Urteil des BGH vom 24.06.2010

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
III ZR 217/09
vom
24. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr, Dr. Herrmann, Hucke und
Tombrink
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil
des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 23. Juli
2009 - 5 U 105/09 - gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Mo-
nats nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der M. Ge-
sellschaft für Arbeitsvermittlung mbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin). Die
spätere Insolvenzschuldnerin, die über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Ar-
beitnehmerüberlassung verfügte, und die beklagte Bundesagentur für Arbeit
(Agentur für Arbeit M. ) schlossen im Juni 2003 für die Standorte Bad
E. und W. jeweils einen "Vertrag über die Errichtung und den Be-
trieb einer Personal- Service-Agentur (PSA) auf der Grundlage des § 37c SGB
III". Nach diesen beiden gleich lautenden Verträgen hatte die Insolvenzschuld-
nerin vom Arbeitsamt vorgeschlagene Arbeitnehmer in sozialversicherungs-
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pflichtige Beschäftigungsverhältnisse einzustellen und eine vermittlungsorien-
tierte Arbeitnehmerüberlassung an andere Arbeitgeber mit dem Ziel der Über-
nahme durch den Entleiher oder der Vermittlung zu einem anderen Arbeitgeber
durchzuführen. Nach Nummer 7 der Verträge kam für die in diesem Rahmen
von der Insolvenzschuldnerin beschäftigten Arbeitnehmer der zwischen der
R. GmbH & Co. KG und V. geschlossene Tarifvertrag zur
Anwendung.
Für ihre Tätigkeit erhielt die Insolvenzschuldnerin von der Beklagten
nach Nummer 9 der Verträge unter anderem Fallpauschalen für jeden Kalen-
dermonat. Als solcher zählte nach Nummer 9 Abs. 6 jeweils der volle Monat,
unabhängig davon, ob die Beschäftigung am Anfang, im Verlauf oder am Ende
des Monats aufgenommen oder beendet wurde. Nummer 4 Abs. 2 der Verträge
bestimmte, dass für vor Beginn und nach Ende der Vertragslaufzeit erbrachte
Leistungen der PSA kein Honorar gewährt wird.
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Die Insolvenzschuldnerin stellte im Januar 2004 die Lohnzahlungen an
die von ihr beschäftigten Arbeitnehmer ein und beantragte am 16. Februar
2004, über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Daraufhin wider-
rief die Beklagte mit Verfügung vom selben Tag die Erlaubnis zur Arbeitneh-
merüberlassung und leistete keine Zahlungen mehr.
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Der Kläger beansprucht, soweit im vorliegenden Verfahren noch von Be-
deutung, die auf die Zeit vom 17. bis zum 29. Februar 2004 entfallenden, nicht
mehr gezahlten Fallpauschalen. Die Klage hat insoweit in erster Instanz Erfolg
gehabt. Das Berufungsgericht hat sie hingegen abgewiesen. Hiergegen richtet
sich die von der Vorinstanz zugelassene Revision des Klägers.
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II.
Nach Auffassung des Senats liegen die Voraussetzungen für die Zulas-
sung der Revision aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen Urteils des Bun-
desgerichtshofs vom 17. Dezember 2009 (IX ZR 214/08 – WM 2010, 365) nicht
mehr vor. Die Revision hat hiernach auch keine Aussicht auf Erfolg.
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Durch diese Entscheidung, die denselben Kläger, dieselbe Insolvenz-
schuldnerin und auch die hiesige, wenngleich durch eine andere Dienststelle
vertretene, Beklagte sowie gleichartige Verträge betraf, ist die Rechtslage zu-
lasten des Klägers geklärt. Danach hat die Beklagte in der Insolvenz einer Per-
sonal-Service-Agentur die von ihr geschuldete Fallpauschale nicht an den In-
solvenzverwalter zu entrichten, wenn die Personal-Service-Agentur keine Lohn-
zahlungen an die Arbeitnehmer erbracht hat, sofern sie sich durch einen Ver-
trag gegenüber der Beklagten zur Einstellung von zuvor arbeitslosen Arbeit-
nehmern in sozialversicherungspflichtige, nach einem Tarifvertrag zu vergüten-
de Beschäftigungsverhältnisse verpflichtet hat. Der IX. Zivilsenat hat die dem
dortigen Rechtstreit zu Grunde liegenden Verträge zwischen der Insolvenz-
schuldnerin und der Beklagten dahingehend ausgelegt, dass deren Verpflich-
tung zur Zahlung der Fallpauschalen im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der
Pflicht der Insolvenzschuldnerin zur Entrichtung der tarifvertraglich geschulde-
ten Löhne an ihre Arbeitnehmer stand (aaO S. 367 f, Rn. 15 ff). Dementspre-
chend hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen der Nichterfüllungsein-
rede der Beklagten (§ 320 BGB) zur Folge, dass der Kläger den Anspruch auf
Zahlung der Fallpauschalen nur durchsetzen kann, soweit die Insolvenzschuld-
nerin die Lohnzahlungen an ihre Arbeitnehmer erbracht hat (aaO S. 366, Rn. 10
f).
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Die in der vorliegenden Sache geschlossenen Verträge enthielten die
gleichen Verpflichtungen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten. Der in
diesem Rechtsstreit erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des
IX. Zivilsenats in der vorbezeichneten Entscheidung an. Da der Kläger auch
hier die Fallpauschalen für einen Zeitraum verlangt, in dem die Insolvenz-
schuldnerin die Löhne an ihre Arbeitnehmer nicht mehr gezahlt hat, ist die Kla-
ge unbegründet.
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Schlick
Dörr
Herrmann
Hucke
Tombrink
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 23.12.2008 - 5 O 604/07 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 23.07.2009 - 5 U 105/09 -