Urteil des BGH vom 25.04.2007, XII ZB 10/07
Leitsatzentscheidung
- Entschieden
- 25.04.2007
- Schlagworte
- Rechtliches gehör, Antragsteller, Auskunft, Höhe, Stichtag, Zpo, Beschwer, Sicherung, Aufwand, Verletzung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 10/07
vom
25. April 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 574 Abs. 2; BGB § 1379 Abs. 1
Zur Höhe der Beschwer durch eine Verurteilung zur Auskunft im Rahmen des
Zugewinnausgleichs.
BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 10/07 - OLG München AG München
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats
- Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 2. Januar
2007 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 500 €
Gründe:
Die Parteien streiten im Scheidungsverbund unter anderem um den Zugewinnausgleich. 1
2Durch Teilurteil des Amtsgerichts vom 3. November 2006 wurde der Antragsteller unter Abweisung des weiter gehenden Auskunftsantrags verurteilt,
"1. … der Antragsgegnerin ein vollständiges und nach Aktiva und Passiva geordnetes Endvermögensverzeichnis per 21.04.2004 vorzulegen und hierbei insbesondere die Fa. R. D. GmbH betreffend
a. die Bankkontostände, einzeln aufgeführt und nach Aktiva und Passiva geordnet,
b. die Höhe der Forderungsbestände,
c. die Höhe der Verbindlichkeitsstände aus Lieferungen und Leistungen und der Bank gegenüber,
d. die Anlagepositionen betreffend höherwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, soweit sie nicht im Jahresabschluss 2003 enthalten sind,
zu verauskunften."
3Gegen dieses Urteil hat der Antragsteller rechtzeitig Berufung eingelegt
und diese begründet. Das Oberlandesgericht hat die Beschwer des Antragstellers mit Beschluss vom 8. Dezember 2006 auf 500 € festgesetzt. Die Gegenvorstellung des Antragstellers hat es mit Beschluss vom 14. Dezember 2006
zurückgewiesen. Die Berufung des Antragstellers hat das Oberlandesgericht
mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen, weil seine Beschwer 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Dagegen richtet sich
die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 4
Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil es an einem Zulassungsgrund nach § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Rechtsbeschwerde auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) geboten.
51. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist zunächst in Fällen der Divergenz gegeben, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen
Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein- und diesel-
be Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGHZ 154, 288, 292 f.).
Solches hat die Rechtsbeschwerde weder substantiiert darzulegen vermocht
(vgl. BGHZ 152, 7, 8 f.), noch ist dies sonst offenkundig (BGH, Beschluss vom
18. März 2004 - V ZR 222/03 - FamRZ 2004, 947, 948).
62. Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsbeschwerde ferner dann zulässig, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen sind, die die Wiederholung
durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten
lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler
von symptomatischer Bedeutung handeln (BGHZ 152, 182, 187). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des
Berufungsgerichts, gemessen an der höchstrichterlichen Rechtsprechung, fehlerhaft ergangen ist (BGHZ 154, 288, 293). Ein schwerer, das Vertrauen der
Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts
gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deswegen von Verfassungs wegen
der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbeschwerde zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, wenn die angefochtene
Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner
Ausprägung als Willkürverbot (Artikel 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung
der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere des An-
spruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Artikel 103 Abs. 1 GG) - beruht
(BGHZ 154, 288, 296). Auch solches ist hier aber nicht der Fall:
7a) Das Berufungsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, wonach für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist,
die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen (vgl.
insoweit Senatsbeschluss BGHZ 164, 63, 66 ff.) - auf den Aufwand an Zeit und
Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104;
BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.). Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen
Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 -
FamRZ 2002, 666, 667).
b) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats verstößt die 8
angefochtene Entscheidung entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
nicht gegen das Willkürverbot.
9Das Berufungsgericht ist zu Recht von der Verpflichtung des Antragstellers aus dem angefochtenen Urteil ausgegangen und hat berücksichtigt, dass
nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers die Auskünfte nach Ziffer 1 a) und
1 d) des Teilurteils, nämlich die Mitteilung der Aktiva und Passiva der Bankkontostände sowie der im Jahresabschluss 2003 nicht enthaltenen höherwertigen
Wirtschaftsgüter, keine besonderen Schwierigkeiten bereiten. Dagegen wendet
sich auch die Rechtsbeschwerde nicht.
Daneben schuldet der Antragsteller nach dem Inhalt des angefochtenen 10
Teilurteils lediglich Aufstellungen der Forderungsbestände der R. D.
GmbH und deren Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie
der Bank gegenüber, jeweils zum Stichtag am 21. April 2004. Insoweit hat das
Berufungsgericht berücksichtigt, dass bereits ein Vermögensverzeichnis zum
31. Dezember 2003 vorliegt und der Antragsteller deswegen lediglich die Entwicklung seit diesem Zeitpunkt berücksichtigen muss. Hinzu kommt, dass nach
dem eigenen Vortrag des Antragstellers die Bestände von Forderungen und
Verbindlichkeiten im Rahmen der Buchhaltung regelmäßig zum Monatsende
ermittelt werden. Um die geschuldete Auskunft zum Stichtag erteilen zu können, muss der Antragsteller deswegen lediglich die Entwicklung von Ende März
bis Ende April 2004 überprüfen und diese dem Stichtag zuordnen. Mehr schuldet der Antragsteller auf der Grundlage des angefochtenen Urteils nicht. Wenn
das Berufungsgericht auf dieser Grundlage von einem Aufwand an Zeit und
Kosten in Höhe von insgesamt 500 € ausgegangen ist, liegt darin weder ein
Verstoß gegen die Rechtsprechung des Senats noch gegen das Willkürverbot.
11c) Das Berufungsgericht hat auch den Vortrag des Antragstellers zur Höhe der von ihm behaupteten Beschwer nicht übergangen. Es hat insbesondere
zu dem diesbezüglichen Inhalt der Berufungsbegründung, der Gegenvorstellung gegen die Wertfestsetzung mit Beschluss vom 8. Dezember 2006 und damit inhaltlich auch zu den Einwendungen aus dem Schriftsatz vom 27. Dezember 2006 Stellung genommen. Im Gegensatz zur Auffassung der Rechtsbeschwerde geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der Antragsteller für seine nach Ziffer 1 b) und c) des Teilurteils geschuldete Auskunft auf die
fortlaufende Buchführung zurückgreifen kann und deswegen die zusätzlich geschuldete Stichtagsauskunft lediglich einen Aufwand von maximal vier Stunden
verursacht.
Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf die Stellungnahmen seines 12
Steuerberaters der Auffassung ist, dass eine genaue Abgrenzung der Forderungen und Verbindlichkeiten zum Stichtag am 21. April 2004 nicht mehr rekonstruierbar und somit unmöglich sei, würde dies den Wert der Beschwer auch
nicht erhöhen. Er muss nämlich lediglich die den Forderungen und Verbindlichkeiten zugrunde liegenden Tatsachen zum Stichtag mitteilen. Eine rechtliche
Bewertung, ob auf dieser Grundlage schon eine für den Zugewinnausgleich
relevante Forderung entstanden ist, schuldet er hingegen nicht.
Weil das Beschwerdegericht sich ausdrücklich mit den Einwendungen 13
des Antragstellers gegen den geschätzten Aufwand für die geschuldete Auskunft auseinandergesetzt hat, liegt jedenfalls kein Verstoß gegen den Anspruch
auf rechtliches Gehör vor, der zu einer Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führen könnte.
Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose
Vorinstanzen: AG München, Entscheidung vom 03.11.2006 - 533 F 2925/04 - OLG München, Entscheidung vom 02.01.2007 - 2 UF 1740/06 -