Urteil des BGH vom 08.05.2003

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 294/02
Verkündet am:
8. Mai 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BNotO §§ 19, 23
Weist die den Kauf eines Erbbaurechts finanzierende Bank den Urkundsnotar
an, die auf ein Anderkonto des Notars überwiesene Darlehensvaluta erst aus-
zuzahlen, wenn die Eintragung des Erwerbers im Grundbuch "sichergestellt"
ist, so verletzt der Notar den mit der Bank bestehenden Treuhandauftrag, wenn
er die Darlehenssumme auszahlt, obwohl die Unbedenklichkeitsbescheinigung
des Finanzamts nicht vorliegt. Dies ist auch dann nicht anders zu beurteilen,
wenn in dem vom Notar beurkundeten Kaufvertrag ausdrücklich bestimmt ist,
daß die Fälligkeit des Kaufpreiszahlungsanspruchs nicht von der Erteilung der
Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängen soll.
BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - III ZR 294/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dörr und Galke
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Juli 2002 aufgeho-
ben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer
des Landgerichts Düsseldorf vom 2. November 2001 wird zurück-
gewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Bank nimmt den beklagten Notar wegen Verletzung eines
Treuhandauftrags in Anspruch.
Der Beklagte beurkundete am 21. August 1997 den Kaufvertrag über ein
Erbbaurecht zum Preise von 2,9 Mio. DM. Nach Ziffer 2 des Kaufvertrags hing
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die Fälligkeit des Kaufpreises vom Eintritt verschiedener Bedingungen ab. Fäl-
ligkeitsvoraussetzung war unter anderem die notarielle Bestätigung, daß
"...
d) - abgesehen von der vom Käufer zu beschaffenden Unbedenk-
lichkeitsbescheinigung des Finanzamtes - dem vertragsgemä-
ßen Eigentumswechsel grundbuchlich Hindernisse nicht entge-
genstehen".
Die Klägerin finanzierte den Kauf durch Gewährung eines Darlehens
über 2,8 Mio. DM. Zur Sicherung des Darlehens dienten Grundpfandrechte, zu
deren Bestellung die Verkäufer die Käufer unter dem Vorbehalt bevollmächtigt
hatten, daß die kaufpreiskreditierende Bank "Löschungsbewilligung ... gegen
Rückzahlung auf den Kaufpreis geleisteter Valutierungsbeträge" erteilt, wenn
der Kaufvertrag aus Gründen, die der Verkäufer nicht zu vertreten hat, schei-
tern sollte (Ziffer 3 des Kaufvertrags).
Am 17. Dezember 1997 überwies die Klägerin die Darlehenssumme von
2,8 Mio. DM auf ein Anderkonto des Beklagten. Die Überweisung war unter
anderem mit der "ausdrücklichen Auflage" verbunden, über den Betrag
"nur zu verfügen, wenn sichergestellt ist, daß
- die Erwerber als alleinige Eigentümer in das oben bezeichnete
Grundbuch eingetragen werden;
...
Der dem Beklagten von der Klägerin erteilte Treuhandauftrag war ur-
sprünglich bis zum 30. Januar 1998 befristet; er wurde mehrfach, zuletzt bis
zum 15. April 1998, verlängert.
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Im März 1998 zahlte der Beklagte auf Bitten der Kaufvertragsparteien
2,6 Mio. DM der Darlehenssumme an die Verkäufer und 200.000 DM an die
Firma D. aus. Zu diesem Zeitpunkt war für die Käufer eine
Auflassungsvormerkung eingetragen. Die sonstigen kaufvertraglich vereinbar-
ten Fälligkeitsvoraussetzungen waren ebenfalls erfüllt. Auch standen der Klä-
gerin die von ihr verlangten dinglichen Sicherheiten zur Verfügung. Es fehlte
jedoch die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts. Diese wurde erst
im Jahre 1999 erteilt, nachdem die Verkäufer zuvor, am 29. Oktober 1998, vom
Kaufvertrag zurückgetreten waren.
Die Klägerin, die nach dem Scheitern des Kaufvertrags das Darlehen
gekündigt hatte, erhielt von den Verkäufern 2,38 Mio. DM gegen Freigabe der
auf dem Erbbaurecht lastenden dinglichen Sicherheiten zurück. Inwieweit die
Verwertung weiterer bestellter Sicherheiten zu einer Befriedigung der Klägerin
führen wird, ist offen.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe dadurch, daß er die
ihm treuhänderisch zur Verfügung gestellte Darlehenssumme vor Erteilung der
Unbedenklichkeitsbescheinigung ausbezahlt habe, seine Pflichten aus dem mit
ihr zustande gekommenen Treuhandauftrag verletzt. Sie begehrt festzustellen,
daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche durch die Verletzung
des Treuhandauftrags vom 17. Dezember 1997 entstandenen oder noch ent-
stehenden Schäden zu ersetzen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Be-
klagten hat das Oberlandesgericht (ZNotP 2002, 486 mit Anmerkungen Wehr-
stedt, ZNotP 2002, 461 und Kemp, ZNotP 2003, 27) die Klage abgewiesen. Mit
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der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Klägerin die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Beklagte da-
durch, daß er trotz Nichtvorliegens der Unbedenklichkeitsbescheinigung auf
Wunsch der Kaufvertragsparteien die Darlehensvaluta auszahlte, den mit der
Klägerin hinsichtlich der Verwendung der Darlehenssumme zustande gekom-
menen Treuhandauftrag verletzt (§ 19 Abs. 1 Satz 1, §§ 23, 24 BNotO).
1.
Bei der Abwicklung eines finanzierten Grundstücks- oder Erbbaurechts-
vertrags über das Anderkonto eines Notars kann die Bank dem Notar einseitige
Verwahrungsanweisungen oder Endtermine für die Verwendung der Darle-
hensmittel im Rahmen der Durchführung des Kaufvertrags erteilen. Die Ein-
schaltung des Notars bei der Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäu-
fer beruht auf einem selbständigen Betreuungsgeschäft im Sinne der § 23, 24
BNotO, wobei der Notar die ihm von der Bank erteilten Anweisungen peinlich
genau zu beachten hat (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 427/98 -
NJW 2002, 1346, 1347; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 - IX ZR
41/99 - NJW 2000, 1644; jeweils m.w.N.).
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2.
Nach den Anweisungen der Klägerin durfte die Auszahlung der Darle-
hensvaluta erst erfolgen, wenn die Eintragung der Erbbaurechtskäufer als al-
leinige Inhaber des Erbbaurechts in das Grundbuch "sichergestellt" war. Wird
- wie hier - der Begriff der Sicherstellung nicht näher erläutert (vgl. insoweit die
Formulierungsvorschläge der Bundesnotarkammer für Notarbestätigung und
Treuhandauftrag, Rundschreiben Nr. 05/99, veröffentlicht in DNotZ 1999,
369 ff), so entspricht es im Anschluß an ein Urteil des IX. Zivilsenats vom
19. März 1987 allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, daß
die Eintragung eines Rechts oder einer Rechtsänderung dann sichergestellt ist,
wenn hierzu nur noch das pflichtgemäße Handeln des Notars und des zustän-
digen Grundbuchbeamten erforderlich ist (IX ZR 166/86 - NJW 1987, 3201,
3202 = DNotZ 1987, 560, 561; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1998, 45, 46; 1997, 73;
DNotZ 1994, 117, 119; OLG Hamm, DNotZ 1996, 384, 387; Schleswig-Hol-
steinisches OLG, SchlHA 2001, 14, 15; Sandkühler, in: Arndt/Lerch/Sandküh-
ler, BNotO, 5. Aufl. § 23 Rn. 67; Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. Aufl.,
Rn. 702; Weingärtner, Das notarielle Verwahrungsgeschäft, 1998, Rn. 91). Die
Sicherstellung ist demnach im allgemeinen nur gegeben, wenn der Eintra-
gungsantrag gestellt ist und alle für die Eintragung notwendigen Unterlagen
dem Grundbuchamt vorliegen und aus dem Grundbuch und den Grundakten
bei Antragstellung keine Eintragungshindernisse erkennbar sind (Sandkühler
aaO Rn. 93; Hertel, in: Frenz, Neues Berufs- und Verfahrensrecht für Notare,
Rn. 463). Zu diesen Unterlagen gehört, wenn es - wie hier - um die Eintragung
des Käufers eines Grundstücks oder Erbbaurechts geht, auch die Bescheini-
gung des für die Besteuerung zuständigen Finanzamts, daß der Eintragung
steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen (Unbedenklichkeitsbescheinigung
nach § 22 des Grunderwerbsteuergesetzes; so ausdrücklich Beining, Pflichten
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des Notars bei Hinterlegung des Grundstückskaufpreises, 1999, S. 53;
Schmenger, BWNotZ 1996, 28, 39).
3.
Nach Meinung des Berufungsgerichts verstieß der beklagte Notar nicht
gegen die Treuhandauflage der Klägerin, als er die Auszahlung der Darlehens-
valuta auch ohne Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanz-
amts veranlaßte. Hierzu hat es ausgeführt: Im notariellen Kaufvertrag sei die
Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts als Fälligkeits-
voraussetzung ausdrücklich ausgenommen worden. Durch eine solche Rege-
lung werde verhindert, daß der Käufer durch eine verspätete Zahlung der
Grunderwerbsteuer die Fälligkeit des Kaufpreises in einer für den Verkäufer
unzumutbaren Weise hinauszögern kann; sie wahre sowohl die Interessen des
Verkäufers als auch die des Erwerbers und entspreche den einschlägigen Hin-
weisen in der notarrechtlichen Literatur. Schon diese notarielle Praxis lege es
nahe, daß der Eintritt der Fälligkeitsbedingungen des notariellen Kaufvertrags
auch im Verhältnis zur kreditgebenden Bank erforderlich, aber auch ausrei-
chend sei. Damit in Einklang stehe, daß auch die Formulierungsvorschläge für
Notarbestätigung und Treuhandauftrag der Bundesnotarkammer hinsichtlich
der Konkretisierung der Sicherstellungsvoraussetzungen allein auf grundbuch-
liche Hindernisse abstellen, nicht aber auf Voraussetzungen, die, wie etwa der
Kostenvorschuß für die Eintragung oder die Unbedenklichkeitsbescheinigung
des Finanzamts, außerhalb des Grundbuchs liegen. Zwar seien diese Vor-
schläge erst im Jahre 1999 veröffentlicht worden; sie gäben aber lediglich die
Praxis der Notare und der Kreditwirtschaft wieder, wie sie sich seit längerer
Zeit herausgebildet habe, und könnten daher auch für die Beurteilung des vor-
liegenden Sachverhalts herangezogen werden.
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Dem ist nicht zu folgen. Durch die Auszahlung der Darlehensvaluta vor
Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts verletzte der
Beklagte, wie die Revision zu Recht rügt, seine Pflichten aus dem ihm von der
Klägerin erteilten Treuhandauftrag.
a) Die Auslegung des Berufungsgerichts, die im Kaufvertrag festgeleg-
ten Voraussetzungen der Fälligkeit des Kaufpreiszahlungsanspruchs seien
auch für die Durchführung des dem beklagten Notar von seiten der finanzie-
renden Bank erteilten Treuhandauftrags maßgeblich, ist rechtsfehlerhaft; sie
berücksichtigt nicht hinreichend, daß bezüglich der Verwahrung des Kaufprei-
ses zwei rechtlich streng zu trennende notarielle Treuhandverhältnisse vorlie-
gen, zum einen das zu den Kaufvertragsparteien und zum anderen das zu der
finanzierenden Bank (vgl. Hertel, in: Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, § 54a
BeurkG Rn. 56), deren Inhalt der Notar jeweils eigenständig zu ermitteln und zu
befolgen hat. Die Regelungen des zwischen den Kaufvertragsparteien ge-
schlossenen Vertrags einschließlich der darin enthaltenen Fälligkeitsvoraus-
setzungen ist nicht Bestandteil des Treuhandauftrags der Bank; sie vermögen
daher eine vom Wortlaut abweichende Auslegung dieses Auftrags nicht zu
rechtfertigen. Dies ist auch dann nicht anders, wenn die verschiedenen Treu-
handaufträge nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren sind und deshalb
die vertragsgerechte Abwicklung des Kaufvertrags gefährdet ist. In einem sol-
chen Fall muß der Notar versuchen, seine Auftraggeber zu einer Anpassung
der nicht aufeinander abgestimmten Auflagen zu bewegen, oder aber die
Durchführung des Auftrags ablehnen. Keinesfalls ist es ihm gestattet, sich un-
ter Berufung auf die kaufvertraglichen Vereinbarungen über den Wortlaut der
Anweisungen der Bank hinwegzusetzen, um auf diese Weise die Anweisungen
der verschiedenen Auftraggeber eigenmächtig in Einklang zu bringen (BGH,
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Urteile vom 10. Februar 2000 aaO und vom 11. Juli 1996 - IX ZR 116/95 - NJW
1996, 3343, 3344 m.w.N.).
b) Die im Kaufvertrag ausdrücklich enthaltene Einschränkung, daß die
Fälligkeit des Kaufpreises nicht von der Vorlage der Unbedenklichkeitsbe-
scheinigung abhängen sollte, wird in dem die Sicherstellung der Eintragung der
Käufer als Inhaber des Erbbaurechts betreffenden Passus des Treuhandauf-
trags der Klägerin nicht gemacht. Ein Hinweis auf die kaufvertraglichen Rege-
lungen der Fälligkeit des Kaufpreises findet sich nirgends. Angesichts der
rechtlichen Selbständigkeit der unterschiedlichen Treuhandverhältnisse bot
allein der Umstand, daß die Klägerin bereits vor Überweisung der Darlehens-
valuta an den Beklagten vom Inhalt des Kaufvertrags Kenntnis erlangt hatte,
dem Beklagten keinen hinreichenden Anhalt dafür, daß auch im Verhältnis zur
Klägerin die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung entbehrlich sein
sollte. Vielmehr hätten die gerade in diesem Punkt unterschiedlichen Formulie-
rungen im Kaufvertrag und im Treuhandauftrag der Klägerin dem Beklagten
Veranlassung geben müssen, vor einer Klärung dieser Frage mit den Beteilig-
ten die Darlehenssumme nicht auszuzahlen.
c) aa) Soweit das Berufungsgericht darauf abgehoben hat, in der notari-
ellen Praxis werde üblicherweise auf das Vorliegen der Unbedenklichkeitsbe-
scheinigung als Fälligkeitsvoraussetzung verzichtet (vgl. auch OLG Hamm,
NJW 1993, 1601, 1602; zustimmend Basty, in: Kersten/Bühling, Formularbuch
und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl. Rn. 88, wonach eine an-
dere Beurkundungspraxis ohne entsprechende Aufklärung der Kaufvertrags-
parteien als amtspflichtwidrig anzusehen ist), hat es allein das Verhältnis der
Kaufvertragsparteien untereinander in den Blick genommen. Die Interessenla-
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ge der Kaufvertragsparteien bei der Auszahlung des Kaufpreises ist jedoch
nicht deckungsgleich mit der der finanzierenden Bank bei der Auszahlung der
Darlehensvaluta (vgl. Kemp, ZNotP 2003, 27).
bb) Die Revision macht geltend, die Klägerin habe, da der die Darle-
henssumme von 2,8 Mio. DM übersteigende Restkaufpreis ebenso wie die Er-
werbsnebenkosten aus Eigenmitteln der Käufer zu bestreiten gewesen wären,
ein eigenes Sicherungsinteresse daran gehabt, daß das Darlehen nicht vor
Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgezahlt werde. Dafür spricht
einiges, indes braucht diese Frage nicht abschließend beantwortet zu werden.
Das Gebot, Treuhandauflagen so wortlautgetreu wie möglich zu befolgen, soll
den Notar gerade (auch) der Notwendigkeit entheben, die - für den Außenste-
henden nicht immer eindeutig erkennbare - Interessenlage zu prüfen und in
seine Überlegungen mit einzubeziehen (Kemp aaO; s. auch Senatsurteil vom
6. Juni 2002 - III ZR 206/91 - NJW 2002, 2459, 2460 f).
d) Das Berufungsgericht sieht zu Unrecht in den Formulierungsvor-
schlägen der Bundesnotarkammer eine Bestätigung seiner Rechtsauffassung.
Richtig ist, daß in den Vorschlägen der Bundesnotarkammer für Treuhandauf-
träge einer den Kaufpreis finanzierenden Bank, in denen die Anforderungen an
die "Sicherstellung der Eintragung" näher beschrieben werden, die Vorlage der
Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erwähnt wird. Das versteht sich indes
von selbst, weil in diesen Vorschlägen ausschließlich die Sicherstellung der
Eintragung der als Kreditsicherheiten für die finanzierende Bank vorgesehenen
Grundpfandrechte konkretisiert wird und nicht - worauf in dem Treuhandauf-
trag, den die Klägerin vorliegend dem Beklagten erteilt hat, allein abgestellt
worden ist - die Sicherstellung der Eintragung der Käufer als neue Grund-
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stückseigentümer oder Erbbaurechtsinhaber. Die Bestellung oder Übertragung
eines Grundpfandrechts ist indes kein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang,
so daß die Eintragung dieses Pfandrechts auch nicht von der Zahlung der
Grunderwerbsteuer abhängig sein kann.
Soweit es nicht um eine bestimmte Formulierung, sondern um den all-
gemeinen, nicht näher konkretisierten Begriff der Sicherstellung als solchen
geht, wird in der Begründung der Bundesnotarkammer auf die Entscheidung
des IX. Zivilsenats vom 19. März 1987 verwiesen (aaO S. 376), also gerade auf
die Entscheidung, von der das Berufungsgericht abgewichen ist.
II.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als rich-
tig dar (§ 561 ZPO).
1.
Die Klägerin hat dargetan, daß die weisungswidrige Verwendung der
Treuhandgelder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Eintritt eines Scha-
dens zur Folge hatte.
Hätte der Beklagte die Darlehensvaluta nicht ausbezahlt, so hätte sie in
voller Höhe der Klägerin zurückgegeben werden können. Zwar ist die Unbe-
denklichkeitsbescheinigung des Finanzamts, deren Fehlen den Pflichtverstoß
des Beklagten begründete, schließlich doch noch erteilt worden. Jedoch hätte
eine Auszahlung des Darlehens zu diesem Zeitpunkt auch dann, wenn der
Treuhandauftrag entsprechend verlängert worden wäre, gleichwohl nicht
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(mehr) erfolgen dürfen, da bereits zuvor die Verkäufer vom Kaufvertrag zu-
rückgetreten waren. Daß die Pflichtwidrigkeit des Notars nicht mit den Umstän-
den in Zusammenhang gestanden hat, die letztlich zum Scheitern des Kaufver-
trags und damit des Kreditgeschäfts geführt haben, rechtfertigt es nicht, den
Zurechnungszusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten des No-
tars und dem beim Treugeber eingetretenen Schaden zu verneinen (vgl. BGH,
Urteil vom 8. Februar 1990 - IX ZR 63/89 - DNotZ 1990, 661, 663 ff; s. auch
Senatsurteil vom 6. Juni 2002 aaO).
2.
Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Der Umstand, daß das Be-
rufungsgericht, im Unterschied zum Landgericht, das Verhalten des Beklagten
als amtspflichtgemäß angesehen hat, vermag ihn nicht zu entlasten. Der
Grundsatz, daß ein Verschulden des Notars regelmäßig ausscheidet, wenn ein
mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht sein Verhalten als
objektiv rechtmäßig gebilligt hat, greift hier nicht ein. Er ist nur eine allgemeine
Richtlinie (vgl. BGHZ 134, 100, 111), die unter anderem nicht anwendbar ist,
wenn das Kollegialgericht - wie hier - die für die Beurteilung des Falls maßgeb-
liche höchstrichterliche Rechtsprechung zwar angeführt hat, ihr aber, ohne sich
damit hinreichend auseinanderzusetzen, gleichwohl nicht gefolgt ist (Senats-
urteil vom 12. Juli 2001 - III ZR 282/00 - NVwZ 2002, 124, 125).
3.
Für ein Mitverschulden (§ 254 BGB) der Klägerin bei der Entstehung des
Schadens besteht kein Anhalt.
4.
Ein Haftungsausschluß nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO kommt nicht in
Betracht, da der Beklagte Pflichten verletzt hat, die sich aus einem selbständi-
gen Verwahrungsgeschäft im Sinne der §§ 23, 24 BNotO ergeben haben.
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III.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Der Rechtsstreit ist im Sinne der
Klägerin entscheidungsreif.
Rinne
Streck
Schlick
Dörr
Galke