Urteil des BGH vom 06.10.2009, XI ZB 17/09
BGH (partei, zpo, rechtsmittel, begründung, aussetzung, richtigkeit, gegenstand, fonds, aufhebung, begriff)
- Entschieden
- 06.10.2009
- Schlagworte
- Partei, Zpo, Rechtsmittel, Begründung, Aussetzung, Richtigkeit, Gegenstand, Fonds, Aufhebung, Begriff
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZB 17/09
vom
6. Oktober 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Dr. Joeres als
Vorsitzenden, den Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 6. Oktober 2009
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der Beschluss
des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom
20. März 2009 und der Beschluss des Landgerichts
München I vom 12. Januar 2009, soweit er das auf Verletzung eines Beratungsvertrages gestützte Klagebegehren
gegen die Beklagte zu 2) betrifft, aufgehoben.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 6.900 €.
Gründe:
I.
1Die klagende Partei macht u.a. Schadensersatzansprüche gegen die
Beklagte zu 2) (nachfolgend: Beklagte) wegen fehlerhafter Anlageberatung im
Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der F. Medienfonds GmbH & Co. KG (nachfolgend: Fonds) geltend, weil die Beklagte in
mehrfacher Weise ihre Pflicht zu anleger- und anlagegerechter Beratung
schlecht erfüllt habe.
2Unter dem Aktenzeichen KAP 2/07 ist beim Oberlandesgericht München
ein Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) anhängig, das einzelne Fragen zur Richtigkeit und Vollständigkeit des für den
Fonds herausgegebenen Prospektes zum Gegenstand hat. Nach Bekanntmachung des Musterverfahrens im Klageregister hat das Landgericht München I
das Verfahren hinsichtlich des vorliegenden Streitverhältnisses nach § 7 Abs. 1
KapMuG ausgesetzt, weil das im Musterverfahren zu klärende Feststellungsziel
der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Prospektes vorgreiflich sei.
3Die sofortigen Beschwerden der klagenden Partei und der Beklagten gegen diesen Beschluss hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Aussetzungsbeschluss
des Landgerichts unterliege gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG keinem Rechtsmittel. Die Beschwerden seien auch nicht nach § 252, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
mit der Begründung zulässig, im vorliegenden Streitverhältnis sei der Anwendungsbereich des § 7 KapMuG nicht eröffnet. Auch wenn die Beklagte nicht
Musterbeklagte in dem Musterverfahren sein könne, weil gegen sie kein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation geltend gemacht werde, nehme sie doch den Status einer Beigeladenen nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG ein. Der Begriff der Beteiligtenfähigkeit sei weit auszulegen und beziehe alle Parteien in das Musterverfahren ein, für deren Rechtsverhältnisse das Feststellungsziel des Musterverfahrens von entscheidungserheblicher Relevanz sei.
4Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde
begehrt die klagende Partei die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses.
II.
51. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, da das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Der Statthaftigkeit der
Rechtsbeschwerde steht - wie der erkennende Senat bereits mit Beschluss vom
16. Juni 2009 entschieden hat (XI ZB 33/08, WM 2009, 1359, Tz. 7 ff.) - § 7
Abs. 1 Satz 4 KapMuG nicht entgegen, da Rechtsstreitigkeiten aus einem Beratungsvertrag, in denen kein Musterfeststellungsantrag nach § 1 KapMuG gestellt werden kann, von § 7 Abs. 1 KapMuG von vornherein nicht erfasst werden. Die Entscheidung des Landgerichts ist daher entgegen der Ansicht des
Beschwerdegerichts rechtsmittelfähig (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009
aaO, Tz. 16).
62. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Soweit das Landgericht die
Aussetzung auf § 7 Abs. 1 KapMuG gestützt hat, ist die Aussetzung rechtsfehlerhaft, weil das Streitverhältnis der Parteien nicht Gegenstand eines Musterklageverfahrens sein kann (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 aaO,
Tz. 17).
73. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom
Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2005
- II ZB 30/04, NJW-RR 2006, 1289, 1290 und vom 16. Juni 2009 aaO, Tz. 19).
Joeres Müller Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 12.01.2009 - 27 O 18489/06 -
OLG München, Entscheidung vom 20.03.2009 - 5 W 877/09 -