Urteil des BGH vom 06.02.2008

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 66/07
vom
6. Februar 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1587 Abs. 1 Satz 2
Die niederländische AOW-Pension ist nach § 1587 Abs. 1 BGB im öffentlich-
rechtlichen Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.
BGH, Beschluss vom 6. Februar 2008 - XII ZB 66/07 - KG Berlin
AG
Berlin-Schöneberg
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2008 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats
- Senat für Familiensachen - des Kammergerichts in Berlin vom
4. April 2007 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewie-
sen.
Beschwerdewert: 2.000 €
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
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Sie hatten am 11. Oktober 1987 die Ehe geschlossen. Auf den Schei-
dungsantrag des Ehemannes, der der Ehefrau am 23. März 1999 zugestellt
worden ist, hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien durch Verbundurteil ge-
schieden (insoweit rechtskräftig) und u.a. den öffentlich-rechtlichen Versor-
gungsausgleich durchgeführt.
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In der Ehezeit (1. Oktober 1987 bis 28. Februar 1999, § 1587 Abs. 2
BGB) hat der Ehemann Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversi-
cherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) sowie weite-
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re Anwartschaften auf eine Betriebsrente bei der Versorgungsanstalt des Bun-
des und der Länder (VBL) erworben. Der Ehezeitanteil der seit dem 1. Dezem-
ber 2002 gezahlten gesetzlichen Altersrente beläuft sich auf monatlich
509,09 €, derjenige der ebenfalls seit dem 1. Dezember 2002 gezahlten Ver-
sorgungsrente bei der VBL auf monatlich 214,54 €, jeweils bezogen auf das
Ende der Ehezeit.
Die Ehefrau hat während der Ehezeit keine Anwartschaften in der deut-
schen gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Der Ehezeitanteil ihrer stati-
schen niederländischen Betriebsrente bei der "S. Pensionsfonds ABP"
(im Folgenden: ABP-Rente), der nach Aufgabe der Berufstätigkeit zum
15. September 1987 auf ein Wartegeld für die Zeit bis zum 22. Februar 1992
zurückzuführen ist, beträgt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
jährlich 750,42 € und entspricht einer volldynamischen Anwartschaft von monat-
lich 30,85 €.
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Daneben hat die Ehefrau während der Ehezeit Anwartschaften auf ein
allgemeines Altersgeld der niederländischen Volksversicherung (im Folgenden:
AOW-Pension) erworben. Deren Ehezeitanteil beläuft sich unter Berücksichti-
gung der (satzungsgemäß aufgerundeten) 12 Versicherungsjahre auf monatlich
(1.777,58 NLG x 24 % = 426,62 NLG =) 193,59 € brutto.
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Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es
vom Versicherungskonto des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversiche-
rung auf dasjenige der Ehefrau monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von
197,54 € übertragen hat. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Kammerge-
richt die Entscheidung abgeändert und im Wege des Splittings insgesamt
222,58 € monatlich übertragen. Wie das Amtsgericht hat auch das Kammerge-
richt die AOW-Pension der Ehefrau bei der Durchführung des Versorgungsaus-
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gleichs berücksichtigt. Dagegen und gegen die Berechnung des Ehezeitanteils
der Zusatzversorgung des Ehemannes wendet sich die Ehefrau mit der zuge-
lassenen Rechtsbeschwerde.
II.
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Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Kammergericht hat auf Seiten des Ehemannes neben dem Ehe-
zeitanteil der gesetzlichen Altersrente von 509,09 € einen Ehezeitanteil der Be-
triebsrente bei der VBL in Höhe von 160,52 € berücksichtigt. Weil der Ehemann
inzwischen eine Betriebsrente erhalte, sei von dieser auszugehen, die jährlich
um 1 % steige und somit im Leistungsstadium volldynamisch sei. Gleichwohl
könne der Ehezeitanteil nicht mit dem vollen Nominalwert eingestellt werden,
weil der Versorgungsfall erst am 1. Dezember 2002 und somit nach dem Ende
der Ehezeit am 28. Februar 1999 eingetreten sei. Die in der Zwischenzeit be-
stehende Anwartschaftsdynamik könne nicht unberücksichtigt bleiben. Die im
Anwartschaftsstadium statische und erst mit Leistungsbeginn nach Ende der
Ehezeit volldynamische Anwartschaft des Ehemannes sei deswegen unter Be-
rücksichtigung der Tabelle 1 der Barwertverordnung und deren Anmerkung 2 in
eine volldynamische Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversiche-
rung umzurechnen.
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Auf Seiten der Ehefrau sei neben dem Ehezeitanteil der niederländi-
schen Betriebsrente auch der Ehezeitanteil ihrer Anwartschaft auf eine AOW-
Pension bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen.
Ob dies geboten sei, werde zwar in Rechtsprechung und Literatur kontrovers
behandelt. Überwiegend werde die Einbeziehung dieser Volksrente abgelehnt,
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weil es sich um eine aus Steuermitteln gespeiste und der Höhe nach von Bei-
tragsleistungen unabhängige Grundversorgung handele, die deswegen nach
§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB vom Versorgungsausgleich ausgenommen sei. Nach
anderer Auffassung, der sich das Kammergericht angeschlossen hat, seien die
Anwartschaften auf eine AOW-Pension in den Versorgungsausgleich einzube-
ziehen. Zweifellos handele es sich bei dieser Versorgung um eine Anwartschaft
i.S. des § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB. Streitig könne allenfalls sein, ob die Anwart-
schaft mit Hilfe des Vermögens oder durch Arbeit der Ehegatten im Sinne von
§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB erworben oder aufrechterhalten sei. Diese Ausnah-
mevorschrift sei aber nur anzuwenden, wenn das gesetzgeberische Motiv die
Ausklammerung der hier streitigen Versorgung rechtfertige. Aus den Geset-
zesmaterialien ergebe sich dafür nichts, zumal danach lediglich Versorgungen
ausgenommen seien, zu denen der Erwerber eine besonders enge Beziehung
habe, insbesondere Schadensrenten sowie Versorgungen, die dem Anwart-
schaftsberechtigten geschenkt worden seien. Eine solche persönliche Bezie-
hung könne der niederländischen Volksrente ebenso wenig beigemessen wer-
den wie eine Schadensausgleichsfunktion.
Bei der AOW-Pension handele es sich auch nicht um eine (ausschließ-
lich) aus Steuermitteln finanzierte Versorgung. Vielmehr würden zu den Volks-
versicherungen Beiträge erhoben, die einen wesentlichen Bestandteil der Ab-
gaben in den ersten beiden Steuerklassen bildeten. Nur weil es sich nicht um
eine (allein) steuerfinanzierte Rente handele und die Pflichtmitgliedschaft zur
AOW der Pflichtmitgliedschaft in der deutschen gesetzlichen Rentenversiche-
rung vergleichbar sei, seien die entsprechenden Beiträge nach deutschem
Steuerrecht als Sonderausgaben absetzbar. Weil auch die deutsche Beamten-
versorgung aus Steuermitteln finanziert werde, komme ein Ausschluss der
AOW-Pension vom Versorgungsausgleich nur dann in Betracht, wenn die Ver-
sorgung auch nicht "durch Arbeit" erworben wäre. Zutreffend sei zwar, dass es
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an einem Zusammenhang zwischen der Beitragshöhe und der Höhe der späte-
ren Rente fehle und letztere allein von der Dauer der Versicherungspflicht ab-
hänge. Das treffe aber nur im Grundsatz zu. Ein (negativer) Zusammenhang
zwischen Rentenhöhe und Beitragszahlung ergebe sich schon daraus, dass
eine Kürzung der AOW-Pension in Betracht komme, wenn wegen falscher An-
gaben Beiträge pflichtwidrig nicht entrichtet wurden. Jedenfalls in Fällen, in de-
nen vorübergehend eine Beitragspflicht bestanden habe, sei es nicht gerecht-
fertigt, die AOW-Pension als eine (insgesamt) nicht auf Arbeit beruhende An-
wartschaft anzusehen.
Aber auch soweit die Rente ausschließlich auf Zeiten ohne Beitrags-
pflicht beruhe, sei es nicht gerechtfertigt, die Anwartschaft beim Versorgungs-
ausgleich außer Betracht zu lassen. Wenngleich das Solidarprinzip in der nie-
derländischen Volksversicherung weitaus stärker ausgeprägt sei als in der
deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, bemesse sich auch die Rente bei
der Deutschen Rentenversicherung nicht allein anhand gezahlter Beiträge.
Auch hier seien beitragslose Zeiten, wie Anrechnungszeiten, Zurechnungszei-
ten, Kindererziehungszeiten u.a. als rentenerhöhend zu berücksichtigen. Auch
die Anwartschaftsdynamik der Rente könne schwerlich als "durch Arbeit auf-
rechterhalten" angesehen werden. Die Tatsache, dass die niederländische Al-
tersversorgung auch beitragslose Zeiten berücksichtige, könne deswegen nicht
dazu führen, diese nach § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB unberücksichtigt zu lassen.
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Die Gegenmeinung führe zu einem eklatanten Verstoß gegen den Halb-
teilungsgrundsatz. Da die Volksversicherung als Grundversorgung konzipiert
sei, auf die andere kollektive oder private Versorgungen aufgebaut werden
könnten, bestehe nur die Notwendigkeit einer darüber hinausgehenden Versor-
gung. Würde der "AOW-Sockel" nicht in den Versorgungsausgleich einbezo-
gen, ergäbe sich ein Ungleichgewicht gegenüber einem Ehepartner, der aus
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der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung eine Rentenanwartschaft er-
worben habe, die der Summe der AOW-Pension und zusätzlicher Versor-
gungsanwartschaften des anderen Ehepartners entspreche. Der Ehezeitanteil
der AOW-Pension sei deswegen pro rata temporis (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 4 a
BGB) zu ermitteln und in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
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2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Kammergericht ist zu Recht von ehezeitlichen Versorgungsan-
wartschaften des Antragstellers in Höhe von insgesamt 669,61 € ausgegangen,
die sich in Höhe von 509,09 € aus dem Ehezeitanteil der laufenden gesetzli-
chen Altersrente und in Höhe von weiteren 160,52 € aus dem Ehezeitanteil der
laufenden Betriebsrente ergeben. Den Ehezeitanteil der Betriebsrente hat das
Kammergericht dabei zu Recht zeitratierlich aus der Startgutschrift am
31. Dezember 2001 ermittelt und sodann unter Anwendung der Tabelle 1 der
Barwertverordnung und deren Anmerkung 2 in eine volldynamische Anwart-
schaft in der gesetzlichen Rentenversicherung umgerechnet.
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aa) Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats ist das
Kammergericht bei der Ermittlung des Ehezeitanteils der Betriebsrente von der
im Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits laufenden Zusatzversorgung ausge-
gangen. Zwar dauerte die Betriebszugehörigkeit des Ehemannes bei Ende der
Ehezeit am 28. Februar 1999 noch an, denn die Betriebsrente wird erst seit
Vollendung des 65. Lebensjahres ab Dezember 2002 gezahlt. Gleichwohl sind
der inzwischen eingetretene Rentenbeginn schon im Rahmen der Erstentschei-
dung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zu berücksichtigen
und der auszugleichende Ehezeitanteil aus der tatsächlich gezahlten Rente zu
ermitteln. Denn dieser Umstand müsste zur Wahrung des Halbteilungsgrund-
satzes ohnehin im Rahmen einer späteren Abänderung nach § 10 a VAHRG
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Berücksichtigung finden. Dabei kommt es im Ausgangsverfahren nicht darauf
an, ob die Wesentlichkeitsgrenze des § 10 a Abs. 2 Nr. 1 VAHRG erfüllt ist (Se-
natsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084, 1085
m.w.N.).
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Die Umstellung der VBL-Satzung zum 1. Januar 2002 führt hier auch
nicht zu einer unzutreffend ermittelten Startgutschrift. Denn der Ehemann war
am 1. Januar 2002 bereits 64 Jahre alt und gehört deswegen zu den rentenna-
hen Jahrgängen im Sinne des § 79 Abs. 2 VBLS. Die Gründe, die den Bundes-
gerichtshof bewogen haben, die Ermittlung der Startgutschrift für rentenferne
Jahrgänge für unwirksam zu erachten (BGH Urteil vom 14. November 2007
- IV ZR 74/06 - zur Veröffentlichung bestimmt), sind auf die Anwartschaft des
Ehemannes deswegen nicht übertragbar. Das gilt insbesondere für den nach
den §§ 33 Abs. 1 Satz 1 ATV, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS i.V.m. § 18 Abs. 2
BetrAVG der Startgutschriftenberechnung zugrunde zu legenden Versorgungs-
satz von 2,25 % für jedes Jahr der Pflichtversicherung, der auf rentennahe
Jahrgänge nicht anzuwenden ist.
bb) Weil das Ende der Ehezeit (28. Februar 1999) noch vor der Sat-
zungsänderung der VBL (31. Dezember 2001) liegt, ist der Ehezeitanteil der
Betriebsrente aus der zum 1. Januar 2002 ermittelten Startgutschrift zu errech-
nen. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Ehezeitanteil deswegen insoweit
zeitratierlich aus dem Verhältnis der zusatzversorgungspflichtigen Zeit in der
Ehe zur gesamten zusatzversorgungspflichtigen Zeit bis Ende 2001 ermittelt
(Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084,
1085).
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cc) Den so rechtsbedenkenfrei ermittelten Ehezeitanteil hat das Kam-
mergericht zutreffend in eine volldynamische Anwartschaft in der gesetzlichen
Rentenversicherung umgerechnet.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind die Versorgungsan-
rechte bei der VBL seit Änderung der für sie geltenden Satzung zum 1. Januar
2002 im Anwartschaftsstadium als statisch und im Leistungsstadium als volldy-
namisch zu beurteilen (Senatsbeschluss BGHZ 160, 41, 44 ff. = FamRZ 2004,
1474, 1475 f.). Das gilt auch für die als Besitzstand zum 31. Dezember 2001
festgestellte und in Versorgungspunkte umgerechnete Startgutschrift.
Zu Recht hat das Kammergericht deswegen den Ehezeitanteil dieser
Anwartschaften des Ehemannes auf seine Betriebsrente in Höhe von monatlich
214,54 € in eine volldynamische Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversiche-
rung in Höhe von 160,52 € umgerechnet. Denn die Zusatzversorgung des
Ehemannes befand sich in dem hier relevanten Zeitpunkt zum Ende der Ehezeit
noch in der statischen Anwartschaftsphase und ist erst mit Beginn der Betriebs-
rente am 1. Dezember 2002 in eine volldynamische Rente übergegangen. Wür-
de die Statik der Anwartschaftsphase zwischen dem Ende der Ehezeit und dem
späteren Rentenbeginn unberücksichtigt gelassen, liefe dies auf eine Verlet-
zung des Halbteilungsgrundsatzes hinaus. Denn der im öffentlich-rechtlichen
Versorgungsausgleich auf die Ehefrau zu übertragende Betrag würde dann
durch Division mit dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von (47,65
DM =) 24,36 € in Entgeltpunkte umgerechnet. Die auf dem Rentenversiche-
rungskonto der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung begründeten
Entgeltpunkte würden vom Ende der Ehezeit (28. Februar 1999) bis zum Be-
ginn der Betriebsrente des Ehemannes am 1. Dezember 2002 nach der Ent-
wicklung des aktuellen Rentenwerts von 24,36 € auf 25,86 € dynamisiert. Die
Ehefrau erhielte dann aus der Zusatzversorgung des Ehemannes einen vom
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Ende der Ehezeit bis zum Rentenbeginn dynamisierten Betrag, obwohl die Dy-
namisierung der Rente des Ehemannes erst ab diesem Zeitpunkt einsetzt (vgl.
Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084,
1085 f.).
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Der Nominalbetrag einer im Leistungsstadium volldynamischen Rente ist
deswegen grundsätzlich nur dann ohne Umrechnung nach der Barwertverord-
nung auszugleichen, wenn die Versorgung auch schon im Anwartschaftsstadi-
um volldynamisch war oder die Rente schon zum Ende der Ehezeit bezogen
und deswegen nur die volldynamische Leistungsphase relevant wurde. Denn
auch der in der Rechtsprechung des Senats anerkannte Ausnahmefall, wonach
die Statik einer befristeten Anwartschaftsphase unberücksichtigt bleiben kann,
wenn in derselben Zeit auch die gesetzliche Rentenversicherung und die Beam-
tenversorgung als Maßstabversorgungen nicht angestiegen sind (vgl. insoweit
Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084,
1086), liegt hier nicht vor. Vielmehr ist der aktuelle Rentenwert der gesetzlichen
Rentenversicherung in der hier relevanten Zeit vom Ende der Ehezeit am
28. Februar 1999 bis zum Beginn der Betriebsrente am 1. Dezember 2002 von
24,36 € auf 25,86 €, also um mehr als 6 %, angestiegen.
Den Barwert der im Anwartschaftsstadium noch statischen und erst mit
Leistungsbeginn volldynamischen Betriebsrente hat das Kammergericht zu
Recht nach Tabelle 1 der Barwertverordnung ermittelt (vgl. insoweit Senatsbe-
schluss vom 20. September 2006 - XII ZB 248/03 - FamRZ 2007, 23, 26 f.).
Wegen der Volldynamik der Betriebsrente ab Leistungsbeginn hat es entspre-
chend der Anmerkung 2 zur Tabelle 1 den Tabellenwert um 50 % erhöht. Eben-
falls zutreffend hat das Kammergericht den so ermittelten Barwert unter Be-
rücksichtigung der Rechengrößen zur Durchführung des Versorgungsaus-
gleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung (FamRZ 2008, 115, 117 f.) in
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Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung und durch Multiplikation mit
dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit in einen volldynamischen
Ehezeitanteil in der gesetzlichen Rentenversicherung umgerechnet.
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b) Zutreffend hat das Kammergericht auch den Ehezeitanteil der nieder-
ländischen Betriebsrente der Ehefrau ermittelt und dem Versorgungsausgleich
zugrunde gelegt.
Weil die Höhe der ABP-Rente weder ausschließlich beitragsabhängig
noch nach den für die deutsche gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden
Rechnungsgrundlagen zu ermitteln ist, hat das Kammergericht den Ehezeitan-
teil dieser Betriebsrente der Ehefrau sachverständig beraten zutreffend nach
§ 1587 a Abs. 2 Nr. 4 b BGB ermittelt. Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend
nach § 1587 a Abs. 8 BGB von der Jahresrente eines Alleinstehenden in Höhe
von 6.899
€ ausgegangen. Dem liegt eine Versicherungszeit von
10,1089 Jahren zugrunde, wovon 4,3972 Jahre in die Ehezeit fallen, die aller-
dings als Wartezeit nur zu 25 %, also mit 1,0993 Jahren anzurechnen sind. Die
gebotene zeitratierliche Ermittlung ergibt somit einen im Anwartschaftsstadium
statischen Ehezeitanteil der Zusatzversorgung der Ehefrau in Höhe von
(6.899 € / 10,1089 Jahre x 1,0993 Jahre =) 750,24 € jährlich. Diese Anwart-
schaft hat das Kammergericht unter Hinweis auf das Gutachten des Sachver-
ständigen G. zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen in
einen volldynamischen Ehezeitanteil von monatlich 30,85 € umgerechnet.
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Der Umstand, dass die Betriebsrente der Ehefrau bis zu einer Mindest-
grenze, die zum 1. Januar 2005 355,33 € betrug, nicht gekürzt werden kann,
steht einer Berücksichtigung im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich auf
Seiten der Ausgleichsberechtigten nicht entgegen. Denn die Zusatzversorgung
der Ehefrau wird - wegen der höheren Versorgungsanwartschaften des Ehe-
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mannes - ohnehin lediglich als Berechnungsposition berücksichtigt und nicht
unmittelbar ausgeglichen, was bei einer ausländischen Anwartschaft ohnehin
nur im Wege des schuldrechtlichen und nicht des öffentlich-rechtlichen Versor-
gungsausgleichs in Betracht käme. Denn die insoweit allein in Frage kommen-
de Ausgleichsform des § 3 b Abs. 1 VAHRG ist nach § 3 b Abs. 2 i.V.m. § 3 a
Abs. 5 VAHRG auf ausländische Anrechte nicht anwendbar (vgl. Wick Der Ver-
sorgungsausgleich 2. Aufl. Rdn. 395; Wagner Versorgungsausgleich mit Aus-
landsberührung Rdn. 43, 45).
c) Zutreffend hat das Kammergericht schließlich auch den Ehezeitanteil
der AOW-Pension der Ehefrau bei der Ermittlung des öffentlich-rechtlichen Ver-
sorgungsausgleichs berücksichtigt.
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In dieser Volksversicherung sind grundsätzlich alle Personen mit Wohn-
sitz in den Niederlanden pflichtversichert, sofern sie nicht gleichzeitig in einem
anderen Staat beschäftigt sind. Auf ihre Staatsangehörigkeit oder ihr Einkom-
men kommt es dabei nicht an. Zusätzlich sind Einwohner anderer Staaten ver-
sichert, die wegen ihrer in den Niederlanden geleisteten Berufstätigkeit dort der
Lohnsteuerpflicht unterliegen. Alle berufstätigen Pflichtversicherten zahlen je-
doch in den beiden niedrigsten Lohnsteuerstufen (gegenwärtig bis jährlich
31.122 €) neben einem sehr geringen Steuersatz (2,1 % bzw. 9,4 %) einen Bei-
trag für die Volksversicherungen (Altersgeld, Hinterbliebenenrente und Kran-
kenversicherung) in Höhe von 31,55 %, wovon 17,9 % auf die AOW-Pension
entfallen. In den folgenden Steuerklassen ist dieser Beitrag in dem Steuertarif
von 42 % bzw. 52 % enthalten. Die Volksversicherungen sichern einen einheit-
lichen sozialen Mindestbedarf und haben damit den Charakter einer Grundver-
sorgung, auf die andere kollektive und/oder private Versorgungen aufgebaut
werden können. Ein Zusammenhang zwischen dem bei Berufstätigkeit ge-
schuldeten Beitrag und der späteren Rentenleistung besteht nicht. Die Höhe
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der AOW-Pension hängt vielmehr von der Dauer der Versicherungszeit ab. Je
Versicherungsjahr erhält der Versicherte 2 % der vollen AOW-Pension, die mit
einem volldynamischen Festbetrag für Alleinstehende, Alleinstehende mit Kin-
dern oder Verheiratete bemessen wird und für allein stehende Personen zum
Ende der Ehezeit insgesamt 1.777,58 NLG brutto betrug.
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aa) Die AOW-Pension der Ehefrau, die diese teilweise in der Ehezeit er-
worben hat, bildet somit eine gesetzliche Altersvorsorge, die trotz ihres Charak-
ters als Grundversicherung unter § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB fällt. Das nieder-
ländische AOW sieht - wie die deutsche gesetzliche Rentenversicherung - eine
Pflichtmitgliedschaft vor und bezweckt damit eine Vorsorge für das Alter der
Versicherten. Weil sich die Höhe der AOW-Pension nach der Dauer des Auf-
enthalts oder einer Erwerbstätigkeit in den Niederlanden richtet, handelt es sich
um eine sonstige Rente i.S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 a BGB. Dass die Höhe
der späteren Rente unabhängig von geleisteten Beiträgen zu bemessen ist,
steht dem nicht entgegen.
bb) Ob die niederländische AOW-Pension von § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB
erfasst wird und deswegen bei der Bemessung des Versorgungsausgleichs au-
ßer Betracht bleiben muss, ist allerdings in Rechtsprechung und Literatur um-
stritten.
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(1) In der Rechtsprechung wurde zunächst überwiegend die Auffassung
vertreten, die niederländische AOW-Pension müsse beim Versorgungsaus-
gleich außer Betracht bleiben, weil es sich um eine nicht durch Beiträge finan-
zierte Volksrente handele. Gegen eine Berücksichtigung spreche auch, dass
die Leistungen weder dem Grunde noch der Höhe nach von einer Beitragszah-
lung abhingen. Denn für jedes Jahr mit Aufenthalt in den Niederlanden zwi-
schen dem 15. und dem 65. Lebensjahr werde ein Satz von 2 % des vollen Be-
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trages der AOW-Pension erdient. Zwar bestehe für Personen, die in den Nie-
derlanden berufstätig seien, dem Grunde nach ein Zusammenhang zwischen
einer Beitragspflicht und der AOW-Pension. Auch in diesen Fällen sei die Höhe
der Pension allerdings nicht von den geleisteten Beiträgen abhängig. Eine sol-
che Beitragsabhängigkeit könne es nicht rechtfertigen, der AOW-Pension den
Charakter einer Volksrente abzusprechen und sie trotz der Regelung des
§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Die
gesetzliche Rentenversicherung nach deutschem Recht beruhe, unabhängig
davon, ob und in welchem Umfang Bundeszuschüsse gewährt würden, auf dem
Beitragsprinzip, während ausländische Volksrenten ihre Grundlage nicht in vo-
rausgegangenen Leistungen des Anspruchsberechtigten hätten, sondern allein
aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert würden. Derartige nicht
durch eigene Leistungen der Ehegatten erdiente Versorgungsanrechte seien
nach dem in § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerten Willen des Gesetzgebers
vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen (OLG Bamberg FamRZ 1980, 62,
63 [zur schwedischen Volksrente]; OLG Hamm FamRZ 2001, 31; OLG Köln
[27. Zivilsenat] FamRZ 2001, 31, 32 und [26. Zivilsenat] FamRZ 2001, 1461;
OLG Düsseldorf FamRZ 2001, 1461 f.). Zur Vermeidung unbilliger Härten müs-
se gegebenenfalls auf § 1587 c BGB zurückgegriffen werden.
Dem hat sich die überwiegende Auffassung in der Literatur angeschlos-
sen (vgl. Staudinger/Eichenhofer BGB [2004] § 1587 Rdn. 26; MünchKomm/
Dörr BGB 4. Aufl. § 1587 Rdn. 22 [für die schwedische und dänische Sozialver-
sicherung]; Schwab/Hahne Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. VI 29; Jo-
hannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 BGB Rdn. 16; Weinreich/
Klein/Rehme Fachanwaltskommentar Familienrecht 3.
Aufl. §
1578 BGB
Rdn. 24; Rahm/Künkel/Paetzold Handbuch des Familiengerichtsverfahrens VIII
Rdn. 989, 992 und 1073; Maier/Michaelis Versorgungsausgleich 8. Aufl. § 1587
Nr. 4; Borth Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rdn. 60; FamGB/Wick § 1587 BGB
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Rdn. 19 [für die schwedische Volksrente]; Rolland/Wagenitz Familienrecht
§ 1587 BGB Rdn. 33 [für die schwedische Volksrente] und Borth FamRZ 2003,
889 f.).
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(2) Eine vermittelnde Meinung vertritt demgegenüber die Auffassung, der
Ehezeitanteil einer niederländischen AOW-Pension müsse jedenfalls dann nach
§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB unberücksichtigt bleiben, wenn er im konkreten Ein-
zelfall nicht durch geleistete Beiträge begründet, sondern allein als Folge des
Wohnsitzes in den Niederlanden erworben worden sei. In den übrigen Fällen
sei die AOW-Pension auf eine Beitragspflicht infolge einer Berufstätigkeit in den
Niederlanden zurückzuführen und deswegen durch Arbeit begründet (OLG Ol-
denburg [4. Senat für Familiensachen] FamRZ 2002, 961; Wick Der Versor-
gungsausgleich 2. Aufl. Rdn. 392; Scholz/Stein/Bergmann Praxishandbuch Fa-
milienrecht [Stand April 2006] M Rdn. 38).
(3) Nach einer weiteren in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auf-
fassung ist die niederländische AOW-Pension allerdings stets in den Versor-
gungsausgleich einzubeziehen, weil die gesetzliche Grundrente überwiegend
aus Beiträgen finanziert werde, eine Versicherungspflicht zu dieser Form der
Altersvorsorge bestehe und die Höhe der Pension von den individuellen Versi-
cherungsjahren abhängig sei. Auch in Deutschland werde die gesetzliche Ren-
tenversicherung in nicht unerheblichem Umfang durch Steuermittel subventio-
niert und es würden mit Anrechnungs-, Zurechnungs- und Ersatzzeiten eben-
falls beitragsfreie Zeiten anerkannt (OLG Köln [10. Senat für Familiensachen]
FamRZ 2001, 1460; OLG Naumburg FamRB 2002, 259; OLGR Oldenburg
[4. Senat für Familiensachen] 2003, 434 f. und 2002, 182; MünchKomm/Glock-
ner BGB 4. Aufl. § 1587 a Rdn. 417 f. und grundlegend Gutdeutsch FamRB
2003, 63).
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cc) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, wonach
die niederländische AOW-Pension grundsätzlich in den Versorgungsausgleich
einzubeziehen ist.
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(1) Zwar bleiben nach § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB im Versorgungsaus-
gleich Anwartschaften oder Aussichten außer Betracht, die weder mit Hilfe des
Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten
worden sind. Bei dieser Vorschrift handelt es sich aber um eine Ausnahme von
dem allgemeinen Grundsatz, dass alle ehezeitlich erworbenen Anwartschaften
auf Altersvorsorge im Rahmen der Ehescheidung auszugleichen sind (zu aus-
ländischen Anwartschaften vgl. schon Senatsbeschluss vom 24. Februar 1982
- IVb ZB 508/80 - FamRZ 1982, 473, 474 sowie Wagner Versorgungsausgleich
mit Auslandsberührung Rdn. 41), um den geschiedenen Ehegatten schon in
diesem Zeitpunkt eine eigene Altersvorsorge als Teilhabe an dem ehezeitlich
Erworbenen zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 7/4361 S. 19). Die Ausnahmerege-
lung darf deswegen nicht - über ihren Zweck hinaus - weit ausgelegt werden. Im
Rahmen der Auslegung dieser Vorschrift ist deswegen zunächst der Wille des
historischen Gesetzgebers zu ergründen.
In der Begründung des 1. Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familien-
rechts (1. EheRG = BT-Drucks. 7/650 S. 155) ist insoweit ausgeführt, dass der
Kreis der ausgleichspflichtigen Versorgungsarten durch die Verweisung auf den
Katalog des § 1587 a Abs. 2 BGB näher umgrenzt werde. Eine Versorgung, die
nach dem Grund ihrer Gewährung oder ihrer Bemessungsart unter keine der
dort aufgeführten Kategorien falle, unterliege nicht der Ausgleichspflicht. Dem
Versorgungsausgleich unterlägen demnach nicht Renten nach dem Bundesver-
sorgungsgesetz oder Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die
Nichteinbeziehung dieser Versorgungsarten rechtfertige sich aus dem Entschä-
digungscharakter der Leistungen. Ausgeschlossen von der Ausgleichspflicht sei
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weiter das Altersgeld nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte in der
Fassung vom 14. September 1965. Seiner Nichtberücksichtigung im Rahmen
des Versorgungsausgleichs liege die Erwägung zugrunde, dass das Altersgeld
lediglich als Bargeldzuschuss zu dem - vom Versorgungsausgleich ebenfalls
nicht erfassten - Altenteil diene. Im Übrigen beziehe sich die Ausgleichspflicht
nach der allgemein gehaltenen Formulierung des § 1587 BGB sowohl auf An-
rechte nach öffentlichem Recht als auch auf privatrechtlich begründete Versor-
gungsberechtigungen.
Der Gedanke, dass eine zu erwartende oder gewährte Versorgung auf
der gemeinschaftlichen Leistung beider Ehegatten beruhe, lasse sich allein in-
soweit rechtfertigen, als die Versorgung einen Bezug zu der Ehezeit habe; das
Gleiche gelte für die Annahme, dass die Versorgung dem beiderseitigen Unter-
halt der Ehegatten zu dienen bestimmt sei. Die Versorgungsanrechte als die
wirtschaftliche Basis des Lebensabends seien das Ergebnis der gemeinsamen
gleichwertigen Lebensleistung beider Eheleute. Es sei deshalb ein Gebot der
Gerechtigkeit, die Ehezeitanteile im Falle der Scheidung zwischen den Eheleu-
ten gleichmäßig aufzuteilen (BT-Drucks. 7/4361 S. 19).
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§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB enthalte in Ergänzung des Satzes 1 eine wei-
tere Abgrenzung und habe vor allem als Auslegungshilfe für die Entscheidung
der Frage Bedeutung, ob Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung,
die im Gesetz nicht ausdrücklich genannt worden seien, in den Versorgungs-
ausgleich einzubeziehen seien. Dieser Satz beruhe auf dem Gedanken, dass in
den Versorgungsausgleich nur Versorgungsanrechte einbezogen werden soll-
ten, die auf der gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten beruhen. Deshalb
würden durch Satz 2 vor allem Leistungen ausgeschlossen, die Entschädi-
gungscharakter tragen, wie etwa Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz
oder aus der gesetzlichen Unfallversicherung, ferner beispielsweise unentgeltli-
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che Zuwendungen Dritter. Dagegen sollten durch Satz 2 nach Auffassung des
Rechtsausschusses Rentenanwartschaften, die aufgrund beitragsloser Zeiten
erworben worden sind, nicht vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen wer-
den. Denn diese Zeiten werden nur deswegen angerechnet, weil der Versicher-
te im Übrigen gearbeitet und Beiträge gezahlt hat (BT-Drucks. 7/4361 S. 36).
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Zweck der Vorschrift des § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB ist es demnach,
über den Inhalt des § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB hinaus Anwartschaften vom Ver-
sorgungsausgleich auszuschließen, die nicht auf der gemeinsamen Lebensleis-
tung der Ehegatten beruhen. Dies gilt für Anrechte auf Leistungen mit Entschä-
digungscharakter ebenso wie für die Landabgaberente nach den §§ 121 ff. ALG
und die Produktionsaufgaberente für Landwirte. Außer Betracht bleiben danach
aber auch Leistungen mit rein sozialer Zielsetzung wie das Wohngeld, das Er-
ziehungsgeld, die Ausbildungsförderung, die bedarfsorientierte Grundsicherung
im Alter nach den §§ 41 ff. SGB XII und der Unterhaltsbeitrag für entlassene
Beamte (vgl. Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rdn. 42 m.w.N.; Borth
Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rdn. 59 f.; JurisPK-Bregger BGB 3. Aufl. § 1587
Rdn. 28; zum Kindererziehungszuschlag nach den §§ 294 ff. SGB VI vgl. OLG
Jena FamRZ 1998, 1438). Der Ausschluss der zuletzt genannten staatlichen
Leistungen aus dem Versorgungsausgleich beruht aber darauf, dass sie teil-
weise schon nicht als Altersversorgung qualifiziert werden können und im Übri-
gen als subsidiäre Sozialleistung gewährt werden und ein Anspruch darauf
deswegen von einer Bedürftigkeit des Berechtigten abhängt. Der Rechtsgedan-
ke lässt sich nicht auf Leistungen übertragen, auf die der Berechtigte einen un-
widerruflichen Rechtsanspruch hat und die ihm nicht lediglich subsidiär gewährt
werden. Denn solche Leistungen sind - wenn sie nicht einen Entschädigungs-
oder Ausgleichscharakter haben - von dem berechtigten Ehegatten erdient und
- wenn der Rechtsanspruch während der Ehezeit erworben wurde - auch auf
die gemeinsame Lebensleistung der Ehegatten zurückzuführen.
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(2) Nach diesem - aus den Gesetzesmotiven zu entnehmenden - Willen
des Gesetzgebers kann die niederländische AOW-Pension nicht dem Versor-
gungsausgleich vorenthalten bleiben. Sie ist weder mit den ausdrücklich aufge-
führten Versorgungen mit besonders enger Beziehung zum Erwerber, wie etwa
Leistungen mit Entschädigungscharakter, noch mit rein sozialstaatlichen Leis-
tungen vergleichbar.
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Wie die Versorgungsanwartschaften in der deutschen gesetzlichen Ren-
tenversicherung sind auch die Anwartschaften auf eine niederländische
AOW-Pension auf eine Pflichtmitgliedschaft zurückzuführen und werden erst
mit Eintritt in das Rentenalter zur Alterssicherung geleistet. Zwar verfolgt die
niederländische Volksversicherung den Zweck einer Sicherung des Sozialmini-
mums. Damit handelt es sich aber lediglich um eine Säule der Altersvorsorge,
die nicht getrennt von anderen - darauf aufbauenden - Rentenanwartschaften
bewertet werden kann. Denn die AOW-Pension unterscheidet sich von einer
Sozialleistung dadurch, dass sie nicht nur subsidiär geschuldet ist, sondern we-
gen des erworbenen subjektiven Anspruchs unabhängig von einer Bedürftigkeit
des Rentenberechtigten bewilligt wird. Ergänzende Sozialhilfe, die im Versor-
gungsausgleich unberücksichtigt bleiben müsste, wird nur dann bewilligt, wenn
wegen einer Kürzung der Rentenleistung das sozialstaatliche Mindesteinkom-
men unterschritten wird.
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(3) Zwar weist die Gegenauffassung zu Recht darauf hin, dass zwischen
der Beitragspflicht zur AOW und der Rentenleistung kein Zusammenhang be-
steht, weil sich die Höhe der AOW-Pension allein aus dem durch die Versiche-
rungszeit bestimmten Prozentsatz der dynamischen Vollrente ergibt. Das kann
eine Berücksichtigung der Rente im Versorgungsausgleich aber nicht aus-
schließen, weil auch nach deutschem Rentenrecht Anwartschaften auf eine Al-
tersversorgung erworben werden können, deren Höhe allein von der Dauer ei-
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ner Anrechnungszeit abhängig ist und deren Ehezeitanteil nach § 1587 a Abs. 2
Ziff. 4 a BGB zu ermitteln ist. In solchen Fällen ist nicht ein gezahlter Beitrag,
sondern allein die Dauer der Anrechnungszeit als persönliches, individuelles
Kriterium bei der Bemessung der späteren Rente zu berücksichtigen.
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(4) Soweit die Gegenmeinung darauf abstellt, dass die AOW-Pension in
nicht unerheblichem Umfang durch Steuern finanziert wird, steht dies der
Rechtsauffassung des Senats ebenfalls nicht entgegen. Denn das gilt auch für
die deutsche Beamtenversorgung, die nicht von entsprechenden Beiträgen,
sondern von der Dienststellung und der Beschäftigungsdauer abhängig ist. Das
gilt selbst dann, wenn der Dienstherr - wie in jüngster Zeit vermehrt angestrebt -
aus allgemeinen Steuermitteln Rückstellungen für die Beamtenversorgung bil-
det. Ob die Renten- oder Pensionsleistungen über Beiträge der Versicherten
finanziert oder durch Steuern sichergestellt werden, ist deswegen kein geeigne-
tes Kriterium für die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich. Nach dem Wil-
len des Gesetzgebers ist vielmehr entscheidend darauf abzustellen, ob die
Rente auf eine gemeinsame Lebensleistung der Ehegatten zurückzuführen ist.
Das ist bei der AOW-Pension jedoch grundsätzlich der Fall. Denn über-
wiegend wird diese von den in den Niederlanden berufstätigen Personen durch
Beiträge bzw. einen Teil der geleisteten Steuern erdient (Gutdeutsch FamRB
2003, 63; OLG Düsseldorf FamRZ 2001, 1461). Auch die Ehefrau hat hier je-
denfalls zeitweise beitragspflichtig gearbeitet, zumal sie außerdem eine An-
wartschaft auf eine Betriebsrente erworben hat. Ob in solchen Fällen ein zu-
sätzlicher Anteil zur Finanzierung der Rente aus allgemeinen Steuerleistungen
hinzukommt, ist unerheblich, weil dies in der deutschen gesetzlichen Renten-
versicherung nicht anders ist (vgl. auch Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl.
Rdn. 392).
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(5) Diesen Charakter als im deutschen Versorgungsausgleich zu berück-
sichtigende Grundversorgung verliert die AOW-Pension auch dann nicht, wenn
sie im Einzelfall allein auf die Dauer des Aufenthalts in den Niederlanden zu-
rückzuführen ist. Auch dann erwirbt der Berechtigte einen nach der Anrech-
nungszeit zu bemessenden individuellen Anspruch auf die Rente, auf die er
andere Versorgungssysteme aufbauen kann. Schon deswegen scheint es ver-
fehlt, bei der Frage nach einer Berücksichtigung der AOW-Pension zwischen
einer durch Arbeit in den Niederlanden erdienten Anwartschaft und einer An-
wartschaft infolge eines Aufenthalts in den Niederlanden zu unterscheiden, was
zu unüberbrückbaren Schwierigkeiten bei der Bewertung einer nur z.T. durch
Beitragsleistung erworbenen Versorgungsanwartschaft führen würde. Hinzu
kommt, dass auch in solchen Fällen ein (negativer) Zusammenhang zwischen
Berufstätigkeit und Rentenhöhe gegeben ist, weil die erdiente Rente gekürzt
werden kann, wenn der Berechtigte trotz einer Beitragspflicht keine Beiträge
entrichtet hat.
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Entscheidend ist allerdings, dass auch die deutsche gesetzliche Renten-
versicherung mit Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI), Berücksichtigungszei-
ten (§ 57 SGB VI), Anrechnungszeiten (§ 58 SGB VI) und Zurechnungszeiten
(§ 59 SGB VI) eine Berücksichtigung beitragsloser Zeiten bei der Bemessung
der gesetzlichen Rente vorsieht. Im Unterschied zum niederländischen Recht,
das die Einkommenslosigkeit als Grund für die Beitragsbefreiung genügen
lässt, knüpft das deutsche Rentenrecht daran an, dass eine Erwerbstätigkeit
durch die beitragslose Zeit lediglich unterbrochen ist. Für die Berücksichtigung
von Kindererziehungszeiten ist dies allerdings selbst nach deutschem Renten-
recht nicht der Fall, weil eine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung
allein auf solchen Zeiten beruhen kann (zur Ausgleichspflicht bei Kindererzie-
hungszeiten vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 262/04 -
FamRZ 2007, 1966). Dieser Unterschied kann nach dem genannten Zweck des
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§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB eine abweichende Behandlung der AOW-Pension im
Versorgungsausgleich nicht rechtfertigen (so auch Gutdeutsch FamRB 2003,
63, 64). Denn schließlich ist das Gesamtsystem der niederländischen
AOW-Pension wie die deutsche gesetzliche Rentenversicherung überwiegend
durch Beiträge und gezielt dafür vorgesehene Steueranteile und nur ergänzend
als Sozialleistung durch allgemeine Steuereinnahmen finanziert. Auch deswe-
gen ist es nicht geboten, zwischen einzelnen Teilen innerhalb des gesamten
Versorgungssystems zu differenzieren.
dd) Die Höhe des Ehezeitanteils der niederländischen AOW-Pension hat
das Kammergericht ebenfalls zutreffend auf der Grundlage des festen Wech-
selkurses des Euro (1 € = 1,95583 DM = 2,20371 NLG) mit 193,59 € bemes-
sen. Weil sich die Höchstversorgung der AOW-Pension, von der der Ehefrau
aufgrund ihrer individuellen Anrechnungszeit ein Anteil von 24 % zusteht, an-
hand eines jeweils gesetzlich festgelegten Mindestlohns berechnet, ist diese als
volldynamisch zu behandeln und deswegen mit ihrem Nominalbetrag in den
Versorgungsausgleich einzubeziehen (vgl. OLGR Oldenburg 2002, 182, OLG
Köln FamRZ 2001, 1460).
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3. Weil das Kammergericht die ehezeitlich erworbenen Versorgungsan-
wartschaften der Parteien deswegen zutreffend berücksichtigt und bemessen
hat, war die Rechtsbeschwerde der Ehefrau zurückzuweisen.
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Hahne
Sprick
Weber-Monecke
RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt
Dose
an der Unterschrift verhindert.
Hahne
Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 19.12.2001 - 20 F 249/98 -
KG Berlin, Entscheidung vom 04.04.2007 - 3 UF 60/02 -