Urteil des BGH vom 25.04.2014

BGH: genehmigung, blw, öffentliche ausschreibung, verkehrswert, kaufpreis, vorkaufsrecht, grundstück, unternehmen, wirtschaftlichkeit, erwerb

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 5/13
vom
25. April 2014
in der Landwirtschaftssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GrdstVG § 9 Abs. 5
a) Die Behörde darf die Genehmigung eines Vertrags über die Veräußerung eines
land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks auch dann nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrdstVG versagen, wenn sie den Vertrag, obwohl das Vorkaufsrecht nach dem
Reichssiedlungsrecht hätte ausgeübt werden können, entgegen § 12 GrdstVG
dem Siedlungsunternehmen nicht vorgelegt hat (Fortführung von Senat,
Beschluss vom 7. Juli 1966 - V BLw 9/66, NJW 1966, 2310).
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 3
b) Die Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu
einem im Bieterverfahren ermittelten Preis ist - ungeachtet eines von einem
Gutachter ermittelten niedrigeren innerlandwirtschaftlichen Verkehrswerts - nicht
nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG zu versagen, wenn um dieselbe Fläche
konkurrierende Landwirte bereit sind, einen (annähernd) gleich hohen Preis zu
zahlen.
BGH, Beschluss vom 25. April 2014 - BLw 5/13 - OLG Jena
AG Erfurt
- 2 -
Der
Bundesgerichtshof,
Senat
für
Landwirtschaftssachen,
hat
am
25. April 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter
Dr. Lemke und Dr. Czub sowie die ehrenamtlichen Richter Beer und Kees
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Thüringer
Oberlandesgerichts in Jena - Senat für Landwirtschaftssachen -
vom 24. Juni 2013 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1, die den
Beteiligten zu 2 und zu 5 auch die außergerichtlichen Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Die in dem Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Ge-
richtsgebühren sind von der Beteiligten zu 1 nicht zu erheben.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
46.000
€.
Gründe:
I.
Mit notariellem Vertrag vom 17. August 2010 verkaufte die Beteiligte zu 2
fünf in Thüringen belegene landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Größe
von 2,5 ha zu einem Kaufpreis von 46.000 € an den Beteiligten zu 5. Die
Beteiligte zu 2, die ehemals volkseigene landwirtschaftliche Grundstücke
veräußert, hatte zuvor eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt, bei der der
Beteiligte zu 5 das höchste Angebot abgegeben hatte. Der Beteiligte zu 5 ist
Haupterwerbslandwirt und Inhaber eines etwa 250 km von den gekauften
Grundstücken entfernten landwirtschaftlichen Betriebs; er beabsichtigt nicht,
diese Grundstücke selbst zu bewirtschaften, sondern will sie an einen
ortsansässigen Landwirt verpachten.
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Die Beteiligte zu 3 (Genehmigungsbehörde), die den Vertrag nicht dem
Siedlungsunternehmen
zur
Entscheidung
über
die
Ausübung
des
Vorkaufsrechts vorgelegt hatte, versagte mit Bescheid vom 14. Oktober 2010
die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz, weil die Veräußerung
zum Zwecke der Verpachtung im Hinblick auf das Erwerbsinteresse
ortsansässiger landwirtschaftlicher Unternehmen eine ungesunde Verteilung
des Bodens bedeute und der vereinbarte Kaufpreis in einem groben
Missverhältnis zum Wert des Grundstücks stehe.
Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag der Beteiligten zu 2 auf
Erteilung der Genehmigung mit der Begründung stattgegeben, dass die
Veräußerung auch zu
einem Preis von 46.000 € der Agrarstruktur nicht
widerspreche, weil bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung sich
keine erwerbswilligen und aufstockungsbedürftigen Landwirte gemeldet hätten,
die bereit gewesen seien, den noch angemessenen Kaufpreis (von 50 % über
dem von dem Sachverständigen festgestellten innerlandwirtschaftlichen
Verkehrswert
von 27.200 €) zu zahlen.
Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde hat die
Beteiligte zu 1 (die übergeordnete Behörde) zwei Erklärungen in der Nähe
ansässiger Landwirte vorgelegt, die die Grundstücke für einen Preis von bis zu
41.118 € erwerben wollen. Das Oberlandesgericht (Landwirtschaftssenat) hat
die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit
der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Versagung der
Genehmigung erreichen will.
II.
Das Beschwerdegericht (dessen Entscheidung in AUR 2013, 338 ff. ver-
öffentlicht ist) meint, die Beteiligte zu 3 hätte die beantragte Genehmigung nicht
versagen dürfen.
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Eine Versagung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG komme nach § 9 Abs. 5
GrdstVG schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beteiligte zu 3 den Vertrag
nicht gemäß § 12 GrdstVG dem Siedlungsunternehmen zur Entscheidung über
die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vorgelegt habe, obwohl
die Voraussetzungen für dessen Ausübung vorgelegen hätten.
Der Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liege nicht vor,
obwohl nach dem gutachterlich festgestellten innerlandwirtschaftlichen
Verkehrswert ein grobes Missverhältnis zwischen dem Preis und dem Wert der
Grundstücke bestehe. Eine Versagung der Genehmigung aus diesem Grund
komme, wenn - wie hier - ein Landwirt Käufer sei, nur in den Ausnahmefällen in
Betracht, in denen der gebotene Preis außerhalb jeder vernünftigen
betriebswirtschaftlichen Kalkulation liege. Davon könne jedoch nicht
ausgegangen werden, wenn zwei um die Fläche konkurrierende Landwirte
einen annähernd gleich hohen Preis für den Erwerb dieser Fläche zu zahlen
bereit seien.
III.
Die nach § 9 LwVG i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG auf Grund der Zulassung
durch das Beschwerdegericht statthafte und auch im Übrigen nach § 71 Abs. 1
FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die nach § 2 Abs. 1
GrdstVG erforderliche Genehmigung zu Veräußerungen landwirtschaftlicher
Grundstücke, derer es auch bei den Verkäufen durch die Beteiligte zu 2 bedarf
(Senat, Beschluss vom 27. November 2009 - BLw 4/09, NJW-RR 2010, 886
ff.), ist von dem Landwirtschaftsgericht zu Recht nach § 22 Abs. 3 GrdstVG
erteilt worden.
1. Rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die
Beteiligte zu 3 nach § 9 Abs. 5 GrdstVG die beantragte Genehmigung nicht
nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagen durfte.
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a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde musste sich das Be-
schwerdegericht nicht mit der Frage befassen, ob die Veräußerung
landwirtschaftlicher
Grundstücke
an
einen
Haupterwerbslandwirt
eine
ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet, wenn der Käufer
wegen der zu großen Entfernung von seiner Hofstelle das Kaufgrundstück nicht
selbst bewirtschaften kann. Das ist hier nach § 9 Abs. 5 GrdstVG nicht zu
prüfen. Diese Vorschrift bestimmt, dass dann, wenn die Voraussetzungen
vorliegen, unter denen das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz
ausgeübt werden kann, jedoch nicht ausgeübt wird, die Genehmigung nach
(§ 9) Absatz 1 Nr. 1 nur versagt werden kann, falls es sich um die Veräußerung
eines
land-
oder
forstwirtschaftlichen
Betriebes
handelt.
Dass
die
Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 4 Abs. 1 RSG
vorlagen, hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei festgestellt.
b) Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit auch keine Einwendungen,
sondern meint, dass § 9 Abs. 5 GrdstVG nur dann einschlägig sei, wenn ein mit
einem Nichtlandwirt geschlossener Vertrag wegen des Erwerbsinteresses
anderer Landwirte nicht hätte genehmigt werden können und die Behörde die
Genehmigung versage, ohne dass siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht geprüft zu
haben.
aa) Das widerspricht indessen dem Regelungsinhalt der Norm. Der
Senat hat bereits entschieden, dass bei Nichtausübung des Vorkaufsrechts,
falls ein Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GrdstVG nicht
vorliegt,
die
Genehmigung
eines
Vertrags
über
die
Veräußerung
landwirtschaftlicher Grundstücke ohne weitere Prüfung zu erteilen ist, also auch
dann, wenn der Erwerber schon genug Land hat oder das Grundstück zu
anderen als landwirtschaftlichen Zwecken verwendet werden soll oder
Landwirte das Grundstück dringend brauchen und auch erwerben wollen
(Beschluss vom 7. Juli 1966 - V BLw 9/66, NJW 1966, 2310). An dieser
Rechtsprechung, die von den Oberlandesgerichten (vgl. OLG Stuttgart, RdL
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1970, 232; OLG Frankfurt, RdL 2005, 274, 275; OLG Jena, AuR 2013, 340,
341) und im Schrifttum (Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 9 Anm. 4.10.7, S. 559) geteilt
wird, hält der Senat fest.
bb) Die in § 9 Abs. 5 GrdsVG bestimmte Rechtsfolge tritt auch dann ein,
wenn wegen eines erheblich über dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert
liegenden Kaufpreises die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zu erwarten war.
Da das Siedlungsunternehmen den Vertrag nur als Ganzes oder überhaupt
nicht übernehmen kann, ist es nicht zulässig, bei der Auslegung des § 9 Abs. 5
GrdstVG danach zu differenzieren, ob das Siedlungsunternehmen das
Vorkaufsrecht wegen der Höhe des Kaufpreises oder aus anderen Gründen
nicht ausgeübt hat (Senat, Beschluss vom 7. Juli 1966 - V BLw 9/66, aaO).
cc) Die Behörde darf die Genehmigung des Vertrags auch dann nicht
nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagen, wenn sie den Vertrag, obwohl das
Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsrecht hätte ausgeübt werden können,
entgegen der Bestimmung in § 12 GrdstVG dem Siedlungsunternehmen nicht
vorgelegt hat. Die Behörde kann durch ein solches gesetzwidriges Verhalten
weder dem Antragsteller die Vorteile entziehen, die sich für ihn nach § 9 Abs. 5
GrdstVG bei Nichtausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ergeben,
noch den ihr zustehenden Prüfungsrahmen auf den in § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG
bezeichneten Versagungsgrund erweitern (vgl. OLG Koblenz, RdL 1964, 292,
293; OLG Oldenburg, RdL 1976, 52).
2. Das Vorliegen des in § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG bezeichneten
Versagungsgrunds verneint das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler. Nach
dieser Vorschrift darf die Genehmigung versagt werden, wenn Tatsachen
vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Gegenwert in einem groben
Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht.
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a) Nach den auf einem Sachverständigengutachten beruhenden Fest-
stellungen zum Verkehrswert wäre allerdings von einem solchen Missverhältnis
auszugehen.
aa) Der Wert des Grundstücks im Sinne dieser Vorschrift ist der
innerlandwirtschaftliche Verkehrswert. Er wird durch den Preis bestimmt, der
bei einem Verkauf von einem Landwirt an einen anderen erzielt wird (Senat,
Beschluss vom 2. Juni 1968 - V BLw 10/68, BGHZ 50, 297, 300; Beschluss
vom 27. April 2001 - BLw 14/00, WM 2001, 1569, 1570). Dieser Wert entspricht
in
der
Regel
dem
durchschnittlichen
Preis,
der
sich
aus
den
Kaufpreissammlungen über die bei Verkäufen landwirtschaftlicher Grundstücke
in der näheren Umgebung in den vergangenen Jahren erzielten Preise ergibt
(vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juni 1968 - V BLw 10/68, aaO; OLG Frankfurt,
RdL
2005,
274,
276;
Ehrenforth,
Reichssiedlungsgesetz
und
Grundstücksverkehrsgesetz, § 9 GrdstVG S. 452; Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 9
Anm. 4.12.2.1, S. 603). Auf dieser Grundlage hat der gerichtliche
Sachverständige den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert ermittelt.
Den Einwand der Beteiligten zu 2, die Rechtsprechung zur Bestimmung
eines innerlandwirtschaftlichen Verkehrswerts sei überholt, jedenfalls aber auf
die neuen Länder nicht ohne weiteres übertragbar, ist unbegründet. Der Senat
hat
bereits
entschieden,
dass
das
Grundstücksverkehrsgesetz
bundeseinheitlich anzuwenden und den besonderen Marktverhältnissen in den
neuen Ländern auf sachverständiger Ebene bei der Ermittlung des
innerlandwirtschaftlichen Verkehrswerts Rechnung zu tragen ist (Senat,
Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 2/12, BzAR 2014, 104 Rn. 58). Die
Anwendung von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG auch auf die im Bieterverfahren
erzielten Preise entspricht dem Zweck des Versagungsgrunds. Die Vorschrift
soll Erschwerungen des zur Verbesserung der Agrarstruktur erforderlichen
Landerwerbs durch interessierte Land- und Forstwirte infolge überhöhter Preise
verhindern (BVerfGE 21, 87, 90; Senat, Beschlüsse vom 2. Juni 1968
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- V BLw 10/68, BGHZ 50, 297, 299 und vom 3. Juni 1976 - V BLw 16/75, WM
1976, 849, 851). Dem widerspräche es, wenn die Beteiligte zu 2 als größte
Anbieterin solcher Flächen in den neuen Ländern bei ihren Verkäufen Preise
durchsetzen
könnte,
welche
die
landwirtschaftlichen
Betriebe
mit
Anschaffungskosten für den Grunderwerb belasteten, die ihren Bestand oder
ihre Wirtschaftlichkeit bedrohten.
bb) Danach wäre hier von einem groben Missverhältnis zwischen dem
Preis (46.600 €) und dem Verkehrswert (27.300 €) auszugehen. Ein
Missverhältnis im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liegt in der Regel dann
vor, wenn der vereinbarte Preis den nach den Kaufpreissammlungen
ermittelten Verkehrswert um mehr als 50 vom Hundert übersteigt (Senat,
Beschluss vom 2. Juni 1968 - V BLw 10/68, BGHZ 50, 297, 304; OLG
Frankfurt, RdL 2005, 274, 275; OLG Jena, NJOZ, 2012, 1400, 1401; OLG
Stuttgart, NJW-RR 2011, 1385, 1387).
b) Hier nicht zu entscheiden ist die Frage, ob die zur Veräußerung
landwirtschaftlicher Grundstücke erforderliche Genehmigung nach § 9 Abs. 1
Nr. 3 GrdstVG auch bei einem durch öffentliche Ausschreibung zustande
gekommenen Verkaufspreis versagt werden darf, wenn der Verkäufer ein dem
Staat zuzurechnendes Unternehmen ist, das für dessen Rechnung
landwirtschaftliche Grundstücke verkauft. In diesen Fällen stoßen die auf
gesamtwirtschaftlichen und sozialen Gründen beruhende preisrechtliche
Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG (BVerfGE 21, 87, 90) und das
europarechtliche Verbot staatlicher Beihilfen (Art. 107 Abs. 1 AEUV)
möglicherweise aneinander. Diese Rechtsfrage ist Gegenstand eines
Vorlagebeschlusses des Senats an den Gerichtshof der Europäischen Union
(Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 2/12, BzAR 2014, 104 ff.). Sie ist
allerdings dann nicht entscheidungserheblich, wenn der sich aus dem
Verhältnis von Kaufpreis und Grundstückswert ergebende Versagungsgrund
nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht anzuwenden ist, weil durch die
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Veräußerung zu diesem Preis ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur
nicht zu erwarten sind (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Juni 1976 - V BLw 16/75,
WM 1976, 849, 851). So liegt es hier.
c) Das Beschwerdegericht verneint im Ergebnis zutreffend den
Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG unter Hinweis darauf, dass
der Beteiligte zu 5 im Hauptberuf Landwirt ist und dass die um die verkauften
Fläche konkurrierenden ortsnahen Betriebe
mit 41.118 € einen Preis zu zahlen
bereit sind, der nicht wesent
lich unter dem vereinbarten Kaufpreis von 46.000 €
liegt.
aa) Für den Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG kommt es
- anders als die Rechtsbeschwerde meint - nicht darauf an, ob der das
Grundstück erwerbende Landwirt dieses selbst bewirtschaften oder verpachten
will. Das ist - wie das Beschwerdegericht zutreffend darlegt - allein für die
Prüfung des Versagungsgrunds nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG von Bedeutung,
wenn das Erwerbsinteresse des künftigen Verpächters in Konkurrenz zu dem
Erwerbsinteresse eines Landwirts tritt, der das Grundstück zur Aufstockung
seines Betriebs dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist
(vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juli 1990 - BLw 8/88, BGHZ 112, 86, 88 mwN).
Mit dem Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG soll dagegen
verhindert werden, dass durch Veräußerungen zu überhöhten Preisen
Nachteile für die Agrarstruktur eintreten (Senat, Beschluss vom 5. Juni 1976
- V BLw 16/75, AgrarR 1977, 65, 66). Nach dem Zweck dieser Vorschrift kommt
es nicht darauf an, ob der Erwerber, der den hohen Preis zu zahlen bereit ist,
beabsichtigt, das Grundstück selbst zu bewirtschaften oder es zu verpachten.
Maßgebend
ist
vielmehr,
dass
die
Veräußerung
zwecks
weiterer
landwirtschaftlicher Nutzung des Grundstücks erfolgt und dass der vereinbarte
Kaufpreis aus dem Betriebsertrag eines Berufslandwirts erwirtschaftet werden
muss. Ist beides der Fall, ist davon auszugehen, dass der Preis nach
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Auffassung des Erwerbers nicht zu einer Belastung führt, die die Existenz oder
die Wirtschaftlichkeit seines Betriebes gefährdet.
bb) Ob deswegen der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG
schon dann entfällt, wenn der Erwerber Vollerwerbslandwirt ist, ist allerdings
umstritten.
(1) Einige Oberlandesgerichte (OLG Stuttgart, NJW-RR 2011, 1385,
1387 und OLG Jena, AuR 2013, 341, 342) vertreten unter Hinweis auf Netz
(GrdstVG, 6. Aufl. § 9 Anm. 4.12.6., S. 610), mit Rücksicht auf den
gesetzgeberischen Zweck dürfe der Preis, den ein hauptberuflicher Landwirt zu
zahlen bereit sei, nur in Ausnahmefällen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG von der
Behörde beanstandet werden. Es sei nämlich grundsätzlich Sache des
erwerbenden Landwirts, zu überlegen, ob der angebotene Preis für ihn und
seinen Betrieb sinnvoll sei. Die Behörde und das Gericht hätten diese
eigenständige Kalkulation nicht zu überprüfen.
(2) Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Schleswig (AuR 1980,
254; dieser Entscheidung ebenfalls zustimmend Netz, aaO, Anm. 4.12.2.2,
S. 604), dass bei der Prüfung des Versagungsgrunds auf die Gesamtheit der
Landwirte, insbesondere im örtlichen Bereich, abzustellen sei. Überpreise
führten im Falle der behördlichen Genehmigung der Verträge zur Erhöhung des
Mittelwerts als Richtschnur des Verkehrswerts und hätten dadurch eine
allgemeine Anhebung des genehmigungsfähigen Preisvolumens zur Folge. Das
sei eine Gefahr, die vor allem finanzschwache Landwirte träfe. Diese Gefahr
laufe konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur zuwider und
sei von dem Schutzbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG erfasst.
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(3) Beide Auffassungen sind in ihrer Allgemeinheit nicht richtig.
(a) Die auf die Kalkulation nur eines Landwirts gestützten Erwägungen
des Beschwerdegerichts treffen so nicht zu. Der Versagungsgrund entfällt nicht
schon deswegen, weil ein Landwirt den Preis als für seinen Betrieb noch
tragbar erachtet. Der mit dem Versagungsgrund in § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrstVG
verfolgte gesamtwirtschaftliche und soziale Zweck ist auf die Gesamtheit der
erwerbswilligen und erwerbsbereiten Land- und Forstwirte bezogen. Durch die
Genehmigung der Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu
einem Preis, der weit über dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert liegt,
sind ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur auch dann zu erwarten,
wenn der zur Zahlung eines solchen Preises bereite Erwerber Landwirt ist. Die
Genehmigung solcher Veräußerungen führt zu einer Erschwerung des
Grunderwerbs
durch
interessierte
Landwirte.
An
diesen
negativen
Auswirkungen, welche die Genehmigungen von Veräußerungen zu überhöhten
Preisen für die Agrarstruktur insgesamt haben, ändert der Umstand
grundsätzlich nichts, dass der einen solchen Preis zu zahlen bereite Erwerber
Landwirt ist.
(b) Im Ergebnis ist die angefochtene Entscheidung dennoch richtig. Die
Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu
einem im Bieterverfahren ermittelten Preis ist - ungeachtet des von einem
Gutachter ermittelten innerlandwirtschaftlichen Verkehrswerts - dann nicht nach
§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG zu versagen, wenn die um dieselbe Fläche
konkurrierenden erwerbswilligen landwirtschaftlichen Unternehmen - wie hier -
ebenfalls bereit sind, einen (annähernd) gleich hohen Preis zu zahlen. In
diesem Fall ist nämlich vor dem Hintergrund, dass Berufslandwirte keine aus
dem Betriebsertrag nicht zu erwirtschaftende Kaufpreisangebote abzugeben
pflegen, die Annahme begründet, dass der nach einem Bieterverfahren
bestimmte
Preis
nicht
überhöht
ist.
Von
der Veräußerung eines
landwirtschaftlichen Grundstücks zu einem Preis, der nach der Einschätzung
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mehrerer
(auch
ortsansässiger)
Landwirte
aus
dem
Betriebsertrag
erwirtschaftet werden kann, sind die ungünstigen Auswirkungen auf die
Agrarstruktur, die mit dem in § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG bestimmten
Versagungsgrund abgewehrt werden sollen, nicht zu erwarten.
IV.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 44 Abs. 1, § 47
Abs. 2 LwVG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 KostO, diejenige über die
außergerichtlichen Kosten ergeht nach § 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG. Die
Festsetzung des Gegenstandswerts hat ihre Grundlage in § 36 Abs. 1 Satz 1
LwVG.
Stresemann
Lemke
Czub
Vorinstanzen:
AG Erfurt, Entscheidung vom 07.11.2012 - Lw 13/10 -
OLG Jena, Entscheidung vom 24.06.2013 - Lw U 47/13 -
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