Urteil des BGH vom 24.01.2013

BGH: stand der technik, wettbewerber, produkt, gestaltung, nachahmung, herkunft, kennzeichnung, erzeugnis, kennzeichen, leistungsschutz

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 78/11
Verkündet am:
24. Januar 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die
Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivil-
senats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. März 2011 auf-
gehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Klägerin vertreibt das nachfolgend abgebildete Regalsystem für den
Ladenbau, das in Deutschland vor mehr als 30 Jahren eingeführt worden ist:
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Die Beklagte zu 1 (nachfolgend auch Beklagte), deren Geschäftsführer
die Beklagten zu 2 und 3 sind, vertreibt ein mit dem System der Klägerin kom-
patibles Regalsystem in Deutschland. Auf den Systemelementen stanzt die Be-
klagte die von ihrer Firma abgeleitete Bezeichnung "ITAB" ein.
Die Klägerin hält das Regalsystem der Beklagten für eine unzulässige
Nachahmung ihres Originalprodukts. Sie hat geltend gemacht, die nahezu iden-
tische Übernahme ihres Regalsystems durch die Beklagte begründe die Gefahr
von Verwechslungen. Die Beklagte nutze den guten Ruf des Originalprodukts
aus. Das Regalsystem der Beklagten sei zudem qualitativ minderwertig.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Regalsysteme für den Ladenbau
gemäß den nachfolgenden Abbildungen anzubieten und/oder in den Verkehr zu
bringen:
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Die Klägerin hat zudem einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagten
geltend gemacht und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung begehrt.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt.
Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht nach Neufas-
sung des Unterlassungsantrags mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass der Ausspruch zu I 1 (Unterlassung) sich auf Regalsysteme gemäß den in
dem Urteil wiedergegebenen Abbildungen auch bezieht, wenn diese wie in den
nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen gekennzeichnet sind:
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Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die
Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der
Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die gel-
tend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz
nach § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 9, 3 Abs. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG und § 242
BGB wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung zu. Das Regalsystem der Kläge-
rin verfüge über wettbewerbliche Eigenart und sei auf dem Markt bekannt. Das
angegriffene Produkt der Beklagten zu 1 stelle eine nahezu identische Nach-
ahmung des Regalsystems der Klägerin dar. Unterschiede bestünden lediglich
darin, dass auf den Elementen des Systems der Beklagten die Buchstabenfolge
"ITAB" eingestanzt sei, während die Elemente des Regalsystems der Klägerin
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keinerlei Kennzeichnungen enthielten. Durch die von der Beklagten vorgenom-
mene Kennzeichnung werde die Herkunftstäuschung nicht beseitigt. Die Be-
klagte habe ihr Produkt in der optischen Gestaltung nicht hinreichend deutlich
vom Regalsystem der Klägerin abgesetzt. Die Herkunftstäuschung sei auch
vermeidbar. Den Beklagten sei es zumutbar, einen deutlichen Abstand in der
äußeren Gestaltung zwischen ihrem Erzeugnis und dem Produkt der Klägerin
zu schaffen. Darunter müssten die technische Funktion des Regalsystems der
Beklagten und seine Kompatibilität mit dem Originalprodukt nicht leiden.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurück-
verweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das Landgericht
habe der Klägerin unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO etwas zuerkannt, was
sie nicht beantragt habe. Der vom Landgericht seiner Entscheidung zugrunde
gelegte Klageantrag entspricht dem Antrag, den die Klägerin in der mündlichen
Verhandlung gestellt hat, auf die die landgerichtliche Entscheidung ergangen
ist. Im Übrigen wäre ein etwaiger Verstoß des Landgerichts gegen § 308 Abs. 1
ZPO auch dadurch geheilt worden, dass sich die Klägerin durch ihren Antrag,
die Berufung zurückzuweisen, die Entscheidung des Landgerichts zu eigen
gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111,
158, 161).
II. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit im Sinne von § 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.
1. Die Klägerin brauchte nicht anzugeben, in welcher Reihenfolge sie die
Klageanträge auf eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betrieb-
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liche Herkunft (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG), auf eine unangemessene Ausnutzung
der Wertschätzung des nachgeahmten Regalsystems (§ 4 Nr. 9 Buchst. b Fall 1
UWG) und auf eine unangemessene Beeinträchtigung dieser Wertschätzung
(§ 4 Nr. 9 Buchst. b Fall 2 UWG) stützt. Die Tatbestände des § 4 Nr. 9 Buchst. a
und b UWG stellen einen einheitlichen Streitgegenstand dar (vgl. BGH, Urteil
vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 23 bis 25 - Bio-
mineralwasser; vgl. auch zum Verhältnis zwischen Verwechslungsschutz nach
§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und Bekanntheitsschutz gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 32
= WRP 2012, 716 - OSCAR).
2. Der Klageantrag ist nicht deshalb unbestimmt, weil er keine verbale
Beschreibung der vom nachgeahmten Produkt übernommenen Merkmale ent-
hält. Richtet sich das vom Kläger begehrte Verbot gegen eine ganz konkrete
Verletzungsform, so ist eine verbale Beschreibung der wettbewerblich eigenar-
tigen Merkmale, die das Produkt des Beklagten übernimmt, nicht erforderlich.
Eine bildliche Darstellung genügt, wenn sich unter Heranziehung der Klage-
gründe eindeutig ergibt, in welchen Merkmalen des angegriffenen Erzeugnisses
die Grundlage und der Anknüpfungspunkt des Wettbewerbsverstoßes und da-
mit des Unterlassungsgebots liegen sollen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2001
- I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 88 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter). Ebenso ge-
nügt die Bezugnahme auf bildliche Darstellungen im gerichtlichen Verbot, wenn
sich anhand der Urteilsgründe feststellen lässt, welche übernommenen Merk-
male, denen das Gericht wettbewerbliche Eigenart beigemessen hat, Grundla-
ge des Verbots sind. Das ist vorliegend der Fall, weil sich aus dem Klagevor-
bringen und den Gründen des Berufungsurteils ergibt, aufgrund welcher charak-
teristischen Merkmale der abgebildeten Regalbauteile deren Angebot und Ver-
trieb unlauter ist.
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III. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die gel-
tend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz-
feststellung aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 8 Abs. 1 und 3
Nr. 1, §§ 9, 3 Abs. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG und § 242 BGB zu, hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte das
beanstandete Regalsystem seit Anfang 2009 vertrieben. Die Richtlinie
2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung des § 4
Nr. 9 UWG nicht entgegen, weil diese Vorschrift außerhalb des Regelungsbe-
reichs der Richtlinie liegt und deshalb von dieser unberührt bleibt (vgl. zum
Ganzen BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 15
bis 17 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE; Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 21/11,
GRUR 2012, 1155 Rn. 15 = WRP 2012, 1379 - Sandmalkasten).
2. Durch die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG 2004 ist der ergänzende
wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz nur gesetzlich geregelt, nicht aber in-
haltlich geändert worden (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - I ZR 326/01,
GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen; Urteil vom
9. Oktober 2008 - I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Rn. 25 = WRP 2009, 76
- Gebäckpresse). Danach kann der Vertrieb einer Nachahmung wettbewerbs-
widrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist
und besondere Umstände hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei
besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigen-
art, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen
wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je
höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an
die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung be-
gründen (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - I ZR 170/05, GRUR 2008, 1115
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Rn. 18 = WRP 2008, 1510 - ICON; Urteil vom 18. März 2010 - I ZR 158/07,
BGHZ 185, 11 Rn. 48 - Modulgerüst II; Urteil vom 12. Mai 2011 - I ZR 53/10,
GRUR 2012, 58 Rn. 42 - Seilzirkus).
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das
Regalsystem der Klägerin über wettbewerbliche Eigenart verfügt (dazu B III 3)
und das von der Beklagten vertriebene System eine Nachahmung des Produkts
der Klägerin darstellt (dazu B III 4). Nicht frei von Rechtsfehlern ist jedoch die
Annahme des Berufungsgerichts, die durch die Gestaltung des angegriffenen
Produkts hervorgerufene Herkunftstäuschung sei vermeidbar (dazu B III 5).
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Beru-
fungsgerichts, das von der Klägerin angebotene Regalsystem verfüge über
wettbewerbliche Eigenart.
a) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn seine konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Ver-
kehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzu-
weisen. Das gilt auch für technische Erzeugnisse (vgl. BGH, Urteil vom 15. April
2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010, 1125 Rn. 21 = WRP 2010, 1465 - Femur-Teil).
Allerdings können technisch notwendige Merkmale aus Rechtsgründen keine
wettbewerbliche Eigenart begründen. Technisch notwendige Merkmale sind
solche, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend
verwendet werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1999
- I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 523 f. = WRP 2000, 493 - Modulgerüst I). Die
Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestal-
tungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der
Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Handelt es sich dagegen
nicht um technisch zwingend notwendige Merkmale, sondern nur um solche,
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die zwar technisch bedingt, aber frei austauschbar sind, ohne dass damit Quali-
tätseinbußen verbunden sind, so können sie entgegen der Auffassung der Re-
vision eine wettbewerbliche Eigenart (mit-)begründen, sofern der Verkehr we-
gen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten
Betrieb Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (BGH,
GRUR 2010, 1125 Rn. 22 - Femur-Teil). Daneben kann auch die Kombination
einzelner technischer Gestaltungsmerkmale wettbewerbliche Eigenart begrün-
den, selbst wenn die einzelnen Merkmale für sich genommen nicht geeignet
sind, im Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzu-
weisen (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 34 - LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 Rn. 31
- Sandmalkasten). Entsprechendes gilt für ästhetische Merkmale der Formge-
staltung, die allein oder in Kombination mit technisch bedingten Merkmalen ge-
eignet sein können, als Herkunftshinweis zu dienen (vgl. BGH, Urteil vom
8. November 1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 877 = WRP 1985, 397
- Tchibo/Rolex I; Urteil vom 15. September 2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79
Rn. 24 = WRP 2006, 75 - Jeans I).
Auch unter dem Gesichtspunkt, den freien Stand der Technik für den
Wettbewerb offenzuhalten, besteht keine Veranlassung, beliebig kombinier- und
austauschbaren Merkmalen eine herkunftshinweisende Eignung von vornherein
abzusprechen. Soweit bei einzelnen Schutzrechten abweichende Anforderun-
gen an die Begründung des Schutzes im Zusammenhang mit technischen
Merkmalen gestellt werden (vgl. etwa zu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH, Be-
schluss vom 16. Juli 2009 - I ZB 53/07, BGHZ 182, 325 Rn. 30 bis 33 - Lego-
stein), lässt sich daraus für die Anforderungen an den wettbewerbsrechtlichen
Leistungsschutz nichts ableiten. Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz
ist nach Schutzzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als die Son-
derschutzrechte ausgestaltet. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leis-
tungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses kön-
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nen unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht gege-
ben sein, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des son-
dergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 19 - LIKE-
aBIKE; GRUR 2012, 58 Rn. 41 - Seilzirkus).
b) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht mit Recht ange-
nommen, die wettbewerbliche Eigenart des Regalsystems der Klägerin ergebe
sich aus der Kombination bestimmter Gestaltungsmerkmale, die es deutlich von
anderen marktgängigen Systemen für den Ladenbau abhebe. Diese bestünden
in der spezifischen Form der Konsolen, den mit einer vorderen und rückwärti-
gen Nut sowie einer abgeschrägten vorderen Blende versehenen Fachböden,
der H-Lochung der Säulen und den vier Schlitzen an der vorderen Schmalseite
der Fußteile. Soweit bestimmte Gestaltungselemente für sich genommen dem
freien Stand der Technik entsprächen, sei die gewählte Kombination technisch
nicht notwendig. Das zeige der Vergleich mit den abweichenden Ausführungen
der Mitbewerber. Der von der Beklagten geltend gemachte Kundenwunsch
nach Systemteilen, die auch optisch mit dem Produkt der Klägerin kompatibel
seien, unterstreiche dessen wettbewerbliche Eigenart. Diese sei schließlich
durch eine Verkehrsbekanntheit gesteigert, die sich aus der 40-jährigen erfolg-
reichen Vermarktung und einer aktiven Verteidigung gegen Nachahmungen
ergebe.
c) Das Berufungsgericht hat zutreffend die wettbewerbliche Eigenart aus
der Kombination der angeführten Merkmale des Regalsystems der Klägerin
abgeleitet. Darauf, dass diese Elemente auch eine technische Funktion erfüllen,
kommt es nicht entscheidend an. Technisch zwingend ist ihre Verwendung
nicht. Eine technische Notwendigkeit zur Übernahme der Gestaltungsmerkmale
ergibt sich auch nicht aus dem Interesse der Beklagten, ein mit dem Erzeugnis
der Klägerin kompatibles Produkt anzubieten. Dieser Wunsch macht die Über-
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nahme der das Regalsystem der Klägerin auszeichnenden Bestandteile nicht
technisch zwingend notwendig.
Es kommt vielmehr allein darauf an, ob die konkrete Ausgestaltung des
Produkts oder dessen charakteristische Merkmale nach dem Gesamteindruck
geeignet sind, auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des nach-
geahmten Produkts hinzuweisen. Das ist immer dann der Fall, wenn es sich
- unabhängig von der Anzahl der Merkmale - von anderen Produkten im Markt-
umfeld so abhebt, dass der Verkehr es aufgrund dieser Eigenschaften einem
bestimmten Hersteller zuordnet.
Das Berufungsgericht hat sich bei der Beurteilung der wettbewerblichen
Eigenart auch nicht von einem falschen Maßstab leiten lassen. Für die Annah-
me der wettbewerblichen Eigenart gelten auch dann keine strengeren Anforde-
rungen, wenn diese nicht aus einzelnen Merkmalen, sondern aus einer Kombi-
nation mehrerer Elemente folgt (vgl. BGH, GRUR 2012, 1155 Rn. 34 - Sand-
malkasten; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 9.27).
Das Berufungsgericht konnte zur Begründung der wettbewerblichen Ei-
genart auch auf Merkmale abstellen, über die nur einzelne und nicht alle Ele-
mente des Regalsystems der Klägerin verfügen. Die Klägerin macht vorliegend
Schutz für ein modulares System geltend, das aus verschiedenen, jedoch un-
selbständigen Einzelelementen besteht und das zu einem Gesamtprodukt zu-
sammengefügt wird. Daher war das Berufungsgericht nicht darauf beschränkt,
die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerin nur anhand gemeinsa-
mer, wiederkehrender Merkmale der Einzelteile zu beurteilen. Es konnte auch
auf die spezifische Form der in Rede stehenden Konsole abstellen, die eine
Abschrägung im vorderen Bereich aufweist und über die Vorderseite des Fach-
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bodens hinausragt. Darauf, ob die Klägerin noch weitere Konsolenausführun-
gen anbietet, die nicht über diese Ausgestaltung verfügen, kommt es nicht an.
4. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das von der Be-
klagten angebotene Regalsystem eine - von der unterschiedlichen Kennzeich-
nung abgesehen - identische Nachahmung des Regalsystems der Klägerin dar-
stellt. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch
nicht angegriffen.
5. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Be-
rufungsgerichts, in dem Anbieten und Inverkehrbringen des Regalsystems der
Beklagten liege eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft im
Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die durch die nahezu iden-
tische Gestaltung der Regalsysteme der Parteien hervorgerufene Gefahr einer
Herkunftstäuschung werde nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass sich auf
den Regalen der Beklagten Einstanzungen mit dem Hinweis auf ihr Firmen-
schlagwort "ITAB" befänden. Es sei der Beklagten darüber hinaus zuzumuten,
weitere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen hinreichend deutlichen
Abstand zum Regalsystem der Klägerin herzustellen. Die Beklagte könne sich
mit einer veränderten Formgebung der Konsolen oder mit einer abweichenden
Farbgebung ihres Regalsystems vom Originalprodukt absetzen. Es sei schon
nicht ersichtlich, dass das Regalsystem der Klägerin seiner Art nach auf einen
Ergänzungsbedarf angelegt sei. Das Interesse eines Teils der Abnehmer der
Produkte der Beklagten, vorhandene Regalsysteme der Klägerin mit Hilfe billi-
ger Nachahmungsprodukte um- oder auszubauen, genüge nicht, um ein Kom-
patibilitätsinteresse zu begründen. Es sei nicht unzumutbar, auf technisch kom-
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patible, in der äußeren Gestaltung vom Original aber abweichende Regalteile
zurückzugreifen.
b) Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
aa) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsge-
richts, es bestehe die Gefahr einer Herkunftstäuschung, weil sich den Endab-
nehmern von Ladenbausystemen bei einer identischen Leistungsübernahme
der Eindruck aufdrängt, die in Rede stehenden Produkte stammten vom selben
Hersteller. Die auf den Regalelementen der Beklagten angebrachten Kennzei-
chen seien nicht geeignet, in der konkreten Kaufsituation die Gefahr von Ver-
wechslungen auszuräumen. Die Kunden nähmen die vor dem Aufbringen der
Farbbeschichtung eingeprägten Kennzeichen trotz ihrer Zahl nicht wahr. Diese
Ausführungen sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch mit rechtsfehlerhaften Erwägungen
eine Vermeidbarkeit der Herkunftstäuschung bejaht.
(1) Die Frage, ob eine Herkunftstäuschung vermeidbar ist und welche
Maßnahmen der Wettbewerber treffen muss, um eine Herkunftstäuschung zu
verhindern, unterliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall
(vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 445 =
WRP 2001, 534 - Viennetta). Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft
ein Interesse von Abnehmern, vorhandene Regalsysteme der Klägerin zu er-
gänzen oder zu erweitern, verneint (dazu B III 5 b bb (2)). Es ist weiter bei der
Beantwortung der Frage, ob die Herkunftstäuschung vermeidbar ist, von einem
unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen (dazu B III 5 b bb (3) bis (7)).
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(2) Das Berufungsgericht hat unter Hinweis auf die Erwägungen in sei-
nem Urteil vom 23. Juni 2006 in dem Verfahren 6 U 13/06 angenommen, bei
dem Regalsystem der Klägerin sei ein Ergänzungsbedarf nicht ersichtlich. Das
hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht war zwar nicht gehindert, sich zur Begründung
seiner Entscheidung auf dieses Urteil zu beziehen. Die Entscheidung war - an-
ders als die Revision geltend macht - zu den Gerichtsakten gelangt. Die Kläge-
rin hat die Entscheidung mit der Klageschrift vorgelegt, und die Beklagten ha-
ben sich ebenfalls auf sie bezogen.
Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei seiner
Annahme, das von der Klägerin vertriebene Regalsystem sei nicht auf einen
Ergänzungs- und Erweiterungsbedarf angelegt, den gegenteiligen Vortrag der
Beklagten übergangen hat. Diese haben sich auf einen Ersatz- und Ergän-
zungsbedarf bei dem Regalsystem der Klägerin berufen und hierzu unter Be-
weisantritt vorgetragen. Über diesen Vortrag durfte sich das Berufungsgericht
nicht hinwegsetzen.
(3) Eine Herkunftstäuschung ist vermeidbar, wenn sie durch geeignete
und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann (BGH, Urteil vom 8. No-
vember 2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 277 = WRP 2002, 207 - Noppen-
bahnen; Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 144/06, GRUR 2009, 1069 Rn. 12 =
WRP 2009, 1509 - Knoblauchwürste). Ob und welche Maßnahmen zur Verhin-
derung einer Herkunftstäuschung dem Wettbewerber zugemutet werden kön-
nen, ist anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen (vgl.
BGH, GRUR 2000, 521, 525 - Modulgerüst I).
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(4) Bei dieser Abwägung sind unter anderem das Interesse des Herstel-
lers des Originalerzeugnisses an der Vermeidung einer Herkunftstäuschung,
das Interesse der Wettbewerber an der Nutzung nicht unter Sonderrechtsschutz
stehender Gestaltungselemente sowie das Interesse der Abnehmer an einem
Preis- und Leistungswettbewerb zwischen unterschiedlichen Anbietern zu be-
rücksichtigen. Soweit der Wettbewerber technisch bedingte Merkmale über-
nimmt, ist dabei zu beachten, dass es dem Übernehmenden billigerweise nicht
verwehrt werden kann, den offenbarten und durch praktische Erfahrung bestä-
tigten Stand der Technik zu benutzen und Verbraucherwünschen und
-erwartungen, vor allem im Hinblick auf den Gebrauchszweck des Erzeugnis-
ses, Rechnung zu tragen (vgl. BGH, GRUR 2000, 521, 525 - Modulgerüst I;
GRUR 2010, 80 Rn. 27 - LIKEaBIKE). Dabei ist insbesondere das bestehende
Interesse der Abnehmer zu berücksichtigen, unter mehreren Konkurrenzpro-
dukten ein nach Preis und Leistung geeignet erscheinendes Erzeugnis auszu-
wählen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1968 - I ZR 105/66, GRUR 1968, 698,
701 - Rekordspritzen; Urteil vom 11. Februar 1977 - I ZR 39/75, GRUR 1977,
666, 668 = WRP 1977, 484 - Einbauleuchten; BGH, GRUR 2000, 521, 525
- Modulgerüst I). Dieses Interesse an einem Preis- und Leistungswettbewerb
besteht nicht nur bei einer Erstanschaffung, sondern ist auch anzuerkennen,
soweit ein Ersatz- oder Ergänzungsbedarf für ein bereits angeschafftes Er-
zeugnis betroffen ist (vgl. BGH, GRUR 1968, 698, 701 - Rekordspritzen). Ne-
ben dem die Belange der Abnehmer in erster Linie kennzeichnenden Interesse
an einem Preiswettbewerb kann auch ihr Interesse, bei möglichen Lieferschwie-
rigkeiten eines Herstellers auf einen anderen ausweichen zu können, von Be-
deutung sein (vgl. BGH, GRUR 1977, 666, 668 - Einbauleuchten; GRUR 2000,
521, 525 - Modulgerüst I).
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(5) Diese Interessenlage darf ein Wettbewerber bei der Gestaltung seiner
Produkte berücksichtigen und dabei einem Interesse potentieller Abnehmer an
der Kompatibilität seiner Produkte mit dem Originalerzeugnis Rechnung tragen.
Die Befriedigung eines Ersatz- und Erweiterungsbedarfs durch den Vertrieb von
Erzeugnissen, die mit den nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Konkur-
renzprodukten eines Mitbewerbers uneingeschränkt verbaut werden können
und gegen diese austauschbar sind, ist daher wettbewerbsrechtlich grundsätz-
lich unbedenklich, solange keine vermeidbare Herkunftstäuschung oder andere
unlauterkeitsbegründende Merkmale hinzutreten. In diesem Fall sind dem Wett-
bewerber zur Vermeidung einer Herkunftstäuschung solche Maßnahmen nicht
zuzumuten, die die Kompatibilität und - daraus folgend - die Verkäuflichkeit des
Produkts entscheidend beeinträchtigen. Er ist nur gehalten, durch andere ge-
eignete und zumutbare Maßnahmen eine Herkunftstäuschung soweit als mög-
lich zu vermeiden (BGH, GRUR 2000, 521, 526 - Modulgerüst I; GRUR 2012,
58 Rn. 46 - Seilzirkus).
(6) Diese Grundsätze, die der Senat bislang nur für ein in technischer
Hinsicht bestehendes Kompatibilitätsinteresse angewendet hat, sind - anders
als vom Berufungsgericht angenommen - auch auf Fälle zu übertragen, in de-
nen auf Seiten der Abnehmer ein anerkennenswertes Interesse an der Über-
einstimmung ihrer Produkte in äußeren, nicht unter Sonderrechtsschutz ste-
henden Gestaltungsmerkmalen mit dem Originalerzeugnis besteht. Allerdings
liegt in der Regel kein sachlich gerechtfertigter Grund zu einer (fast) identischen
Übernahme ästhetischer Gestaltungsmerkmale vor, mit denen die angespro-
chenen Verkehrskreise Herkunftsvorstellungen verbinden, weil den Wettbewer-
bern in aller Regel ein Ausweichen auf andere Gestaltungsformen und damit
ein Abstand zum Original möglich und zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom
18. Dezember 1968 - I ZR 130/66, GRUR 1969, 292, 293 - Buntstreifensatin II).
Anders liegt der Fall jedoch dann, wenn die Abnehmer wegen eines Ersatz-
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oder Erweiterungsbedarfs ein Interesse an der Verfügbarkeit von Konkurrenz-
produkten haben, die auch in der äußeren Gestaltung kompatibel sind. Aus
dem Interesse der Wettbewerber, diesen Ersatz- und Erweiterungsbedarf durch
mit der Produktreihe des Originalherstellers kompatiblen Elementen zu befriedi-
gen und von dem nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Formenschatz
Gebrauch zu machen, folgt, dass die Wettbewerber nicht auf Produktgestaltun-
gen verwiesen werden dürfen, die die Verkäuflichkeit ihrer Produkte im Hinblick
auf den bestehenden Ersatz- und Erweiterungsbedarf beim Originalprodukt ein-
schränken. In einem solchen Fall sind Herkunftsverwechslungen, die auf der
übereinstimmenden Formgestaltung beruhen, hinzunehmen, sofern der Nach-
ahmende durch andere geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen Herkunfts-
verwechslungen so weit wie möglich entgegenwirkt.
(7) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft
angenommen, die Beklagte sei verpflichtet, das von ihr vertriebene Produktsys-
tem durch eine abweichende Formgebung vom Originalerzeugnis der Klägerin
abzusetzen, weil nur ein Interesse der Abnehmer an technischer Kompatibilität,
nicht aber an optischer Übereinstimmung der Bestandteile des Regalsystems
der Beklagten mit demjenigen der Klägerin schutzwürdig sei.
Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - kei-
ne Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die von der Beklagten vorgenom-
mene Kennzeichnung der von ihr vertriebenen Regalteile eine geeignete und
zumutbare Maßnahme ist, um Herkunftsverwechslungen entgegenzuwirken. Es
hat allerdings in anderem Zusammenhang angenommen, die Kennzeichen sei-
en auf den Produkten der Beklagten nicht auffällig angebracht und nicht geeig-
net, Herkunftstäuschungen auszuschließen. Es bestehe zudem die Gefahr,
dass die angesprochenen Verkehrskreise gesellschafts- oder lizenzvertragliche
Beziehungen zwischen den Parteien vermuteten.
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Auf diese Gesichtspunkte kommt es jedoch nicht entscheidend an. Der
Beklagten ist die Anbringung auffälliger Kennzeichen in dem für jedermann
sichtbaren Bereich des Regalsystems nicht zumutbar. Die Regalsysteme der
Parteien werden von den die Produkte nachfragenden Ladeninhabern zur Prä-
sentation der Waren gegenüber den Endkunden verwendet. Damit verträgt sich
keine auffällige Kennzeichnung der Regalsysteme im allgemein sichtbaren Be-
reich. Sollte die Beklagte durch die von ihr vorgenommene Kennzeichnung die
geeigneten und zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um Herkunftstäu-
schungen soweit als möglich zu vermeiden, kommt es auf eine dann noch be-
stehende Verwechslungsgefahr - insbesondere unter dem Gesichtspunkt ge-
sellschafts- oder lizenzvertraglicher Verbindungen - nicht an.
Besteht ein Interesse der Abnehmer daran, dass sich Ersatz- und Erwei-
terungsprodukte nicht nur technisch, sondern auch optisch in das Regalsystem
der Klägerin einfügen, kann es der Beklagten nicht verwehrt werden, die nicht
unter Sonderrechtsschutz stehende Formgestaltung zu benutzen, soweit sie auf
andere Weise - etwa durch die Verwendung von Kennzeichen in der Werbung
und auf den Erzeugnissen - Herkunftsverwechslungen soweit wie möglich ent-
gegenwirkt.
C. Da sich das angegriffene Urteil nicht aus anderen Gründen als richtig
erweist, ist es aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzu-
verweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht selbst entscheiden, weil
die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
I. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, ob ein Ersatz- und Erweite-
rungsbedarf besteht, der von Wettbewerbern der Klägerin nur befriedigt werden
kann, wenn deren Produkte nicht nur in technischer Hinsicht mit dem Regalsys-
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tem der Klägerin kompatibel sind, sondern mit diesem auch in der optischen
Gestaltung übereinstimmen. Die Beklagten haben hierzu geltend gemacht, dass
von dem durchschnittlichen Ladeninhaber Abweichungen im Erscheinungsbild
eines Regalsystems wegen der damit einhergehenden nicht ansprechenden
Warenpräsentation häufig nicht akzeptiert werden. Mit diesem - naheliegen-
den - Vortrag wird sich das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungs-
rechtszug auseinandersetzen müssen. Zudem kommt es für die Frage, ob die
Klägerin den nahezu identischen Nachbau ihres Regalsystems trotz auftreten-
der Herkunftsverwechslungen hinnehmen muss, auch auf den Umfang des Er-
weiterungs- und Ergänzungsbedarfs auf dem in Rede stehenden Produktsektor
an. Dieser darf im Verhältnis zum Geschäft mit der Erstausstattung von Laden-
geschäften mit Regalsystemen wirtschaftlich nicht so gering sein, dass er zu
vernachlässigen ist, weil die Beklagte - falls ihr der beanstandete Nachbau er-
laubt ist - in die Lage versetzt wird, auch die Erstausstattung von Ladenge-
schäften zu übernehmen.
II. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die von der Beklagten vorge-
nommene Kennzeichnung der von ihr vertriebenen Regalteile mit der Bezeich-
nung "ITAB" eine geeignete und zumutbare Maßnahme ist, um Herkunftsver-
wechslungen soweit als möglich entgegenzuwirken.
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III. Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsrechtszug
zu dem Ergebnis gelangen, dass die Herkunftsverwechslung unvermeidbar ist,
wird es zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG
vorliegen. Eine unangemessene Beeinträchtigung der Wertschätzung des Re-
galsystems der Klägerin ist auf der Grundlage ihres Vortrags gegeben, das von
der Beklagten vertriebene Regalsystem bleibe qualitativ hinter demjenigen der
Klägerin zurück (vgl. BGH, GRUR 2010, 1125 Rn. 51 - Femur-Teil).
Bornkamm
Büscher
Schaffert
Kirchhoff
Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 13.07.2010 - 81 O 147/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.03.2011 - 6 U 139/10 -
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