Urteil des BGH vom 22.01.2008

BGH (anklage, anklageschrift, handel, stpo, heroin, last, zahl, verteidiger, hauptverhandlung, beteiligung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 607/07
vom
22. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2008 beschlos-
sen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 25. Mai 2007 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-
gen.
Gründe:
Der Angeklagte wurde wegen mehrerer Verstöße gegen das Betäu-
bungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
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Die Revision macht das Fehlen eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses
geltend und erhebt eine Verfahrensrüge sowie die nicht näher ausgeführte
Sachrüge. Sie bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
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1. Die Anklage wurde unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.
Entgegen der Auffassung der Revision liegt damit ein wirksamer Eröffnungsbe-
schluss vor.
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a) Im (als rechtlich eine Tat gewerteten) Fall II 1 der Anklageschrift soll
ein Mitangeklagter von 3 kg Heroin, die ein unbekannter Kurier am 28. Novem-
ber 2005 nach Deutschland geliefert hatte, fünf Mal jeweils eine Teilmenge von
500 g in eine näher bezeichnete "Bunkerwohnung" verbracht haben. Bei den
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Fahrten zu dieser Wohnung wurde er, so die Anklage, entweder von einem wei-
teren Mitangeklagten oder dem Angeklagten begleitet. Die Revision hält es da-
her jedenfalls nicht für ausgeschlossen, dass dem Angeklagten eine Strafbar-
keit durch Beteiligung an diesen Fahrten zur Last gelegt wurde, obwohl die An-
klage es selbst für möglich hielt, dass er nie an einer solchen Fahrt beteiligt
war. Der Senat neigt nicht zu einer solchen, vom Generalbundesanwalt als "ge-
künstelt" bezeichneten Auslegung der Anklageschrift; gleichwohl ist diese - in-
soweit teilt der Senat die Auffassung der Revision - hinsichtlich der Zahl der
Fahrten, an denen der Angeklagte beteiligt gewesen sein soll, nicht sehr klar
abgefasst.
Letztlich kann dies aber auf sich beruhen bleiben. In der Anklageschrift
ist nämlich unter der Überschrift "Handel im Rahmen der Bandenstruktur" in
Abschnitt II vor Ziffer 1 generell dargelegt, dass der Angeklagte nicht nur an
Transportfahrten beteiligt war, sondern auch Geldmittel für Kuriere bereitstellte.
Im Hinblick auf den Vorwurf des Bereitstellens von Geldmitteln für Kuriere ist
daher die ihm zur Last gelegte Tatbeteiligung auch im Fall II 1 der Anklage mit
genügender Klarheit umschrieben. Lag dem Angeklagten aber eine Beteiligung
am Handel mit den gesamten 3 kg Heroin durch Bereitstellen von Geld zur Last,
können Unklarheiten darüber, (ob und gegebenenfalls) in welchem Umfang er
später auch noch am Handel mit diesem Heroin durch Teilnahme am Transport
von Teilmengen mitgewirkt hat, die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses
nicht mehr berühren. Dementsprechend konnten die aufgezeigten Unklarheiten
hinsichtlich der Zahl der Fahrten durch den in der Hauptverhandlung erteilten
Hinweis gemäß § 265 StPO, der auf einem entsprechenden Geständnis des
Angeklagten basierte, wirksam beseitigt werden.
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b) Soweit die Revision der Auffassung ist, auch hinsichtlich weiterer Tat-
vorwürfe fehle es an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss, verweist der Se-
nat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts.
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2. Hinsichtlich des Geständnisses des Angeklagten (vgl. oben 1 a am
Ende) ist in der Revisionsbegründung ausgeführt, es sei "aus der Sicht des An-
geklagten … auf erheblichen Druck seitens des Gerichts" abgelegt worden. Im
weiteren Verlauf des Revisionsverfahrens hat der Verteidiger dies wie folgt er-
läutert: "In der Revisionsbegründung wird keineswegs auf der Grundlage von
Kenntnissen des Unterzeichners behauptet, dass auf den Angeklagten Druck
ausgeübt wurde, um zu einem Geständnis zu gelangen. Dort wird lediglich die
'Sicht des Angeklagten' wiedergegeben".
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Der Senat braucht all dem unter keinem Gesichtspunkt näher nachzuge-
hen. An der gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderlichen bestimmten Be-
hauptung eines Verfahrensmangels fehlt es (auch) dann, wenn, wie hier, der
Verteidiger die Verantwortung für die für einen Verfahrensmangel gegebene
Begründung nicht übernimmt (vgl. BGHSt 25, 272, 274 m.w.N.; Kuckein in KK
5. Aufl. § 344 Rdn. 33).
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3. Die auf Grund der Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat
ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
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Nack Wahl Kolz
Elf Graf