Urteil des BGH vom 20.05.2010

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5 StR 138/10
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 20. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen leichtfertigen Subventionsbetruges
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2010
beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Chemnitz vom 24. November 2009 nach § 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgeho-
ben, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmit-
tel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
G r ü n d e
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Das Landgericht hat die Angeklagten wegen leichtfertigen Subventi-
onsbetruges in zwei Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten W. hat
es eine Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen, gegen den Angeklagten
K. eine solche von 75 Tagessätzen verhängt. Die hiergegen gerichteten
Revisionen der Angeklagten führen mit der Sachrüge zur Aufhebung des an-
gefochtenen Urteils.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten
Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der d.
GmbH sowie der F. GmbH. Beide Gesellschaften waren im Bereich Druck-
technik tätig. Durch das Elbe-Hochwasser im Jahre 2002 sind bei beiden Un-
ternehmen, die in Langenstriegis und in Dresden ansässig sind, Schäden
entstanden. Hierfür beantragten die Angeklagten Zuwendungen aus dem
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Sonderprogramm „Hochwasser“, die ihnen für beide Unternehmen auch ge-
währt wurden. In dem Subventionsverfahren bezüglich der F. gaben die
Angeklagten an, dass die Rollenoffsetdruckmaschine WEB 52, die tatsäch-
lich im Eigentum der d. stand, der F. gehöre. Weiterhin teilten sie in Be-
zug auf die d. der Subventionsbehörde nicht mit, dass sie einen Gabelstap-
ler nicht (wie ursprünglich in ihrem Auftrag vorgesehen) ersetzt, sondern re-
pariert hatten, wodurch sich die angesetzten Kosten von ursprünglich
30.000 € auf 9.000 € verringerten. Eine diesbezügliche Mitteilung erfolgte
allerdings im Subventionsverfahren bezüglich der F. .
Das Landgericht hat beide Handlungen jeweils als leichtfertigen Sub-
ventionsbetrug gewertet. Die Eigentümerstellung sei ebenso eine subventi-
onserhebliche Tatsache im Sinne des § 264 Abs. 8 StGB wie die spätere
Reparatur des Gabelstaplers, die nicht im Subventionsverfahren bezüglich
der d. nachträglich gemeldet worden sei.
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II.
Diese Begründung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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1. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der objektive Tatbestand
des § 264 StGB auch dann erfüllt ist, wenn der Subventionsempfänger die
subventionserheblichen Tatsachen dem Subventionsgeber zwar mitteilt, je-
doch unter Bezugnahme auf ein anderes Subventionsverfahren. Dies ist je-
denfalls in den Fällen zweifelhaft, in denen davon ausgegangen werden
kann, dass der Subventionsgeber die Mitteilung ohne weiteres zuzuordnen
vermag.
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Gleichfalls keiner Entscheidung bedarf es hier, ob bei der gegebenen
Sachlage die Eigentumsverhältnisse an der Rollenoffsetdruckmaschine
WEB 52 subventionserheblich im Sinne des § 264 Abs. 8 StGB waren, zumal
– zumindest soweit es sich aus den Feststellungen ergibt – beide Gesell-
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schaften über dieselbe Gesellschafterstruktur verfügten und der Gegenstand
auch von der F. genutzt wurde. Angesichts dessen kann für die Subventi-
onserheblichkeit von Bedeutung sein, ob die falsche Zuordnung möglicher-
weise in einem Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der
beiden Gesellschaften stehen könnte. Dies wäre der Fall, falls ein erkennba-
res Interesse an der hierdurch im Ergebnis bewirkten Vermögensverschie-
bung vorliegen könnte.
2. Das Landgericht hat jedenfalls die Leichtfertigkeit im Sinne des
§ 264 Abs. 4 StGB nicht ausreichend dargetan. Leichtfertigkeit ist enger als
die bloße Fahrlässigkeit und von der Rechtsprechung bislang als vorsatzna-
he Schuldform verstanden worden, die eine besondere Gleichgültigkeit oder
grobe Unachtsamkeit voraussetzt (BGHSt 43, 158, 167 m.w.N.). Worin hier
das Landgericht dieses erhöhte Maß an Fahrlässigkeit sieht, wird aus den
Urteilsgründen nicht deutlich und versteht sich auch im Blick auf den vom
Landgericht zugrunde gelegten Sachverhalt nicht von selbst.
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Ein erhöhtes Maß der Fahrlässigkeit ist den bislang getroffenen Fest-
stellungen nicht zu entnehmen. Dies gilt im besonderen Maße im Hinblick auf
den Angeklagten K. . Dieser war nach den Urteilsgründen für die Außen-
beziehungen, insbesondere für die Kundenbeziehungen zuständig. Entgegen
der Auffassung des Landgerichts war er als der nach der internen Aufgaben-
verteilung jedenfalls nicht primär Zuständige nicht verpflichtet, die Anträge
seines Mitgeschäftsführers und Mitgesellschafters, des Angeklagten W.
, inhaltlich zu überprüfen. Er konnte grundsätzlich auf dessen Handeln
vertrauen. Dies gilt jedenfalls solange, als sich für den ressortmäßig nicht
zuständigen Organwalter keine Anhaltspunkte für Zweifel oder Unstimmigkei-
ten ergeben (vgl. BGHSt 46, 30, 35; Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch
des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 3. Aufl. S. 205 ff.). Dass diese Vor-
aussetzungen hier gegeben sein könnten, ist gleichfalls nicht erkennbar.
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III.
Dieser Fehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Von einer Aufrechterhal-
tung von Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sieht der Senat ab, weil
insoweit Wechselbeziehungen zur inneren Tatseite denkbar sind. Da nicht
gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass sich noch Feststellungen treffen
lassen, die eine Verurteilung der Angeklagten rechtfertigen könnten, hat der
Senat nicht selbst auf einen Freispruch der Angeklagten durcherkannt. Es
bietet sich jedoch im vorliegenden Fall an, nach §§ 153, 153a StPO zu ver-
fahren.
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VRiBGH Basdorf ist im
Urlaub und deshalb an der
Unterschrift verhindert
Raum
Raum Schaal
König Bellay