Urteil des BGH vom 17.03.2011

BGH: wechsel, anfechtung, verbindlichkeit, unternehmen, streitverkündung, zeugenaussage, anfechtbarkeit

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 150/10
vom
17. März 2011
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 17. März 2011
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil
des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. August
2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 78.750 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
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1. Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG sind nicht gegeben.
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a) Soweit das Berufungsgericht eine Übertragung der Wechsel von der
Schuldnerin auf die Beklagte nicht festgestellt hat, scheidet eine Gehörsverlet-
zung aus.
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Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen und An-
träge der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu zie-
hen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrages in
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den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96,
205, 216 f; BGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 - IX ZR 165/09, Rn. 3). Das Beru-
fungsgericht hat mit Rücksicht auf die von ihm im Ergebnis getroffene Beweis-
lastentscheidung die als übergangen gerügte - ihrem Inhalt nach nicht eindeuti-
ge - Zeugenaussage ersichtlich zur Kenntnis genommen. Soweit es seine wei-
tere rechtliche Würdigung auf den urkundlichen Inhalt der mit Blankoindossa-
menten (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 WG) versehenen Wechsel stützt, ist der Schutz-
bereich des Art. 103 Abs. 1 GG nicht berührt.
b) Auch im Blick auf eine etwaige Anfechtung aus § 145 Abs. 2 Nr. 1
InsO beruft sich der Kläger zu Unrecht auf Art. 103 Abs. 1 GG.
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Der maßgebliche Schriftsatz brauchte schon deshalb nicht berücksichtigt
zu werden, weil er erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht
wurde und nicht den vorliegenden Rechtsstreit, sondern eine Streitverkündung
zum Gegenstand hatte. Davon abgesehen lässt der Schriftsatz eine substanti-
ierte Darlegung vermissen, dass der Beklagten die Umstände bekannt waren,
die eine Anfechtung des Erwerbs gegenüber der A. KG begrün-
den.
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2. Soweit die Beschwerde die Grundsätze der Anfechtbarkeit von Dritt-
zahlungen auf wertlose Forderungen auch für Fälle befürwortet, in denen es
sich um einen von dem Schuldner ausgehenden, für den Zuwendungsempfän-
ger erkennbar einheitlichen Zahlungsvorgang unter bloß formaler Einschaltung
eines Dritten handelt, liegt ebenfalls ein Zulassungsgrund nicht vor.
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Einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht nicht zugrunde ge-
legt. Nach seinen Feststellungen war der Beklagten lediglich die A.
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KG als Unternehmen bekannt. Deshalb bestand für die Beklagte kein An-
haltspunkt dafür, dass tatsächlich Mittel der Schuldnerin über die A.
KG als bloße Durchgangsstation an sie gelangt waren. Aus dem Umstand,
dass die Wechsel ursprünglich auf die Schuldnerin lauteten, musste die Beklag-
te nicht schließen, dass die Wechsel unmittelbar aus deren Vermögen herrühr-
ten. Vielmehr bestand die Möglichkeit, dass die Schuldnerin die Wechsel zur
Begleichung einer Verbindlichkeit gegenüber der A. KG eingesetzt hat-
te.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann
Fischer
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 20.10.2009 - 17 O 38/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 05.08.2010 - I-27 U 201/09 -