Urteil des BGH vom 16.06.2010

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 258/09 Verkündet
am:
16. Juni 2010
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
NMV § 3 Abs. 1, § 26
Bei Wegfall der Preisbindung ist die zuletzt geschuldete Kostenmiete - einschließlich
etwaiger Zuschläge nach § 26 NMV - nunmehr als "Marktmiete" zu zahlen.
BGB § 560 Abs. 4, § 556 Abs. 3 Satz 3
Die Nichteinhaltung der Abrechnungsfrist steht einer Anpassung der Vorauszahlun-
gen nach § 560 Abs. 4 BGB nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 258/09 - LG Hannover
AG
Hannover
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter
Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer
des Landgerichts Hannover vom 27. August 2009 im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die Beklagten zur Zahlung von mehr
als 1.905,34 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz auf 1.775,34 € seit dem 14. Mai 2008 und auf
weitere 130 € seit dem 17. Januar 2009 verurteilt worden sind.
Das weitergehende Rechtsmittel wird bezüglich der zur Aufrech-
nung gestellten Rückzahlungsansprüche aus den Betriebskosten-
abrechnungen für die Jahre 2004 bis 2006 als unzulässig verwor-
fen und im Übrigen zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
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Die Beklagten haben von der Rechtsvorgängerin der Klägerin im März
2001 eine Wohnung in H. gemietet. Die Wohnung war Anfang der 70er
Jahre mit Hilfe von Wohnungsfürsorgemitteln des Bundes gebaut worden, um
preisgünstigen Wohnraum für Bedienstete des Bundes zu schaffen. Die
Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte sich verpflichtet, die geförderten Woh-
nungen nur an solche Personen zu vermieten, die ihr vom Bund als Mieter be-
nannt waren. Um die Vermietung an die nicht zu diesem Personenkreis gehö-
renden Beklagten zu ermöglichen, hatte die zuständige Behörde im Jahr 2001
eine entsprechende Freistellung von der Zweckbindung ausgesprochen. Der
Fördervertrag verpflichtete die Bauherrin für diesen Fall, vom Mieter neben der
Einzelmiete einen Zuschlag wegen erhöhter Aufwendungen zu verlangen; war
diese Miete nach den örtlichen Gegebenheiten nicht zu erzielen, hatte die Bau-
herrin gemäß § 5 (2) des Fördervertrags die höchst erzielbare Miete (Marktmie-
te) zu erheben. Dementsprechend sieht der mit den Beklagten abgeschlossene
Mietvertrag vor, dass die Beklagten neben der Grundmiete und den Betriebs-
kostenvorauszahlungen einen "Kostenmietzuschlag" in Höhe von 28,37 € mo-
natlich an die Vermieterin zu zahlen haben. Zusätzlich entrichteten die Beklag-
ten bis zum Wegfall der Mietpreisbindung (Ende 2003) eine Fehlbelegungsab-
gabe an die Oberfinanzdirektion H. .
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete für
den Zeitraum März 2006 bis April 2008 in Anspruch. Die Parteien streiten dar-
über, ob die Beklagten für diesen Zeitraum trotz Wegfalls der Preisbindung den
Kostenmietzuschlag von 28,37 € monatlich schulden und ob die Klägerin - im
Anschluss an die im April 2007 erteilte Nebenkostenabrechnung für das Jahr
2005 - ab Juni 2007 entsprechend erhöhte Nebenkostenvorauszahlungen ver-
langen kann. Ferner steht im Streit, ob den Beklagten aus den - nach ihrer Auf-
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fassung fehlerhaften - Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2006
Rückzahlungsansprüche zustehen, mit denen sie gegen Mietforderungen der
Klägerin aufgerechnet haben.
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Die Klägerin hat Zahlung von 2.168,57 € nebst Zinsen begehrt. Das
Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 747,90 € nebst Zinsen verurteilt
und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat
das Landgericht das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung des weiterge-
henden Rechtsmittels und der Anschlussberufung der Beklagten abgeändert
und die Beklagten zur Zahlung von insgesamt 2.158,46 € nebst Zinsen verur-
teilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklag-
ten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Klägerin stehe auch nach dem Wegfall der Preisbindung die bisheri-
ge Miete einschließlich des als Kostenmietzuschlag bezeichneten Anteils zu.
Dieser in § 2 des Mietvertrags ausgewiesene Zuschlag entspreche dem Sub-
ventionsbetrag, den der Bund geleistet hätte, wenn die Beklagten zu dem Kreis
der vom Bund benannten Personen gehört hätten. Es handele sich somit um
einen Zuschlag, der vom Mieter an den Vermieter zu zahlen sei, weil dieser
wegen der Freistellung der Wohnung von der Belegbindung einen Vermögens-
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nachteil in entsprechender Höhe erleide. Es sei nicht erheblich, ob die Beklag-
ten den Zuschlag während der Mietbindungszeit wegen der von ihnen getrage-
nen Fehlbelegungsabgabe nicht hätten zahlen müssen. Entscheidend sei, dass
der Zuschlag im Zeitpunkt des Fortfalls der Preisbindung gemäß §§ 26, 3
Abs. 1 NMV Teil der Miete gewesen sei. Vertragliche oder gesetzliche Bestim-
mungen, nach denen dieser Bestandteil der Kostenmiete mit dem Fortfall der
Preisbindung entfallen solle, bestünden nicht.
Für die Frage, ob der Mieter nach Fortfall der Preisbindung die gesamte
Kostenmiete einschließlich des Zuschlags oder nur die Grundmiete nebst Ne-
benkostenvorauszahlung schulde, sei das Verhältnis von Kostenmiete und
ortsüblicher Miete maßgeblich. Regelmäßig liege die Kostenmiete auch dann,
wenn sie - wie hier - einen Zuschlag nach § 26 NMV enthalte, deutlich unter der
ortsüblichen Vergleichsmiete. Die in § 2 des Fördervertrags enthaltene Rege-
lung sorge dafür, dass die ortsübliche Vergleichsmiete bei Ende der Preisbin-
dung nicht geringer sei als die den Zuschlag enthaltende Kostenmiete. Würden
hingegen Zuschläge nach § 26 NMV mit dem Ende der Mietpreisbindung entfal-
len, wäre es geboten, den Besonderheiten früherer Mietpreisbindung dadurch
Rechnung zu tragen, dass eine Ausnahme von der Kappungsgrenze des § 558
Abs. 3 BGB gälte. Derartige Ausnahmen seien vom Gesetz in § 558 Abs. 4
BGB aber nur für Fehlbelegungsabgaben und nicht für Zuschläge nach § 26
NMV vorgesehen. Dies spreche dagegen, einen Zuschlag nach § 26 NMV bei
Wegfall der Preisbindung "automatisch" aus der geschuldeten Miete herauszu-
nehmen, auch wenn der ursprüngliche Grund für den Ansatz entfallen sei.
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Die Klage sei auch bezüglich der erhöhten Vorauszahlungsbeträge für
die Zeit ab Juni 2007 begründet. Die Klägerin habe nach erfolgter Abrechnung
der Nebenkosten für das Jahr 2005 entsprechend höhere Vorauszahlungen
verlangen dürfen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin diese Abrech-
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nung nicht innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB erteilt habe. Der
Anspruch auf Nachzahlung betreffe einen anderen Abrechnungszeitraum als
der Anspruch auf Vorauszahlungen. Nachteile für den Mieter seien aufgrund
der verspäteten Abrechnung mit Blick auf die Vorauszahlungen nicht zu besor-
gen, da sich ein Erhöhungsverlangen nicht rückwirkend auswirke.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung - im Rahmen des be-
schränkten Umfangs der Zulassung der Revision - überwiegend stand. Ledig-
lich erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen für das Jahr 2007 - insgesamt
253,12 € - hat das Berufungsgericht der Klägerin zu Unrecht zugebilligt, weil es
nicht berücksichtigt hat, dass im Zeitpunkt der letzten Verhandlung für diesen
Zeitraum bereits Abrechnungsreife eingetreten war.
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1. Die Revision ist, soweit sie gegen die Entscheidung des Berufungsge-
richts über die zur Aufrechnung gestellten Rückzahlungsansprüche der Beklag-
ten aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2006 wendet,
unstatthaft und damit unzulässig (§ 543 Abs. 1 ZPO), weil die Revision insoweit
nicht zugelassen ist. Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt zu-
gelassen, nämlich wegen des von der Klägerin begehrten Kostenmietzuschlags
von monatlich 28,37 € und wegen der ab Juni 2007 erhöhten Vorauszahlungen
auf die Betriebskosten. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, wohl aber,
was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreicht (BGHZ 153,
358, 360 f. m.w.N.), eindeutig aus den Gründen des Urteils. Das Berufungsge-
richt hat die Zulassung der Revision damit begründet, dass seine Entscheidung
zum Kostenmietzuschlag nach Wegfall der Preisbindung und zur Anpassung
von Vorauszahlungen aufgrund einer verspäteten Betriebskostenabrechnung
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von Urteilen anderer Kammern des Berufungsgerichts beziehungsweise des
Landgerichts Berlin abweiche. Dies betrifft nur den Anspruch der Klägerin auf
Zahlung des Kostenmietzuschlags sowie zusätzlicher (erhöhter) Betriebskos-
tenvorauszahlungen ab Juni 2007, nicht aber die von den Beklagten zur Auf-
rechnung gestellten Forderungen auf Auskehrung (behaupteter) Guthaben aus
den Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2006.
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Revisions-
zulassung ist auch wirksam. Denn die Zulassung der Revision kann auf einen
tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs beschränkt werden,
welcher Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger
seine Revision beschränken könnte (st. Rspr., z.B. Senatsurteile vom 27. Janu-
ar 2010 - VIII ZR 159/09, WuM 2010, 163, Tz. 16; vom 28. Oktober 2009
- VIII ZR 164/08, WuM 2009, 733, Tz. 13). So verhält es sich hier, denn die Be-
klagten hätten ihr Rechtsmittel wirksam auf den Kostenmietzuschlag und die
von der Klägerin ab Juni 2007 zusätzlich verlangten Vorauszahlungsbeträge
beschränken und die Entscheidung des Berufungsgerichts zum Nichtbestehen
der von ihnen zur Aufrechnung gestellten Ansprüche auf Erstattung von Gutha-
ben aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2006 hinneh-
men können.
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2. Im Hinblick auf den von der Klägerin begehrten Mietzuschlag ist die
Revision unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass
der Klägerin der als "Kostenmietzuschlag" bezeichnete Betrag in Höhe von
28,37 € monatlich auch nach dem Wegfall der Preisbindung als Teil der Miete
zusteht.
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a) Der Wegfall der Preisbindung führt nicht zu einer Änderung der Miet-
höhe. Der Mieter bleibt vielmehr verpflichtet, die zuletzt an den Vermieter ge-
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zahlte Kostenmiete - mithin die bisherige Grundmiete nebst Betriebskostenvor-
auszahlungen und Zuschlägen nach § 26 NMV - nunmehr als "Marktmiete" -
weiter zu entrichten. Zutreffend hat das Berufungsgericht in diesem Zusam-
menhang darauf abgestellt, dass eine Ermäßigung der Miete mit dem Wegfall
der öffentlichen Bindung weder in dem zwischen den Parteien abgeschlosse-
nen Mietvertrag noch in den gesetzlichen Regelungen vorgesehen ist (zum
Fehlen einer gesetzlichen Regelung vgl. OLG Hamm, WuM 1990, 333 f.). Eine
Änderung tritt durch den Wegfall der öffentlichen Bindung deshalb nur insoweit
ein, als der Vermieter von diesem Zeitpunkt an Mieterhöhungen nach §§ 558 ff.
BGB geltend machen kann. Nach der Rechtsprechung des Senats sind dabei
hinsichtlich der Berechnung der Kappungsgrenze auch während der Preisbin-
dung vorgenommene Mieterhöhungen wegen Kapitalkostensteigerungen zu
berücksichtigen (Senatsurteil vom 28. April 2004 - VIII ZR 178/03, NZM 2004,
545, unter II 2 b); dies setzt als selbstverständlich voraus, dass auch derartige
Mietbestandteile bei Wegfall der Preisbindung in die nunmehr als Marktmiete
geschuldete Miete einfließen, die Miethöhe sich allein durch den Wegfall der
Preisbindung mithin nicht ändert.
b) Auch aus dem Zweck des Kostenmietzuschlags, die beim Vermieter
preisgebundenen Wohnraums durch die Fehlbelegung entstehenden Mehrkos-
ten abzudecken, folgt nicht, dass dieser Zuschlag - ebenso wie die Mehrkos-
ten - mit dem Ende der Preisbindung entfällt und sich die Miete somit ermäßigt.
Die Revision übersieht, dass es mit dem Wegfall der Preisbindung nicht mehr
auf die dem Vermieter entstehenden Kosten ankommt und der Mieter deshalb
nicht einwenden kann, die Miete müsse angesichts der Verringerung der lau-
fenden Aufwendungen gemäß § 5 NMV gesenkt werden.
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c) Entgegen der Auffassung der Revision führt die Fortgeltung der zuletzt
geschuldeten Kostenmiete (einschließlich eines etwaigen Kostenmietzuschlags)
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als Ausgangsmiete für die nunmehr preisfreie Wohnung auch nicht zu einer
zweckwidrigen Besserstellung des Vermieters im Vergleich zu Wohnungen, bei
denen der Kostenmietzuschlag während der Dauer der Preisbindung nicht er-
hoben wurde.
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Die Miethöhe bleibt in allen Fällen zunächst unverändert. Der Unter-
schied zwischen Mietverhältnissen mit und solche ohne Kostenmietzuschlag
besteht bei Wegfall der Preisbindung nur darin, dass im letzteren Fall eine hö-
here Differenz zur ortsüblichen Vergleichsmiete besteht, so dass der Vermieter
eine Anhebung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete mit Rücksicht auf
die Sperrfrist und die Kappungsgrenze möglicherweise nicht alsbald nach dem
Wegfall der Preisbindung realisieren kann. Dies ist aber eine notwendige Folge
der für den (berechtigten) Sozialmieter besonders günstigen Miete. Die von der
Revision vertretene Auffassung würde dazu führen, dass sich die Miete für ei-
nen nicht zum berechtigten Personenkreis gehörenden Mieter mit dem Wegfall
der Preisbindung vermindern und auf ein regelmäßig deutlich unter der ortsübli-
chen Vergleichsmiete liegendes Niveau sinken würde. Für eine derartige Be-
nachteiligung des Vermieters gibt es keinen Grund. Nach der Entlassung einer
Wohnung aus der Preisbindung darf der Vermieter - im Rahmen des § 558
BGB - die Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete heranführen; ein Wegfall
eines vom Mieter während der Dauer der Preisbindung geschuldeten Zuschlags
würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass an die Stelle der öffentlichen För-
derung einer Wohnung nunmehr zunächst deren Subventionierung durch den
Vermieter selbst tritt (vgl. OLG Hamm, aaO, 334).
d) Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kostenmietzuschlag
auch nicht deshalb unberücksichtigt zu bleiben, weil er schon während der
Preisbindung zu Unrecht erhoben worden wäre. Die zeitgleiche Entrichtung der
Fehlbelegungsabgabe an die Oberfinanzdirektion stand der Erhebung eines
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Kostenmietzuschlags nicht entgegen, denn beide Instrumente haben unter-
schiedliche Voraussetzungen und dienen unterschiedlichen Zwecken.
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Der an den Vermieter gemäß § 26 Abs. 4 NMV entrichtete Kostenzu-
schlag trägt dem Umstand Rechnung, dass dieser für Wohnungen, die er nicht
an einen Mieter aus dem berechtigten Personenkreis (hier: Bundesbedienstete)
vermietet, eine geringere Subvention erhält und ihm deshalb höhere Kosten
entstehen. Bei der Fehlbelegungsabgabe handelt es sich hingegen nicht um
eine Mietzahlung an den Vermieter, sondern um eine Leistung des Mieters an
die öffentliche Hand ("Abschöpfungsabgabe", vgl. BVerfG, NJW 1988, 2529).
Sie dient dem Zweck, die nicht gerechtfertigte ("fehlgeleitete") Subventionierung
(teilweise) abzuschöpfen, die eintritt, wenn die Kostenmiete (einschließlich et-
waiger Zuschläge) für eine Wohnung deutlich unter der ortsüblichen Ver-
gleichsmiete liegt, der Mieter dieser Wohnung aber nicht oder nicht mehr zu
dem begünstigten Personenkreis für eine Sozialwohnung gehört.
d) Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass auch die
Regelung des § 558 Abs. 4 Satz 1 BGB gegen einen "automatischen" Wegfall
des Mietzuschlags nach § 26 Abs. 4 NMV zum Ende der Preisbindung spricht.
§ 558 Abs. 4 Satz 1 BGB trifft hinsichtlich der Kappungsgrenze eine besondere
Regelung für den Fall, dass eine Verpflichtung des Mieters zur Zahlung einer
Ausgleichszahlung nach den Vorschriften über den Abbau der Fehlsubventio-
nierung im Wohnungswesen wegen Wegfalls der öffentlichen Bindung erlo-
schen ist. In diesem Fall gilt die Kappungsgrenze nicht, soweit eine vom Ver-
mieter geltend gemachte Mieterhöhung den Betrag der zuletzt entrichteten
Ausgleichszahlung nicht übersteigt. Mit dieser Regelung soll erreicht werden,
dass die Belastung des Mieters mit Wohnkosten nicht wegen der Kappungs-
grenze am Ende der Mietpreisbindung sinkt, obwohl eine Miete in Höhe der
ortsüblichen Vergleichsmiete für den Mieter wirtschaftlich keine höhere Belas-
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tung bedeutet als er vorher für Miete und Fehlbelegungsabgabe aufzubringen
hatte (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558 BGB Rdnr. 183
m.w.N.).
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Bezüglich des Mietzuschlags, um den die Parteien hier ausschließlich
streiten, bedarf es keiner Ausnahme von der Kappungsgrenze, weil er als Teil
der Kostenmiete bei Wegfall der Preisbindung in die nunmehr geschuldete
"Marktmiete" einfließt. Eine Benachteiligung des Mieters ist damit nicht verbun-
den, weil sich die Höhe der Miete nicht ändert und die Kostenmiete ohnehin
regelmäßig deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Zutreffend hat
das Berufungsgericht insoweit darauf abgestellt, dass die insgesamt zu zahlen-
de Kostenmiete mit Rücksicht auf die Regelung in § 5 (2) des Fördervertrags
auch bei Erhebung eines Zuschlags zur Einzelmiete die Marktmiete regelmäßig
nicht übersteigt. Ein Wegfall des Kostenmietzuschlags bei Beendigung der öf-
fentlichen Bindung würde demgegenüber - wie bereits dargelegt - zu einer dem
Vermieter nicht zumutbaren und durch berechtigte Mieterinteressen nicht gebo-
tenen Absenkung der Miete anlässlich des Wegfalls der öffentlichen Bindung
führen.
3. Soweit die Revision sich gegen erhöhte Betriebskostenvorauszahlun-
gen für die Zeit ab Juni 2007 wendet, hat sie für die Monate Juni bis Dezember
2007 Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
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a) Der für den Zeitraum März bis Dezember 2007 noch im Streit befindli-
che Betrag erhöhter Betriebskostenvorauszahlungen (insgesamt 253,26 €)
steht der Klägerin schon deshalb nicht mehr zu, weil die Jahresfrist für die Ab-
rechnung der Betriebskosten für das Abrechnungsjahr 2007 vor dem Schluss
der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht abgelaufen ist. Vom
Zeitpunkt der Abrechnungsreife an kann der Vermieter einen Anspruch auf Vor-
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auszahlungen aber nicht mehr geltend machen (vgl. Senatsurteil vom 27. No-
vember 2002 - VIII ZR 108/02, NZM 2003, 196, unter III 2; OLG Hamburg, WuM
1989, 150). Er kann nur noch die sich aus der Abrechnung ergebenden Beträge
verlangen und die Klage gemäß § 264 Nr. 3 ZPO entsprechend umstellen (OLG
Düsseldorf, ZMR 2001, 882, 884 f.; Langenberg, Betriebskostenrecht der
Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Aufl., G IV. Rdnr. 93; Blank/Börstinghaus,
Miete, 3. Aufl., § 556 Rdnr. 201).
b) Hingegen war für die Betriebskosten des Abrechnungsjahres 2008 die
Abrechnungsfrist bis zum Schluss der Berufungsverhandlung (7. August 2009)
noch nicht abgelaufen, so dass die Klägerin nicht an der weiteren Geltendma-
chung von Vorauszahlungen gehindert war. Die insoweit noch im Streit befindli-
chen Erhöhungsbeträge für die Monate Januar bis April 2008 standen der Klä-
gerin ungeachtet der verspäteten Abrechnung für das Jahr 2005 zu.
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aa) Gemäß § 560 Abs. 4 BGB kann jede Vertragspartei nach einer Ab-
rechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene
Höhe vornehmen. Dies hat die Klägerin getan, indem sie mit der Abrechnung
für das Jahr 2005 die monatlichen Vorauszahlungen entsprechend erhöht hat.
Entgegen der Auffassung der Revision steht dieser Anpassung der Vorauszah-
lungen nicht entgegen, dass die Klägerin die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3
Satz 2 BGB für den Abrechnungszeitraum 2005 nicht eingehalten hat und des-
halb mit der Geltendmachung einer Nachforderung von Betriebskosten für das
betreffende Abrechnungsjahr ausgeschlossen ist (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB).
Zwar wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur teil-
weise die Auffassung vertreten, eine Anpassung der Vorauszahlungen durch
den Vermieter nach § 560 Abs. 4 BGB setze voraus, dass die vorangegangene
Abrechnung zu einer Nachforderung des Vermieters geführt habe, woran es bei
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einer verspäteten Abrechnung des Vermieters fehle (LG Berlin, NZM 2004, 339;
Staudinger/Weitemeyer, BGB (2006), § 560 Rdnr. 47).
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Das Gesetz sieht jedoch über den Nachforderungsausschluss für den
verspätet abgerechneten Zeitraum hinaus keine Sanktion für die verspätete Ab-
rechnung vor. Der Vorzug gebührt daher der Gegenmeinung, die eine Anpas-
sung der Vorauszahlungen gemäß § 560 Abs. 4 BGB auch nach verspäteter
Abrechnung für zulässig hält (MünchKommBGB/Schmid, BGB, 5. Aufl., § 560
Rdnr. 30; Langenberg, aaO, E II Rdnr. 21; Derckx, NZM 2004, 321, 324 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision ist dem Vermieter die Anpassung der
Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB auch nicht deshalb verwehrt, weil im
Hinblick auf die nicht fristgerecht erstellte Abrechnung zu besorgen sei, dass er
auch künftige Abrechnungen verspätet erstellen werde. Der Mieter ist gegen
Nachteile, die ihm durch eine verspätete Abrechnung des Vermieters entstehen
können, durch den Ausschluss von Nachforderungen (§ 556 Abs. 3 Satz 3
BGB) und das Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Betriebskostenvoraus-
zahlungen (vgl. dazu Senatsurteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05, NZM
2006, 533, Tz. 13) hinreichend geschützt. Die Anpassung der Vorauszahlungen
an die jeweils letzte Betriebskostenabrechnung stellt sicher, dass die Voraus-
zahlungen - im Interesse beider Vertragsparteien - den voraussichtlich tatsäch-
lich entstehenden Kosten möglichst nahe kommen. Für eine Ausnahme bei
nicht fristgerechter Abrechnung besteht kein Anlass.
bb) Auf die von der Revision gegen die inhaltliche Richtigkeit der Ab-
rechnung für das Jahr 2005 erhobenen Einwendungen kommt es nicht an. Für
eine Anpassung der Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB genügt eine for-
mell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung (Senatsurteil vom 28. No-
vember 2007 - VIII ZR 145/07, NZM 2008, 121, Tz. 15, 18).
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III.
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Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es der Klägerin
für Juni bis Dezember 2007 erhöhte Vorauszahlungen (insgesamt 253,12 €)
zugesprochen hat. Die Sache ist insoweit nicht zur Endentscheidung reif, weil
der Klägerin Gelegenheit zu geben ist, die Abrechnung für das Jahr 2007 vorzu-
legen und die Klage entsprechend umzustellen (vgl. Senatsurteil vom 19. No-
vember 2008 - VIII ZR 295/07, NZM 2009, 78, Tz. 34). Im Umfang der Aufhe-
bung ist die Sache daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Be-
rufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das weiterge-
hende Rechtsmittel ist bezüglich der Aufrechnung als unzulässig zu verwerfen
und im Übrigen zurückzuweisen.
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 22.01.2009 - 558 C 10992/08 -
LG Hannover, Entscheidung vom 27.08.2009 - 8 S 14/09 -