Urteil des BGH vom 10.04.2014

BGH: rechtliches gehör, auswechslung, abweisung, reparatur, trinkwasser, wiederherstellung, nacht

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V I I Z R 1 / 1 3
vom
10. April 2014
in dem Rechtsstreit
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari, die
Richter Dr. Eick und Dr. Kartzke und die Richterin Graßnack
beschlossen:
Der Beschwerde der Klägerin wird teilweise stattgegeben.
Das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom
4. Dezember 2012 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 1
abgewiesen wurde. Die weitergehende Beschwerde der Klägerin
gegen die Nichtzulassung der Revision wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten
zu 2 im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des
Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Gegenstandswert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ge-
gen die Beklagten zu 1 und 2: 23.444,61
€;
Gegenstandswert des stattgebenden Teils: 23.444,61
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Gründe:
I.
Die Klägerin, ein Versorgungsunternehmen für Trinkwasser, nimmt die
Beklagten zu 1 und 2 auf Ersatz eines in der Nacht vom 4. auf den 5. Januar
2007 in ihrem Geschäftsgebäude entstandenen Wasserschadens in Anspruch.
Der Schaden ereignete sich in der Teeküche im 1. Obergeschoss. Dort
traten im Bereich der Spülarmatur erhebliche Trinkwassermengen aus, die bis
in den Keller liefen.
Der Beklagte zu 2 hatte die Teeküche im Jahr 2003 installiert. Der Be-
klagte zu 1 war aufgrund eines Wartungsvertrags vom 18. Januar 2006 unter
anderem zur Behebung von Störfällen verpflichtet. Am 12. Dezember 2006
tauschte der Beklagte zu 1 den zur Verlängerung eingesetzten Panzerschlauch
zwischen Trinkwassereckventil und dem zur Mischbatterie des Spültisches der
Teeküche führenden Schlauch gegen einen neuen Schlauch aus und verband
anschließend die beiden Panzerschläuche mit einer Klemmringverschraubung.
Nach dem im Rechtsstreit eingeholten Gutachten des Sachverständigen
Dr. K. ist der Wasserschaden darauf zurückzuführen, dass das Rohrende des
von der Mischbatterie kommenden flexiblen Schlauchs keinen umlaufenden
Absatz (Wulst) aufwies und deshalb aus der Klemmringverschraubung heraus-
rutschte.
Das Landgericht hat die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zur
Zahlung von 23.444,61
€ nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung beider Be-
klagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Die Revision hat es
nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungs-
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beschwerde. Sie erstrebt nach Zulassung der Revision die Wiederherstellung
der erstinstanzlichen Entscheidung.
II.
Die Beschwerde der Klägerin hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht die
Klage gegen den Beklagten zu 1 abgewiesen hat. Insoweit ist das Berufungsur-
teil aufzuheben, weil es auf einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf
rechtliches Gehör beruht. Die weitergehende Beschwerde ist zurückzuweisen.
1. Das Berufungsgericht führt aus, eine Haftung des Beklagten zu 1 für
den eingetretenen Wasserschaden scheide aus. Dieser habe zwar im Rahmen
seines Reparaturauftrags für eine ordnungsgemäße Verbindung zwischen dem
ausgewechselten Panzerschlauch und dem zur Mischbatterie führenden
Schlauch sorgen und damit ein Abrutschen des Schlauchs aus der Klemmring-
verschraubung ausschließen müssen. Dazu hätte er überprüfen müssen, ob der
Rohrstutzen des zur Mischbatterie führenden Schlauchs über den erforderli-
chen Wulst verfügte. Eine Haftung des Beklagten zu 1 scheide jedoch aus, weil
die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass das Rohrende dieses Schlauchs
zum Zeitpunkt der Reparaturmaßnahme über keine den anerkannten Regeln
der Technik entsprechende Aufweitung (Wulst) verfügt habe. Nach dem Ergeb-
nis der Beweisaufnahme sei offen geblieben, wann und von wem der letztend-
lich vorhandene Rohrstutzen montiert worden sei.
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nicht den
Nachweis geführt, dass zum Zeitpunkt der Reparaturmaßnahme des Beklagten
zu 1 das Rohrende des zur Mischbatterie führenden Schlauchs über keine Auf-
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weitung verfügt habe, verletzt den Anspruch der Klägerin auf Gewährung recht-
lichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG.
a) Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör liegt vor, wenn
sich aus den Ausführungen des Gerichts klar ergibt, dass es seiner Pflicht, ent-
scheidungserhebliche Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen
und in seine rechtlichen Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist.
So liegt der Fall hier. Der Beklagte zu 1 hat eingeräumt, dass zum Zeit-
punkt der von ihm ausgeführten Reparatur am Rohrende des zur Mischbatterie
führenden Schlauchs keine Wulst vorhanden war. Auf diese Einlassung des
Beklagten zu 1 hat sich die Klägerin ausdrücklich berufen. Es war daher un-
streitig, dass das Rohrende dieses Schlauches zum Zeitpunkt der Auswechs-
lung des Verlängerungsschlauchs durch den Beklagten zu 1 den erforderlichen
Absatz nicht aufwies. Diesen unstreitigen Vortrag hat das Berufungsgericht er-
sichtlich nicht berücksichtigt, weil es ansonsten nicht davon hätte ausgehen
können, dass der Klägerin der entsprechende Nachweis nicht gelungen sei.
b) Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausge-
schlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des unstrei-
tigen Sachverhalts im Hinblick auf die von ihm zutreffend angenommene Über-
prüfungspflicht des Beklagten zu 1 eine für die Klägerin günstigere Entschei-
dung getroffen hätte.
c) Das Berufungsurteil war daher aufzuheben, soweit es die Klage gegen
den Beklagten zu 1 abgewiesen hat und die Sache an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.
3. Von einer näheren Begründung der Zurückweisung der Beschwerde,
die sich gegen die Abweisung der gegen den Beklagten zu 2 gerichteten Klage
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richtet, wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraus-
setzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4
Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Kniffka
Safari Chabestari
Eick
Kartzke
Graßnack
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 28.04.2008 - 9 O 2961/07 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 04.12.2012 - 5 U 873/08 -