Urteil des BGH vom 15.01.2002

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 233/00
Verkündet am:
15. Januar 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR: ja
§ 634 Abs. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung
1. Die Verzögerung der Eröffnung oder die behördliche Androhung der Schlie-
ßung eines Geschäftslokals können Ausnahmesituationen sein, die es
rechtfertigen, davon abzusehen, den Unternehmer unter Fristsetzung zur
Beseitigung eines Mangels des Werks aufzufordern.
2. Eine vom Zuwarten auf die Mangelbeseitigung durch den Unternehmer aus-
gehende Störung ist nicht unerheblich und kann daher eine sofortige eigene
Mangelbeseitigung durch den Besteller rechtfertigen, wenn an einem Freitag
von einer Behörde die Schließung eines Geschäftsbetriebs zu Beginn der
kommenden Woche für den Fall angedroht wird, daß bis dahin der Grund für
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die von dem Geschäftsbetrieb ausgehenden Emissionen nicht beseitigt sind,
und der die Emissionen auslösende Mangel des Werks erst im Zuge der
vom Besteller am Tag der Androhung eingeleiteten Arbeiten zum Abstellen
der Emissionen zu Tage tritt.
BGH, Urteil vom 15.1.2002 - X ZR 233/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das am 8. November 2000
verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entschei-
dung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte beauftragte die Klägerin 1996 mit dem Einbau einer Klima-
und Lüftungsanlage in sein Geschäftshaus in H.. Dabei wurde vereinbart, daß
die Abluftrohre einen Durchmesser von 150 mm aufweisen sollten. Rohre die-
ses Durchmessers wurden von der Klägerin überwiegend eingebaut; lediglich
am oberen Ende der Anlage fand aus zwischen den Parteien streitigen Grün-
den ein Rohr von nur 80 mm Durchmesser Verwendung. Für die vom Beklagten
abgenommenen Leistungen rechnete die Klägerin einschließlich einiger Zu-
satzleistungen insgesamt 332.581,48 DM ab. Der Beklagte zahlte hierauf einen
Teilbetrag von 238.973,79 DM. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Zahlung
der restlichen Vergütung von 93.607,69 DM nebst Zinsen. Der Vergütungsan-
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spruch wird vom Beklagten nicht bestritten. Er verteidigt sich gegen die Klage-
forderung durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen in Höhe von
92.044,53 DM.
Der zur Aufrechnung gestellten Forderung liegt im wesentlichen folgen-
der Sachverhalt zugrunde:
In dem Haus des Beklagten wurden nach dem Einbau der Klima- und
Lüftungsanlage durch die Klägerin zunächst unter anderem eine Metzgerei und
ein Restaurant betrieben. Ab Dezember 1998 wurde nach einer Nutzungsände-
rung in den Räumen der Metzgerei ein Schnellimbiß eröffnet, dessen Abluft zu
Geruchsbelästigungen bei den Mietern des Beklagten und in der Nachbar-
schaft führte. Aus diesem Grunde ließ der Betreiber des Geschäfts noch im
Dezember 1998 Arbeiten an der Lüftungsanlage durchführen, ohne daß die
Geruchsbelästigungen abgestellt werden konnten. Am 8. Januar 1999 führte
die Polizeibehörde der Stadt H. eine Ortsbegehung durch und drohte die
Schließung des Geschäfts für den Fall an, daß die Geruchsbelästigungen nicht
bis zum 12. Januar 1999 abgestellt würden. Der Beklagte ließ daraufhin Ar-
beiten an der Anlage durchführen, in deren Verlauf unter anderem ein zusätzli-
ches Abluftrohr verlegt wurde. Im Rahmen dieser Arbeiten stellte sich heraus,
daß die Klägerin im Bereich des Dachaustritts Abluftrohre mit einem Durch-
messer von nur 80 mm eingebaut hatte.
Die Klägerin hat im wesentlichen geltend gemacht, die ihr in Auftrag ge-
gebenen Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt zu haben. Der Einbau von Ab-
luftrohren mit einem Durchmesser von 80 mm statt 150 mm im Bereich des
Dachaustritts sei auf Veranlassung des Bauleiters des Beklagten erfolgt. Die
zur Aufrechnung gestellten Forderungen beträfen keine Aufwendungen zur Be-
seitigung angeblicher Mängel ihres Werks, sondern würden aus Aufwendungen
für den Einbau eines ganz anderen, zusätzlichen Werks resultieren, das durch
die Nutzungsänderung im Haus des Beklagten erforderlich geworden sei. Sie
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habe nicht den Auftrag gehabt, eine Abluftanlage mit Filtern für eine Garküche,
sondern lediglich eine Raumabluftanlage für eine Metzgerei zu installieren.
Der Beklagte hat im wesentlichen geltend gemacht, der der Klägerin er-
teilte Auftrag habe die Erstellung einer Klima- und Lüftungsanlage zum Inhalt
gehabt, deren Abluftrohre einen Durchmesser von 150 mm aufweisen. Die Klä-
gerin habe an entscheidenden Stellen ohne Absprache mit ihm den Rohr-
durchmesser der Abluftrohre verengt, was zu den Geruchsbelästigungen im
Hause und in der Nachbarschaft geführt habe. Nachdem ihm aufgrund der Be-
gehung eine Frist zur Abstellung der Geruchsbelästigungen bis zum 12. Januar
1999 gesetzt worden sei, habe er im wesentlichen einen weiteren Abluftkanal
verlegen und die Abluftanlage für den Schnellimbiß verbessern lassen, um sei-
ne Schließung zu vermeiden. Erst bei Durchführung dieser Arbeiten sei die
Verringerung des Querschnitts der von der Klägerin verlegten Abluftrohre fest-
gestellt worden; bis dahin habe sie - weil das Rohr unter Putz verlegt gewesen
sei - nicht entdeckt werden können. Das Entstehen der Geruchsbelästigungen
sei allein auf die Querschnittsveränderungen in der von der Klägerin erstellten
Abluftanlage zurückzuführen. Deshalb habe die Klägerin die Kosten für die Be-
seitigung der durch die vertragswidrige Ausführung des Werks entstandenen
Aufwendungen zu tragen.
Das Landgericht hat der Werklohnklage im wesentlichen stattgegeben
und dazu ausgeführt, die zur Aufrechnung gestellten Beträge beträfen Kosten
für Einbauten, die nicht Gegenstand des der Klägerin erteilten Auftrags gewe-
sen seien, sondern über diesen deutlich hinausgingen. Zudem habe der Be-
klagte die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzan-
spruchs, nämlich Fristsetzung zur Mängelbeseitigung und Ablehnungsandro-
hung, nicht dargelegt. Die Berufung des Beklagten hatte im Zinspunkt teilweise
Erfolg, im übrigen hat sie das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der Revi-
sion verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Abweisung der Klage in vollem
Umfang weiter. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.
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Entscheidungsgründe :
Die zulässige Revision ist begründet.
I. Das Berufungsgericht hat den restlichen Vergütungsanspruch der Klä-
gerin für unstreitig und aus §§ 631, 632 BGB in der bis zum 31. Dezember
2001 geltenden Fassung (im Folgenden a.F.) begründet gehalten. Das läßt
einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht ange-
griffen.
II. 1. Das Berufungsgericht hat die vom Beklagten zur Aufrechnung ge-
stellten Gegenansprüche für unbegründet gehalten. Es hat dazu im wesentli-
chen ausgeführt, die geltend gemachten Kosten beträfen keine Mängelbeseiti-
gung, sondern seien für eine Umrüstung der von der Klägerin erstellten Abluft-
anlage für den Betrieb eines Imbisses aufgewendet worden. Es sei zwar un-
streitig, daß die Klägerin den Rohrdurchmesser der Abluftrohre beim Austritt
aus dem Dachgeschoß von 150 mm auf 80 mm reduziert habe und damit von
der vertraglichen Vorgabe abgewichen sei, die generell einen Rohrdurchmes-
ser von 150 mm vorgesehen habe. Soweit der Beklagte behaupte, der Durch-
messer der Rohre sei an entscheidenden Stellen zu gering dimensioniert ge-
wesen, sei dies kein ausreichend substantiierter Vortrag im Hinblick auf weitere
Engstellen. Die Rohre seien überprüft und ausgetauscht worden. Aus der Er-
klärung des Geschäftsführers der Firma R. GmbH (nachfolgend: R.) ergebe
sich nur die Reduzierung des Durchmessers im Dachgeschoß unterhalb des
Rohraustritts. Ob die Reduzierung des Durchmessers in diesem Bereich einen
Mangel der geschuldeten Anlage darstelle, die nicht für einen Imbißbetrieb,
sondern für eine Metzgerei konzipiert gewesen sei, könne dahinstehen. Es be-
dürfe auch keiner Prüfung, ob die Änderung des Rohrdurchmessers im Aus-
trittsbereich auf Anweisung der Bauleitung geschehen sei. Denn es sei unstrei-
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tig, daß die Anlage der Entfernung der Abluft aus der dort ursprünglich betrie-
benen Metzgerei gedient habe. Daß die Anlage wegen der Reduzierung des
Durchmessers dafür nicht geeignet gewesen sei, behaupte der Beklagte nicht
ausreichend konkret. Selbst wenn die Reduzierung des Rohrdurchmessers oh-
ne Veranlassung der Bauleitung erfolgt sei und einen Mangel der Abluftanlage
für die nach der ursprünglichen Planung vorgesehenen Betriebe darstellen
sollte, wäre für die Beseitigung dieses Mangels nur erforderlich gewesen, die
Rohre im betroffenen Bereich auszutauschen. Der Beklagte könne daher weder
die Erstattung von Kosten für eine Abluftanlage als Sonderanfertigung, noch
Erstattung von Kosten für Rohrverlegungs- und Kernbohrungsarbeiten, die
Herstellung von Rigipskästen in der Gaststätte, die Abnahme der neuen Ab-
luftanlage, einen neuen Entlüftungskanal mit Entlüftungsgitter sowie für Dach-
deckerarbeiten verlangen. Es sei auch nicht möglich, aus den vom Beklagten
überreichten Unterlagen die Kosten zu berechnen, die sich allein auf die Ände-
rung des Rohrdurchmessers beziehen.
2. Die dagegen erhobenen Rügen der Revision sind begründet.
a) Wie die Revision zu Recht geltend macht, ist für das Revisionsverfah-
ren davon auszugehen, daß das Werk der Klägerin nicht von der vertraglich
vereinbarten Beschaffenheit und deshalb sein Wert zu dem nach dem Vertrag
vorausgesetzten Gebrauch aufgehoben oder gemindert war (§ 633 Abs. 1 BGB
a.F.).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war Inhalt des zwischen
den Parteien geschlossenen Werkvertrages, daß die Abluftrohre der von der
Klägerin herzustellenden Anlage durchgängig einen Durchmesser von 150 mm
aufweisen sollten. Diesen Durchmesser wiesen jedenfalls die Abluftrohre im
Bereich des Dachaustritts nicht auf. Das von der Klägerin hergestellte Werk
war folglich nicht von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit. Davon ist
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das Berufungsgericht ausgegangen. Das läßt einen Rechtfehler nicht erkennen
und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
Da das Berufungsgericht keine gegenteiligen Feststellungen getroffen
hat, ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, für das Revisionsverfahren
weiter von den Behauptungen des Beklagten auszugehen, die von dem Imbiß-
betrieb ausgehenden Geruchsbelästigungen seien allein darauf zurückzufüh-
ren, daß durch die Reduzierung des Querschnitts die Abführung der Abluft
über Dach behindert worden sei, was dazu geführt habe, daß sich die Gerüche,
die von der Abluft des Imbißbetriebes ausgingen, nicht in den Luftraum über
Dach verteilt hätten, sondern auf Straßenniveau gedrückt und dort unange-
nehm spürbar geworden seien (Schriftsatz vom 2. Mai 2000, GA 153 f). Dort
war zugleich geltend gemacht, eine Anlage, die - den getroffenen Abreden ent-
sprechend - durchgängig Abluftrohre von 150 mm Durchmesser aufweist, habe
einen Betrieb des Imbisses ohne Geruchsbelästigung für die Umgebung er-
möglicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es bei diesem dem Revi-
sionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht darauf an, ob die von
ihr hergestellte Anlage bis zur Nutzungsänderung im Dezember 1998 ord-
nungsgemäß funktioniert hat. Zwar liegt nicht in jedem Fehler des vom Unter-
nehmer hergestellten Werks bereits ein Mangel im Rechtssinne, sondern nur in
einem solchen Fehler, der den Wert oder die Tauglichkeit des Werks zu dem
nach dem Vertrag vorausgesetzten, d.h. zu dem vom Besteller beabsichtigten
und dem Unternehmer bekannten, hilfsweise zu dem gewöhnlichen Gebrauch
aufhebt oder mindert (BGHZ 139, 244, 247). Das Berufungsgericht hat aber
keine Feststellungen dahingehend getroffen, daß die Klägerin nach dem Inhalt
des zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrages oder nach den bei
seinem Abschluß erkennbaren Umständen nur eine Abluftanlage zur Entlüftung
einer Metzgerei, nicht aber eines Imbisses zu konzipieren und herzustellen
hatte. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr, worauf die Revision zu-
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treffend hinweist, daß die Klägerin selbst vorgetragen hat (Schriftsatz vom
10. Dezember 1999, Seite 2, GA 101), bei Abschluß des Vertrages habe weder
sie noch der Beklagte gewußt, wofür die Anlage verwendet werden solle. Man-
gels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist daher für das Revi-
sionsverfahren davon auszugehen, daß ein bestimmter Gebrauch der Räume,
die von der von der Klägerin herzustellenden Lüftungsanlage betroffen wurden,
und damit auch der Anlage selbst weder vertraglich vereinbart noch aus den
Umständen bei Vertragsschluß zu erkennen war.
b) Bei dieser Sachlage kann im Revisionsverfahren dahingestellt blei-
ben, ob es sich bei den einzelnen Positionen des Schadensersatzbegehrens
des Beklagten um solche handelt, die sich aus der Beseitigung von Mängeln
des Werks oder aus engen oder entfernten Mangelfolgen ergeben, wozu das
Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat. Denn bei dieser Sachlage
können entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die vom Beklagten im
Wege der Aufrechnung geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus
§ 635 BGB a.F. ebenso wie mögliche in Betracht kommende Schadensersatz-
ansprüche aus positiver Vertragsverletzung nicht schon deshalb dem Grunde
nach verneint werden, weil die vom Beklagten aufgewendeten Kosten nicht der
Feststellung und Beseitigung des Mangels sowie der Wiederherstellung des
Zustands vor der Mangelbeseitigung, sondern insgesamt der Herstellung einer
anderen Abluftanlage gedient hätten, als sie von der Klägerin herzustellen war.
Gegenstand der von dem Beklagten in Auftrag gegebenen Arbeiten war
die Installation einer Anlage, mit der die allein infolge der - nach dem im Revi-
sionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt - mangelhaften Arbeiten
aufgetretenen Geruchsbelästigungen beseitigt werden sollten. Diese Arbeiten
sind danach allein durch die Mangelhaftigkeit des Werks ausgelöst worden,
beruhen auf dieser und stellen daher Arbeiten zur Beseitigung der Mangelhaf-
tigkeit und der auf ihr beruhenden Folgen dar. Insoweit rügt die Revision zu-
nächst zu Recht, daß der Beklagte vorgetragen hat, zur Behebung der Quer-
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schnittsverengung der von der Klägerin installierten Abluftrohre sei ein weite-
res Abluftrohr installiert worden. Feststellungen, daß mit der Verlegung des
weiteren Abluftrohrs dem Mangel zu eng dimensionierter Abluftrohre im Werk
der Klägerin nicht abgeholfen worden sei, hat das Berufungsgericht nicht ge-
troffen.
Die Revision beanstandet zudem zu Recht, das Berufungsgericht habe
die unter Beweisantritt des Beklagten vorgetragene Behauptung unberücksich-
tigt gelassen, die Klägerin habe eine Querschnittsverengung nicht nur im Be-
reich des Dachaustritts, sondern auch im Bereich des Durchgangs der Abluf-
trohre durch Wände vorgenommen (RB S. 5; Klageerwiderung S. 2, GA 31;
Berufungsbegründung S. 3, GA 145). Diese Behauptung ist der Sachaufklä-
rung durch Beweisaufnahme zugänglich und entgegen der Auffassung des Be-
rufungsgerichts nicht schon deshalb unsubstantiiert, weil sich der Beklagte auf
die Mängeldarstellung durch den Geschäftsführer der R. bezogen hatte. Aus
der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Darstellung des Geschäfts-
führers der R. ergibt sich lediglich, daß dieses Unternehmen die Abluftrohre im
Bereich des Dachaustritts freigelegt und in diesem Bereich die Querschnitts-
verengung festgestellt hat. Die Darstellung enthält keinen Hinweis, daß es den
Durchmesser der Abluftrohre auch in anderen Bereichen untersucht hätte. Die
Darstellung betraf mithin nur einen Teilbereich der Anlage; Feststellungen zum
Gesamtumfang der Mängel sind daraus nicht herzuleiten und es kann auch
nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte die insgesamt vorhande-
nen Mängel mit dieser Darstellung abschließend bezeichnen wollte.
Demzufolge fehlt es an tatsächlichen Feststellungen des Berufungsge-
richts, die den von ihm gezogenen Schluß zulassen, die Aufwendungen des
Beklagten hätten insgesamt nicht der Mängelbeseitigung gedient, sondern sei-
en zur Herstellung eines anderen, von der Klägerin nicht geschuldeten Werks
aufgewendet worden.
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III. Das Berufungsurteil kann auch mit der Hilfsbegründung des Beru-
fungsgerichts nicht aufrecht erhalten werden.
1. Das Berufungsgericht hat das Schadensersatzbegehren des Beklag-
ten jedenfalls deshalb für unbegründet gehalten, weil der Beklagte die Klägerin
nicht unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe. Es hat dazu
ausgeführt, die Probleme der Abluft seien dem Beklagten seit Dezember 1998
bekannt gewesen. Zudem sei nicht verständlich, warum ein Nachbesserungs-
verlagen nicht möglich gewesen sein solle, als die Stadt H. die Schließung des
Imbisses angedroht hatte. Selbst wenn die Verjüngung des Rohrdurchmessers
im Bereich des Dachaustritts erst während der Ausführung der Arbeiten durch
die R. sichtbar geworden sei, habe die Möglichkeit bestanden, die Klägerin
kurzfristig zur Beseitigung des Mangels aufzufordern. Eine Aufforderung zur
Mängelbeseitigung unter Fristsetzung sei auch nicht entbehrlich gewesen.
2. Die dagegen erhobenen Rügen der Revision sind begründet.
a) Im Ausgangpunkt geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus,
daß der Besteller wegen Mängeln des Werks Schadensersatz nach § 635 BGB
a.F. nur statt der Wandelung oder Minderung verlangen kann, das Schadens-
ersatzbegehren gemäß § 635 BGB a.F. also grundsätzlich die Fristsetzung
nach § 634 Abs. 1 BGB a.F. und den Verzug des Unternehmers mit der Besei-
tigung des Mangels voraussetzt. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen
und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
b) Dagegen kann der Auffassung des Berufungsgerichts, das Verlangen
nach Beseitigung des Mangels unter Fristsetzung sei im Streitfall nicht ent-
behrlich gewesen, nicht beigetreten werden. Wie die Revision mit Erfolg rügt,
liegen aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts die Vor-
aussetzungen vor, unter denen die sofortige Geltendmachung des Anspruchs
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auf Schadensersatz durch ein besonderes Interesse des Bestellers gemäß §
634 Abs. 2 BGB a.F. gerechtfertigt ist.
aa) Die Revision wendet sich zunächst zu Recht gegen die Annahme
des Berufungsgerichts, der Beklagte habe beim ersten Auftreten der Geruchs-
belästigungen den Mangel des Werks der Klägerin unter Fristsetzung rügen
müssen und damit den naheliegenden Weg der Mängelbeseitigung durch die
Klägerin beschreiten müssen. Nach dem dem Revisionsverfahren zugrunde zu
legenden Sachverhalt ist der Mangel des Werks der Klägerin erst während der
vom Beklagten veranlaßten Arbeiten zu Tage getreten. Er war beim ersten
Auftreten der Geruchsbelästigungen noch nicht festgestellt und dem Beklagten
daher nicht bekannt.
Das Berufungsgericht hat auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte fest-
gestellt, aus denen sich für den Beklagten der Schluß ergeben hätte oder hätte
ergeben müssen, daß die von dem Betrieb des Schnellimbisses ausgehenden
Geruchsbelästigungen auf eine Verengung des Querschnitts der Abluftrohre
zurückzuführen sein könnten. Für eine solche Annahme bestand nach dem
dem Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt kein Anlaß. Nach
Darstellung des Beklagten, zu der gegenteilige Feststellungen durch das Be-
rufungsgericht nicht getroffen worden sind, war der Querschnitt der von der
Klägerin verlegten Abluftrohre an verdeckten Stellen reduziert worden, der
Mangel demzufolge nicht sichtbar, so daß nicht davon ausgegangen werden
kann, daß sich der Mangel einem kritischen Betrachter sofort offenbart hätte.
Aus der Sicht des Beklagten fehlte demzufolge jeder Anhaltspunkt für die An-
nahme, die Geruchsbelästigungen könnten auf einen Mangel des Werks der
Klägerin zurückzuführen sein, so daß es nahe lag, den Grund der aufgetrete-
nen Probleme in dem Nutzungswechsel zu suchen und Maßnahmen zu ergrei-
fen, um eine Anlage zu erhalten, die den neuen Anforderungen gerecht wurde.
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bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aufgrund des
Ortstermins vom 8. Januar 1999 von der zuständigen Behörde die Schließung
des Imbisses zum 12. Januar 1999 angedroht worden, wenn bis dahin der
Grund für die Geruchsbelästigungen nicht beseitigt werde. Die Revision weist
in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, daß die Drohung an einem
Freitag für den kommenden Wochenbeginn ausgesprochen wurde, so daß
kurzfristig Maßnahmen ergriffen werden mußten, um eine Geschäftsschließung
zu vermeiden. Bei dieser Sachlage berücksichtigen die Erwägungen des Be-
rufungsgerichts nicht hinreichend, daß der grundsätzliche Vorrang des dem
Unternehmer eingeräumten Nachbesserungsrechts durch § 634 Abs. 2 BGB
a.F. ausnahmsweise im Interesse solcher Besteller durchbrochen wird, für die
die Beseitigung eines vom Unternehmer zu vertretenden Mangels sinnlos ge-
worden ist und die daher billigerweise nicht mehr auf die Beseitigung der vor-
handenen Mängel im Wege der Mangelbeseitigung durch den Unternehmer
verwiesen werden können.
Eine Ausnahmesituation, in der gemäß § 634 Abs. 2 BGB a.F. von dem
unter Fristsetzung gestellten Verlangen auf Mangelbeseitigung abgesehen
werden kann, liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Besteller das man-
gelfreie Werk sofort und ohne weitere Verzögerung benötigt, um es selbst zu
verwenden oder an seinen Abnehmer weiterzugeben, und wenn die mit einer
Nachbesserung verbundene Verzögerung eine nicht unerhebliche Störung dar-
stellt (SenUrt. v. 26.1.1993 - X ZR 90/91, NJW-RR 1993, 560). Eine solche das
besondere Interesse des Bestellers an der Entbehrlichkeit der Aufforderung zur
Mängelbeseitigung rechtfertigende Ausnahmesituation kann die Verzögerung
der Eröffnung eines Geschäftslokals (dazu Soergel in MünchKomm. BGB,
3. Aufl., § 634 Rdn. 19) oder die Androhung seiner Schließung sein. Die durch
Zuwarten auf die Mangelbeseitigung durch den Unternehmer ausgehende Stö-
rung ist dann nicht unerheblich, wenn - wie das Berufungsgericht festgestellt
hat - von den Behörden an einem Freitag für den Anfang der kommenden Wo-
che eine Betriebsschließung für den Fall angedroht wird, daß bis dahin die Ur-
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sache für von dem Geschäftslokal ausgehende Emissionen nicht beseitigt wird,
und der für die Emissionen ursächliche Mangel des Werks erst im Zuge der zur
Vermeidung der Emissionen an einen anderen Unternehmer vergebenen Ar-
beiten zu Tage tritt. Hinzu kommt, daß bei der Feststellung der Mängel der
Auftrag an die Drittfirma bereits erteilt und dadurch der vom Beklagten geltend
gemachte Schaden zumindest weitgehend entstanden war; er hätte durch eine
die Gefahr von unzumutbaren Verzögerungen begründende Fristsetzung ge-
genüber der Klägerin nicht mehr vermieden werden können.
IV. Die weiteren Voraussetzungen des vom Beklagten zur Aufrechnung
gestellten Schadensersatzanspruchs aus § 635 BGB a.F. liegen nach dem dem
Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt vor.
Die Klägerin hat den Mangel des Werks zu vertreten. Dies beruht auf
der von der Klägerin eigenmächtig vorgenommenen Abweichung in der Ausfüh-
rung der Abluftkanäle. Die Klägerin kann sich zur Rechtfertigung der vom Ver-
trag abweichenden Ausführung ihres Werks nicht auf eine entsprechende An-
weisung des Bauleiters des Beklagten berufen. Denn der Beklagte hat die von
der Klägerin behauptete Weisung bestritten und das Berufungsgericht hat nicht
festgestellt, daß die Weisung erteilt worden ist, sondern die Frage dahingestellt
sein lassen.
Die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprü-
che sind daher nach den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen des
Berufungsgerichts weder dem Grunde nach noch deshalb unbegründet, weil
sie vom Beklagten ohne vorherige Aufforderung der Klägerin zur Mängelbesei-
tigung unter Fristsetzung und Ablehnungsandrohung geltend gemacht worden
sind.
V. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Da dem
Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich ist, ist das Berufungs-
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urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entschei-
dung, auch über die Kosten der Revision an das Berufungsgericht zurückzu-
verweisen.
In dem erneuten Berufungsverfahren wird gegebenenfalls unter Einräu-
mung der Möglichkeit zu ergänzendem Sachvortrag u.a. zu klären sein, ob der
vom Beklagten geltend gemachte Mangel auf ein eigenmächtiges Abweichen
der Klägerin von der vereinbarten Ausführung der Abluftkanäle zurückzuführen
ist. Im Rahmen der Frage eines möglichen Mitverschuldens wird zu klären sein,
ob Möglichkeiten bestanden und der Beklagte gehalten war, Maßnahmen zur
Klärung der Ursachen der Geruchsbelästigung zu ergreifen, bevor er den auf-
wendigen Auftrag zur Errichtung einer weiteren Abluftanlage erteilte. Soweit
das Berufungsgericht darauf abgestellt hat, durch die vom Beklagten in Auftrag
gegebenen Arbeiten sei die vorhandene Anlage für eine geänderte Nutzung
umgerüstet und gegebenenfalls erweitert worden und daraus zu folgern sein
sollte, daß der Beklagte aus der Mangelbeseitigung Vorteile gezogen habe,
wird die Frage eines Vorteilsausgleichs zu klären sein.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf