Urteil des BGH vom 13.02.2002

BGH (wiedereinsetzung in den vorigen stand, stgb, verhältnis zu, bedrohung, stpo, akteneinsicht, wiedereinsetzung, frist, verteidiger, versuch)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 523/01
vom
13. Februar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Februar 2002
gemäß §§ 44-46, 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vori-
gen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung von
Verfahrensrügen wird zurückgewiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Mainz vom 8. August 2001 wird als unbegründet verwor-
fen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisions-
rechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-
klagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Gründe:
I.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig.
Eine Wiedereinsetzung zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt bei
im übrigen form- und fristgerecht begründeter Revision nur in eng begrenzten
Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn dem Verteidiger bis zum Ablauf der
Revisionsbegründungsfrist trotz m e h r f a c h e r Mahnung keine Aktenein-
sicht gewährt wurde (vgl. Senatsbeschluß vom 20. Dezember 2001 - 2 StR
481/01).
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Wird geltend gemacht, fehlende Akteneinsicht habe die formgerechte
Formulierung der Rüge verhindert, muß die Rüge so genau mitgeteilt werden,
wie dies ohne Akteneinsicht möglich ist und im übrigen muß der Beschwerde-
führer darlegen, inwieweit er dadurch an einer ordnungsgemäßen Begründung
gehindert war (vgl. hierzu u.a. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 44
Rdn. 7, 7 a, 7 b mit Rechtsprechungsnachweisen). Diesen Anforderungen ist
der Beschwerdeführer hier nicht nachgekommen. Dies steht der Annahme ei-
nes Ausnahmefalles entgegen.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber insbesondere deshalb unzuläs-
sig, weil die Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht eingehalten wurde. Der
Verteidiger hat Fotokopien des angeforderten Sitzungsprotokolles durch den
Senat am 7. Januar 2002 erhalten, sein Wiedereinsetzungsgesuch ist erst am
7. Februar 2002 beim Bundesgerichtshof eingegangen, mithin nicht innerhalb
der Wochenfrist. Selbst wenn man auch in einem solchen Fall auf die Kenntnis
des Angeklagten selbst abstellen würde, wäre der Wiedereinsetzungsantrag
erfolglos, da das Gesuch keine Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des
Hindernisses enthält, was aber Zulässigkeitsvoraussetzung ist und innerhalb
der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO geltend gemacht werden muß
(vgl. hierzu Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 45 Rdn. 5 m.w.N.).
Der Senat sieht bei der gegebenen Sachlage keinen Anlaß, Wiederein-
setzung von Amts wegen für die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1
StPO zu gewähren.
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II.
Der Senat merkt an, daß der Schuldspruch wegen (vorsätzlicher) Kör-
perverletzung und wegen gefährlicher Körperverletzung, jeweils in Tateinheit
mit Bedrohung, rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Bedrohung hat nicht
zu entfallen. Nach der Rechtsprechung liegt Gesetzeseinheit in der Form der
Spezialität vor, wenn die Bedrohung den Tatbestand des § 241 StGB erfüllt
und sie zugleich Mittel der in der entsprechenden Vorschrift vorausgesetzten
Nötigung ist (vgl. u.a. BGH bei Miebach NStZ 1994, 225 zu §§ 177, 178 StGB
a.F.; BGH GA 77, 306 zu § 177 StGB a.F. mit weiteren Hinweisen zum Verhält-
nis zu § 240 und zu § 253 StGB; BGH bei Dallinger MDR 1973, 902 zu § 113
StGB; bei Rücktritt vom Versuch vgl. aber BGH, Urteil vom 21. Juni 1977 - 5
StR 310/77). Diese Fallkonstellation ist hier nicht gegeben, da weder einfache
noch gefährliche Körperverletzung eine entsprechende Drohung als Nöti-
gungsmittel voraussetzen.
Ein Zurücktreten der Bedrohung (oder keine Tatbestandsmäßigkeit: vgl.
hierzu BGH NStZ 1984, 454 = EzSt § 241 StGB Nr. 2) wird weiter in den Fällen
angenommen, in denen eine Bedrohung mit Versuch oder Vollendung d e s
a n g e d r o h t en V e r b r e c h e n s zusammentrifft (vgl. hierzu u.a. Eser
in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 241 Rdn. 16; Bedenken bei Vorliegen
nur eines Versuchs des angedrohten Verbrechens bei Tröndle/Fischer, StGB
50. Aufl. § 241 Rdn. 7 und Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 241 Rdn. 4 jeweils
unter Hinweis auf BGH NJW 1999, 69 = BGHSt 44, 196). Bei den vorliegenden
Taten ist aber kein Verbrechen gegeben, das zumindest versucht wurde; denn
es handelt sich jeweils nur um Vergehen. In diesen Fällen wird der Unrechts-
gehalt der Tat nicht erschöpfend erfaßt, wenn nicht die über die Körperverlet-
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zungen hinausgehende Todesdrohung, die das Opfer ernst nehmen sollte, im
Schuldspruch - als tateinheitlich begangen - zum Ausdruck kommt.
Dadurch, daß der Angeklagte in dem Fall, in dem er z w e i Frauen
bedrohte, nicht wegen gleichartiger Idealkonkurrenz verurteilt wurde (vgl. hier-
zu Eser a.a.O.), ist er nicht beschwert.
Jähnke Bode Otten
Rothfuß Fischer