Urteil des BGH vom 15.12.2006

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5 StR 182/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 15. Dezember 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhand-
lung vom 28. November und 15. Dezember 2006, an der teilgenommen ha-
ben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Jäger
als
beisitzende
Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als
Vertreter
der
Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B. ,
Rechtsanwältin S.
als
Verteidiger,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle,
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am 15. Dezember 2006 für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Berlin vom 8. Dezember 2005 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.
– Von Rechts wegen –
G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in
zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und
deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die mit der Sachrüge und
Verfahrensrügen geführte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
I.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen ge-
troffen:
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Der gesondert Verfolgte A. S. hatte sich wegen hoher Spielver-
luste bei Sportwetten Anfang 2004 dazu entschlossen, seine Gewinnchancen
durch Einflussnahme auf das Spielgeschehen mittels Bestechung von Spie-
lern und Schiedsrichtern entscheidend zu erhöhen, um so den verlorenen
Betrag zurückzugewinnen. Diese Manipulationen verheimlichte er gegenüber
den jeweiligen Wettanbietern, um von diesen nicht von der Spielteilnahme
ausgeschlossen zu werden. In Ausführung seines Plans kam es zu folgen-
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den zwei Taten unter Beteiligung des Angeklagten, der zu dieser Zeit Spieler
beim Fußballverein Chemnitzer FC war:
a) Fall 1 der Urteilsgründe: Auf Initiative des Angeklagten bestach A.
S. ihn und einen weiteren Spieler des Chemnitzer FC, den gesondert
Verfolgten A. , mit 10.000 und 8.000 Euro, damit beide das Regionalliga-
spiel ihres Vereins gegen Holstein Kiel am 1. Mai 2004 durch Leistungszu-
rückhaltung manipulierten. Das Spiel endete – wie gewünscht – mit einem
Sieg von Holstein Kiel (3:0). A. S. hatte über den Zeugen Ka.
26.000 Euro bei Oddset auf den Sieg Kiels gewettet und gewann rund
300.000 Euro.
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b) Fall 2 der Urteilsgründe: A. S. bestach den Angeklagten und
den gesondert verfolgten damaligen Schiedsrichter H. unabhängig von-
einander mit jeweils 8.000 Euro, damit diese das am 22. Mai 2004 stattfin-
dende Regionalligaspiel SC Paderborn ./. Chemnitzer FC derart manipulier-
ten, dass Paderborn zur Halbzeitpause und zum Ende führe. Der Angeklagte
hielt sich zwar absprachegemäß mit seiner Leistung zurück und R. H.
versuchte, durch unsachliche Entscheidungen den Spielausgang ent-
sprechend zu manipulieren. Der Halbzeitstand war jedoch 0:0 (bei einem
Endstand von 4:0). A. S. hatte über zwei Wettbüros erfolglose Wetten
bei zwei ausländischen Wettanbietern plaziert, die ihm einen Reingewinn in
Höhe von insgesamt fast 20.000 Euro ermöglicht hätten.
2. Das Landgericht hat eine konkludente Täuschung der jeweiligen
Angestellten der Wettannahmestellen durch A. S. und einen Betrugs-
schaden in Höhe der jeweils möglichen Gewinne abzüglich der Einsätze an-
genommen. Weil sich A. S. durch sein Handeln eine nicht unerhebli-
che und auf Dauer angelegte Einnahmequelle habe erschließen wollen, hat
das Landgericht gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 erste Alt. StGB zwei be-
sonders schwere Fälle des Betruges bei diesem angenommen, zu denen der
Angeklagte jeweils Beihilfe geleistet habe. Die Einzelstrafen in Höhe von sie-
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ben (Fall 1) und sechs Monaten (Fall 2) hat das Landgericht dem nach § 27
Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB verschobenen Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB
entnommen.
II.
Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
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1. Die Aufklärungsrüge ist unzulässig (vgl. zu den Anforderungen BGH
NStZ 1999, 45 f. m.w.N.). Sie wäre aber auch unbegründet, weil für die Fra-
ge des Schadens jede Betrugshandlung einzeln zu bewerten ist und es nicht
darauf ankommt, ob Oddset insgesamt durch das Verhalten von A. S.
einen Gewinn oder Verlust erzielt hat.
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2. Auch die Sachrüge hat keinen Erfolg.
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a) Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag (5 StR 181/06)
entschieden hat, stellt der jeweilige Wettabschluss von A. S. unter
Verschweigen eigener Beteiligung an einer Manipulation des Wettgegenstan-
des einen Betrug gegenüber dem Wettanbieter dar. Zu den festgestellten
Fällen des Betrugs hat der Angeklagte auch Beihilfe geleistet, indem er zu-
sagte, sich zurückzuhalten, und A. S. so zum betrügerischen Ab-
schluss der Wettverträge veranlasste. Lediglich die Bestimmung des Scha-
densumfangs ist in der Höhe nicht vollständig zutreffend, ohne dass dies je-
doch den Schuldspruch berührt (vgl. 5 StR 181/06).
b) Auch die Strafzumessung hält im Ergebnis revisionsgerichtlicher
Überprüfung stand: Bei der Strafrahmenwahl hat das Landgericht zwar nicht
bedacht, dass die Frage, ob ein besonders schwerer Fall des Betrugs nach
§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB vorliegt, aufgrund einer Gesamtwürdigung
aller schuldrelevanten Umstände zu beantworten ist und insbesondere die
Teilnahmehandlung als solche (nicht die Haupttat) als besonders schwerer
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Fall zu werten sein muss (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 105
m.w.N.) und das täterbezogene Merkmal der Gewerbsmäßigkeit nur demje-
nigen Tatbeteiligten angelastet werden kann, der dieses Merkmal selbst auf-
weist (vgl. Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 243 Rdn. 47 m.w.N.).
Dies ist im Ergebnis jedoch unschädlich.
Im Fall 1 der Urteilsgründe liegen beim Angeklagten die – angesichts
der Gesamtumstände des Geschehens und der Höhe der Bestechungsgel-
der jedenfalls vom Eventualvorsatz erfassten – Voraussetzungen des § 263
Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 erste Alt. StGB vor, so dass der Senat ausschließen kann
(§ 354 Abs. 1 StPO), dass das Landgericht in diesem Fall auf eine niedrigere
Strafe erkannt hätte. Die Einzelstrafe im Fall 2 der Urteilsgründe – entspre-
chend die Gesamtstrafe – ist auch unter Berücksichtigung des lediglich ge-
ringfügig geminderten Schuldumfangs (vgl. 5 StR 181/06) jedenfalls vor dem
Hintergrund angemessen (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO), dass der Angeklagte
durch seine pflichtwidrige Zurückhaltung nicht nur zum Betrug der Wettanbie-
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ter Beihilfe geleistet, sondern auch die zahlenden Zuschauer und seinen ei-
genen Verein um ein faires Fußballspiel gebracht und dem professionellen
Fußballsport insgesamt einen erheblichen Rufschaden beigebracht hat.
Basdorf Häger Gerhardt
Raum Jäger