Urteil des BGH vom 03.02.2009

BGH (gvg, zpo, arbeitsgericht, bindungswirkung, report, sache, vorinstanz, gerichtshof, annahme, rechtspflege)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
Xa ARZ 7/09
vom
3. Februar 2009
in dem Rechtsstreit
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Der Xa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2009 durch
die Richter Prof. Dr. Meier-Beck, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
die Richter Dr. Lemke und Asendorf
beschlossen:
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Gründe:
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I. Der Kläger macht vor dem Arbeitsgericht Zahlungsansprüche aus ei-
ner Tätigkeit in einer Gaststätte geltend. Der Beklagte hat die Zulässigkeit des
beschrittenen Rechtswegs gerügt. Das Arbeitsgericht hat daraufhin den
Rechtsstreit gemäß § 17a GVG an das Amtsgericht Frankfurt am Main verwie-
sen; gegen seine Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht eingelegt worden.
Das Amtsgericht hat sich für unzuständig erklärt, weil der Rechtsweg zum Zi-
vilgericht nicht gegeben sei, und das Verfahren dem Bundesgerichtshof zur
Bestimmung des Rechtswegs vorgelegt.
II. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts
in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind nicht gegeben.
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1. Für Entscheidungen über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechts-
wegs trifft § 17a GVG eine eigenständige Regelung, die einen Streit zwischen
Gerichten verschiedener Rechtswege von vornherein ausschließen soll (BGH,
Beschl. v. 11.11.2003 - X ARZ 197/03, BGH-Report 2004, 328; v. 9.4.2002
- X ARZ 24/02, NJW 2002, 2474; v. 12.3.2002 - X ARZ 314/01, BGH-Report
2002, 749; v. 13.11.2001 - X ARZ 266/01, WM 2002, 406). Wenn das angeru-
fene Gericht den zu ihm führenden Rechtsweg für unzulässig hält, hat es dies
auszusprechen und den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des
zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Außerdem sieht das Gesetz vor, dass
die Entscheidung auf ihre Richtigkeit hin in einem Instanzenzug überprüft wer-
den kann, denn anders als die Verweisung wegen örtlicher und sachlicher Un-
zuständigkeit (§ 281 ZPO) unterliegt der nach § 17a Abs. 2 GVG ergehende
Verweisungsbeschluss der sofortigen Beschwerde (§ 17a Abs. 4 GVG). Hier-
aus kann abgeleitet werden, dass ein nach § 17a Abs. 2 GVG ergangener Be-
schluss, sobald er rechtskräftig geworden ist, einer weiteren Überprüfung ent-
zogen ist. Die Regelung in § 17a Abs. 5 GVG bestätigt dies. Angesichts dieser
Rechtslage besteht die Bindungswirkung nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG auch
bei gesetzwidrigen Verweisungen (BGHZ 144, 21, 24).
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Wenn ein Gericht nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG rechtskräftig ausge-
sprochen hat, dass der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, bedarf
es deshalb einer Bestimmung durch ein übergeordnetes Gericht nicht mehr.
Dem trägt § 36 ZPO Rechnung, der eine Bestimmung durch ein Obergericht
oder einen obersten Gerichtshof im Fall eines Streits zwischen Gerichten un-
terschiedlicher Rechtswege über die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht vor-
sieht (BGH, Beschl. v. 13.11.2001, aaO; v. 12.3.2002, aaO).
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Auch der Streit zwischen dem Arbeitsgericht und dem Amtsgericht
Frankfurt am Main ist hiermit entschieden. Das Amtsgericht Frankfurt am Main
ist das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, weil der Rechtsstreit
durch den unanfechtbaren Beschluss des Arbeitsgerichts mit der sich aus
§ 17b Abs. 1 GVG ergebenden Folge verwiesen worden ist, dass der Rechts-
streit nunmehr beim Amtsgericht Frankfurt am Main anhängig ist.
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2. Die Vorlage gibt keine Veranlassung, in entsprechender Anwendung
des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ausnahmsweise einen Ausspruch zur Rechtsweg-
zuständigkeit vorzunehmen, weil dies zur Wahrung einer funktionierenden
Rechtspflege und der Rechtssicherheit notwendig ist. Zwar ist ein solcher Aus-
spruch zu der sich aus § 17a GVG ergebenden Rechtswegzuständigkeit mög-
lich, wenn es innerhalb eines Verfahrens zu Zweifeln über die Bindungswirkung
von rechtskräftigen Verweisungsbeschlüssen kommt und keines der in Frage
kommenden Gerichte bereit ist, die Sache zu bearbeiten (BGH, Beschl. v.
26.7.2001 - X ARZ 69/01, NJW 2001, 3631; v. 11.11.2003, aaO) oder die Ver-
fahrensweise eines Gerichts die Annahme rechtfertigt, dass der Rechtsstreit
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von diesem nicht prozessordnungsgemäß gefördert werden wird, obwohl er
gemäß § 17b Abs. 1 GVG vor ihm anhängig ist (BGH, Beschl. v. 13.11.2001
- X ARZ 266/01, WM 2002, 406, 407; v. 11.11.2003, aaO). Derartige Annah-
men finden jedoch allein in der Vorlage der Sache durch das Amtsgericht keine
hinreichende Grundlage.
Meier-Beck
Keukenschrijver
Mühlens
Lemke
Asendorf
Vorinstanz:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 19.12.2008 - 380 C 1478/08 (14) -