Urteil des BGH vom 17.01.2005

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 37/05
Verkündet am:
30. September 2005
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 497 a.F.
BauGB § 11 Abs. 2
RHeimStG §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1
Ein bei dem Verkauf einer Reichsheimstätte für die Dauer von 30 Jahren zugunsten
der ausgebenden Stadt vereinbartes Wiederkaufsrecht ist wirksam, wenn es den
nach dem Reichsheimstättengesetz bestehenden Rechten des Ausgebers nachge-
bildet ist.
Die Ausübung eines solchen Wiederkaufsrechts 19 Jahre nach Vertragsschluss ist
trotz der Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes nicht unangemessen, wenn der
Käufer das Grundstück zu einem den Verkehrswert um mehr als 70 % unterschrei-
tenden Preis erworben hat.
BGH, Urt. v. 30. September 2005 - V ZR 37/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann sowie die Richter Dr. Czub
und Dr. Roth
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2005 wird auf Kosten der Klä-
ger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die beklagte Stadt war Eigentümerin eines bebauten Grundstücks, auf
dem zugunsten der Kläger ein Erbbaurecht nach dem Reichsheimstättengesetz
lastete. Durch notariellen Vertrag vom 7. November 1983 verkaufte sie das
Grundstück, dessen Verkehrswert 300 DM/qm betrug, zu einem Preis von
37.120 DM (= 80 DM/qm) an die Kläger; dabei wurde die Heimstätteneigen-
schaft auf das Grundstück erstreckt.
In Ziffer 6 des Vertrages bestellten die Kläger der Beklagten ein Wieder-
kaufsrecht für die Dauer von 30 Jahren. Die Beklagte sollte zur Ausübung die-
ses Rechts unter anderem berechtigt sein, wenn die Kläger das Grundstück an
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andere Personen als ihre Kinder, Kindeskinder oder deren Ehegatten verkauf-
ten. Als Wiederkaufspreis wurde der Verkehrswert des Grundstücks, höchstens
jedoch der Kaufpreis von 80 DM/qm zuzüglich eines Betrags für eine nach dem
statistischen Lebenshaltungskostenindex zu ermittelnde Wertsteigerung des
Grundstücks vereinbart; die auf dem Grundstück befindlichen Bauten sollten in
Höhe ihres Verkehrswerts entschädigt werden.
Als die Kläger das Grundstück im Jahr 2001 verkaufen wollten, verlangte
die Beklagte zur Ablösung ihres Wiederkaufsrechts eine Ausgleichszahlung
von 163.335 DM (83.511,86 €). Im März 2002 veräußerten die Kläger das
Grundstück für 286.323 € an Dritte und zahlten den Ausgleichsbetrag unter
dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass das Wiederkaufsrecht un-
wirksam sein sollte.
Die auf Rückzahlung des Ausgleichsbetrags gerichtete Klage ist in den
Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelas-
senen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter; die Beklagte
beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, den Klägern stehe kein Anspruch aus un-
gerechtfertigter Bereicherung zu, weil sie den Ausgleichsbetrag im Hinblick auf
das Wiederkaufsrecht der Beklagten und daher mit Rechtsgrund geleistet hät-
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ten. Das Wiederkaufsrecht sei trotz der Ausübungsfrist von 30 Jahren wirksam.
Der Kaufvertrag unterliege dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung, weil
es sich um einen städtebaulichen Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 BauGB
handele. Bei solchen Verträgen bestünden gegen 20 Jahre übersteigende Bin-
dungen des Erwerbers in der Regel zwar Bedenken. Hier sei jedoch zu berück-
sichtigen, dass der Beklagten mit dem unbefristeten Vorkaufsrecht nach § 11
RHeimstG und dem unbefristeten Heimfallanspruch nach § 12 RHeimstG
Rechte zugestanden hätten, die in ihren Wirkungen dem vertraglich vereinbar-
ten Wiederkaufsrecht gleichgekommen seien. Dass das Reichsheimstättenge-
setz im Jahr 1993 aufgehoben worden sei, führe zu keiner anderen Beurtei-
lung, da sich die Angemessenheit eines Vertrags nach dem Zeitpunkt seines
Abschlusses beurteile. Das gelte jedenfalls dann, wenn seine Klauseln, wie
hier, gesetzliche Wertungen widerspiegelten. Im Übrigen sei die Länge der zu-
lässigen Bindungsfrist in städtebaulichen Verträgen von dem Umfang der ge-
währten Subvention abhängig und deshalb auch zu berücksichtigen, dass die
Kläger das Grundstück erheblich unter dem Verkehrswert erworben hätten.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass das vertragli-
che Wiederkaufsrecht (§ 497 BGB a.F.) wirksam vereinbart worden ist. Insbe-
sondere ergeben sich aus dem Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung,
dem die beklagte Stadt unterliegt, keine Bedenken gegen dessen Wirksamkeit.
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a) Dabei kann dahinstehen, ob dem Berufungsgericht darin zu folgen ist,
dass es sich bei dem Kaufvertrag um einen städtebaulichen Vertrag im Sinne
des § 11 Abs. 1 BauGB handelt, ob es also zutrifft, dass die Beklagte mit dem
Verkauf des Grundstücks öffentliche Aufgaben auf dem Gebiet des Städtebaus
erfüllen, insbesondere preisgünstigen Wohnraum für Einheimische schaffen
wollte (vgl. Senat, BGHZ 153, 93, 96). Hieran bestehen Zweifel, weil die An-
nahme des Berufungsgerichts, die verbilligte Abgabe des Grundbesitzes an die
Kläger habe der Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung
gedient, nicht auf tatsächliche Feststellungen gestützt worden ist und der Um-
stand, dass die Kläger bereits Erbbauberechtigte waren, es also nicht (mehr)
um die Bereitstellung von günstigem Bauland ging, eher gegen eine solche
Zielsetzung spricht (vgl. zu einem ähnlichen Fall: OVG Münster NJW 1983,
2517). Die Frage kann aber offen bleiben, weil das in § 11 Abs. 2 BauGB nor-
mierte Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung, wie auch das Berufungs-
gericht nicht verkennt, auf dem allgemeinen, verfassungsrechtlich verankerten
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beruht und damit auch ohne ausdrückliche
gesetzliche Regelung für das gesamte Handeln der Verwaltung bestimmend ist
(vgl. Senat, BGHZ 153, 93, 98 m.w.N.).
b) Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass die für das Wie-
derkaufsrecht vereinbarte Ausübungsfrist von 30 Jahren schon deshalb keine
unangemessene Regelung darstellt, weil sie mit den damals geltenden Be-
stimmungen des Reichsheimstättengesetzes in Einklang steht. Die Beklagte
hätte nämlich in den beiden wichtigsten Fällen, in denen sie nach Ziffer 6 des
Kaufvertrags zum Wiederkauf des Grundstücks berechtigt sein sollte - Verkauf
des Grundstücks an Dritte und Vermögensverfall der Kläger -, auch ihr Vor-
kaufsrecht gemäß § 11 Abs. 1 RHeimstG oder ihren Heimfallanspruch nach
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§ 12 Abs. 1 RHeimstG iVm § 17 Abs. 1 Nr. 3 u. 4 der Verordnung zur Ausfüh-
rung des Reichsheimstättengesetzes (in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Glie-
derungsnummer 2332-1-1, veröffentlichten bereinigten Fassung) ausüben kön-
nen. Diese Rechte standen der Beklagten grundsätzlich unbefristet (vgl. Wor-
mit/Ehrenfoth, Reichsheimstättengesetz, 4. Aufl., § 21 Anm. 1, S. 164), unter
Umständen also auch weitaus länger als 30 Jahre, zu und berechtigten sie, die
Übertragung des Grundstücks zu dem im Kaufvertrag vereinbarten und im
Grundbuch eingetragenen Bodenwert von 80 DM/qm unter Hinzurechnung des
noch vorhandenen Werts etwaiger Baulichkeiten und Verbesserungen zu er-
werben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 RHeimstG). In diesem Punkt stellte sich das ver-
tragliche Wiederkaufsrecht für die Kläger sogar als günstiger dar, weil der Wie-
derkaufspreis zusätzlich eine am statistischen Lebenshaltungskostenindex ori-
entierte Wertsteigerung des Grundstücks umfaßte.
2. Ungeachtet der Wirksamkeit der zwischen den Parteien getroffenen
Vereinbarungen mußte die Beklagte bei Eintritt des Wiederkaufsfalls allerdings
prüfen, ob die Ausübung des ihr zustehenden Rechts im Jahr 2002 angemes-
sen war (vgl. hierzu Senat, BGHZ 153, 93, 106), ob sich also ein Wiederkauf
des Grundstücks auch nach der 1993 erfolgten Aufhebung des Reichsheim-
stättengesetzes als verhältnismäßig darstellte. Entgegen der Auffassung der
Revision war das Ermessen der Beklagten hierdurch jedoch nicht reduziert. Die
Beklagte durfte vielmehr berücksichtigen, dass die Kläger - würde sie auf die
Ausübung ihres Wiederkaufsrechts verzichten - durch den Verkauf des Grund-
stücks dessen vollen Verkehrswert realisieren und sich dadurch in sachlich
nicht gerechtfertigter Weise auf Kosten der Allgemeinheit bereichern würden.
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a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger das
Grundstück für 80 DM/qm und damit um mehr als 70 % unter dessen damali-
gem Verkehrswert von 300 DM/qm erworben. Soweit die Revision dieses Wert-
verhältnis in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Belastung des
Grundstücks durch das den Klägern zustehende Erbbaurecht in Zweifel gezo-
gen hat, zeigt sie keine Umstände auf, die die Annahme rechtfertigen, das Be-
rufungsgericht habe das Erbbaurecht bei Ermittlung der Verbilligung unberück-
sichtigt gelassen. Dahinstehen kann, inwieweit die Verbilligung auf etwaige
städtebauliche Ziele zurückführen ist, die die Beklagte mit dem Verkauf des
Grundstücks verfolgt haben mag, und inwieweit sie auf der Heimstätteneigen-
schaft des Grundstücks beruhte, die im allgemeinen als nachteilig angesehen
wurde, weil sie dazu führte, dass inflationsbereinigte Steigerungen des Boden-
werts nicht dem Eigentümer, sondern dem Ausgeber zugute kamen (vgl.
BVerwG NJW 1979, 1725; Wormit/Ehrenforth, Reichsheimstättengesetz,
4. Aufl., § 6 Anm. 2). Der Verkauf des Grundstücks stellte sich in jedem Fall als
eine Subventionierung der Kläger aus öffentlichen Mitteln dar. Während deren
Zweckgebundenheit, die das Berufungsgericht in der Schaffung von Grundbe-
sitz für den Heimstätter und seine Familie sieht, zunächst durch das gesetzli-
che Heimfall- und Vorkaufsrecht der Beklagten nach dem Reichsheimstätten-
gesetz gewährleistet war, durfte die Beklagte auch nach dessen Aufhebung für
einen angemessenen Zeitraum sicherstellen, dass die Subvention weiterhin
ihren Zweck erfüllte oder andernfalls durch Ausübung des Wiederkaufsrechts
in die öffentlichen Kassen zurückfloß. Das Gebot, Vermögen der öffentlichen
Hand nicht zu Lasten der Allgemeinheit unter Wert zu veräußern (vgl. § 90
Abs. 3 Satz 2 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen), verpflichtete sie sogar,
die durch das Wiederkaufsrecht gesicherte Differenz zwischen dem von den
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Klägern gezahlten Kaufpreis und dem vollen Grundstückswert gegebenenfalls
selbst, d.h. zu Gunsten der Allgemeinheit, zu realisieren.
b) Etwas anderes würde zwar gelten, wenn der Gesetzgeber durch die
Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes beabsichtigt hätte, den Heimstät-
tern den vollen Grundstückswert unabhängig davon zukommen zu lassen, zu
welchem Preis sie ihr Grundstück erworben hatten, ihnen also gegebenenfalls
einen Spekulationsgewinn zu ermöglichen. Das kann aber nicht angenommen
werden.
Die Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes beruhte zum einen auf
der Erwägung, dass das Institut der Reichsheimstätte durch neuere Formen
der Wohnungsbauförderung an Bedeutung verloren hatte. Zum anderen er-
schien dem Gesetzgeber die Einschränkung der Verfügungsgewalt der
Heimstätter im Vergleich zu anderen Eigentümern als unbillig, weil durch die
Steuerreform 1990 die ihnen zuletzt noch verbliebenen finanziellen Vergünsti-
gungen entfallen seien. Den erheblichen Nachteilen einer Reichsheimstätte
stünden damit - so die Begründung - keine Vorteile mehr gegenüber. Eine Auf-
rechterhaltung der Verfügungs- und Verwertungsbeschränkungen des Reich-
heimstättengesetzes sei wegen der damit verbundenen Sonderopfer der
Heimstätter nicht zu rechtfertigen (BT-Drucks. 512/92, S. 6).
Aus dieser Begründung wird deutlich, dass der Gesetzgeber die
Heimstätter mit anderen Grundeigentümern gleichstellen, sie aber keinesfalls
bevorzugen wollte. Folglich war mit der Aufhebung des Reichsheimstättenge-
setzes keine Aussage darüber verbunden, ob Heimstätter, die ihr Grundstück
deutlich unter dem Verkehrswert erworben hatten, nunmehr auch berechtigt
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sein sollten, den vollen Verkehrwert des Grundstücks zu realisieren. Denn hier-
in hätte eine Privilegierung gegenüber den anderen Grundeigentümern gele-
gen, die ihr Grundstück entweder zum Verkehrswert gekauft oder eine - etwa
im Rahmen eines Einheimischenmodells erfolgte - Verbilligung nur um den
Preis der Bindung durch ein Wiederkaufsrecht oder eine Mehrerlösklausel zu-
gunsten der Gemeinde erhalten hatten (vgl. dazu Senat, BGHZ 153, 93).
c) Das Ermessen der Beklagten war auch nicht deshalb beschränkt, weil
den Klägern ursprünglich ein Erbbaurecht an dem verkauften Grundstück zu-
gestanden hatte. Dieses Recht hatte sich durch den Kauf des Grundstücks in
ein Eigentümer-Erbbaurecht umgewandelt und stellte damit keine wertmin-
dernde Belastung des Grundstücks mehr dar (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober
1988, V ZR 175/87, NJW 1989, 2129, 2130). Demgemäß beeinflußt es auch
nicht die Höhe des Gewinns, den die Kläger bei einem Verkauf des Grund-
stücks auf Kosten der Allgemeinheit erzielen könnten.
d) Entgegen der Auffassung der Revision war die Ausübung des Wie-
derkaufsrechts auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Zeitraum, in
dem es den Klägern nicht möglich ist, den vollen Grundstückswert durch einen
Verkauf an Dritte zu realisieren, unangemessen lang wäre oder sonst zu einer
unzumutbaren Belastung geführt hätte.
(1) Die Kläger können sich insbesondere nicht darauf berufen, dass bei
Wiederkaufsrechten oder Mehrerlösabführungsklauseln, die der vertraglichen
Absicherung von Zielen der Einheimischenförderung dienen, eine Bindungs-
dauer von etwa 15 Jahren als wirksam (so Senat, BGHZ 153, 93, 105), eine
20 Jahre überschreitenden Bindung dagegen vielfach als unangemessen an-
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gesehen wird (z.B. OLG Oldenburg, OLGR 2001, 34, 35; Grziwotz, DNotZ
1999, 646, 650; Deutrich, MittBayNot 1996, 201, 202; Jachmann, MittBayNot
1994, 93, 108). Selbst wenn eine Bindung der Kläger von 30 Jahren danach
unangemessen lang erschiene, führte das - da das Wiederkaufsrecht wirksam
vereinbart worden ist - allenfalls zu einer Reduzierung der Ausübungsfrist auf
das zulässige Maß.
Dabei kann auch hier offen bleiben, ob und gegebenenfalls unter wel-
chen Voraussetzungen die Ziele eines Einheimischenmodells sichernde Wie-
derkaufsrechte für einen deutlich längeren Zeitraum als 15 Jahre vereinbart
werden können. Vorliegend ist jedenfalls eine – nicht überschrittene – Frist von
20 Jahren unbedenklich. Zu berücksichtigen ist, dass bei Einheimischenmodel-
len im allgemeinen nur eine Reduzierung des Kaufpreises bis zu 30 % gegen-
über dem Verkehrswert als zulässig, eine weitergehende Verbilligung demge-
genüber als nicht mehr durch die mit dem Modell verbundenen städtebaulichen
Zielen gerechtfertigt angesehen wird (vgl. BayVGH, MittBayNot 1990, 259, 264;
OLG München, NJW 1998, 1962, 1963; Jachmann, MittBayNot 1994, 93, 107).
Da die durch das Wiederkaufsrecht bewirkte Bindung des Käufers der Preis für
den verbilligten Erwerb des Grundstücks ist (Senat, BGHZ 153, 93, 104), steigt
die zulässige Bindungsdauer mit dem Umfang der Verbilligung. Wird bei einem
Preisabschlag bis zu 30 % eine Bindungsdauer bis zu 20 Jahren als noch an-
gemessen angesehen (vgl. zu diesem Zusammenhang, Jachmann, MittBayNot
1994, 93, 108), ist bei einem Nachlaß von mehr als 70 % gegenüber dem Ver-
kehrswert, wie er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier gegeben
ist, eine deutlich längere, möglicherweise bis zu 30 Jahren reichende Bindung
des Käufers gerechtfertigt. Damit stellt es sich hier jedenfalls nicht als unver-
hältnismäßig dar, dass die Beklagte ihr Wiederkaufsrecht noch nach einem
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Zeitraum von knapp 19 Jahren seit der verbilligten Abgabe des Grundstücks
auszuüben beabsichtigte.
(2) Die Dauer des Wiederkaufsrechts führte auch nicht zu einer unzu-
mutbaren Belastung der Kläger infolge einer unangemessen Einschränkung
ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Es hinderte sie insbesondere nicht
daran, das Grundstück zu einem Preis zu verkaufen, der in einem angemesse-
nen Verhältnis zu den von ihnen erbrachten Leistungen stand. Da der Wieder-
kaufspreis für das Grundstück dem von den Klägern gezahlten Kaufpreis zu-
züglich einer am statistischen Lebenshaltungskostenindex orientierten Wert-
steigerung entsprach, blieben ihnen die für den Erwerb des Grundstück aufge-
wendeten Mittel wertgesichert erhalten; die auf dem Grundstück befindlichen
Bauten waren nach ihrem Verkehrswert zu entschädigen.
Sonstige tatsächliche Belastungen, die geeignet wären, die Ausübung
des Wiederkaufsrechts nach 19 Jahren als unverhältnismäßig erscheinen zu
lassen, haben die Kläger nicht aufgezeigt. Das gilt auch hinsichtlich des in der
mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwands, anders als in dem der Se-
natsentscheidung vom 29. November 2002 (BGHZ 153, 93) zugrunde liegen-
den Fall sei der Ablösebetrag nicht für jedes Jahr bestehenden Eigentums re-
duziert worden, sondern wäre sogar um so höher gewesen, je länger die Kläger
das Grundstück behalten hätten. Da der Kaufvertrag keine Regelung über die
Ablösung des Wiederkaufsrechts enthält, könnte sich ein solcher Effekt allen-
falls aus der Berechnungsmethode ergeben, nach der die Beklagte den Ablö-
sebetrag ermittelt hat. Diese Methode ist aber nicht Gegenstand des Revisi-
onsverfahrens; denn weder enthält das Berufungsurteil Feststellungen zu ihr
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noch zeigt die Revision entsprechenden Vortrag der Kläger aus den Tatsa-
cheninstanzen auf.
e) Schließlich können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass sie
schlechter stünden als diejenigen Heimstätter, die ihr Grundstück ohne Verein-
barung eines zusätzlichen schuldrechtlichen Wiederkaufsrechts erworben ha-
ben und nach Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes von jeglichen Bin-
dungen befreit waren. Dieser Gesichtspunkt wäre von der dem Gleichbehand-
lungsgebot verpflichteten Beklagten zwar zu berücksichtigen gewesen, wenn
sie in vergleichbaren Fällen Heimstätten ohne Vereinbarung eines Wieder-
kaufsrechts veräußert hätte. Hierzu zeigt die Revision aber keine Feststellun-
gen des Berufungsgerichts und auch keinen in den Vorinstanzen übergange-
nen Tatsachenvortrag auf.
Die Beklagte mußte auch nicht berücksichtigen, dass die Kläger - im
Vergleich zu „normalen“ Erwerbern von Heimstätten - vor Abschluß des Kauf-
vertrags Erbauberechtigte des fraglichen Grundstücks waren. Auch insoweit ist
kein Sachvortrag ersichtlich, dem sich entnehmen ließe, dass die Kläger im
Vergleich zu solchen Erwerbern heute schlechter gestellt sind oder dass sie
heute besser stünden, wenn sie 1983 ihr Erbbaurecht beibehalten hätten statt
das Grundstück zu kaufen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann
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Czub Roth