Urteil des BGH vom 13.11.2012

BGH: verwertung, gesellschafter, treuepflicht, anleger, grundpfandrecht, aufklärungspflicht, grundstück, fonds

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 23/12
vom
13. November 2012
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. November 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Dr. Reichart sowie die
Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revi-
sion in dem Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom
6. Dezember 2011 wird zurückgewiesen, weil keiner der im Ge-
setz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach de-
nen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der
Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er
eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Der Senat hat die Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgrei-
fend erachtet.
Zwar hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die Klage mit der
Begründung abgewiesen, dem Schadensersatzverlangen des
Klägers stünden § 242 BGB und die gesellschafterliche Treue-
pflicht entgegen, weil sich das mit dem - unterstellten - Prospekt-
fehler verbundene Risiko des Klägers, von den finanzierenden
Banken vor Verwertung des Fondsgrundstücks in Anspruch ge-
nommen zu werden, nicht verwirklicht habe. Nach der höchstrich-
terlichen Rechtsprechung besteht der Schaden des nicht pflicht-
gemäß aufgeklärten Anlegers in der - bei pflichtgemäßer Aufklä-
rung nicht erworbenen - Beteiligung. Der Grund für die Haftung
des Aufklärungspflichtigen liegt darin, dass durch unzutreffende
oder unvollständige Informationen eines Prospekts in das Recht
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des mit dem Prospekt geworbenen Anlegers eingegriffen wird, zu-
treffend informiert in eigener Entscheidung über die Verwendung
seines Vermögens zu bestimmen und sich für oder gegen die An-
lage zu entscheiden (BGH, Urteil vom 5. Juni 1993 - II ZR 194/92,
BGHZ 123, 106, 112 ff.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07,
ZIP 2009, 764 Rn. 4; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10,
ZIP 2012, 1342 Rn. 24). Dementsprechend erschöpft sich der
Sinn der Aufklärungspflicht - anders als das Berufungsgericht an-
genommen hat - nicht darin, den Anleger davor zu schützen, dass
der Prospekt unrichtige oder unvollständige Angaben über solche
Umstände enthält, die sich später tatsächlich negativ auf die wirt-
schaftliche Entwicklung der Anlage ausgewirkt haben (BGH, Urteil
vom 5. Juni 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112). Ob sich
ein im Prospekt unzutreffend dargestelltes Risiko verwirklicht hat,
ist für die Feststellung eines auf dem Prospektfehler beruhenden
Schadens ohne Belang (BGH, Urteil vom 5. Juni 1993
- II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 114; vgl. auch BGH, Urteil vom
3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 212 f.). Des-
halb kann derjenige, der durch unzutreffende Aufklärung zum Bei-
tritt zu einem Fonds veranlasst worden ist, regelmäßig verlangen,
im Wege der Naturalrestitution so gestellt zu werden, wie wenn er
sich nicht beteiligt hätte. Es verstößt daher entgegen der Auffas-
sung des Berufungsgerichts weder gegen § 242 BGB noch gegen
die gesellschafterliche Treuepflicht, diesen Schadensersatzan-
spruch gegenüber einem Gründungsgesellschafter geltend zu ma-
chen, der eine unrichtige Prospektdarstellung nicht richtig gestellt
hat, auch wenn sich der Prospektfehler tatsächlich nicht ausge-
wirkt hat.
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Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist aber im Ergebnis rich-
tig, weil der - vom Berufungsgericht unterstellte - Prospektfehler
nicht vorliegt. Ein Anleger konnte der Formulierung
nicht entnehmen, dass die Gläubigerbank die Gesellschafter erst
nach Verwertung des Fondsgrundstücks in Anspruch nehmen dür-
fe und die aus der Verwertung des Grundstücks erzielten Erlöse
auf ihre quotale Haftung angerechnet würden (vgl. BGH, Urteil
vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 42 ff.;
Beschluss vom 10. Juli 2012 - II ZR 246/10, juris Rn. 3, 5; Be-
schluss vom 21. August 2012 - II ZR 99/11, juris 3, 5). Die vom
Kläger beanstandete Formulierung ruft unter Berücksichtigung des
sprachlichen Zusammenhangs, der Systematik der Prospektdar-
stellung und des vom Prospekt vermittelten Gesamtbildes (vgl.
BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924)
bei einem Anlageinteressenten nicht die - unzutreffende - Vorstel-
lung hervor, dass er von den durch ein Grundpfandrecht gesicher-
ten, finanzierenden Banken erst nach Verwertung des Gesell-
schaftsgrundstücks aus seiner persönlichen Haftung in Anspruch
genommen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012
- II ZR 246/10, juris Rn. 5; Beschluss vom 21. August 2012
- II ZR 99/11, juris 5).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2,
2. Halbsatz ZPO abgesehen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
(§ 97 ZPO).
Streitwert: 27.798,43 €
Bergmann
Reichart
Drescher
Born
Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.03.2011 - 40 O 24/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 06.12.2011 - 14 U 111/11 -