und
3.5 ihr Abstand ist so gewählt, dass ein nahezu stauloser kontinuier-
licher Transport des Schleifstaubs bewirkt ist.
3. Die in dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 in der Fassung des
Hauptantrags enthaltene Charakterisierung des patentgemäßen Gegenstands als
Schleifkörper für Schleifmittelhalter mit Absaugeinrichtungen und der im Merk-
mal 2 weiter aufgenommene Zusatz, dass der Schleifkörper auf einem Schleifmit-
telhalter mit Absaugeinrichtungen befestigbar sein soll, sind keine unmittelbaren
Merkmale der allein unter Schutz gestellten Vorrichtung. Diese Angaben stellen
lediglich eine den Patentanspruch einleitende Zweckbestimmung des Schleifkör-
14
- 11 -
pers dar. Einer Zweckangabe kommt regelmäßig die Aufgabe zu, den durch das
Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er nicht nur die räum-
lich-körperlichen Merkmale erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass
er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar
Befestigungsvorrichtung II;
, 151 -
, 260 - Heuwerbungsmaschine II;
15 - Luftabscheider für Milchsammelanlage; BGH, Urt. v.
28.05.2009 - Xa ZR 140/05, GRUR 2009, 837 Tz. 15 - Bauschalungsstütze). Dies
bedeutet im Streitfall etwa, dass der patentgemäße Schleifkörper so gestaltet sein
muss, dass er zu einer Kombination mit einem Schleifmittelhalter mit Absaugein-
richtungen geeignet ist, wie sie durch den nebengeordneten Patentanspruch 12
gesondert unter Schutz gestellt ist.
Nach Patentanspruch 1 des Streitpatents besteht ein maßgeblicher Gedan-
ke der Erfindung darin, die Durchbrechungen des Schleifkörpers so auszugestal-
ten, dass sie eine annähernd gleichmäßig über seine Gesamt- oder Teilfläche ver-
teilte Perforation bilden und miteinander in Verbindung stehen. Die Patentbe-
schreibung erläutert dies als ein Netz von Durchbrechungen, die miteinander
kommunizieren (Streitpatentschrift Tz. 0010). Der Schleifstaub braucht wegen der
gleichmäßig verteilten und miteinander in Verbindung stehenden Durchbrechun-
gen nur einen kurzen Weg vom Ort seiner Entstehung bis zu diesen Durchbre-
chungen zurückzulegen, wo er insbesondere durch Absaugeinrichtungen eines
Schleifmittelhalters, aber auch schon allein durch Anpressdruck von der Schleifflä-
che entfernt und in Zonen und Schichten hinter der Schleifebene gedrängt wird
(Streitpatentschrift Tz. 0015 f.).
15
Der in Merkmal 3.2 verwendete Begriff der Perforation kennzeichnet auch
unter Berücksichtigung der Figuren 1 bis 3 und 8 bis 16, welche die verschiedene
16
- 12 -
von der Patentbeschreibung angeführten Formvarianten einer patentgemäßen
Perforationsbildung (Streitpatentschrift Tz. 0019) zeigen, die Anordnung der
Durchbrechungen zueinander, die hinsichtlich ihres Abstands, ihrer Form und ihrer
Größe regelmäßig ausgebildet sind. Über Anzahl und Größe der Durchbrechun-
gen trifft Merkmal 3.2 mit dem Begriff der Perforation hingegen keine Aussage. Die
von dem gerichtlichen Sachverständigen diesbezüglich angesprochene Zeichnung
in Figur 1 der Streitpatentschrift, die einen Schleifkörper mit einer Vielzahl kleiner
Durchbrechungen zeigt, illustriert ausdrücklich nur eine "erste Ausführungsvarian-
te" der Lehre des Patentanspruchs 1.
17
Die gemäß Merkmal 3.4 vorgesehene Verbindung der Durchbrechungen
untereinander wird nach dem funktionalen Zusammenhang der Merkmalskombina-
tion durch die gas- und partikelstromdurchlässige Schicht nach Merkmal 1.2 her-
gestellt, bei der es sich nach der besonders bevorzugten Ausführungsform um
eine Klettadaptionsschicht handelt. Die Bedeutung dieser Schicht, neben ihrer op-
tionalen Aufgabe einer Befestigung des Schleifkörpers auf dem Schleifmittelhalter
vor allem die Funktion eines Staubtransports dadurch zu übernehmen, dass sie
einen horizontalen Kommunikationskanal zwischen den einzelnen vertikalen
Durchbrechungen bildet, folgt sowohl aus ihrer Kennzeichnung als gas- und parti-
kelstromdurchlässig als auch aus dem Umstand, dass Patentanspruch 1 mit
Merkmal 3.1 vorsieht, dass zum Abtransport des Schleifstaubs lediglich die den
Schleifmittelträger bildende Schicht durchbrochen sein muss. Den Zusammen-
hang beider Merkmale zeigt die Patentbeschreibung mit dem Hinweis darauf, dass
es ausreichend sei, die Perforation in einer Schicht des Schleifkörpers anzuord-
nen, wenn die darunterliegende Schicht gas- und partikelstromdurchlässig sei
(Streitpatentschrift Tz. 0011). Damit dient nach der Lehre des Patentanspruchs 1
des Streitpatents die gesamte gas- und partikelstromdurchlässige Schicht dem
Abtransport des Schleifstaubs aus den Durchbrechungen, die insoweit bei
zweckmäßiger Wahl ihres Abstands und Durchmessers zusammenwirken können.
- 13 -
Erst die Verbindung der Durchbrechungen des Schleifkörpers, die durch die
gas- und partikelstromdurchlässige Schicht erreicht wird, bewirkt, dass bei einer
Verwendung des Schleifkörpers auf einem Schleifmittelhalter mit Absaugeinrich-
tungen der Schleifstaub durch alle Durchbrechungen abgesaugt wird, und zwar
unabhängig davon, wo sich die Absaugöffnungen des Schleifmittelhalters befin-
den. In der Beschreibung des Streitpatents findet sich hierzu die Erläuterung, dass
die ein Netz bildenden Durchbrechungen nicht nur miteinander kommunizieren,
sondern auch mit der Absaugeinrichtung der Maschine in Verbindung stehen, so
dass sowohl die Absaugluft als auch der Partikelstrom wirksam wird und der Staub
abgefördert werden kann (Streitpatentschrift Tz. 0010). Da die Absaugöffnungen
somit nicht mit den Durchbrechungen des Schleifkörpers fluchten müssen, kann
dieser in beliebiger Position auf einem Schleifmittelhalter angebracht werden, wie
er als Schleifteller herkömmlicher Gestaltung beispielhaft in den Figuren 4 und 5
der Streitpatentschrift mit sechs Absaugöffnungen illustriert wird. Hierdurch wird
ein maßgeblicher erfindungsgemäßer Vorteil der Lehre des Patentanspruchs 1
erreicht, der in einer Kombination mit einem Schleifmittelhalter mit Absaugeinrich-
tungen zum Tragen kommt.
18
Der für die Funktion der Perforation bedeutsame Parameter des Abstands
zwischen den Durchbrechungen wird mit dem Merkmal 3.5 mittelbar bestimmt. Mit
der aufgabenartig formulierten Anweisung, den Abstand so zu wählen, dass ein
nahezu stauloser kontinuierlicher Transport des Schleifstaubs bewirkt wird, wird
auf das Fachwissen des Fachmanns zurückgegriffen. Es wird der Fachwelt bedeu-
tet, den für den gewünschten Abtransport des Schleifstaubs maßgeblichen, aber
jeweils unterschiedlichen Parametern - wie beispielsweise Partikelgröße, -menge
oder -zusammensetzung, aber auch Durchlässigkeit der gas- und partikel-
durchströmbaren Schicht - durch den Abstand der Durchbrechungen in der parti-
kelundurchströmbaren Schicht Rechnung zu tragen. Der Abstand muss der jewei-
ligen Schleifaufgabe gerecht werden, und zwar unabhängig davon, wie der
Schleifkörper auf dem Schleifmittelhalter positioniert ist. Merkmal 3.5 kennzeichnet
19
- 14 -
damit die Eignung des Schleifkörpers, für eine Schleifaufgabe einen nahezu stau-
losen Transport des Schleifstaubs zu bewirken, weil neben den übrigen patentge-
mäßen Merkmalen der Abstand der Durchbrechungen entsprechend der Schleif-
aufgabe gewahrt worden ist.
Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen zeichnerischen Darstellun-
gen der Figuren 1 bis 3 aus der Streitpatentschrift illustrieren ein Ausführungsbei-
spiel des patentgemäßen Schleifkörpers:
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Figur 1 zeigt eine Draufsicht auf eine mit Klettadaptionsfläche versehene
Schleifscheibe, deren mit Kreis gekennzeichneter Ausschnitt in Figur 2 vergrößert
wiedergegeben wird. Figur 3 zeigt in einer Ausschnittsvergrößerung einen Schnitt
entlang der in Figur 2 angedeuteten Linie ↑-↑.
21
II. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, weil dessen Ge-
genstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
IntPatÜbkG; Art. 138, 56 EPÜ). Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass
die Entgegenhaltung K11, die einen Schleifkörper in Form eines ein Schleifmittel
22
- 15 -
aufweisenden Schleifblatts betreffe, als zu lösendes Problem das Zusetzen des
Schleifmittels auf dem Schleifkörper im Betrieb mit abgeschliffenem Material und
abgelösten Schleifmittelpartikeln beschreibe und ihr damit genau das im Streitpa-
tent angegebene Problem zugrunde liege. Zur Lösung dieses Problems beschrei-
be die K11 einen Schleifkörper mit den wesentlichen Merkmalen des Gegenstands
des erteilten Patentanspruchs 1. Nach der K11 bestehe der Schleifkörper aus ei-
ner ein Schleifmittel aufweisenden Schicht bzw. aus einem Schleifblatt. Dass die-
se Trägerschicht auch partikelstromundurchlässig sei, entnehme der Fachmann
aus der Angabe, dass das Material dieser Trägerschicht aus Papier oder aus nicht
gewebtem faserigen Material oder aus anderen Materialien bestehen könne und
diese Trägerschicht zusätzlich mit einer Sperrschicht umgeben sei. Der Schleif-
körper weise auch bereits die das Schleifmittel tragende Schicht durchdringende
Durchbrechungen zum Abtransport des Schleifstaubes auf, die als Perforation
ausgebildet und gas- und partikeldurchströmbar seien, was der Fachmann un-
schwer der Querschnittsansicht einer Perforationsöffnung in der Schleifplatte in
Figur 4 entnehme. Die Figur 1 der K11 zeige dem Fachmann auch, dass die Per-
foration annähernd gleichmäßig über die gesamte Fläche des Schleifkörpers bzw.
der Schleifplatte verteilt sei. Der Fachmann entnehme der K11 auch das Merkmal
des erteilten Patentsanspruchs 1, wonach die die Perforation bildenden Durchbre-
chungen miteinander in Verbindung stünden, da die Verbindung der Durchbre-
chungen miteinander schon über die Umgebung des Schleifkörpers gegeben sei,
insbesondere aber auch beim Aufliegen des Schleifkörpers auf dem Werkstück
durch die Abstands-Lücken hindurch, die zwischen den über die Trägerschicht
vorstehenden Körnern des Schleifmittels gebildet seien. Schließlich entnehme der
Fachmann der K11 auch das Merkmal des erteilten Patentanspruchs 1, wonach
der Abstand der Durchbrechungen so gewählt sei, dass ein nahezu stauloser kon-
tinuierlicher Transport des Schleifstaubes bewirkt sei. Denn die Durchbrechungen
seien ziemlich nahe beabstandet und in einem gleichmäßigen Muster angeordnet,
um ein maximales Entweichen des Abriebmaterials zu gewährleisten, was zumin-
dest dem beanspruchten "nahezu staulosen kontinuierlichen Transport des
- 16 -
Schleifstaubes" entspreche. Damit gebe der Schleifkörper nach der K11 dem
Fachmann die Anregung, durch geschickte Anordnung der Durchbrechungen der
Perforation im Schleifkörper auch ohne Absaugeinrichtung einen optimalen Ab-
transport von Schleifstaub allein durch den Anpressdruck des Schleifkörpers auf
dem Werkstück zu erreichen.
23
Von diesem bekannten Schleifköper unterscheide sich der Schleifkörper
nach dem erteilten Patentanspruch 1 lediglich dadurch, dass Mittel zum Befesti-
gen des Schleifkörpers an einem Schleifteller oder an einem Adapter zwischen
Schleifkörper und Schleifteller vorgesehen seien. Dazu sei auf dem Schleifkörper
eine weitere gas- und partikelstromdurchlässige Schicht, insbesondere eine Klett-
adaptionsschicht vorgesehen. Diese die Schleifkörperbefestigung betreffenden
Merkmale stünden einerseits nicht zwingend im technischen Zusammenhang mit
den beanspruchten Maßnahmen für einen zufrieden stellenden Abtransport des
Schleifstaubs, stellten aber andererseits nur einfache, im konstruktiven Ermessen
des Fachmannes liegende Maßnahmen dar, die ihm aus dem Stand der Technik
geläufig seien. Damit liege es für den Fachmann nahe, ausgehend von der K11 in
Verbindung mit den dem Fachmann geläufigen Befestigungsarten von Schleifkör-
pern auf ihren Schleiftellern mittels einer gas- und partikelstromdurchlässigen
Klettadaptionsschicht zum Schleifkörper mit den Merkmalen des erteilten Patent-
anspruchs 1 zu gelangen.
Dieser Beurteilung durch das Patentgericht ist nicht beizutreten.
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III. 1. Der von der Klägerin weiterhin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund ei-
ner unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜbkG, Art. 123 Abs. 2
EPÜ) besteht nicht. Der Gegenstand des Streitpatents nach Patentanspruch 1 in
der hauptsächlich verteidigten Fassung geht nicht über den Inhalt der ursprünglich
eingereichten Anmeldung (Anlage K3) hinaus, die ihrerseits mit der als prioritäts-
begründend herangezogenen deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 295 20 566
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(Anlage K8) wörtlich übereinstimmt. Wie bereits das Patentgericht zutreffend aus-
geführt hat, sind die beiden unter den Parteien streitigen Merkmale für den Fach-
mann ohne weiteres der ursprünglichen Anmeldung zu entnehmen.
Als maßgeblichen Fachmann, der sich zum Zeitpunkt der Patentanmeldung
mit der Entwicklung neuer Schleifwerkzeuge befasst hat, sieht der Senat in Über-
einstimmung mit dem Patentgericht und den Ausführungen des gerichtlichen
Sachverständigen einen Ingenieur für Maschinenbau mit speziellen Kenntnissen
und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Schleifeinrichtungen mit entspre-
chenden Schleifkörpern an.
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Das Merkmal 1.1, wonach die ein Schleifmittel aufweisende Schicht parti-
kelstromundurchlässig ist, wird dem Fachmann von der ursprünglichen Anmel-
dung durch den Hinweis ausreichend offenbart, dass die Perforation im Schleif-
körper dort anzuordnen sei, wo "die Schicht als solche" gas- und partikelstromun-
durchlässig sei (K3, S. 7 Z. 2-5). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dieser wört-
lich in die Beschreibung des Streitpatents übernommene Hinweis (Streitpatent-
schrift Tz. 0020) dahin zu verstehen, dass die gesamte Schicht, die perforiert wer-
den soll, partikelstromundurchlässig ist und nicht etwa Bereiche unterschiedlicher
Dichte aufweist. Aus diesem Hinweis und der weiteren Angabe, dass es ausrei-
chend sei, die Perforation nur in einer Schicht des Schleifkörpers anzuordnen,
wenn die darunterliegende Schicht gas- und partikelstromdurchlässig sei (K3, S. 3
Z. 15-18; s. auch Streitpatentschrift Tz. 0011), sowie aus dem bereits in der ur-
sprünglichen Anmeldung enthaltenen Merkmal 3.1 des Patentanspruchs 1, wo-
nach die Durchbrechungen zumindest die das Schleifmittel aufweisende Schicht
durchdringen, zieht der Fachmann den Schluss, dass die das Schleifmittel aufwei-
sende Schicht partikelstromundurchlässig ist.
Für das Merkmal 3.4, wonach die einzelnen, die Perforation bildenden
Durchbrechungen miteinander in Verbindung stehen, gibt die ursprüngliche An-
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meldung dem Fachmann ebenfalls einen für eine ausreichende Offenbarung ge-
nügenden Hinweis mit der Umschreibung, dass sowohl der Schleifkörper als auch
der für manche arbeitsgerechte Befestigungen verwendete Adapter ein Netz von
Durchbrechungen aufweist, die sowohl miteinander kommunizieren als auch mit
der Absaugeinrichtung der Maschine in Verbindung stehen (K3, S. 3 Z. 7-10). Die-
se Beschreibung ist entgegen der Ansicht der Klägerin ohne weiteres dahin zu
verstehen, dass jeweils für sich die Durchbrechungen des Schleifkörpers mitein-
ander und jene eines ohnehin nur fakultativ zu verwendenden Adapters miteinan-
der kommunizieren.
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2. Der Senat hat nicht die Wertung treffen können, dass die mit dem Streit-
patent geschützte Lehre nicht so deutlich und hinreichend offenbart ist, dass ein
Fachmann sie ausführen kann (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜbkG, Art. 83 EPÜ).
Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass das Merkmal 3.5 des Pa-
tentanspruchs 1, wonach der Abstand der Durchbrechungen so zu wählen ist,
dass ein nahezu stauloser kontinuierlicher Transport des Schleifstaubs bewirkt
wird, diesen Abstand nicht näher bestimmt. In Übereinstimmung mit dem Patent-
gericht ist, wie oben dargelegt, auch der Senat der Auffassung, dass der Abstand
zwischen den Durchbrechungen durch eine Formulierung der Aufgabenstellung
gekennzeichnet wird; allerdings erhält der Fachmann hierdurch den Hinweis, dass
der Abstand zwischen den Durchbrechungen einen entscheidenden Parameter für
den Erfindungserfolg bildet, und damit zugleich die Vorgabe, dass die Ausbildung
der Durchbrechungen des Schleifkörpers seine Eignung für einen nahezu staulo-
sen Transport des Schleifstaubs bewirken muss. Zudem hat die Klägerin zutref-
fend ausgeführt, dass konkrete Angaben zu verschiedenen Parametern, die einen
nahezu staulosen Transport des Schleifstaubs beeinflussen können, wie etwa zum
Schleifsubstrat, zu der Art des Schleifmittels und der Korngröße, zu dessen Be-
wegungsrichtung, Frequenz und Anpressdruck des Schleifmittels sowie zur
Schleifdauer fehlen. Das Fehlen derartiger Angaben begründet jedoch keine man-
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gelnde Ausführbarkeit der Erfindung, für die im Nichtigkeitsprozess die Klägerin
die Beweislast trägt.
Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der
Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in
der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der
Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder
Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht
wird. Dies ist dem Fachmann, bei dem auch eine Bereitschaft zum Ausprobieren
vorausgesetzt werden darf, im Streitfall möglich. Ihm wird mit dem Patentan-
spruch 1 ein generelles Lösungsschema an die Hand gegeben und er erhält durch
die Skizze in Figur 1 des Streitpatents ein mögliches Ausführungsbeispiel aufge-
zeigt, aus der sich die Anordnung einer Perforation des Schleifkörpers und damit
auch ein ungefähres geometrisches Verhältnis von Lochungen und Abstandsflä-
chen erkennen lässt, ohne dass es eines Nachmessens des regelmäßigen Ab-
stands zwischen den Durchbrechungen bedarf. Aufgrund seiner Erfahrung und
seines Fachwissens ist dem Durchschnittsfachmann das Schleifen von Werkstü-
cken jeder Art geläufig und er weiß, dass ein Schleifwerkzeug an die jeweilige
Schleifaufgabe angepasst werden muss. Ihm ist bekannt, dass abhängig von dem
zu schleifenden Material und der entsprechend gewählten Korngröße des
Schleifmittels sich Unterschiede hinsichtlich der Art und Menge des Schleifstaubs
ergeben, der durch die Perforation abzutransportieren ist. Daher stellt die fehlende
Normierung der vorgenannten Parameter den Fachmann vor keine Schwierigkeit,
diese zur Ausführung der Erfindung selbst zu bestimmen und im zumutbaren Ma-
ße durch einige Versuche zu optimieren. So wird er, wenn mit einem feineren
Schleifkörper mit hoher Körnungszahl und kleiner Korngröße zu arbeiten ist, einen
geringeren Perforationsabstand und kleinere Lochungen als beim Schleifen mit
gröberer Körnung wählen. Insoweit ist der Fachmann nach den überzeugenden
Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in der Lage, für die jeweilige
Schleifaufgabe die entsprechenden Wirkpaarungen auszuwählen und, verbunden
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mit wenigen Stichversuchen, sowohl die Perforationsform und deren Anordnung
optimal zu gestalten als auch einen geeigneten durchlässigen Belag der Adapti-
onsschicht zu wählen; insbesondere erwartet der Fachmann von der technischen
Lehre zur Ausführung der Erfindung keine näheren Angaben zum Abstand der
Durchbrechungen. Danach ist hier ein Fall, der dem Sachverhalt der von der Klä-
gerin angeführten Entscheidung "Thermoplastische Zusammensetzung" (BGH,
Urt. v. 25.2.2010 - Xa ZR 100/05 Tz. 23, GRUR 2010, 414) ähnlich wäre, nicht zu
beurteilen.
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3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist neu (Art. 54
EPÜ).
a) Die Erfindung ist nicht schon aufgrund offenkundiger Vorbenutzung neu-
heitsschädlich vorweggenommen. Zwar gehörte zum Prioritätszeitpunkt auf dem
Gebiet der Schleifwerkzeuge die von dem französischen Hersteller N. ange-
botene 16-Loch-Schleifscheibe (Anlage K6) zum Stand der Technik.
Diese Scheibe, deren Vorbenutzung zwischen den Parteien nicht streitig ist, erfüllt
- ebenfalls unstreitig - sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Patentan-
spruchs 1, die mit den Merkmalsgruppen 1 und 2 sowie dem Merkmal 3.1 die gat-
tungsgemäßen Schleifwerkzeuge beschreiben. Die 16 Löcher der Schleifscheibe
sind auch entsprechend Merkmal 3.2 als gas- und partikeldurchströmba-
re Perforation ausgebildet. Die insgesamt 16 Löcher haben denselben Durchmes-
ser und sind versetzt auf zwei Kreisen mit jeweils acht Löchern angeordnet, wo-
durch sie annähernd gleichmäßig jedenfalls auf einem Teil der Fläche des Schleif-
körpers verteilt sind (Merkmal 3.3). Weiterhin stehen entsprechend dem Merkmal
3.4 die 16 Löcher der Schleifscheibe über ihre Klettadaptionsschicht auf
der dem Schleifmittel abgewandten Seite miteinander in Verbindung. Dies illustrie-
ren nicht nur die von der Beklagten insoweit nicht bestrittenen Ergebnisse der
Versuche, welche die Klägerin mit einer entsprechenden 16-Loch-Schleifscheibe
durchgeführt und in dem von ihr hierzu vorgelegten Testbericht (Anlage K16) do-
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kumentiert hat. Vielmehr hat auch der gerichtlichen Sachverständige aufgrund ei-
gener Versuche mit seinerzeit herkömmlichen 6-Loch-Schleifscheiben, bei denen
die Lochzahl manipulativ erhöht wurde, bestätigt, dass die Lehre des Streitpatents
hinsichtlich der Funktion der Klettadaptionsschicht zum Schleifstaubabtransport
auch für eine 16-Loch-Schleifscheibe zutrifft. Der Sachverständige hat ausgeführt,
dass bei einem solchen Schleifkörper Schleifstaub und -späne ebenfalls über die
Klettadaptionsschicht entfernt würden, wenn die Löcher des Schleifkörpers nicht
mit den Absaugöffnungen des Schleiftellers der Schleifmaschine zur Deckung ge-
bracht würden.
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Die Schleifscheibe ist vom Hersteller N. nach dem Katalog K4
jedoch nur für eine Schleifmaschine des Typs A. angeboten worden, deren
Schleifteller ein der Schleifscheibe entsprechendes Lochbild aufgewiesen hat. Be-
stimmungsgemäß waren danach bei Anbringung dieser Schleifscheibe auf dem
vorgesehenen Schleifteller dessen Absaugöffnungen zu beachten und erfolgte ein
Staubabtransport über die fluchtenden Durchbrechungen. Obgleich bei einer ver-
setzten Positionierung der 16-Loch-Schleifscheibe auf einem Schleifteller mit nicht
fluchtenden Öffnungen die Klettadaptionsschicht der Schleifscheibe eine Trans-
portfunktion als solche erfüllt, wie die vorgenannten von der Klägerin und dem ge-
richtlichen Sachverständigen durchgeführten Experimente belegen, hat sich nach
dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung allerdings nicht feststellen lassen,
dass bei einem derartigen Abtransport des Schleifstaubs die Schleifscheibe die
Eignung nach Merkmal 3.5 des Patentanspruchs 1 aufweist, einen nahezu staulo-
sen Staubtransport zu bewirken. Der gerichtliche Sachverständige hat hierzu unter
Bezugnahme auf sein früheres im Verletzungsprozess vor dem Landgericht Mann-
heim erstelltes Gutachten vom 9. November 2006 überzeugend ausgeführt, dass
die eigenen Versuche mit den hinsichtlich ihrer Lochzahl manipulierten Schleif-
scheiben zeigten, dass die Transportfunktion einer Klettadaptionsschicht auch bei
einer 16-Loch-Scheibe zwar vom Wirkprinzip her erfüllt sei, da bei nicht fluchten-
den Öffnungen auch hier ein seitlicher Abtransport des Schleifstaubs stattfinde, ihr
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aber keine hinreichende Effektivität hinsichtlich des patentgemäßen Ziels zukom-
me, einen nahezu staulosen Transport zu erreichen. Eine höhere Anzahl der Lö-
cher und der damit verbundene geringere Lochabstand seien entscheidend für
eine optimale Verwirklichung der Transportfunktion. Bei den experimentell ver-
wendeten manipulierten Scheiben mit größerem Lochdurchmesser und kleinerer
Lochanzahl habe man erkennen können, dass die Transportfunktion der Klett-
adaptionsschicht deutlich schlechter erfüllt gewesen sei. Der bei diesen Scheiben
in die Klettadaptionsschicht gelangte Staub sei nicht nahezu staulos dauerhaft
abtransportiert worden. Der gerichtliche Sachverständige hat seine Auffassung,
dass für einen nahezu staulosen Abtransport des Schleifstaubs deutlich mehr und
kleinere Löcher erforderlich seien, als sie die vorbenutzte 16-Loch-Scheibe auf-
weise, auch nach Vorhalt der Bilder von den seitens der Klägerin experimentell
verwendeten N. -16-Loch-Schleifscheiben (Anlage K16) bekräftigt und ausge
führt, dass sich darauf nicht mehr erkennen lasse, als dass Schleifstaub in die
Klettadaptionsschicht gelangt sei.
b) Auch der in der US-Patentschrift 5 027 470 (K17) offenbarte Schleifkör-
per hat nicht sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 vorweggenommen. Die
Schrift betrifft ein Gerät zur staublosen Bearbeitung von Oberflächen, bei dem
Staubpartikel direkt durch ein Oberflächenbearbeitungselement gezogen werden
(K17, Sp. 1 Z. 41-43). Obgleich die Vorrichtung am Beispiel eines rotierenden Bo-
denpoliergeräts beschrieben wird, bezieht sich die Erfindung nach Patentan-
spruch 1 der K17 allgemein auf Oberflächenbearbeitungsmaschinen mit Absaug-
systemen, wie auch in der Patentbeschreibung mit Beispielen verschiedener oszil-
lierender oder rotierender Oberflächenbearbeitungsgeräte klargestellt wird (K17,
Sp. 1 Z.10 f. u. Sp. 2 Z. 21-24). Als wesentlichen Bestandteil des erfindungsge-
mäßen Geräts offenbart die Entgegenhaltung nach Patentanspruch 1 eine als
Oberflächenbearbeitungselement ("surface treating member") bezeichnete Schleif-
mittelschicht. Dieses Oberflächenbearbeitungselement soll an einem Antriebsele-
ment befestigt sein und von diesem angetrieben werden, und es soll eine Vielzahl
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von hindurchgehenden Öffnungen aufweisen, die mit Ansauglöchern in Verbin-
dung stehen, die durch das Antriebselement hindurchgehen. Nach dem Ausfüh-
rungsbeispiel, das in der Patentbeschreibung (K17, Sp. 2 Z. 47-55) sowie in den
Zeichnungen der Figuren 3 und 4 dargestellt und von den Unteransprüchen 4 und
6 erfasst wird, bildet ein Schleifgitter ("sanding screen", Bezugsziffer 60) mit hin-
durchgehenden Öffnungen ("openings", Bezugsziffer 62) das Oberflächenbearbei-
tungselement. Dieses Schleifgitter wirkt als Schleifmittel und steht mit einer kreis-
förmigen Platte ("pad", Bezugsziffer 52) in Eingriff, die aus zwei beispielsweise
durch Verkleben miteinander befestigten Platten (Bezugsziffern 54 u. 56) besteht.
Beide Platten sind aus Teflon® und damit aus einem partikelstromundurchlässigen
Kunststoff hergestellt und weisen ihrerseits eine Vielzahl von durchgehend ausge-
bildeten Öffnungen ("openings", Bezugsziffer 58) auf. Mit diesen Öffnungen der
zweischichtigen Platte (Bezugsziffer 52) stehen die Öffnungen des Schleifgitters in
Verbindung.
Wie sich aus Figur 4 der US-Patentschrift entnehmen lässt, befindet
sich auf der dem Schleifgitter abgewandten (Rück-)Seite der zweischichtigen Plat-
te (Bezugsziffer 52), die von der Platte (Bezugsziffer 56) gebildet wird, eine Faser-
schicht. Mit ihr stehen Borsten (Bezugsziffer 50) eines als Antriebselement ("dri-
ving member", Bezugsziffer 44) bezeichneten Schleiftellers in Eingriff (K17, Sp. 2
Z. 46). Faserschicht und Borsten bewirken damit eine Klettadaption des Schleif-
körpers, der hier von der zweischichtigen Platte (Bezugsziffer 52) mit dem Schleif-
gitter gebildet wird, mit dem Antriebselement. Das als Schleifmittelhalter fungie-
rende Antriebselement weist Vakuumlöcher (Bezugsziffer 48) auf, die zu einer Va-
kuumkammer (Bezugsziffer 80) führen und als Absaugeinrichtungen mit den Öff-
nungen des Schleifgitters und der zweischichtigen Platte (Bezugsziffer 52) in Ver-
bindung stehen. Die durchgehenden Öffnungen (Bezugsziffer 58) der das Schleif-
gitter aufweisenden zweischichtigen Platte (Bezugsziffer 52) sind als Perforation
ausgebildet, die sich, wie Figur 4 zeigt, unter Aussparung eines mittleren Bereichs
gleichmäßig über die gesamte übrige Fläche des Schleifkörpers erstreckt.
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Über die Abringung des Schleifgitters (Bezugsziffer 60) trifft die US-
Patentschrift in der Patentbeschreibung (K17, Sp. 2 Z. 51-53) lediglich die Aussa-
ge, dass es mit der zweischichtigen Teflon-Platte in Eingriff steht und von dieser in
Position gehalten wird. Anders als bei der Befestigung der beiden Teflon-
Schichten (K17, Sp. 2 Z. 47-49) ist hier ein Verkleben des Schleifgitters oder eine
sonstige Befestigung, die aus dem Schleifgitter und der Teflon-Platte eine feste
Einheit machen könnte, nicht erwähnt. Ohnehin bedeutet nach den Angaben des
gerichtlichen Sachverständigen ein solches Verkleben von Schleifgittern eine Er-
schwerung von deren Auswechslung und eine Verstärkung der Gefahr des Zuset-
zens der Löcher des Gitters. Als nächstliegende Deutung einer Anbringung dieses
Oberflächenbearbeitungselements entnimmt der Fachmann der US-Patenschrift
daher, dass es unter die Schleifmaschine gelegt und durch deren Eigengewicht in
Position gehalten wird. Bildet das Schleifgitter somit für sich genommen eine ein
Schleifmittel aufweisende Schicht im Sinne des Merkmals 1.1 des Patentan-
spruchs 1 des Streitpatents, entspricht es mit seinem löchrigen Gittergewebe nicht
der Voraussetzung dieses Merkmals, dass die Schicht partikelstromundurchlässig
ist.
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c) Die übrigen Entgegenhaltungen, auf welche die Klägerin in Bezug auf die
Neuheitsprüfung in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr zurückgekom-
men ist, liegen noch weiter ab von dem Patentanspruch 1 des Streitpatents und
bedürfen insoweit keiner Erörterung.
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4. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat der Senat eine
Wertung, dass die von Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Vorrichtung
dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt durch den Stand der Technik nahegelegt
war (Art. 56 EPÜ), nicht treffen können.
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Dem Fachmann waren mit den Schleifscheiben, die eingangs der Streitpa-
tentschrift als den Stand der Technik beschreibend abgehandelt werden, zwar
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Schleifkörper geläufig, die auf ihrer Rückseite eine Kletthaftschicht beispielsweise
aus Velours aufwiesen und in denen Lochungen von mehreren Millimetern
Durchmesser angeordnet waren, um ein Absaugen des Schleifstaubs zu ermögli-
chen. Für derartige Schleifkörper fand der Fachmann Vorbilder in der offenkundig
vorbenutzten N. -Schleifscheibe und hinsichtlich der in das Verfahren einge-
führten schriftlichen Entgegenhaltungen etwa in den deutschen Offenlegungs-
schriften 37 24 747 (K9) und 40 09 876 (K10), die jeweils Handschleifmaschinen
mit Absaugeinrichtungen offenbaren, bei denen die mit mehreren Löchern verse-
henen Schleifpapiere mit einer Klettadaptionsschicht am Schleifteller befestigt
werden. Bei einem solchen vorbekannten Schleifkörper war ein Abtransport des
Schleifstaubs unmittelbar durch die Kanäle seiner Öffnungen vorgesehen, deren
Anzahl und Größe durch die für ein Fluchten bestimmten Absaugöffnungen des
zugehörigen Schleiftellers bestimmt waren. Keine der in das Verfahren eingeführ-
ten Entgegenhaltungen hat dem Durchschnittsfachmann indes eine konkrete An-
regung für den hier wesentlichen Erfindungsgedanken gegeben, über den Abstand
der als Perforation gleichmäßig verteilten Löcher des Schleifkörpers dessen Ve-
loursschicht zum horizontalen Abtransport des Schleifstaubs zu nutzen. Dies gilt
auch für die Entgegenhaltung K17. Obwohl sich aus der Figur 4 der US-Patent-
schrift entnehmen lässt, dass die Rückseite der zweischichtigen Teflon-Platte (Be-
zugsziffer 52) eine Faserschicht aufweist, durch die der Schleifkörper mit dem An-
triebselement (Bezugsziffer 44) über die auf dessen Unterseite angeordneten
Borsten (Bezugsziffer 50) adaptiert wird, und sich aus Figur 2 ersehen lässt, dass
die Öffnungen der Teflon-Platte und des Antriebselements nicht miteinander fluch-
ten, stellt sich die dort gezeigte Mimik des Aufbaus der Schleifmaschine als so
kompliziert dar, dass Zweifel verbleiben, dass der Fachmann allein in diesen
Zeichnungen das Prinzip der Lehre des Streitpatents hätte erkennen können. Au-
ßerdem ist zu berücksichtigen, dass Figur 4 die Teflon-Platte des Schleifkörpers
und die Platte des Antriebselements mit einer übereinstimmenden Zahl von jeweils
38 Lochungen gleicher Größe in schematisch annähernd übereinstimmender Ver-
teilung auf der jeweiligen Plattenfläche zeigt. Dies entsprach der im Stand der
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Technik herkömmlichen Zuordnung der fluchtend in Deckung zu bringenden Öff-
nungen von Schleifscheibe und Schleifteller und führte den Fachmann weg von
einer Überlegung, die Klettadaptionsschicht als Transportkanal zu nutzen.
Für eine Ausgestaltung der Lochungen als annähernd gleichmäßig über die
Fläche des Schleifkörpers verteilte Perforation fand der Fachmann zwar ein Vor-
bild in der US-Patentschrift 2 838 890 (K11). Diese Entgegenhaltung betrifft eben-
so wie das Streitpatent ein Schleifwerkzeug, das in die Kategorie der Schleifmittel
auf Unterlage fällt, und beschreibt das auch dem Streitpatent zugrundeliegende
Problem, dass sich das Schleifmittel auf dem Schleifkörper beim Schleifvorgang
mit abgeschliffenem Material und abgelösten Schleifmittelpartikeln zusetzt (K11,
Sp. 1 Z. 19-23 u. Z. 41-42). Mit dem Vorschlag, viele kleine Öffnungen eher eng
beabstandet in einem gleichmäßigen Muster anzuordnen, um für ein maximales
Entweichen des abgeschliffenen Materials zu sorgen (K11, Sp. 3 Z. 51-56), offen-
bart die US-Patentschrift zudem eine dem Merkmal 3.3 des Patentanspruchs 1
entsprechende Lösung. Der Gegenstand des bereits 1958 erteilten US-Patents
stellt aber eine gattungsferne Vorrichtung dar, da sie zur manuellen Verwendung
vorgesehen ist und dementsprechend weder eine Klettadaptionsschicht des
Schleifpapiers zur Befestigung auf einem Schleifteller noch eine Absaugung des
Schleifstaubs von der dem Schleifmittel abgewandten Seite des Schleifkörpers
vorsieht. Ob insofern von dem Fachmann überhaupt erwartet werden konnte, dass
er die K11 für seine Entwicklungstätigkeit zur Lösung des vorgenannten Problems
zu Rate zieht, kann dahingestellt bleiben. Denn der Vorschlag der K11, eine Viel-
zahl von Löchern als durchgehende Perforation auf dem Schleifpapier zu vertei-
len, sorgt nur dafür, dass der Schleifstaub mechanisch aus der Spanraumzone in
die als Spanreservoir dienenden Löcher gelangt. Einer Überlegung des Fach-
manns, auf der Rückseite des Schleifpapiers nach der K11 eine Klettschicht für
eine maschinelle Verwendung anzubringen, stand jedenfalls schon die herkömmli-
che Vorstellung entgegen, dass die Löcher des Schleifkörpers mit denen des
Schleifmittelhalters fluchten sollten. Eine entsprechende Entwicklung eines
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Schleifmittelhalters mit gleich vielen und großen Lochungen, wie sie die K11 zeigt,
lag jedoch völlig fern, da nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverstän-
digen wegen der beim Schleifen auf den Schleifteller wirkenden Andruckkräfte
eine hinreichende Stabilität nicht gewährleistet und im Übrigen der Fertigungsauf-
wand zu hoch wäre. Selbst wenn der Fachmann gleichwohl auf die Idee gekom-
men wäre, die Rückseite des Schleifpapiers nach der K11 mit einer Klettschicht zu
versehen, hätte er gedanklich noch auf den Funktionszusammenhang kommen
müssen, dass die Klettschicht aufgrund der Ausgestaltung des Schleifpapiers mit
Löchern, deren Abstand und damit zugleich Größe und Anzahl zweckmäßig aus-
zuwählen ist, und aufgrund ihrer hierdurch entstehenden Verbindung untereinan-
der als Transportkanal genutzt werden könnte. Für eine solche Idee bot der Stand
der Technik dem Fachmann, wie dargelegt, indes keine Anregung.
5. Die Gesichtspunkte, die der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Patent-
anspruch 1 zugrunde liegen, gelten gleichermaßen für die nebengeordneten Pa-
tentansprüche 12 und 14 des Streitpatents in der verteidigten Fassung, durch die
eine Kombination des patentgemäßen Schleifkörpers mit einem Schleifmittelhalter
bzw. ein Adapter zur arbeitsgerechten Maschinen- oder Schleifmittelhalteranord-
nung eines patentgemäßen Schleifkörpers geschützt werden. Mit den Patentan-
sprüchen 1, 12 und 14 haben auch die auf diese rückbezogenen Patentansprüche
2 bis 11, 13 und 15 bis 16 des Streitpatents Bestand.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m.
§§ 91, 92 ZPO.
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Scharen Gröning
Berger
Grabinski
Hoffmann
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 10.05.2007 - 2 Ni 61/04 (EU) -