Urteil des BGH vom 09.10.2006

BGH (schwerer fall, schwere, stgb, freiheitsstrafe, annahme, betrug, beihilfe, stpo, hauptverhandlung, stv)

5 StR 65/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 13. September 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2007
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Hamburg vom 9. Oktober 2006 nach § 349 Abs. 4
StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug zu
einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Seine
hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts stellte der Angeklagte, der
Prokurist einer auf Überseetransporte spezialisierten Spedition war, zwi-
schen November 1998 und Februar 1999 falsche Seefrachtbriefe aus. In den
13 Fällen, die der Verurteilung zugrunde liegen, bescheinigte der Angeklagte
in den Seefrachtbriefen wahrheitswidrig die Verschiffung von hochwertigen
Metallen, die tatsächlich nicht stattgefunden hatte. Die Seefrachtbriefe dien-
ten im Zusammenhang mit Scheinverkäufen der Metalle dazu, aus den für
den Verkäufer gestellten Akkreditiven von Banken Zahlungen zu erlangen.
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II.
Das landgerichtliche Urteil unterliegt schon deshalb nachhaltigen Be-
denken, weil das Landgericht von einer einheitlichen Beihilfetat für die ein-
zelnen Betrugshandlungen ausgeht. Dies ist kaum nachvollziehbar, weil der
Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts inhaltlich falsche See-
frachtbriefe für jeden einzelnen fiktiven Frachtvorgang erstellt hat. Diese
wurden dann wiederum zur Täuschung gegenüber den die Akkreditive stel-
lenden Banken genutzt. Der Angeklagte hat damit im Hinblick auf jeden Be-
trugsfall eine selbständige Beihilfehandlung begangen. Dies legt die Annah-
me tatmehrheitlicher Beihilfehandlungen nahe.
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Durchgreifenden Bedenken begegnen jedenfalls die Ausführungen
des Landgerichts zur Beweiswürdigung. Sie beziehen sich hinsichtlich der
nur kursorisch und – im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale – bedenklich
knapp dargestellten Haupttaten im Wesentlichen allein auf die Aussage des
polizeilichen Ermittlungsbeamten L. . Was dieser Beamte ausgesagt hat,
teilt das Landgericht ebenso wenig mit, wie aufgrund welcher Ermittlungs-
handlungen der Beamte seine Erkenntnisse gewonnen hat. Dies war aber
bei der gegebenen Sachverhaltskonstellation unverzichtbar. Die Beweiswür-
digung hätte für das Revisionsgericht nachvollziehbar dargestellt werden
müssen (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Beweisergebnis 6). Da der Ermitt-
lungsbeamte das zentrale Beweismittel für die Haupttat war, wäre hierzu er-
forderlich gewesen, dass das Landgericht die einzelnen Ermittlungsschritte
nachzeichnet und darlegt, wie der Zeuge L. zu seinen Erkenntnissen
gelangt ist. Insbesondere hätten die jeweils gefundenen Beweisergebnisse in
eine Beziehung zu den konkreten Beweismitteln gesetzt werden müssen. Es
reicht deshalb nicht aus, dass das Landgericht sich allgemein auf „Urkunden“
beruft, ohne diese näher zu bezeichnen.
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III.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass
– sollten sich die Tatvorwürfe bestätigen – die Annahme eines Regelbei-
spiels bei einem Gehilfen nur dann in Betracht kommt, wenn sich die Teil-
nahmehandlungen selbst als besonders schwere Fälle darstellen (BGH
StV 1996, 87). Es reicht deshalb nicht aus, wenn lediglich der Haupttäter das
Regelbeispiel verwirklicht hat. Vielmehr ist anhand des konkreten Regelbei-
spiels in einer Gesamtwürdigung festzustellen, ob ein besonders schwerer
Fall vorliegt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 46 Rdn. 105). Hierbei ist
freilich die Schwere der Haupttat zu berücksichtigen, was gerade bei dem
Regelbeispiel des Vermögensverlustes großen Ausmaßes nach § 263 Abs. 3
Satz 2 Nr. 2 StGB nahe liegt. Gewicht kann bei dieser Prüfung allerdings
auch die vom Landgericht festgestellte gravierende rechtsstaatswidrige Ver-
fahrensverzögerung von eineinhalb Jahren erlangen, die das Landgericht mit
einem Strafabschlag von lediglich vier Monaten Freiheitsstrafe angesichts
des fortbestehenden (außer Vollzug gesetzten) Haftbefehls eher gering kom-
pensiert hat.
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Basdorf Raum Brause
Schaal Jäger