Urteil des BGH vom 15.04.2010

BGH (stpo, nachteil, strafkammer, höhe, strafe, teil, verfahrensgegenstand, aufwand, könig, raum)

5 StR 96/10
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 15. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2010
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Hamburg vom 14. April 2009 wird gemäß § 349 Abs. 2
StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet
verworfen, dass zwei Monate der verhängten Gesamtfrei-
heitsstrafe als vollstreckt gelten.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.
G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges und unerlaub-
ten Besitzes und Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit
mit unerlaubtem Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren und vier Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des
Angeklagten bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg.
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung
hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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2. Im Übrigen war das Urteil lediglich um die Kompensation eines
Konventionsverstoßes zu ergänzen (§ 349 Abs. 4 StPO).
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Auf zulässige Revision hat der Senat von Amts wegen eine Verfah-
rensverzögerung nach Erlass eines angefochtenen tatrichterlichen Urteils zu
berücksichtigen (BGHR Verfahrensverzögerung 8; BGH
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wistra 2008, 304; BGH, Beschluss vom 11. März 2008 – 3 StR 36/08). Den
Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift zum Um-
fang der Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung im Sinne von
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG schließt sich
der Senat an. Entgegen der Annahme des Generalbundesanwalts war hier
eine ausdrückliche Feststellung der Verfahrensverzögerung zur Kompensati-
on indes ungenügend; ein bezifferter Teil der verhängten Strafe war für voll-
streckt zu erklären (BGHSt 52, 124, 135 ff.). Dies hat der Senat in der gebo-
tenen Höhe von zwei Monaten selbst vorgenommen, um weitere Verzöge-
rungen zu vermeiden. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der unnötigen
Verzögerung des Verfahrens im Zwischenverfahren.
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Hingegen hat die Strafkammer zu Recht von einer Entscheidung über
die Adhäsionsanträge der Geschädigten abgesehen; die Voraussetzungen
hierfür lagen ersichtlich nicht vor (§ 406 Abs. 1 Satz 4 StPO). Verfahrensge-
genstand waren gewerbsmäßig begangene Betrugshandlungen zum Nachteil
von mehr als 800 Geschädigten. Der auch mit einem Grundurteil verbundene
zeitliche und organisatorische Aufwand zugunsten dieser Vielzahl an Ge-
schädigten, deren Zahlungsansprüche zudem nicht identisch waren, hätte
womöglich die zur Sachaufklärung erforderliche Anzahl zu vernehmender
geschädigter Zeugen (vgl. § 404 Abs. 3 StPO; BGH JR 2009, 471, 472) er-
heblich überschritten und wäre damit vorrangigeren Zielen des Strafverfah-
rens sowie dem Gebot zügiger Verfahrensführung bei Haftsachen zuwiderge-
laufen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 406 Rdn. 12). Schon der – so-
weit ersichtlich – durch die Staatsanwaltschaft erteilte Hinweis nach § 406h
Satz 1 Nr. 2 StPO hätte deshalb bei dieser Fallkonstellation (auch vorher-
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sehbar) gemäß §
406h Satz 2 StPO entfallen müssen (vgl.
BT-Drucks. 16/12098 S. 39).
Basdorf Raum Schaal
König Bellay