Urteil des BGH vom 24.10.2012

BGH: telefonüberwachung, gesamtstrafe, reiter, gefährdung, strafmilderungsgrund, besitz, amphetamin, kokain, anhörung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 377/12
vom
24. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 24. Oktober 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Münster vom 29. Juni 2012 im Strafausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen, davon in einem Fall in nicht gerin-
ger Menge, und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Gegen die-
ses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf den Rechtsfolgenaus-
spruch beschränkten Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts
rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
In den Fällen 1 bis 11 der Urteilsgründe fehlen Feststellungen zum Wirk-
stoffgehalt des gehandelten bzw. im Besitz des Angeklagten aufgefundenen
Marihuanas. Ohne diese Angabe vermag das Revisionsgericht nicht zu prüfen,
inwieweit die Einzelstrafen rechtsfehlerfrei bemessen sind, da die Wirkstoff-
menge einen wesentlichen Umstand für die Beurteilung der Schwere der Tat
und die Bestimmung des Schuldumfangs darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom
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22. Oktober 2002
– 4 StR 345/02 – und vom 27. April 2004 – 3 StR 116/04, StV
2004, 602).
In den Fällen 12 und 13 der Urteilsgründe rügt die Revision zu Recht,
dass das Landgericht den Umstand, dass das Amphetamin und das Kokain
sichergestellt worden sind, nicht strafmildernd berücksichtigt hat. Zwar braucht
der Tatrichter im Urteil nur diejenigen Umstände anzuführen, die für die Bemes-
sung der Strafe bestimmend gewesen sind (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Es stellt
aber grundsätzlich einen gewichtigen und deshalb erörterungsbedürftigen
Strafmilderungsgrund dar, wenn die Betäubungsmittel sichergestellt werden
und es deshalb nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen
kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. März 2006
– 4 StR 42/06, NStZ-RR 2006,
220, und vom 7. Februar 2012
– 4 StR 653/11, NStZ-RR 2012, 153). Im Fall 12
der Urteilsgründe kommt hinzu, dass der Drogenversand den Ermittlungsbe-
hörden aus der Telefonüberwachung bekannt war.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die an sich nicht unangemes-
senen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auf diesen Rechtsfehlern beruhen.
Mutzbauer
Roggenbuck
Franke
Quentin
Reiter
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