Urteil des BGH vom 22.07.2003

BGH (versicherungsnehmer, klausel, erwerb, ursächlicher zusammenhang, allgemeine versicherungsbedingungen, errichtung, finanzierung, rechtsschutz, versicherungsschutz, eigentumswohnung)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 189/03
Verkündet am:
29. September 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsit-
zenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 29. September 2004
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. Juli 2003 wird
auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Deckungsschutz aus einer bei der Beklagten
genommenen Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung
für Nichtselbständige, der die Allgemeinen Bedingungen für die Rechts-
schutzversicherung 1994 (ARB 94) der Beklagten zugrunde liegen.
Mit notariellem Vertrag vom 7. Mai 1997 erwarben der Kläger und
seine Ehefrau als Ersterwerber einen ideellen Miteigentumsanteil von 1/2
an einer Neubaueigentumswohnung. In dem Vertrag ist unter anderem
folgendes vereinbart:
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"§ 1
Grundbuchstand
...
(2) Auf dem in § 1 Abs. (1) bezeichneten Grundstück errich-
tet der Verkäufer eine Wohnanlage, bestehend aus
28 Wohnungen. …
§ 2
Verkauf mit Bauverpflichtung
(2) Das Bauwerk ist durch den Verkäufer entsprechend
dem Aufteilungsplan und der Baubeschreibung zu errich-
ten, … .
§ 8
Bezugsfertigkeit
(1) Es ist vorgesehen, das Vertragsobjekt im Jahre 1997
bezugsfertig zu erstellen. …
§ 11
Gewährleistung
(3) Der Verkäufer haftet für Sachmängel des Bauwerks
nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches
zum W erkvertrag und zwar … (wird ausgeführt)."
Bei Vertragsschluß war das Bauwerk in wesentlichen Teilen noch
nicht fertiggestellt.
Der Erwerb des Anteils an der Eigentumswohnung wurde über die
D. B. B. (Bausparkasse) finanziert.
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Der Kläger möchte gegen die Bausparkasse Schadensersatzan-
sprüche wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten bei der Darle-
hensvergabe gerichtlich geltend machen. Er wirft ihr vor, Risiken im Zu-
sammenhang mit den zu erzielenden Mieteinkünften bei weit überhöht
kalkulierten Nettomieten verschwiegen, ihn arglistig getäuscht und mit
dem Verwalter des Mietpools kollusiv zusammengewirkt zu haben. Die
Beklagte verweigert Deckungsschutz auf den Risikoausschluß in § 3 (1)
d) dd) ARB 94. § 3 ARB 94 - soweit hier von Interesse - lautet:
"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtli-
cher Interessen in
(1) ursächlichem Zusammenhang mit …
d) …
bb) der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder
Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des
Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu
erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt,
dd) der Finanzierung eines der unter aa) bis cc) genann-
ten Vorhaben."
Das Landgericht hat der Deckungsschutzklage stattgegeben. Der
Risikoausschluß greife nicht, weil die Inanspruchnahme der Bausparkas-
se nicht wegen eines typischen Baurisikos, sondern wegen eines allge-
meinen Kapitalanlagerisikos erfolgen solle; das aufgenommene Darlehen
habe zudem der Kaufpreisfinanzierung, nicht aber der Errichtung eines
Bauwerks gedient. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandes-
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gericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein
Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Voraussetzungen
für den Risikoausschluß seien erfüllt, weil die Finanzierung in ursächli-
chem Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes gewährt wor-
den sei. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließe es
sich, daß es um Baufinanzierung auch dann gehe, wenn er über einen
Bauträger bauen lasse. Das sei hier nach dem Gesamtgepräge trotz der
Verwendung des Begriffs "Kaufvertrag" angesichts der Mängelgewährlei-
stungsansprüche nach Maßgabe des Werkvertragsrechts der Fall. Ob die
Baurisikoklausel auch bei einem zur Zeit des Vertragsschlusses bereits
fertiggestellten Bauwerk eingreife, könne offenbleiben.
Den Ausschluß des Deckungsschutzes für Rechtsstreitigkeiten, die
aus der Baufinanzierung herrührten, stelle § 3 (1) d) dd) ARB 94 - anders
als § 4 (1) k) ARB 75 - eindeutig klar; zwischen im baurechtlichen Ver-
hältnis begründeten und anderen Streitigkeiten werde nicht unterschie-
den. Überdies beträfen die Vorwürfe, der Kreditgeber habe ihm bekannte
Mängel der wirtschaftlichen Kalkulation, den Erwerb über Mieterlöse zu
finanzieren, nicht offenbart, ein in diesem Bereich gehäuftes Risiko. Daß
gleichartige Beratungsfehler auch bei einem nicht der Baurisikoklausel
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zuzuordnenden Erwerb etwa eines länger errichteten Bauwerks oder
sonstigen Kapitalanlagen vorkommen können, verwehre es dem Rechts-
schutzversicherer nicht, sich von diesem Risiko freizuzeichnen, soweit
es sich im Rahmen einer Bautätigkeit verwirkliche.
II. Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
Der Kläger fühlt sich über den Wert des von ihm als Kapitalanlage
erworbenen Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung getäuscht
aufgrund wahrheitswidriger Angaben zu den erzielbaren Mieteinnahmen
und damit zur Wirtschaftlichkeit des Anlagemodells. Er möchte Ersatz für
die ihm entstandenen Vermögenseinbußen wegen pflichtwidriger Aufklä-
rung und Beratung durch die Bausparkasse über die Ertragsfähigkeit des
von ihr finanzierten Anlageobjektes. Für dieses Schadensersatzbegeh-
ren, das er gegen die Bausparkasse gerichtlich durchsetzen möchte, hat
die Beklagte keine Leistungen zu erbringen. Die Gewährung von Rechts-
schutz ist für die Wahrnehmung solcher rechtlichen Interessen gemäß
§ 3 (1) d) dd) i.V. mit bb) ARB 94 ausgeschlossen.
Das ergibt die Auslegung der Klausel.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versiche-
rungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versiche-
rungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht
und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen
muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versiche-
rungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und da-
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mit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 84, 268, 272; 123, 83, 85 und
ständig). Bei Risikoausschlüssen geht das Interesse des Versicherungs-
nehmers regelmäßig dahin, daß der Versicherungsschutz nicht weiter
verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Ihr
Anwendungsbereich darf mithin nicht weiter ausgedehnt werden, als es
ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten
Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungs-
nehmer braucht nicht damit zu rechnen, daß sein Versicherungsschutz
Lücken hat, ohne daß ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (BGHZ
65, 142, 145; Senatsurteil vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98 - VersR
1999, 748 unter 2 a und ständig).
2. Danach ist die Klausel wie folgt auszulegen:
a) Ausgehend vom W ortlaut erkennt der Versicherungsnehmer,
daß der ihm für Ersatzansprüche der geltend gemachten Art nach dem
vereinbarten
Versicherungsschutz
zunächst
allgemein
zugesagte
Rechtsschutzanspruch (§§ 1, 2, 26 ARB 94) durch den in § 3 ARB 94
enthaltenen Katalog der "Ausgeschlossenen Rechtsangelegenheiten"
wieder eingeschränkt werden soll. Versicherungsschutz soll bei den im
einzelnen umschriebenen Rechtsangelegenheiten bzw. Risiken nicht be-
stehen, der Rechtsschutz wird insoweit ausgeschlossen.
b) Bei Durchsicht des Ausschlußkataloges wird er auch im Falle
des anteiligen Erwerbs einer Neubaueigentumswohnung auf § 3 (1) d)
ARB 94 gewiesen. Die dort unter aa) bis dd) näher ausgestalteten Risi-
koausschlüsse für rechtliche Auseinandersetzungen um Baumaßnahmen
aller Art und die sie begleitenden Vorgänge können allein einschlägig
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sein, wenn - was ihnen gemeinsam ist - ein ursächlicher Zusammenhang
mit der betreffenden Rechtsstreitigkeit besteht (vgl. Harbauer/Maier,
Rechtsschutzversicherung 7. Aufl. § 3 ARB 94/2000 Rdn. 2, 6). Damit
verfolgt § 3 (1) d) ARB 94 den - auch für den durchschnittlichen Versi-
cherungsnehmer erkennbaren - Zweck, die erfahrungsgemäß besonders
kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum
kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten in diesem Bereich bis hin zu den
unter dd) gesondert aufgenommenen Finanzierungsvorgängen von der
Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen
Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versiche-
rungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann (vgl. Senatsurteil vom
19. Februar 2003 - IV ZR 318/02 - VersR 2003, 454 unter II 2 zu § 4 (1) k
ARB 75; OLG Karlsruhe r+s 2002, 418 m. Anm. Armbrüster, EWiR 2002,
551).
c) Bei einem in Aussicht genommenen Rechtsstreit mit einem den
Erwerb von Anteilen einer Eigentumswohnung finanzierenden Kreditge-
ber wird der Blick des Versicherungsnehmers direkt auf den Ausschluß
unter dd) gelenkt, der bereits seinem Wortlaut nach Finanzierungsstrei-
tigkeiten erfassen soll, wenn sie sich auf ein Vorhaben beziehen, das in
den drei vorherigen Risikoausschlüssen aufgeführt ist. Dabei wird er
sogleich vor allem den Ausschluß unter bb) in Betracht ziehen, der mit
der Planung und Errichtung von Gebäuden, die ein Versicherungsnehmer
erwerben will, Vorhaben umschreibt, die einen deutlichen Bezug zu dem
Erwerb von neu zu errichtenden Eigentumswohnungen aufweisen. Dage-
gen hat er keine Veranlassung, den Finanzierungsstreit unmittelbar und
allein auf den Ausschluß unter bb) zu beziehen, denn ihm muß nach dem
Klauseltext der für Finanzierungsangelegenheiten gedachte Ausschluß
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unter dd) als die spezielle Regelung erscheinen gegenüber dem allge-
mein alle Planungs- und Errichtungsangelegenheiten ansprechenden
Ausschluß unter bb). Der Risikoausschluß unter dd) tritt mithin für ihn er-
kennbar selbständig neben die Grundstückserwerbs- und Baumaßnah-
men im eigentlichen Sinn erfassenden Ausschlüsse unter aa) bis cc) und
dehnt den Ausschlußbereich auf damit zusammenhängende Finanzie-
rungsangelegenheiten ausdrücklich aus.
aa) Bei der Finanzierungsklausel unter dd) wird dem verständigen
Versicherungsnehmer sodann die weite Fassung dieses Ausschlusses
vor Augen geführt. Streitigkeiten im ursächlichen Zusammenhang mit der
Finanzierung solcher Vorhaben werden schlechthin ausgeschlossen.
Nach dem klaren Wortlaut, der Einschränkungen weder vorsieht noch
sonst dafür einen Anhalt bietet, fallen alle Streitigkeiten mit dem finan-
zierenden Kreditinstitut unter die Ausschlußklausel. Unerheblich ist da-
nach insbesondere, ob der Streit seine Grundlage in dem baurechtlichen
Verhältnis selbst oder lediglich in dem Kreditvertrag findet. Der Aus-
schluß greift, sofern nur der geforderte bloße ursächliche Zusammen-
hang mit der Finanzierung des Vorhabens besteht; die Klausel knüpft
diesen Zusammenhang an die Finanzierung der Baumaßnahme und nicht
mehr an das Bauvorhaben selbst (vgl. Harbauer/Maier, aaO Rdn. 6 d;
ders. VersR 1997, 394, 397).
bb) Für eine einschränkende Auslegung dieser Klausel dahin, daß
der Rechtsstreit sich als Verwirklichung des typischen Baurisikos darstel-
len müsse, ist danach kein Raum (vgl. OLG Karlsruhe r+s 2002, 418; of-
fen gelassen in OLG Karlsruhe NJW-RR 2003, 247; Prölss/Martin/
Armbrüster, VVG 27. Aufl. § 3 ARB 94 Rdn. 3). Bei anderer Interpretation
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- wie sie die Revision fordert - blieben für den erkennbar gewollten um-
fassenden Ausschluß der Baufinanzierungsrisiken allenfalls die wenigen
Fallgestaltungen, in denen die Finanzierungsmodalität, um die gestritten
wird, unmittelbar mit den Bauleistungen zusammenhängt, wie dies etwa
bei einer Auseinandersetzung um eine Auszahlung nach Baufortschritt
angenommen werden könnte (vgl. OLG Hamm VersR 2000, 630; OLG
Bamberg VersR 1995, 529; Maier, VersR 1997, 394, 397). Der um Ver-
ständnis bemühte Versicherungsnehmer kann aber bei der sprachlichen
Gestaltung dieser Klausel und ihrem erkennbaren Zweck vernünftiger-
weise nicht die Erwartungshaltung entwickeln, Rechtsschutz für alle Fi-
nanzierungsstreitigkeiten zugesagt bekommen zu haben, es sei denn,
sie seien Ausdruck des spezifischen Baurisikos.
Das gilt auch mit Blick auf das Gebot, Risikoausschlußklauseln
eng auszulegen. Es kann dahinstehen, ob für die jeweiligen Risikoaus-
schlüsse unter aa) bis cc) separat weiterhin ein Bezug zu dem spezifi-
schen Baurisiko zu verlangen ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003
aaO zu § 4 (1) k ARB 75; OLG Köln VersR 1998, 1013; OLG Stuttgart
NVersZ 2001, 373; Harbauer/Maier, aaO Rdn. 6 b m.w.N.). Die Ausge-
staltung der Finanzierungsklausel unter dd) gibt für ein solches Ver-
ständnis keine Grundlage. Das Finanzierungsrisiko ist vom Versiche-
rungsschutz ausgenommen, auch wenn das spezifische Baurisiko im
konkreten Streit nicht berührt wird.
cc) Daraus ergibt sich für den durchschnittlichen Versicherungs-
nehmer mit der vom Senat verlangten Deutlichkeit (vgl. Urteil vom
19. Februar 2003 aaO unter II 2 b), daß auch aus seiner Sicht nach den
ARB 94 bei mißglückten Immobilien-Kapitalanlagen für Auseinanderset-
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zungen, die sich auf den Vorwurf fehlerhafter Finanzierungsberatung
durch das Kreditinstitut gründen, Rechtsschutz nicht gewährt wird. Das
schließt vor allem auch dann Versicherungsschutz aus, wenn die Aufklä-
rung des Finanzierungsinstituts über mögliche Risiken bei den zu reali-
sierenden Renditen fehlerhaft gewesen sein soll (vgl. Harbauer/Maier,
aaO Rdn. 6 d).
Diese Auslegung hat auch das Berufungsgericht zutreffend her-
ausgearbeitet. Sie beruht nicht etwa, wie die Revision meint, auf einer
vergleichenden Betrachtung mit der Vorgängerklausel in den ARB 75, die
der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber nicht kennt, sondern al-
lein auf den Erkenntnismöglichkeiten bei umsichtiger Beschäftigung mit
dem Klauselwerk seines Versicherungsvertrages (vgl. Senatsurteil vom
17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2).
3. Nach dieser Auslegung fällt das Rechtsschutzbegehren des
Klägers unter den Risikoausschluß des § 3 (1) d) dd) i.V. mit bb) ARB
94. Auf die Erwägungen der Revision und der Revisionserwiderung zu
dem Risikoausschluß in Verbindung mit einem Grundstückserwerb ge-
mäß aa) der Klausel kommt es daher nicht an. Der anteilige Erwerb der
Eigentumswohnung ist ein Vorhaben nach bb) der Klausel, das die Bau-
sparkasse finanziert hat.
a) Im Sinne dieses Risikoausschlusses war die Eigentumswohnung
des Klägers als Gebäude, das der Versicherungsnehmer (anteilig) zu
erwerben beabsichtigte, vom Veräußerer zu planen und zu errichten. Der
notarielle Erwerbsvertrag läßt - vor allem mit Blick auf die Beschreibung
des Vertragsgegenstandes in § 1 und § 2 und die Festlegung der Ge-
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währleistungsansprüche in § 11 - keine Zweifel, daß die Veräußererseite
die Verpflichtung übernommen hat, die gesamte Neubauanlage und da-
mit auch das vom Versicherungsnehmer zu erwerbende Sonder- und
Gemeinschaftseigentum an der von ihm gewählten Eigentumswohnung
herzustellen.
Daß ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer keine besonderen
Kenntnisse besitzen muß über die materiell-rechtliche Einordnung von
Erwerbsverträgen dieser Art einerseits und ihre werkvertragliche Einbin-
dung andererseits, steht dem - anders als die Revision meint - nicht ent-
gegen. Entscheidend ist, daß er der Vereinbarung entnehmen kann
- worauf die Revisionserwiderung zu Recht abstellt -, daß der Veräußerer
verpflichtet ist, für die vertragsgerechte Errichtung des Gebäudes, das er
erwerben will, zu sorgen, und daß ihm daraus Ansprüche auf vollständi-
ge Erfüllung sowie - im Fall von Baumängeln - Gewährleistung zustehen.
Erwerbsverträge mit Herstellungsverpflichtung dieser Art werden daher
nach allgemeiner Ansicht den Bauvorhaben im Sinne dieses Risikoaus-
schlusses zugeordnet (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1993 - IV ZR
87/93 - VersR 1994, 44; OLG Frankfurt r+s 2002, 288; OLG Köln r+s
1994, 423).
b) Auf den genauen Errichtungsstand der Immobilie im Zeitpunkt
des Vertragsschlusses bzw. darauf, ob sie schon fast oder vollständig
fertiggestellt war, kommt es hier nicht an. Maßgeblich ist, daß es sich
nicht um einen isolierten Erwerb handelt, unabhängig von Baumaßnah-
men der vorgenannten Art. Der Bezug zu einer solchen Baumaßnahme
entfällt bei Erwerbsverträgen mit entsprechender Herstellungsverpflich-
tung nicht bereits zwangsläufig mit der Fertigstellung des Objektes ins-
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gesamt oder auch nur des zu erwerbenden Objektteiles. Für den ver-
ständigen Versicherungsnehmer bleibt zunächst die Eigenschaft als
Bauvorhaben im Sinne der Klausel erhalten unabhängig davon, ob er
den Erwerbsvertrag in einem Zeitpunkt abschließt, in dem mit der Erstel-
lung noch nicht begonnen worden ist, noch erhebliche oder auch nur ge-
ringe (Rest-)Arbeiten ausstehen oder die Arbeiten bereits abgeschlossen
sind. Der Erwerbsvorgang darf nur nicht losgelöst von der Planung und
Errichtung des Gebäudes oder Gebäudeteiles sein (vgl. BGH, Urteil vom
10. November 1993 aaO; OLG Frankfurt r+s 2002, 288; OLG Köln r+s
2000, 423; OLG Karlsruhe r+s 2002, 418 und NJW-RR 2003, 247; Har-
bauer/Maier, aaO Rdn. 6 b). Wo die Grenze im einzelnen zu ziehen ist,
bedarf hier keiner weiteren Erörterung. Unstreitig war das Bauvorhaben
bei Vertragsschluß noch nicht abgeschlossen und der Bezug zu seiner
Errichtung und der sich daraus für die Vertragsparteien ergebenden
werkvertraglichen Rechte und Pflichten ist in dem Erwerbsvertrag ver-
bindlich festgelegt.
c) Entgegen der Auffassung der Revision spielt es ferner keine
Rolle, daß der Erwerber auf die Errichtung des Bauwerks keinen Einfluß
nehmen konnte und das Darlehen nur dazu diente, den "Kaufpreis für
den Erwerb eines von einem Dritten errichteten Gebäudes oder Gebäu-
deteiles aufzubringen".
Der Risikoausschluß knüpft nicht an die Eigenschaft des Versiche-
rungsnehmers als Bauherren an, sondern an die - wie vorstehend unter
II. 2. c) aa) ausgeführt - Finanzierung von Bauvorhaben. Eine solche Fi-
nanzierung setzt nicht etwa voraus, daß der Kreditbetrag selbst als Ent-
gelt für die Bauleistung verwendet wird. Nur das "Vorhaben" muß finan-
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ziert werden. Das ist aber auch der Fall, wenn mit dem Darlehensbetrag
das vom Darlehensnehmer erworbene Bauobjekt bezahlt wird. Auf die
vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, die Zahlungen des Klä-
gers seien zugunsten des Bausonderkontos des Herstellers zu leisten
gewesen, und die dagegen gerichteten Rügen der Revision, kommt es
daher nicht an. Finanzierungsangelegenheiten bei Erwerbsvorgängen,
die die entsprechende Erstellung von Baulichkeiten mit enthalten, sollen
nach der dem Versicherungsnehmer vorgegebenen Ausschlußklausel
vom Rechtsschutz ausgenommen werden. Der Versicherer will diese Ri-
siken mit ihrem nicht unerheblichen Streitpotential für verhältnismäßig
wenige der bei ihm rechtsschutzversicherten Versicherungsnehmer nicht
übernehmen. Das wird dem verständigen Versicherungsnehmer bei auf-
merksamer Lektüre dieser Klausel auch bewußt. Bei Kapitalanlagen die-
ser Art sind daher auch Finanzierungsstreitigkeiten, wie sie zwischen
dem Kläger und der Bausparkasse bestehen, von der Rechtsschutzversi-
cherung ausgenommen. Daß für Finanzierungsstreitigkeiten bei anderen
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Kapitalanlagen ohne diesen Baubezug Rechtsschutz bestehen kann, än-
dert - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - an der Wirksam-
keit dieser Freizeichnung nichts.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch