Urteil des BGH vom 15.05.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 368/13
Verkündet am:
15. Mai 2014
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 242 Cd, § 309 Nr. 12 Buchst. b, § 312d Abs. 1 [F: 2. Januar 2002], § 355 [F:
29. Juli 2009]
a) Die bloße Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite
("ordinary website") des Unternehmers reicht für die formgerechte Mitteilung der
Widerrufsbelehrung an den Verbraucher nach § 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3
Satz 1, § 126b BGB nicht aus (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR
66/08, NJW 2010, 3566).
b) Die vom Unternehmer in einem Online-Anmeldeformular vorgegebene, vom Kun-
den (Verbraucher) bei der Anmeldung zwingend durch Anklicken mit einem Häk-
chen im Kontrollkasten zu versehende Bestätigung
Widerrufserklärung
□ Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder
abgespeichert?"
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ist gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB sowie deshalb unwirksam, weil sie von den
verbraucherschützenden Regelungen in § 355 Abs. 2 und 3, § 360 Abs. 1 BGB
zum Nachteil des Verbrauchers abweicht.
c) Ist eine vom Unternehmer vorformulierte Bestätigung des Kunden unwirksam, so
kann der Unternehmer dem Widerruf des Kunden nicht den Einwand unzulässiger
Rechtsausübung entgegenhalten und gegen den Kunden auch keinen Schadens-
ersatzanspruch wegen arglistiger Täuschung oder sonstiger Treuepflichtverlet-
zung geltend machen, indem er den Vorwurf erhebt, dass der Kunde diese Bestä-
tigung wahrheitswidrig erteilt habe.
BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - III ZR 368/13 - LG Karlsruhe
AG Ettlingen
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Mai 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herr-
mann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des
Landgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin veranstaltet Lehrgänge für Naturheilverfahren. Sie verlangt
von der Beklagten die Zahlung einer restlichen Kursgebühr in Höhe von 1.782 €
nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Die Beklagte meldete sich am 9. August 2010 über die Internetseite
(Homepage, Webseite) der Klägerin zu dem Seminar "Gestalttherapie" an, das
in der Zeit vom 9. April 2011 bis zum 20. Mai 2012 stattfand. Die Kursgebühr
betrug 1.980
€. Die Beklagte erhielt hierüber mit Datum vom 9. August 2010
eine Anmeldebestätigung der Klägerin. Eine Widerrufsbelehrung war dieser
Bestätigung nicht beigefügt. Mit E-Mail vom 19. Dezember 2010 sagte die Be-
klagte ihre Teilnahme an dem Seminar ab und nahm ihre Anmeldung mit der
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Bitte um Stornierung der ausgestellten Rechnung zurück. In Erwartung einer
gütlichen Einigung zahlte die Beklagte an die Klägerin
198 € (= 10 % der Kurs-
gebühr). Die Differenz zur vollen Kursgebühr (1.980 €) ist Gegenstand der Kla-
ge.
Die Klägerin hat behauptet, die Anmeldung der Beklagten sei über eine
Eingabemaske erfolgt, die abschließend mit folgendem Ankreuzkästchen (Kon-
trollkasten; sogenannte Checkbox) versehen gewesen sei:
Widerrufserklärung
Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und
ausgedruckt oder abgespeichert?"
Die Beklagte habe den Kontrollkasten anklicken und damit zugleich dort
auch ein Häkchen setzen müssen, um den Anmeldevorgang abschließen und
ihre Daten an die Klägerin übersenden zu können.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Möglichkeit, die Widerrufsbeleh-
rung auf ihrer Internetseite einzusehen und sodann abzuspeichern oder auszu-
drucken, genüge den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Beklagte die
Widerrufsfrist versäumt habe. Jedenfalls sei es der Beklagten nach Treu und
Glauben versagt, sich auf einen etwaigen Mangel der Widerrufsbelehrung zu
berufen, weil sie mit dem Anklicken des Kontrollkastens und dem Setzen des
Häkchens eindeutig zum Ausdruck gebracht habe, die Widerrufsbelehrung ord-
nungsgemäß erhalten zu haben.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-
ren weiter.
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Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat einen (restlichen) Vergütungsanspruch der
Klägerin verneint, weil die Beklagte ihre auf den Abschluss des Vertrags über
die Teilnahme an dem Seminar gerichtete Willenserklärung fristgerecht widerru-
fen habe.
Die von der Klägerin vorgetragene Widerrufsbelehrung habe den gesetz-
lichen Anforderungen nicht genügt, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht
zu laufen begonnen habe. Für die Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Text-
form gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB reiche die bloße Möglichkeit des Abspei-
cherns oder Ausdruckens einer auf der Internetseite des Unternehmers abruf-
baren Widerrufsbelehrung durch den Verbraucher nicht aus. Nach der Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs und des Gerichtshofs der Europäischen
Union sei im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Hintergrund der Rege-
lungen zu dem Widerrufsrecht der Verbraucher bei Abschluss eines Fernab-
satzvertrags der Zugang der Widerrufsbelehrung beim Verbraucher in einer zur
dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise erforderlich. Da-
her müsse der Verbraucher die elektronische Widerrufsbelehrung - wenn er sie
nicht per Post oder E-Mail übersandt erhalte - auf seinem eigenen Computer
abspeichern oder ausdrucken. Dafür, dass dies hier geschehen sei, habe die
Klägerin indes keinen Beweis angeboten.
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Ob die Beklagte bei ihrer Anmeldung tatsächlich, wie von der Klägerin
behauptet, den Kontrollkasten angeklickt und dort ein Häkchen gesetzt habe
und es ihr deshalb nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, sich auf
den Formverstoß zu berufen, könne offen bleiben. Denn die betreffende Passa-
ge innerhalb der behaupteten Eingabemaske der Klägerin sei als Allgemeine
Geschäftsbedingung einzuordnen, welche die Beweislast zum Nachteil des
Verbrauchers verschiebe und somit gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirk-
sam sei. Die vom Verbraucher im Anmeldevorgang abzugebende Bestätigung,
die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder gespeichert zu haben, bringe ihn in
die - ihm von Gesetzes wegen nicht zugedachte - Position, darlegen und gege-
benenfalls beweisen zu müssen, dass dem gerade nicht so gewesen sei.
II.
Auf die Revision der Klägerin ist das angefochtene Urteil einer uneinge-
schränkten Prüfung zu unterziehen. Entgegen der Meinung der Beklagten hat
das Berufungsgericht die Revision unbeschränkt zugelassen. Es hat im Tenor
des Urteils die Revisionszulassung ohne Einschränkungen ausgesprochen.
Zwar kann sich eine Beschränkung der Rechtsmittelzulassung auch aus den
Entscheidungsgründen ergeben (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. November
2012 - XI ZR 334/11, NJW 2013, 450 Rn. 7 mwN und vom 11. Mai 2012 - V ZR
193/11, NJW 2012, 2648, 2649 Rn. 5). Dies muss sich allerdings klar und ein-
deutig aus den Gründen des Urteils ableiten lassen. Unzureichend ist es, wenn
das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision
nennt, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung auf den durch
die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen
(s. etwa Senatsurteile vom 8. März 2012 - III ZR 191/11, NZS 2012, 546 Rn. 6
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und vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185, 187 Rn. 7; BGH, Urtei-
le vom 11. Mai 2012 aaO; vom 18. März 2010 - I ZR 158/07, BGHZ 185, 11, 16
Rn. 17 und vom 18. Dezember 2008 - I ZR 63/06, GRUR 2009, 515, 516
Rn. 17). Mit seiner Ausführung, es stelle eine klärungsbedürftige grundsätzliche
Rechtsfrage dar, ob eine vorformulierte Erklärung des Verbrauchers, er habe
eine Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abge-
speichert, gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirksam sei, hat das Beru-
fungsgericht seine Zulassungsentscheidung nur erläutert, ohne die Zulassung
der Revision erkennbar auf die erwähnte Frage einschränken zu wollen.
Abgesehen davon wäre eine Beschränkung der Revisionszulassung auf
die Frage der Wirksamkeit dieser Erklärung nicht zulässig, da sich die Beant-
wortung dieser Rechtsfrage nicht auf einen rechtlich selbständigen und ab-
trennbaren Teil des Streitgegenstands beziehen würde (vgl. nur Senatsbe-
schluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 mwN).
III.
Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Klä-
gerin steht der von ihr geltend gemachte Vergütungsanspruch (§ 611 Abs. 1
BGB) nicht zu, weil die Beklagte ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichtete
Willenserklärung nach Maßgabe von § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1
BGB fristgerecht widerrufen hat; maßgeblich ist insoweit, ebenso wie bei allen
anderen einschlägigen, Fernabsatzverträge und die damit verbundenen Wider-
rufs- und Rückgaberechte betreffenden Vorschriften, die bis zum 12. Juni 2014,
also bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechte-
richtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermitt-
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lung vom 20. September 2013 (BGBl. I S. 3642), geltende Fassung. Der Be-
klagten ist es auch nicht - nach Treu und Glauben oder unter Schadensersatz-
gesichtspunkten - verwehrt, sich auf die mit dem Widerruf verbundenen Rechts-
folgen zu berufen.
1.
Bei dem hier im Streit stehenden Vertrag über die Teilnahme an einem
Seminar handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312b
BGB, den die Beklagte als Verbraucher (§ 13 BGB) mit der Klägerin als Unter-
nehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen hat. Gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355
BGB steht der Beklagten ein Widerrufsrecht zu.
2.
Das Berufungsgericht hat die E-Mail der Beklagten vom 19. Dezember
2010 als Widerrufserklärung ausgelegt. Dies begegnet in rechtlicher Hinsicht
keinen Bedenken und wird auch von der Revision nicht beanstandet. Mit ihrer
E-Mail vom 19. Dezember 2010 hat die Beklagte gegenüber der Klägerin hin-
reichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den Vertrag nicht mehr ge-
gen sich gelten lassen wolle.
3.
Der Widerruf der Beklagten ist auch fristgemäß erfolgt.
a) Die in § 355 Abs. 2 BGB bestimmte Widerrufsfrist beginnt gemäß
§ 355 Abs. 3 Satz 1 BGB erst dann, wenn dem Verbraucher eine den Anforde-
rungen des § 360 Abs. 1 BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufs-
recht in Textform mitgeteilt wird.
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b) Nach dem im Revisionsrechtszug zugrunde zu legenden Vorbringen
der Klägerin fehlte es an einer formgerechten Mitteilung der Widerrufsbelehrung
an die Beklagte, so dass die Widerrufsfrist bis zur Erklärung des Widerrufs der
Beklagten nicht zu laufen begonnen hatte.
aa) Aus dem Erfordernis der "Mitteilung" der Widerrufsbelehrung an den
Verbraucher "in Textform" (§ 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 sowie § 126b
BGB, ebenfalls in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung) und der
Betrachtung der mit den bis zum 12. Juni 2014 gültigen einschlägigen Normen
des Bürgerlichen Gesetzbuchs korrespondierenden Vorschriften des Gemein-
schaftsrechts (s. insb. Art. 4 Abs. 1 Buchst. f und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie
97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über
den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997
Nr. L 144 S. 19; Erwägungsgrund Nummer 20 der Richtlinie 2002/65/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den
Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der
Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG,
ABl. EG 2002 Nr. L 271 S. 16) ergibt sich, dass die für die Widerrufsbelehrung
erforderlichen Informationen in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzei-
chen geeigneten Weise sowohl vom Unternehmer abgegeben werden als auch
dem Verbraucher zugehen müssen. Die bloße Abrufbarkeit der Widerrufsbeleh-
rung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") des Unternehmers
reicht hiernach nicht aus, weil die Belehrung auf diese Weise nicht in einer un-
veränderlichen textlich verkörperten Gestalt in den Machtbereich des Verbrau-
chers gelangt. Erforderlich ist in diesem Falle vielmehr, dass der Verbraucher
die Belehrung per Briefpost oder E-Mail erhält oder auf seinem Computer ab-
speichert oder selbst ausdruckt. Dies entspricht der nahezu einhelligen Ansicht
in der Rechtsprechung und im Schrifttum (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010
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- I ZR 66/08, NJW 2010, 3566, 3567 f Rn. 17 ff; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616,
617; KG, MMR 2007, 185, 186 und NJW 2006, 3215, 3216; OLG Hamburg,
MMR 2008, 44 und GRUR-RR 2007, 174 f; OLG Naumburg, NJW-RR 2008,
776, 777 f; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 88, 89 f; MüKoBGB/Wendehorst,
6. Aufl., § 312c Rn. 112 f; Bamberger/Roth/Grothe, BGB, 3. Aufl., § 355 Rn. 9;
Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 126b Rn. 3; Bonke/Gellmann, NJW 2006,
3169 ff; Ludwig, ZGS 2011, 58, 60; Schmidt-Räntsch, WuB IV D. § 312c BGB
1.11; Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61 ff; s. auch Entwurf der Bundesregie-
rung für das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und
anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr, BT-Drucks.
14/4987, S. 20; insoweit - für gewöhnliche Webseiten - zustimmend wohl auch
Reiff, ZJS 2012, 432, 440 ff; ders. in Festschrift für Bernd von Hoffmann, 2011,
S. 823, 834 f; ders., VersR 2011, 540, 541 f; krit. hingegen Härting, Internet-
recht, 4. Aufl., Rn. 715). Diese Auffassung wird auch vom Gerichtshof der Eu-
ropäischen Union geteilt (Urteil vom 5. Juli 2012 - C-49/11 Content Services,
NJW 2012, 2637, 2638 f Rn. 32 ff). Es ist Aufgabe des Unternehmers, dem
Verbraucher die Belehrung in Textform zu übermitteln, und nicht Aufgabe des
Verbrauchers, sich diese Belehrung selbst zu verschaffen (vgl. hierzu EuGH
aaO S. 2638 Rn. 32 bis 37; Schlussantrag des Generalanwalts Paolo Mengozzi
vom 6. März 2012 in der Rechtssache C-49/11 Nr. 24 f).
bb) Dass die Beklagte die Widerrufsbelehrung auf der Webseite der Klä-
gerin aufgerufen und bei sich abgespeichert oder ausgedruckt hätte, haben die
Vorinstanzen nicht festzustellen vermocht. Hierfür hat die insoweit beweisbelas-
tete Klägerin (s. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB) keinen Beweis angeboten. Die Revi-
sion erhebt hierzu auch keine Einwände.
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cc) Unter Zugrundelegung des revisionsrechtlich maßgeblichen Vortrags
der Klägerin haben sich ihr Online-Anmeldeformular und die damit verlinkte
Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") und
nicht auf einer sogenannten fortgeschrittenen Webseite ("sophisticated web-
site") befunden. Es bedarf hier deshalb keiner Entscheidung, ob es für die Mit-
teilung der Widerrufsbelehrung in Textform im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 1
und Abs. 3 Satz 1, § 126b BGB genügen kann, wenn der Unternehmer die Wi-
derrufsbelehrung für den Verbraucher auf einer fortgeschrittenen Internetseite
("sophisticated website") zur Verfügung stellt.
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union (aaO S. 2638 f Rn. 42 ff) hat
im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Freihandelsas-
soziation (EFTA-Gerichtshof) vom 27. Januar 2010 (E-4/09, VersR 2010, 793,
797 Rn. 61 ff) erwogen, ob eine fortgeschrittene Webseite den Anforderungen
an einen für den Verbraucher verfügbaren dauerhaften Datenträger im Sinne
von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG gerecht wird. Nach Auffassung des Ge-
richtshofs der Europäischen Union ist es entscheidend, ob der Datenträger dem
Verbraucher die Speicherung der an ihn persönlich gerichteten Informationen
erlaubt sowie die Gewähr dafür bietet, dass ihr Inhalt und ihre Zugänglichkeit
während einer angemessenen Dauer nicht verändert werden, und dass dem
Verbraucher die Möglichkeit ihrer originalgetreuen Wiedergabe eröffnet wird
(aaO S. 2638 Rn. 43 f unter Hinweis auf Art. 2 Buchst. f der Richtlinie
2002/65/EG). Dementsprechend gehören zu den dauerhaften Datenträgern
insbesondere Disketten, CD-Roms, DVDs und die Festplatte des Computers
des Verbrauchers, auf der die elektronische Post gespeichert wird, Internet-
Webseiten dagegen nur dann, wenn sie die in der Definition des Begriffs "dau-
erhaftes Medium” enthaltenen Voraussetzungen erfüllen (vgl. Erwägungsgrund
20 der Richtlinie 2002/65/EG).
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(2) Eine fortgeschrittene Webseite kann als den Anforderungen an einen
für den Verbraucher verfügbaren dauerhaften Datenträger im Sinne von Art. 5
Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG genügend in Betracht gezogen werden, wenn sie
Elemente enthält, die den Verbraucher mit an Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit dazu anhalten, die Informationen in Papierform zu sichern oder
auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu speichern (EFTA-Gerichtshof
aaO Rn. 65) oder wenn sie einen sicheren Speicherbereich für den einzelnen
Verbraucher vorsieht, auf welchen nur dieser mittels Eingabe von Benutzerna-
men und Passwort zugreifen kann, so dass der Unternehmer keine Möglichkeit
hat, die dort einmal eingestellten Informationen zu ändern (EFTA-Gerichtshof
aaO Rn. 66).
(3) Ob eine solchermaßen gestaltete fortgeschrittene Webseite für die
Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Textform im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 1
und Abs. 3 Satz 1, § 126b BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fas-
sung ausreicht (so Reiff, ZJS 2012, 432, 434 ff, 442 f; ders. in Festschrift für
Bernd von Hoffmann, 2011, S. 823 ff, 834 f; ders., VersR 2011, 540, 542; wohl
auch Ludwig, ZGS 2011, 58, 61, 62), braucht hier indessen nicht entschieden
zu werden, weil das Online-Anmeldeformular der Klägerin keine fortgeschrittene
Webseite im vorerwähnten Sinne darstellt.
(a) Dass die Webseite der Klägerin einen sicheren Speicherbereich für
den einzelnen Verbraucher enthält, auf welchen allein dieser mittels Eingabe
des Benutzernamens und seines persönlichen Passworts zugreifen kann, so
dass die Klägerin keine Möglichkeit hat, die dort einmal eingestellten Informati-
onen zu ändern, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch ansonsten nicht
ersichtlich.
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(b) Entgegen der Meinung der Klägerin hält der vorgegebene Kontroll-
kasten den Verbraucher auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrschein-
lichkeit dazu an, die Widerrufsbelehrung durch Ausdrucken in Papierform zu
sichern oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger abzuspeichern. Der
Anmeldevorgang kann nach dem Ankreuzen des Kontrollkastens nämlich auch
dann ungehindert fortgesetzt werden, wenn die Widerrufsbelehrung weder auf-
gerufen noch ausgedruckt oder abgespeichert worden ist. Ein "Zwangsdown-
load" (zu diesem Begriff s. Reiff, ZJS 2012, 432, 435, 436; ders. in Festschrift
für Bernd von Hoffmann, 2011, S. 823, 831, 832 f) ist nicht vorgesehen. Die
bloße Möglichkeit des Ausdruckens oder Speicherns reicht nicht, um den erfor-
derlichen Zugang der Informationen beim Verbraucher ohne dessen weiteres
Zutun sicherzustellen. Die Widerrufsbelehrung war zudem auf der Webseite der
Klägerin nicht abgebildet, sondern lediglich über einen Hyperlink aufrufbar. Dies
genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht
(vgl. EuGH aaO S. 2638 f Rn. 32 ff).
4.
Der Beklagten ist es entgegen der Ansicht der Revision auch nicht ge-
mäß § 242 BGB verwehrt, sich auf den Mangel der (formgerechten) Mitteilung
der Widerrufsbelehrung zu berufen, weil die Beklagte - wie von der Klägerin
behauptet - durch Setzen eines Häkchens im betreffenden Kontrollkasten be-
stätigt habe, die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder abgespeichert zu haben.
Eine derartige von der Beklagten abgegebene "Bestätigung" hätte keine Wir-
kungen entfaltet. Denn die von der Klägerin vorformulierte Bestätigung hält ei-
ner Inhaltskontrolle gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB nicht stand und weicht
von den verbraucherschützenden Regelungen in § 355 Abs. 2 und 3, § 360
Abs. 1 BGB zum Nachteil des Verbrauchers ab.
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a) Die von der Klägerin vorformulierte Empfangsbestätigung der Beklag-
ten stellt eine der Inhaltskontrolle unterliegende Allgemeine Geschäftsbedin-
gung dar, die mit § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB nicht zu vereinbaren ist.
aa) Bei der von der Klägerin vorformulierten Bestätigung handelt es sich
um eine gemäß §§ 305 ff BGB kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingung.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1
BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen,
die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss
des Vertrags stellt. Dem Schutzzweck der Regelungen zur Gestaltung rechts-
geschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
entspricht es, auch die vom Verwender vorformulierten einseitigen rechtsge-
schäftlichen Erklärungen der anderen Vertragspartei einer AGB-rechtlichen
Kontrolle zu unterwerfen (s. BGH, Urteile vom 16. März 1999 - XI ZR 76/98,
BGHZ 141, 124, 126 und vom 5. Mai 1986 - II ZR 150/85, BGHZ 98, 24, 28; vgl.
auch Senatsurteile vom 9. April 1987 - III ZR 84/86, NJW 1987, 2011 und vom
19. September 1985 - III ZR 213/83, BGHZ 95, 362, 363 ff; MüKoBGB/Basedow
Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 305 Rn. 16 f;
Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 305 Rn. 11). Es reicht
aus, wenn die vorformulierte Erklärung nach ihrem objektiven Wortlaut bei dem
Empfänger den Eindruck hervorruft, es solle damit der Inhalt eines vertraglichen
oder vorvertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (s. BGH, Urteile
vom 4. Februar 2009 - VIII ZR 32/08, BGHZ 179, 319, 323 Rn. 11 und vom
8. März 2005 - XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294, 297; OLG München, MMR 2007,
47, 49). Auch sonstige im Zusammenhang mit einer vertraglichen Beziehung
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stehende rechtserhebliche Erklärungen des Kunden sind der Überprüfung nach
den §§ 305 ff BGB zugänglich (vgl. MüKoBGB/Basedow aaO).
(2) Die hier im Streit stehende Bestätigung ist im Hinblick auf die mit ihr
verbundene Beweiswirkung als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizie-
ren. Die Rechtsprechung unterwirft vergleichbare (Empfangs-)Bestätigungen
der AGB-rechtlichen Klauselkontrolle (s. zu §§ 9, 11 Nr. 15 Buchst. b AGBG:
BGH, Urteil vom 29. April 1987 - VIII ZR 251/86, BGHZ 100, 373, 381; OLG
Koblenz, NJW-RR 1994, 58, 59; OLG Hamburg, NJW-RR 1987, 47, 48; OLG
München, ZIP 1982, 1455 und AGBE II, § 9 AGBG Nummer 33; OLG Schles-
wig, AGBE I, § 11 Nr. 15 AGBG Nummer 129). Die Regelungen in § 308 Nr. 5
und § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB beziehen sich dementsprechend gerade auf
vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Kunden (s. Palandt/
Grüneberg aaO § 305 Rn. 5; vgl dazu auch Entwurf der Bundesregierung zum
Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, BT-
Drucks. 7/3919 S. 39). Mit dem von der Klägerin vorgegebenen Setzen eines
Häkchens durch Anklicken des Kontrollkastens wird seitens des Kunden (hier:
der Beklagten) eine rechtserhebliche Erklärung abgegeben. Die Bedeutung die-
ser Erklärung für den Vertrag wird zusätzlich dadurch hervorgehoben, dass der
Vertrag - nach dem Vortrag der Klägerin - ohne diese Bestätigung nicht hätte
abgeschlossen werden können. Mit dem Abhaken durch Anklicken des Kon-
trollkastens wird die Bestätigung nicht zu einer individuellen Erklärung des Kun-
den. Eine Individualabrede (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB) wäre nur gegeben, wenn
für den Kunden die Möglichkeit einer inhaltlichen Einflussnahme bestanden hät-
te. Hierzu muss der Verwender die Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition
stellen und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener
Interessen einräumen; der Kunde muss die reale Möglichkeit erhalten, den In-
halt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (st. Rspr.; s. nur Senatsurteil
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vom 19. Mai 2005 - III ZR 437/04, NJW 2005, 2543, 2544 mwN; s. auch Ulmer/
Habersack aaO § 305 Rn. 53 f). Die Klägerin hat ihren Kunden eine solche Ge-
staltungsmöglichkeit indes nicht eingeräumt. Wollen die Kunden sich zu einem
Seminar über die Webseite der Klägerin anmelden, so muss das Häkchen
durch Anklicken des Kontrollkastens gesetzt werden, ohne dass hierzu eine
Alternative eröffnet ist.
bb) Die von der Klägerin vorformulierte "Bestätigung" hat die Wirkung
einer Beweislastumkehr und ist deshalb gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB
unwirksam.
(1) Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB trägt der Unternehmer die Beweis-
last für alle Tatsachen, aus denen er die Nichteinhaltung der Widerrufsfrist her-
leiten will, insbesondere für die formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung
(Palandt/Grüneberg aaO § 355 Rn. 23). Mit der von ihm vorformulierten Bestä-
tigung würde sich der Unternehmer im Falle ihrer Wirksamkeit ein gegen den
Kunden gerichtetes Beweismittel verschaffen, mit dem er seiner Beweislast ge-
nügen könnte, bis der Kunde die Unrichtigkeit der Empfangsbestätigung bewie-
sen hätte; damit verkörpert die Bestätigung den typischen Fall einer Beweis-
laständerung (vgl. BGH, Urteile vom 29. April 1987 aaO und vom 26. Mai 1986
- VIII ZR 229/85, MDR 1987, 51, 52).
(2) Der Anwendung von § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB steht nicht entge-
gen, dass die Klägerin die Bestätigung durch das Setzen des Häkchens mittels
Anklicken des Kontrollkastens erklärt hat. Zwar gilt die Unwirksamkeit nach
§ 309 Nr. 12 Buchst b BGB nach Halbsatz 2 dieser Regelung nicht, wenn die
Bestätigung gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten
Signatur versehen ist. Das Setzen eines Häkchens durch Anklicken des Kon-
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trollkastens im Rahmen eines Online-Anmeldevorgangs ist mit der Unterzeich-
nung oder Anbringung einer qualifizierten Signatur jedoch nicht vergleichbar.
Mit der gesonderten Unterzeichnung einer Bestätigung oder dem Anbringen
einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur ist eine Warnfunktion
verknüpft, die dem - oftmals unbedachten - Anklicken eines Kontrollkastens in
einer Online-Anmeldemaske nicht zugemessen werden kann.
b) Die von der Klägerin vorformulierte Bestätigungserklärung ist weiter
deswegen unwirksam, weil hierdurch und durch die mit ihr verbundene Ausge-
staltung des Online-Anmeldevorgangs von der gesetzlichen Regelung zur Be-
lehrung der Verbraucher über das Widerrufsrecht zu deren Nachteil abgewi-
chen wird.
aa) Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine den Anforderungen des
§ 360 Abs. 1 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung dem Verbraucher bei
Vertragsschluss in Textform mitzuteilen. Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB be-
ginnt die Widerrufsfrist erst mit der Mitteilung einer ordnungsgemäßen Wider-
rufsbelehrung. Die Regelung des § 355 BGB ist halbzwingendes Recht. Ledig-
lich zugunsten des Verbrauchers darf von dieser Vorschrift abgewichen werden
(vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709, 710
Rn. 17; OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. April 2011 - I-6 U 134/10, juris Rn. 41;
Bamberger/Roth/Grothe aaO § 355 Rn. 2; Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl.,
§ 355 Rn. 2; Staudinger/Kaiser, BGB [2012], § 355 Rn. 94). Mit dem am
13. Juni 2014 in Kraft tretenden § 361 Abs. 2 BGB in der Fassung des Geset-
zes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Ge-
setzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013
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(BGBl. I S. 3642) hat der Gesetzgeber diese halbzwingende Wirkung - deklara-
torisch - festgestellt.
bb) Durch die von der Klägerin gewählte Gestaltung des Online-An-
meldevorgangs und die dem Kunden abverlangte Bestätigungserklärung verla-
gert die Klägerin die Aufgaben, die ihr als Unternehmer im Zusammenhang mit
der Pflicht obliegen, den Zugang der Widerrufsbelehrung beim Verbraucher
sicherzustellen, auf den Verbraucher. Zwar ist die Widerrufsbelehrung zuge-
gangen, wenn der Verbraucher die Belehrung ausdruckt oder abspeichert (s.o.,
unter 3 b, aa). Dies ändert aber nichts daran, dass der Unternehmer verpflichtet
ist, die Widerrufsbelehrung so zu erteilen, dass die hierzu nötigen Informationen
dem Verbraucher ohne dessen Zutun zugehen. Mit der Ausgestaltung des Onli-
ne-Anmeldevorgangs und der Formulierung der Bestätigung versucht die Klä-
gerin zu erreichen, dass der Verbraucher selbst aktiv den (formgerechten) Zu-
gang der Widerrufsbelehrung herbeiführt, wenn er die abgeforderte Bestätigung
wahrheitsgemäß abgeben will. Gibt der Verbraucher die Bestätigung wahr-
heitswidrig ab, so soll er sich nach der Vorstellung der Klägerin letztlich so be-
handeln lassen müssen, als habe er die Widerrufsbelehrung gespeichert oder
ausgedruckt, also den Zugang bewirkt. Damit wird zu Lasten des Verbrauchers
von § 355 BGB abgewichen. Die von der Klägerin vorgegebene Ausgestaltung
des Online-Anmeldeformulars lässt es zu, dass dem Verbraucher die Wider-
rufsbelehrung tatsächlich nicht zugeht, gleichwohl soll er so behandelt werden,
als sei sie ihm (formgerecht) mitgeteilt worden. Gerade dies wollte der Gesetz-
geber im Interesse des Verbraucherschutzes verhindern, indem er dem Unter-
nehmer die Pflicht zu einer aktiven Belehrung des Verbrauchers auferlegt hat.
Nur hierdurch wird der erforderliche Schutz des Verbrauchers vor übereilten
Entscheidungen in hinreichendem Maße gewährleistet.
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c) Ist die von der Klägerin vorformulierte Bestätigung demnach unwirk-
sam, so kann die Klägerin hieraus nicht den Einwand herleiten, die Beklagte
übe ihr Widerrufsrecht treuwidrig aus.
Die Unwirksamkeitsfolge beschränkt sich nicht lediglich darauf, dass es
nun bei der gesetzlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen
den Parteien (s. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB) verbleibt. Vielmehr vermag die von
ihr erfasste Klausel überhaupt keine Wirkungen zu Lasten des Vertragsgegners
zu entfalten.
Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993
über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG 1993 Nr. L 95
S. 29) sind missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender
mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich.
§ 309 Nr. 12 Buchst. b BGB sieht die Unwirksamkeit einer die Beweislast än-
dernden Bestätigung des Kunden vor. Modifiziert eine Klausel das dispositive
Recht und räumt sie dem Verwender unangemessene Vorteile ein, führt regel-
mäßig nur die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel zur Wiederher-
stellung der Vertragsgerechtigkeit (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 12. Oktober
1995 - I ZR 172/93, NJW 1996, 1407, 1408 und vom 11. Oktober 1984 - VII ZR
248/83, NJW 1985, 852 f; Erman/Roloff aaO § 306 Rn. 7; s. auch § 306 Abs. 1
und 2 BGB). Dem liefe es zuwider, wenn diese Klausel noch irgendeine Wir-
kung zu Gunsten des Verwenders oder gar die gleiche Wirkung wie im Falle
ihrer Geltung hätte. Würde die von der Klägerin gestellte Klausel ungeachtet
ihrer Unwirksamkeit dazu führen, dass sich der Verbraucher (hier: die Beklagte)
nicht mit Erfolg auf die unterbliebene (formgerechte) Mitteilung der Widerrufsbe-
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lehrung berufen könnte, so würde die Klausel gerade jene Wirkung ausüben,
die ihr von Rechts wegen versagt worden und die zugleich der innere Grund der
Anordnung ihrer Unwirksamkeit ist. Der durch die formgerechte Mitteilung der
Widerrufsbelehrung bezweckte Verbraucherschutz würde hierdurch unterlaufen.
5.
Soweit die Klägerin die Klageforderung mit ihrer Revision auf einen
Schadensersatzanspruch nach § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB
stützen will und hierfür geltend macht, die Beklagte habe sie durch die wahr-
heitswidrige Bestätigung des Ausdruckens oder Abspeicherns der Widerrufsbe-
lehrung arglistig getäuscht, dringt sie damit nicht durch. Zwar haftet derjenige,
der eine Wissenserklärung abgibt, für deren Richtigkeit (BGH, Urteil vom
12. März 2008 - VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517, 1518 Rn. 16). Jedoch entfal-
tet die von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin vorformulierte "Be-
stätigung", wie bereits ausgeführt, keinerlei Wirkung. Infolgedessen kann die
Klägerin auf deren Unrichtigkeit auch keinen Schadensersatzanspruch gegen
die Beklagte gründen.
6.
Nach alldem ist die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuwei-
sen. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267
AEUV, wie von der Revision (vorsorglich) angeregt, bedarf es nicht. Soweit es
darum geht, dass die (bloße) Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer
gewöhnlichen Webseite den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts und des
Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht genügt, befindet sich die Senatsentscheidung
in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Auf die - vom
Gerichtshof bislang wohl nicht abschließend entschiedene - Frage, ob und unter
welchen Umständen die Bereitstellung einer Widerrufsbelehrung auf einer fort-
geschrittenen Webseite ausreichen kann, kommt es hier nicht an, weil die Klä-
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gerin unter Zugrundelegung ihres Vorbringens eine solche Webseite nicht ver-
wendet hat.
Schlick
Herrmann
Hucke
Tombrink
Remmert
Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 11.10.2012 - 1 C 98/12 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.07.2013 - 1 S 146/12 -