Urteil des BGH vom 30.07.2013

BGH: erpressung, gesamtstrafe, nötigung, festschrift, anklageschrift, marihuana, kausalität, alleintäter, anhörung, drohung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 150/13
vom
30. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Raubs u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Darmstadt vom 6. Dezember 2012 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen Erpressung in sechs Fällen
verurteilt worden ist (Fälle II. 2.-7. der Urteilsgründe);
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1. Die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 265 Abs. 1 StPO ist be-
gründet. Dem Angeklagten war in der unverändert zugelassenen Anklage vom
2. November 2011 vorgeworfen worden, er habe sich der Erpressung in
10 Fällen jeweils in mittäterschaftlicher Begehung (§ 25 Abs. 2 StGB) schuldig
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gemacht. Verurteilt worden ist der Angeklagte wegen Erpressung in sechs Fäl-
len als Alleintäter, ohne dass er auf diese Änderung zuvor hingewiesen wurde.
Das war rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1990
– 1 StR
157/90, NStZ 1990, 449; Urteil vom 24. Oktober 1995
– 1 StR 474/95, StV
1997, 64; Beschluss vom 17. Januar 2001
– 2 StR 438/00, StV 2002, 236; Be-
schluss vom 14. Oktober 2008
– 4 StR 260/08, NStZ 2009, 105; Beschluss
vom 22. März 2012
– 4 StR 651/11, StV 2012, 710); das Beruhen der Verurtei-
lung in diesen sechs Fällen auf dem Rechtsfehler lässt sich nicht ausschließen.
Dies führt zur Aufhebung in diesen Fällen und im Ausspruch über die Gesamt-
strafe.
2. Die Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklage ist entgegen
dem Revisionsvorbringen gegeben. Die Verurteilung wegen Raubs in Fall II. 1.
der Urteilsgründe ist rechtsfehlerfrei und kann bestehen bleiben.
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die bishe-
rigen Feststellungen zu den Taten II. 2.-7. die Verurteilung wegen Erpressung
nicht tragen. Es fehlt durchweg bereits an hinreichend genauen Feststellungen
der Nötigungsmittel. Soweit das Landgericht Drohungen angenommen hat,
bleibt deren genauer Inhalt unklar; auch die Kausalität der Drohung für die je-
weilige Übergabe gewünschter Mengen von Marihuana ist nicht hinreichend
dargetan.
Selbst wenn eine Nötigung festgestellt würde, wäre im Übrigen das
Merkmal des Vermögensschadens genauer zu prüfen. Dass der Verlust des
illegalen Besitzes an Betäubungsmitteln ein vom Recht anerkannter Vermö-
gensschaden ist, ist jedenfalls nicht unbestritten (vgl. etwa Hillenkamp in Fest-
schrift für Achenbach, 2011, S. 1989 ff.; Fischer, StGB 60. Aufl. § 253 Rn. 13a
mwN).
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Schließlich hat der Generalbundesanwalt zu Recht darauf hingewiesen,
dass das Urteil die Anklageschrift vom 2. November 2011 nicht erschöpft. Von
den zehn angeklagten Erpressungstaten sind drei Fälle eingestellt (Ziffer 1., 9.
und 10.) und sechs abgeurteilt worden; ein Fall ist daher beim Landgericht an-
hängig geblieben.
Fischer
Schmitt
Eschelbach
Ott
Zeng
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