Urteil des BGH vom 01.02.2001

Leitsatzentscheidung

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
AO § 373 Abs. 1; § 370 Abs. 1;
Zollkodex Art. 203 Abs. 1
1. Der Begriff des Entziehens aus zollamtlicher Überwachung im
Sinne von Art. 203 Abs. 1 Zollkodex ist so zu verstehen, daß er
jede Handlung oder Unterlassung erfaßt, die dazu führt, daß die
zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer
unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der
Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen
Prüfungen gehindert wird (Anschluß an EuGH, Urteil vom
1. Februar 2001 - C-66/99, Slg. 2001 I - 911 und EuGH, Urteil
vom 11. Juli 2002 - C-371/99, ZfZ 2002, 338).
2. Nichtgemeinschaftsware wird auch dadurch aus der zollamtlichen
Überwachung entzogen, daß sie unter anderen für ein Zollver-
fahren angemeldeten Waren versteckt und in einem zur Durchfuhr
durch das Zollgebiet der Europäischen Union abgefertigten und
versiegelten Container vom Amtsplatz abtransportiert wird. Dies
gilt auch dann, wenn die versteckte Ware in diesem Container
wieder ausgeführt wird.
BGH, Beschl. v. 27. November 2002 – 5 StR 127/02
LG Bremen –
5 StR 127/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 27. November 2002
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2002
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Bremen vom 13. Juni 2001 gemäß § 349
Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben; die
Feststellungen zur äußeren Tatseite bleiben aufrechter-
halten.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hinter-
ziehung von Eingangsabgaben (richtig: wegen gewerbsmäßigen Schmug-
gels) in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge zum Schuldspruch und
zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von
§ 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte in 16 Fällen unversteu-
erte und unverzollte Zigaretten in Containern von Zypern über die Bundesre-
publik Deutschland nach Tschechien befördern, ohne sie für den Transport
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durch das Gebiet der Europäischen Union zu einem Zollverfahren anzumel-
den oder Einfuhrabgaben abzuführen. Hierzu ließ der Angeklagte jeweils in
Zypern Zigaretten, die er dort zuvor zum Export angemeldet hatte, mit ande-
ren, ebenfalls zur Ausfuhr angemeldeten Waren wie Bekleidung oder Schu-
hen unter Aufsicht des zypriotischen Zolls in Container verpacken. Der Zoll
bestätigte in allen diesen Fällen nach Versiegelung der Container das
Verstauen der angemeldeten Waren und erteilte die zur Verschiffung nach
Deutschland erforderlichen Verladungsgenehmigungen; damit wurde die in
den Transport eingeschaltete Reederei ermächtigt, die Container mit den
genannten Waren an Bord zu nehmen. In das für die Verschiffung und den
Transport auf dem Seewege erforderliche Konnossement („Bill of Lading“)
und die Cargo-Zollerklärung ließ der Angeklagte in der Folge jeweils nur
noch die zugeladenen sonstigen Waren (Bekleidung etc.), nicht aber die Zi-
garetten aufnehmen. Er nutzte hierbei aus, daß der zypriotische Zoll die Zoll-
erklärungen bei der Verladung nicht mit den Verladungsgenehmigungen ab-
glich, in denen die Zigaretten noch aufgeführt waren (UA S. 18). Nach Umla-
dung im Hafen von Antwerpen wurden die Container entweder im Freihafen
Bremerhaven oder im Freihafen Hamburg gelöscht. Wie vom Angeklagten
beabsichtigt, erhielten die von ihm beauftragten Fahrer, welche die Container
von dort mit Lkw nach Tschechien befördern sollten, von der jeweiligen Ha-
fenbetriebsgesellschaft auf Vorlage der inhaltlich unrichtigen Konnossemente
Freistellungsbescheinigungen für die darin bezeichneten Waren. Vom Ange-
klagten eingeschaltete Speditionen erstellten aufgrund dieser Dokumente
– und damit wiederum ohne Berücksichtigung der Zigaretten – Versandan-
meldungen T1 zur Beförderung der Waren im externen gemeinschaftlichen
Versandverfahren (im folgenden: T1-Versandverfahren) nach Tschechien.
Die mit dem Transport beauftragten Fahrer führten jeweils die Container auf
Veranlassung des Angeklagten bei den Abgangszollstellen vor und reichten
die vorbereiteten Versandanmeldungen zusammen mit den Freistellungsbe-
scheinigungen zur Eröffnung von T1-Versandverfahren ein. Der Zoll brachte
in allen Fällen als Nämlichkeitssicherung ein Zollsiegel an und fertigte die
Container für das T1-Versandverfahren nach Tschechien ab. Nach der Be-
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förderung durch Deutschland wurden die Container – und damit auch sämtli-
che Zigaretten – nach Tschechien ausgeführt. Dabei wurden von der jeweili-
gen Ausgangszollstelle lediglich die Unversehrtheit der Nämlichkeitssiche-
rung überprüft, die Ausfuhr des Containers bescheinigt und der Rückschein
der Versandpapiere zum Abschluß des T1-Versandverfahrens an die Ab-
gangszollstelle zurückgesandt. Eine Überprüfung des Containerinhalts durch
die Zollbehörden fand in keinem der Fälle statt – weder beim Abgangs- noch
beim Ausgangszollamt. Auf den in den Containern transportierten Zigaretten
lasteten je Transport Einfuhrabgaben zwischen 1,4 und 1,7 Mio. DM, insge-
samt mehr als 26 Mio. DM.
II.
Die Verurteilung des Angeklagten kann allein deshalb keinen Bestand
haben, weil das Urteil keine Feststellungen zur inneren Tatseite enthält.
1. Allerdings tragen die Feststellungen die Subsumtion des Landge-
richts, daß das Verhalten des Angeklagten den objektiven Tatbestand des
gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 AO) erfüllt.
a) Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit sie den
Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen, sind sie unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
b) Auch mit der Sachrüge deckt die Revision zum objektiven Tatbe-
stand keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Durch sein Verhalten ver-
kürzte der Angeklagte die Einfuhrabgaben für die durch Deutschland beför-
derten Zigaretten im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 AO.
aa) Die Wertung des Landgerichts, daß der Angeklagte in mittelbarer
Täterschaft (§ 25 Abs. 1 2. Alt. StGB) handelte, ist frei von Rechtsfehlern.
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Mittelbarer Täter ist, wer eine Straftat durch einen anderen begeht, al-
so die Tatbestandsmerkmale nicht selbst verwirklicht, sondern sich dazu ei-
nes „Werkzeugs“, des sogenannten Tatmittlers, bedient. Voraussetzung ist
zum einen ein „Defizit“ des Vordermanns, zum anderen eine überlegene, die
Handlung des Tatmittlers steuernde Stellung des Hintermanns (vgl. Trönd-
le/Fischer, StGB 50. Aufl. § 25 Rdn. 3).
Hier ließ der Angeklagte die angelieferten Container von beauftragten
Lkw-Fahrern bei den Zollbehörden vorführen und unrichtige Versandanmel-
dungen abgeben. Die Wertung des Landgerichts, daß der Angeklagte Tat-
herrschaft hatte, weil er den Fahrern, die von dem wahren Inhalt der Contai-
ner im Gegensatz zu ihm keine positive Kenntnis hatten, zur Zollanmeldung
inhaltlich unrichtige Frachtpapiere und Versandanmeldungen zukommen
ließ, ist damit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
bb) Der Angeklagte hat nach den Feststellungen jedenfalls den objek-
tiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO verwirklicht, ohne daß es für seine
Strafbarkeit darauf ankommt, ob dies schon durch eine pflichtwidrige Nicht-
gestellung der Zigaretten oder erst durch die Abgabe einer unrichtigen Ver-
sandanmeldung erfolgt ist. Dabei wurden neben dem Zoll jeweils auch die
Tabak- und die Einfuhrumsatzsteuer verkürzt, für die bei der Einfuhr generell
die Regeln über die Zölle entsprechend gelten (§ 21 TabStG, § 13 Abs. 2
[n. F.], § 21 Abs. 2 UStG).
(1) Der Angeklagte verstieß möglicherweise bereits gegen Art. 40,
Art. 4 Nr. 19 Zollkodex (ZK), wonach der Verbringer (im Sinne von § 370
Abs. 1 Nr. 2 AO) verpflichtet ist, in das Zollgebiet der Gemeinschaft ver-
brachte Waren bei der Grenzzollstelle zu gestellen (vgl. hierzu Bender, Das
Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, Abschnitt C IV TZ 73 sub 1 lit. a).
Ob vorliegend die Zigaretten bei den Grenzzollstellen gestellt worden
sind, ist allerdings gemeinschaftsrechtlich zweifelhaft.
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Zur Gestellung ist nach Art. 4 Nr. 19 ZK die Mitteilung an die Zollbe-
hörden in der vorgeschriebenen Form erforderlich, daß sich die Waren bei
der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten
oder zugelassenen Ort befinden. Bei Waren, die aus einem Freihafen in das
Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht werden, ergibt sich die Gestellungs-
pflicht aus Art. 38 Abs. 1 lit. a ZK. Hier wurden die Container mit den in das
Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren von den Fahrern den
Grenzzollstellen mit inhaltlich unrichtigen Frachtpapieren vorgeführt, ohne
daß auf die neben den Tarnladungen in den Containern befindlichen Ziga-
retten, die nicht in den Frachtpapieren genannt waren, ausdrücklich hinge-
wiesen wurde. Es ist jedoch zweifelhaft, ob zur Gestellung in jedem Fall die
Mitteilung ausreicht, daß sich die in das Zollgebiet der Gemeinschaft ver-
brachten Waren an dem bestimmten Ort befinden, oder ob darüber hinaus
auf versteckte oder verheimlichte Waren ausdrücklich hinzuweisen ist (vgl.
den Beschluß des Bundesfinanzhofs zur Einholung einer Vorabentscheidung
des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften [EuGH] zu dieser
Rechtsfrage, ZfZ 2002, 309).
Der Senat teilt die im Vorlegungsbeschluß dargelegte Auffassung des
Bundesfinanzhofs (BFH aaO S. 310), daß eine allgemeine Mitteilung über
das Vorhandensein von Waren die Gestellung versteckter oder verheimlich-
ter Waren nicht umfaßt, sondern daß auf diese ausdrücklich hingewiesen
werden muß, um die Mitteilungspflicht zu erfüllen. Für den Fall, daß der
EuGH diese Auffassung für zutreffend erachtete, wären im vorliegenden Fall
durch Nichtgestellung der in den Containern versteckten Zigaretten, auf die
nicht ausdrücklich hingewiesen wurde, wegen deren vorschriftswidrigem
Verbringen nach Art. 202 Abs. 1 ZK Einfuhrabgaben entstanden. Diese wä-
ren verkürzt worden (§ 370 Abs. 4 AO), weil sie wegen der unterlassenen
Gestellung nicht buchmäßig erfaßt werden hätten können (vgl. Art. 217 ZK).
(2) Aber auch wenn die Gestellung der Container die Zigaretten mit
umfaßt haben sollte, hätte der Angeklagte dennoch wegen der Abgabe der
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falschen Versandanmeldungen den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1
AO erfüllt.
(a) Der Angeklagte machte als mittelbarer Täter durch die Fahrer un-
richtige Angaben über die Waren, die in das T1-Versandverfahren überge-
führt werden sollten, und verstieß damit gegen Art. 59 Abs. 1 ZK.
Nach Art. 59 Abs. 1, Art. 4 Nr. 17 ZK i.V.m. Art. 199 ZK-DVO sind alle
Waren, die in ein Zollverfahren überführt werden sollen, zu dem betreffenden
Verfahren anzumelden. Gegenstand einer Zollanmeldung im Versandverfah-
ren (vgl. Art. 4 Nr. 16 lit. b ZK; Art. 62 ZK) sind dabei nur die Waren, deren
Beschaffenheit mindestens im Kern richtig bezeichnet ist (vgl. BFH ZfZ 1990,
380, 381). Dieser zu § 57 ZG aufgestellte Grundsatz hat auch nach Einfüh-
rung des Zollkodex weiterhin Geltung.
Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte die Fahrer, welche die in
den Freihäfen Bremerhaven und Hamburg angelieferten Container in seinem
Auftrag nach Tschechien bringen sollten, Versandanmeldungen bei den Zoll-
behörden einreichen, in die nur die Tarnwaren (Textilien, Schuhe etc.) auf-
genommen waren. Die Zollanmeldungen waren damit unrichtig im Sinne von
§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (vgl. hierzu Bender aaO Abschnitt C IV TZ 75 sub 2
lit. a).
(b) Wenn das Gestellen auch die in den Containern befindlichen Ziga-
retten erfaßt haben sollte, wären gemäß Art. 203 Abs. 1 und 2 ZK die Ein-
fuhrabgaben für die Zigaretten mit dem Abtransport der Container vom
Amtsplatz entstanden; diese wären zugleich aufgrund der unrichtigen Zoll-
anmeldung verkürzt worden.
Gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK, § 21 TabStG, § 13 Abs. 2 [n. F.], § 21
Abs. 2 UStG entstehen die Einfuhrabgaben, wenn eine einfuhrabgaben-
pflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
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(aa) Der Begriff des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung
ist im Gemeinschaftsrecht nicht definiert. In Art. 865 ZK-DVO sind zwar eini-
ge Fälle beschrieben, die ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung
darstellen. Über diese Fälle geht aber der in Art. 203 Abs. 1 ZK verwendete
Begriff deutlich hinaus. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff
des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne von Art. 203
Abs. 1 ZK so zu verstehen, „daß er jede Handlung oder Unterlassung um-
faßt, die dazu führt, daß die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am
Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an
der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 ZK vorgesehenen Prüfungen gehin-
dert wird“ (Urteil des EuGH in der Rechtssache C-66/99 – D. Wandel,
Slg. 2001, I-911, 933 (Tz. 47); vgl. auch Urteil des EuGH in der Rechtssache
C-371/99 – Liberexim BV, ZfZ 2002, 338, 341 und BGH, Urt. vom 24. Okto-
ber 2002 – 5 StR 600/01, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Dabei ist
es für das Entziehen einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung im Sin-
ne von Art. 203 Abs. 1 ZK nicht erforderlich, daß ein subjektives Element
vorliegt; es müssen nur die objektiven Voraussetzungen, wie insbesondere
das körperliche Fehlen der Ware am zugelassenen Verwahrungsort erfüllt
sein (vgl. EuGH Slg. 2001, I-911, 933 [Tz. 48]; EuGH ZfZ 2002, 338, 341
[Tz. 60]).
Der Abtransport der Container vom Amtsplatz durch die vom Ange-
klagten beauftragten Fahrer stellt eine solche Handlung dar, mit der die nach
Art. 37 Abs. 1 Satz 2 ZK vorgesehenen Prüfungen unmöglich gemacht wur-
den.
(bb) Art. 202 Abs. 1 ZK als gegenüber Art. 203 Abs. 1 ZK grundsätz-
lich vorrangige Vorschrift (vgl. BFH ZfZ 2002, 309, 311) stünde hier einer
Entstehung der Einfuhrabgaben nach Art. 203 Abs. 1 ZK nicht entgegen, weil
die Zigaretten – wenn ein ausdrücklicher Hinweis auf sie beim Verbringen
der Container in das Zollgebiet der Gemeinschaft nicht erforderlich wäre –
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ordnungsgemäß gestellt und damit nicht vorschriftswidrig im Sinne von Art.
202 ZK in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden wären.
(cc) Die Zigaretten unterlagen mit dem Zeitpunkt, in dem jeweils die
Container vom Freihafen in das Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht wur-
den, gemäß Art. 37 ZK der zollamtlichen Überwachung. Bis zum Erhalt einer
zollrechtlichen Bestimmung hatten sie – im Falle ordnungsgemäßer Gestel-
lung – die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung (vgl.
Art. 50 ZK). Vorübergehend verwahrte Waren dürfen ausschließlich an von
den Zollbehörden zugelassenen Orten und unter den von den Zollbehörden
festgelegten Bedingungen gelagert werden (Art. 51 Abs. 1 ZK) und müssen
jederzeit zollamtlich geprüft werden können (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 ZK). Diese
Prüfungsmöglichkeit für die Zollbehörden auf dem Amtsplatz, von dem die
Zigaretten nicht ohne ihre Zustimmung entfernt werden durften (vgl. Art. 47
ZK), wurde durch den Abtransport der Container zum Zwecke der Durchfuhr
durch Deutschland unmöglich gemacht (vgl. BFH ZfZ 2002, 309, 311; Bender
aaO TZ 75 sub 2 lit. a). Eine spätere Erfassung der in den abgefertigten
Containern befindlichen Zigaretten war nach der Versiegelung dieser Contai-
ner nahezu ausgeschlossen, weil die Zollbehörden von den Zigaretten keine
Kenntnis und damit für eine Überprüfung auch keinen Anlaß hatten. Damit
wären die Zigaretten mit der Entfernung vom Amtsplatz der zollamtlichen
Überwachung entzogen.
(dd) Die Zigaretten waren auch nicht nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 ZK
von den Zollbehörden den Anmeldern überlassen worden, denn die Überlas-
sung erstreckte sich nur auf die angemeldeten Waren. Durch die unrichtige
Anmeldung hatte der Angeklagte bewirkt, daß das externe gemeinschaftliche
Versandverfahren zur Durchfuhr von Nichtgemeinschaftswaren in die Tsche-
chische Republik (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK) nur für die Tarnware und nicht
auch für die ebenfalls in den Containern befindlichen Zigaretten eröffnet wor-
den war. Die nicht angemeldeten Zigaretten hätten damit weiter unter vorü-
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bergehender Verwahrung im Sinne von Art. 50 ZK gestanden, als sie vom
Amtsplatz der Zollbehörden abtransportiert wurden.
(ee) Einem Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung steht nicht
entgegen, daß die Zigaretten sich beim Transport durch das Zollgebiet in mit
Zollsiegeln versehenen Containern befanden, die zum externen gemein-
schaftlichen Versandverfahren für Nichtgemeinschaftswaren abgefertigt wor-
den waren (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK; Art. 72 ZK).
Zwar stand die ebenfalls in den Containern transportierte Tarnware
unter zollamtlicher Überwachung, bis sie aus dem Zollgebiet der Europäi-
schen Gemeinschaft verbracht wurde (vgl. Art. 37 Abs. 2 ZK). Diese zollamt-
liche Überwachung erstreckte sich aber nur auf die angemeldeten Waren.
Auch die Tatsache, daß der gesamte Container von den Zollbehörden ver-
siegelt worden war und die Zigaretten damit während des Transports zumin-
dest räumlich von dem Zollsiegel erfaßt wurden, führt nicht dazu, daß die
Zigaretten ebenfalls als unter zollamtlicher Überwachung stehend angesehen
werden konnten. Bei einem solchen Siegel handelt es sich ausschließlich um
eine Nämlichkeitssicherung im Sinne von Art. 72 ZK und nicht um eine Weg-
nahmesicherung. Ein Zollsiegel hätte in keiner Weise verhindern können,
daß die Zigaretten während des Transports durch Deutschland von dem An-
geklagten oder von Dritten aus den Containern hätten entnommen werden
können. Wären die Zigaretten während des Transports durch Deutschland
mit oder ohne Verletzung des Zollsiegels aus den Containern entfernt wor-
den, so hätten die Zollbehörden keinerlei Möglichkeit gehabt, für die in den
freien Verkehr gelangten Zigaretten die entstandenen Einfuhrabgaben zu
erheben, weil sie von der Existenz der Zigaretten in den Containern keine
Kenntnis gehabt hätten. Auch war für die verheimlichten Zigaretten keine
Sicherheit im Sinne von Art. 94 ZK geleistet worden, um die Erfüllung der
Zollschuld und der sonstigen Einfuhrabgaben sicherzustellen. Gerade diese
Sicherheitsleistung für möglicherweise entstehende Einfuhrabgaben recht-
fertigt aber die Überlassung der Waren an den Anmelder im Sinne von
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Art. 73 Abs. 1 Satz 1 ZK zum eigenständigen, nicht ständig tatsächlich kon-
trollierten Transport durch das Zollgebiet der Gemeinschaft im externen ge-
meinschaftlichen Versandverfahren nach Art. 91 ZK.
(ff) Der Einwand, eine Verkürzung von Einfuhrabgaben könne dann
nicht gegeben sein, wenn der Nachweis erbracht sei, daß die Ware tatsäch-
lich ausgeführt worden sei, greift ebenfalls nicht durch.
Entgegen der Ansicht der Revision steht die Tatsache der späteren
Wiederausfuhr der Zigaretten ihrer vorher erfolgten Entziehung aus zollamtli-
cher Überwachung nicht entgegen (vgl. zu der insoweit parallelen Problema-
tik beim verbrauchsteuerlichen Steueraussetzungsverfahren BGH, Urt. vom
24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Versandverfahren sind formelle Verfah-
ren, die auf eine hinreichende Kontrollmöglichkeit der in diesen Verfahren
transportierten Waren angewiesen sind. Besteht diese Kontrollmöglichkeit
nicht, weil die Zollbehörden keine Kenntnis von bestimmten Waren haben,
sind diese Waren als im freien Verkehr befindlich anzusehen; die Einfuhrab-
gaben sind damit entstanden. Werden die Waren letztlich doch ausgeführt,
kann dies zollrechtlich allenfalls – damit die Erhebung der Einfuhrabgaben
nicht einer ungewollten Sanktion gleichkommt (vgl. BFH DStRE 2002, 54,
56) – für die Frage eines möglichen Erlasses der entstandenen Abgaben
(vgl. Art. 239 ZK) und strafrechtlich nur für die Frage der Strafzumessung von
Bedeutung sein (vgl. auch BGH aaO).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 859 Nr. 6 ZK-DVO.
Nach dieser Vorschrift gilt für eine Ware in vorübergehender Verwahrung das
Verbringen dieser Ware aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ohne Erfüllung
der vorgeschriebenen Zollformalitäten als Verfehlung im Sinne des Art. 204
Abs. 1 ZK, die sich „auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehen-
den Verwahrung nicht wirklich ausgewirkt“ hat, so daß das Entstehen einer
Einfuhrzollschuld nach Art. 204 ZK ausgeschlossen ist.
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Ein solcher geringfügiger Verstoß liegt hier indes nicht vor, weil die
weiteren Voraussetzungen des Art. 859 ZK-DVO für die Annahme eines ge-
ringfügigen Verstoßes nicht gegeben sind. Zum einen liegt im Hinblick auf die
zielgerichtete Abgabe einer unrichtigen Zollanmeldung nicht nur einfache
Fahrlässigkeit vor. Zum anderen sind in keinem der Fälle nachträglich alle
notwendigen Förmlichkeiten erfüllt worden, um die Situation der Waren zu
bereinigen, wie etwa die Anmeldung der Zigaretten an der Grenzzollstelle vor
dem Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft nach Tschechien. Im Ge-
gensatz zu der dem Verfahren des Bundesfinanzhofs VII R 99/00 zugrunde-
liegenden Fallkonstellation (vgl. BFH DStRE 2002, 54) bestehen vorliegend
insoweit keine vernünftigen Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Gemein-
schaftsrechts, so daß eine Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH
nach Art. 234 EG nicht geboten ist (vgl. hierzu EuGH NJW 1983, 1257).
2. Auch die Beweiswürdigung zur äußeren Tatseite hält rechtlicher
Nachprüfung im Ergebnis noch stand.
Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, die Beweise zu würdigen.
Das Revisionsgericht kann die tatrichterliche Beweiswürdigung auf die Sach-
beschwerde nur unter dem Gesichtspunkt überprüfen, ob sie Rechtsfehler
enthält. Dies ist dann der Fall, wenn die im Urteil mitgeteilten Erwägungen
des Tatrichters in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar sind oder sie
gegen Denkgesetze oder anerkannte Erfahrungssätze verstoßen. Ein Sach-
mangel kann dabei auch vorliegen, wenn sich das Urteil im Rahmen der Be-
weiswürdigung nicht mit allen festgestellten Umständen auseinandersetzt,
die den Angeklagten be- oder entlasten (vgl. BGHSt 29, 18, 20; BGHR StPO
§ 261 Beweiswürdigung 2 m. w. N.).
a) Zwar muß sich der Tatrichter mit anderen naheliegenden Möglich-
keiten des Tathergangs auseinandersetzen (vgl. BGH StPO § 261 Beweis-
würdigung, unzureichende 13). Für die von der Revision angeführte
– bei der gegebenen Beweissituation fernliegende – Annahme, daß der
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Mehrheitsgesellschafter der Firma M , P , statt des
Angeklagten der Täter gewesen sein könnte, fehlen indes jegliche tatsächli-
che Anhaltspunkte.
b) Entgegen der Auffassung der Revision enthält die Beweiswürdigung
auch keine Widersprüche. Soweit die Aussagen der Zeugen N und
V , auf die das Landgericht maßgeblich seine Überzeugung von der
Tatherrschaft des Angeklagten stützt, sich in einzelnen Punkten nicht voll-
ständig decken, ist dieser Umstand von der Strafkammer ausreichend erör-
tert worden. Wenn das Landgericht diese Abweichungen mit Erinnerungslük-
ken des 77jährigen Zeugen N und mit unpräzisen Fragestellungen bei
seiner im Wege der Rechtshilfe auf Zypern vorgenommenen Vernehmung
erklärt, begegnet dies angesichts der Vielzahl der gegen den Angeklagten
sprechenden Beweisanzeichen im Rahmen der Gesamtschau keinen durch-
greifenden Bedenken.
c) Im übrigen geht das Vorbringen der Revision im Ergebnis nur dahin,
daß das Landgericht andere als von ihr für zutreffend erachtete Schlußfolge-
rungen gezogen hat. Damit deckt sie keinen Rechtsfehler auf. Die vom Tat-
richter aufgrund einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände ge-
zogenen Schlußfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt,
daß sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist
(vgl. BGHSt 36, 1, 14).
3. Der festgestellte Schuldumfang weist ebenfalls keinen durchgrei-
fenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Allerdings hat das Landgericht den Umfang der hinterzogenen Ein-
fuhrabgaben nicht ordnungsgemäß ermittelt.
Die Anwendung steuerlicher Vorschriften auf den festgestellten Sach-
verhalt ist Rechtsanwendung; dies gilt auch für die daraus folgende Berech-
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nung der verkürzten Steuern. Diese Rechtsanwendung obliegt dem Straf-
richter, nicht den als Zeugen gehörten Ermittlungsbeamten oder Beamten
der Finanzverwaltung (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 307). Auch die Ermittlung
und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen obliegt dem Tatrichter. Die
Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermitt-
lungsergebnisse in das Urteil ist ebenso unzureichend wie die Wiedergabe
von Aussagen, die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur
Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben (vgl. BGH wistra 2001, 308,
309; zur Stellung des Finanzbeamten im Steuerstrafverfahren vgl. Harms in
Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter [2002] S. 451 ff.).
Hier stellte das Landgericht zur Berechnung des Zollwertes der Ziga-
retten fest (UA S. 210): Der Zollwert „wurde nach den Angaben des Zeugen
M von der Zollverwaltung nach Artikel 31 ZK ermittelt und wird nach
einem Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 12.08.1994 bei
Großschmuggeln von Zigaretten der Berechnung einheitlich zugrunde ge-
legt.“ Diese Ausführungen lassen eine revisionsgerichtliche Überprüfung der
verkürzten Einfuhrabgaben nicht zu und sind daher rechtsfehlerhaft. Sie las-
sen besorgen, daß das Landgericht die Besteuerungsgrundlagen nicht selbst
ermittelt hat, sondern lediglich den von der Zollverwaltung errechneten Zoll-
wert zugrundegelegt hat. Zudem nimmt das Landgericht hinsichtlich der
Zollwertermittlung auf einen Erlaß des Bundesfinanzministeriums Bezug,
nach dem in Fällen des Großschmuggels von Zigaretten der Zollwert auf
2 Pfennig pro Stück festgesetzt werden kann (BMF-Schreiben vom 12. Au-
gust 1994 – III B 4 – Z 5302 – 2/94). Solche Wertansätze, wie auch die nach
dem BMF-Schreiben vom 12. Februar 2001 (III B 5 – Z 5302 – 1/02), nach
dem abgestuft nach der Menge der eingeführten Zigaretten bestimmte feste
Zollwerte zugrundegelegt werden sollen, wenn der tatsächlich für die Ziga-
retten gezahlte Preis nicht nachgewiesen werden kann, dürfen indes in das
Steuerstrafverfahren nicht ungeprüft übernommen werden. Sofern die Be-
steuerungsgrundlagen nicht ermittelt werden können, sind sie unter Beach-
tung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfah-
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rensgrundsätze (§ 261 StPO) vom Tatrichter selbst zu schätzen. Auch die
Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden im Einzelfall kommt nur in
Betracht, wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und
von ihrer Richtigkeit auch bei Zugrundelegung der strafrechtlichen Verfah-
rensgrundsätze überzeugt ist (st. Rspr., vgl. nur BGH wistra 2001, 308, 309
m. w. N.).
Auf diesem Fehler beruht das Urteil hingegen nicht. Der Senat schließt
aus, daß das Landgericht bei Beachtung dieser Grundsätze zu einem niedri-
geren als dem angenommenen Zollwert von 2 Pfennigen pro Zigarette ge-
langt wäre.
4. Mit Recht beanstandet die Revision allerdings, daß die innere Tat-
seite im angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich erörtert worden ist; dies stellt
hier einen durchgreifenden Rechtsfehler dar.
Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe „die für er-
wiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale
der Straftat gefunden werden“. Dazu gehören grundsätzlich auch die Fest-
stellungen zur inneren Tatseite, insbesondere zum Tatvorsatz (vgl. BGHSt 5,
143, 144 ff.; BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4). Der Tat-
richter darf sich nicht darauf beschränken, Feststellungen zum äußeren Tat-
geschehen zu treffen (BGH, Urt. vom 12. April 1989 – 3 StR 472/88), wenn
sich die Merkmale der inneren Tatseite nicht von selbst aus der Sachver-
haltsschilderung ergeben (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 267 Rdn. 10).
Der Eintritt einer Steuerverkürzung ist Tatbestandsmerkmal des § 370
AO. Damit setzt auch die innere Tatseite der Steuerhinterziehung voraus,
daß der Täter den angegriffenen Steueranspruch dem Grunde nach kennt
und dessen Höhe zumindest für möglich hält (BGH wistra 1989, 263; 1990,
193, 194; 1998, 225, 226; BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01).
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Einer genauen Kenntnis der steuerlichen Vorschriften bedarf es insoweit frei-
lich nicht (BGH wistra 1998, 225, 226).
Im vorliegenden Fall ergibt sich der Vorsatz des Angeklagten, Steuern
zu verkürzen, nicht von selbst aus der Schilderung des äußeren Tatablaufes.
In allen 16 abgeurteilten Fällen wurden die jeweils von einem deutschen Ab-
gangszollamt versiegelten Container mit den dort versteckten Zigaretten über
das Ausgangszollamt in die Tschechische Republik ausgeführt, ohne daß
zuvor Zollsiegel entfernt oder Zigaretten aus den Containern entnommen
worden wären. Dies legt nahe, daß der Angeklagte trotz der Abgabe inhalt-
lich unrichtiger Versandanmeldungen in keinem der Fälle vorhatte, die Ziga-
retten in Deutschland in den freien Verkehr zu bringen, sondern sie vielmehr
an den tschechischen Zollbehörden vorbei nach Tschechien schmuggeln und
auf dem dortigen Schwarzmarkt veräußern wollte. Für ein Einschmuggeln
nach Tschechien war das Verstecken der Zigaretten in Containern mit Tarn-
ladung, die im T1-Versandverfahren abgefertigt worden waren, taugliche
Vorbereitungshandlung, weil bei offizieller Anmeldung der Zigaretten zur
Durchfuhr durch Deutschland mit einer Unterrichtung der tschechischen Zoll-
behörden durch die deutschen Zollämter zu rechnen gewesen wäre. Es hätte
daher im angefochtenen Urteil bei den Besonderheiten des vorliegenden
Sachverhalts der ausdrücklichen Erörterung bedurft, ob der Angeklagte die
Verkürzung auch deutscher Einfuhrabgaben zumindest billigend in Kauf ge-
nommen hatte. Zwar deuten der lückenlos durchorganisierte Tatablauf und
der ständige berufliche Umgang des Angeklagten mit Zigaretten im Export-
geschäft auf gute Kenntnisse des Angeklagten von den Zollvorschriften in
der Europäischen Union hin. Ausführungen zur inneren Tatseite waren indes
insbesondere vor dem Hintergrund nicht entbehrlich, daß sich die Zigaretten
bei ihrem Transport durch das Gebiet der Europäischen Union ununterbro-
chen in einem zollamtlich versiegelten Container befanden und daß eine
Durchfuhr von Nichtgemeinschaftswaren durch das Zollgebiet der Europäi-
schen Gemeinschaft im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren
(Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK) grundsätzlich einfuhrabgabenbefreit ist.
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5. Die Feststellungen zur äußeren Tatseite sind von diesem Erörte-
rungsmangel nicht betroffen; sie enthalten keinen durchgreifenden Rechts-
fehler und sind daher aufrechtzuerhalten (vgl. hierzu Kleinknecht/Meyer-
Goßner, StPO 45. Aufl. § 353 Rdn. 15).
III.
Die Aufhebung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der Kosten-
entscheidung als Annex der Sachentscheidung nach sich (vgl. BGHSt 25, 77,
79). Damit ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kosten-
entscheidung vom 15. Juni 2001 gegenstandslos.
IV.
Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat vorsorglich:
Es begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, bei Fällen der vorliegen-
den Art die Höhe der jeweils hinterzogenen Abgaben strafschärfend zu be-
rücksichtigen. Durch die objektiv feststehenden Taten des Angeklagten sind
trotz der erfolgten Wiederausfuhr tatsächlich und nicht nur theoretisch Ein-
fuhrabgaben verkürzt worden. Sind aber verkürzte Steuerforderungen des
deutschen Steuerfiskus nur aus formalen Gründen entstanden, ist dies bei
der Strafzumessung im Hinblick auf die verschuldeten Auswirkungen der Tat
(§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung zu berück-
sichtigen (vgl. BGH StV 2000, 497 und Urteil vom 24. Oktober 2002
– 5 StR 600/01). Im Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft sollen Ein-
fuhrabgaben grundsätzlich nur für solche Waren erhoben werden, die in den
Warenkreislauf der Gemeinschaft gelangen; die Durchfuhr im Wege des ex-
ternen gemeinschaftlichen Versandverfahrens ist daher grundsätzlich abga-
benbefreit (vgl. Art. 91 Abs. 1 lit. a ZK). Somit wäre hier zugunsten des An-
geklagten zu berücksichtigen, daß keine Einfuhrabgaben angefallen wären,
wenn die Zigaretten den Zollbehörden nicht verheimlicht worden wären, son-
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dern ordnungsgemäß gestellt bzw. zu dem dafür vorgesehenen externen
gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet worden wären (vgl. BGH,
Urt. vom 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01). Die Erhebung von Einfuhrabga-
ben kommt in einem solchen Fall an sich einer systemwidrigen Sanktion
gleich, weil die Waren nicht in den Wirtschaftskreislauf des Zollgebiets der
Gemeinschaft eingegangen sind (vgl. BGH aaO; BFH DStRE 2002, 54, 56).
Der neue Tatrichter wird deshalb im Falle einer erneuten Verurteilung
zugunsten des Angeklagten zu bedenken haben, daß die Zigaretten nicht im
Zollgebiet der Gemeinschaft in den Warenkreislauf gelangt sind und daß
nach dem erkennbaren Tatplan die Waren von Anfang an in die Tschechi-
sche Republik gebracht werden und durch die Europäische Union nur durch-
geführt werden sollten. Dem Aspekt der abstrakten Gefahr, daß die Zigaret-
ten letztlich doch in den Wirtschaftskreislauf der Gemeinschaft hätten einge-
hen können, ist in einem solchen Fall kein wesentliches Gewicht beizumes-
sen.
Harms Häger Gerhardt
Raum Brause