Urteil des BGH vom 16.08.2006

BGH: culpa in contrahendo, eugh, vermittler, krasses missverhältnis, arglistige täuschung, widerrufsrecht, eigentumswohnung, kaufvertrag, vollmacht, immobilie

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Gericht:
OLG Frankfurt 9.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 U 78/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 242 BGB, § 276 BGB, §
276aF BGB, § 311 Abs 2 Nr 1
BGB, Art 4 EWGRL 577/85
(Finanzierter Immobilienerwerb: Folgen des Widerrufs des
Darlehensvertrages; Voraussetzungen der Annahme eines
verbundenen Geschäfts; Schadensersatzanspruch des
Verbrauchers wegen nicht ordnungsgemäßer
Widerrufsbelehrung durch die Bank; Aufklärungs- und
Hinweispflicht der Bank auf Grund eines
Wissensvorsprungs)
Leitsatz
1. Zu den Folgen des Widerrufs eines Darlehensvertrages nach § 3 HWiG, der zur
Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung abgeschlossen wurde
2. Zu den Voraussetzungen der Annahme eines verbundenen Geschäfts zwischen
einem solchen Darlehensvertrag und dem Immobilienkaufvertrag
3. Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Verbrauchers gegen
die Bank wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nach der Rechtsprechung
des EuGH zu Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie
4. Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Anlegers wegen
unterlassener Aufklärung in Bezug auf einen Wissensvorsprung der Bank hinsichtlich
einer Überteuerung des finanzierten Kaufobjekts
Tenor
[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde
vom Gericht nicht mitgeteilt]
Gründe
I.
Die Kläger verlangen von der beklagten Bank Rückabwicklung eines
Darlehensgeschäfts, das sie zur Finanzierung einer im Rahmen eines
Steuersparmodells erworbenen Eigentumswohnung eingegangen sind.
Wegen des Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz
wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl.
324 ff. d.A.) verwiesen.
Zu ergänzen ist:
Die Beklagte und die in den Verträgen genannte A-Bank sind identisch; es hat eine
Umfirmierung stattgefunden.
Die Kläger unterschrieben eine Auszahlungsanweisung über die Darlehensvaluta
unter dem Datum 1.10.1997 (vgl. Anlage BB 4 - Bl. 630 d.A.).
Mit notarieller Urkunde vom 9.10.1997 (Bl. 82 d.A.) bestätigten die Kläger, dass die
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Mit notarieller Urkunde vom 9.10.1997 (Bl. 82 d.A.) bestätigten die Kläger, dass die
Vollmacht des für sie bei Abschuss des Kaufvertrages aufgetretenen
Bevollmächtigten bereits bei Beurkundung bestanden habe.
Bis zum 31.12.2005 zahlten die Kläger insgesamt 49.685,18 € als Zins- und
Tilgungsleistungen an die Beklagte.
Mit Urteil vom 12.3.2004 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils (Bl. 326 ff. d.A.) verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete
Berufung der Kläger.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.2.2006 haben die Kläger
keinen Antrag gestellt. Auf Antrag der Beklagten hat der Senat deshalb ein
Versäumnisurteil gegen die Kläger erlassen, mit dem die Berufung zurückgewiesen
wird. Hiergegen haben die Kläger form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
In der Einspruchsschrift machen die Kläger geltend, durch das Geschäft einen
Schaden von insgesamt 65.483,26 € erlitten zu haben. Die von der Beklagten aus
ihren bis zum 31.12.2005 geleisteten Zahlungen gezogenen Nutzungen
berechnen die Kläger mit insgesamt 56.680,81 € (wird ausgeführt Bl. 746, 807 ff.
d.A.).
Höchst vorsorglich haben die Kläger auch die Vollmachtsbestätigung vom
9.10.1997 nach HWiG widerrufen.
Die Kläger tragen vor:
Das Landgericht habe schwerwiegend gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze
verstoßen, wesentliche Teile des Vortrags der Kläger übergangen, Beweis
unzulässigerweise antizipiert und beantragte Beweis nicht erhoben sowie das
einschlägige Recht falsch angewendet.
Das Landgericht habe verkannt, dass eine Haustürsituation vorliege. Es habe
keine vorhergehende Bestellung des Vermittlers gegeben - die Kläger wünschten
lediglich einen Informations- und Beratungswunsch. Das Handeln des für die
Finanzvermittlung tätigen Vermittlers B sei der Beklagten auch zurechenbar,
mithin auch die Haustürsituation. Die Haustürsituation sei kausal für die
Unterzeichnung der Darlehensverträge etwa am 6.10.1997 gewesen.
Die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung niemals zu
laufen begonnen.
Nach den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 sei nunmehr klar, dass eine
Haustürsituation bei Abschluss des Darlehensvertrages der Bank in jedem Fall
zuzurechnen sei, unabhängig davon, ob diese das Handeln des Vermittlers kannte
oder kennen musste.
Die Kläger hätten die Darlehensvaluta nicht empfangen. Sie hätten auch keine
wirksame Anweisung zur Auszahlung der Darlehensvaluta auf das Konto der
Verkäuferin gegeben. Ein Bereicherungsanspruch der Beklagten, den sie im Wege
der Aufrechnung dem Rückzahlungsanspruch der Kläger entgegenhalten könnte,
bestehe damit nicht. Sie müsse sich vielmehr an den Zuwendungsempfänger
halten.
Höchstvorsorglich erklären die Kläger die Aufrechnung mit der von ihnen auf das
Darlehen gezahlten Zinsen gegenüber dem Restdarlehensanspruch der
Beklagten.
Der Vermittler B habe den Kaufvertrag vom 9.9.1997 für die Kläger als
vollmachtloser Vertreter mit der unwahren Behauptung abgeschlossen, er tue dies
aufgrund "mündlich erteilter Vollmacht".
Die Vollmachtsbestätigung vom 9.10.1997 bei dem Notar C sei unwirksam. Es
handele es nicht um eine notarielle Beurkundung, sondern nur um die
Beglaubigung der Unterschriften. Darüber hinaus seien die Erklärungen in der
Vollmachtsbestätigung wegen Verstoßes gegen das AGBG unwirksam (wird
ausgeführt - Bl. 740 d.A.).
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Der Vermittler B habe die von der Beklagten ursprünglich ausgefertigten
Darlehensverträge zurückgefordert, weil Änderungen erforderlich gewesen seien.
Erst am 3.11.1997 hätten die Kläger dann die "neuen" Darlehensverträge erhalten,
die von der Beklagten wiederum mit Datum vom 30.9.1997 ausgefertigt worden
seien.
Es sei auch von einem Verbundgeschäft auszugehen.
Die Auffassung des Landgerichts, dass § 3 II 2 VerbrKrG die Anwendbarkeit des § 9
VerbrKrG auf Realkreditverträge ausschließe, könne keine Zustimmung finden. Der
Wortlaut des § 3 II Nr. 2 VerbrKrG bedürfe einer teleologischen Reduktion.
Für eine nachträgliche Verbindung reiche es aus, dass - wie hier - die
Fremdfinanzierung des Kaufobjekts von vornherein vorgesehen gewesen sei.
Das Landgericht verkenne darüber hinaus die Bedeutung der
grundpfandrechtlichen Absicherung im Sinne von § 3 II VerbrKrG. Liege eine
grundbuchrechtliche Absicherung gar nicht vor, so könne die Vorschrift nicht zum
Zuge kommen.
Im Übrigen verpflichteten die Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 die
deutschen Gerichte dazu, ihre Rechtsprechung verbraucherfreundlich zu gestalten
und Anleger, die unzureichend über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien, nicht
zur Rückzahlung des Darlehens zu verpflichten.
Jedenfalls könne den Klägern kein Anspruch der Beklagten auf Verzinsung der
Darlehensvaluta im Wege des Wertersatzes nach § 3 III HWiG entgegengehalten
werden.
Den Kläger stünden überdies Zahlungsansprüche aus culpa in contrahendo bzw.
positiver Forderungsverletzung zu, da die Beklagte ihre Aufklärungspflichten bei
der Vergabe des Kredits verletzt habe (wird ausgeführt - Bl. 376 f.; 454 ff.; 475 f.;
482 f.; 495 ff. d.A.).
Die Beklagt habe gewusst bzw. habe wissen können, dass eine sittenwidrige
Überteuerung der Immobilie vorgelegen habe (wird ausgeführt - Bl. 540 ff. d.A.). Es
müsse insoweit eine Beweisaufnahme stattfinden.
In seinem Hinweisbeschluss verkenne der Senat, dass in Bezug auf die
Darlegungen der sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung bereits mit der Klageschrift
das Verkehrswertgutachten Sander vom 13.3.2003 vorgelegt worden sei.
Ausweislich des Gutachtens sei der damalige Kaufpreis von 169.600,- DM um 140
% - und damit sittenwidrig - überteuert gewesen. Es komme insoweit also nur noch
auf die subjektive Kenntnis der Beklagten hiervon an. Insoweit trage jedoch die
Beklagte die Beweislast dafür, dass sie keine Kenntnis von der Sittenwidrigkeit
hatte.
Insoweit beantragen die Kläger die Vorlage der Finanzierungsakten der Beklagten
nach § 421 ZPO.
Die Beklagte habe zudem aufgrund der Gespräche im März 1997 positive Kenntnis
von der sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung. In diesen Gesprächen sei nicht nur
über die versteckten Innenprovisionen, sondern auch über die Werthaltigkeit der
Immobilien gesprochen worden (wird ausgeführt - Bl. 581 d.A.).
Das Finanzierungsbeispiel des Vermittlers B sei grob fehlerhaft gewesen, da kein
Tilgungsansatz berücksichtigt worden sei. Wären die Kläger über die Kosten der
Finanzierung zutreffend informiert worden, wäre ihre wirkliche monatliche
Belastung zutreffend ermittelt worden und sie hätten sich niemals auf das
Geschäft eingelassen (wird ausgeführt - Bl. 730 ff. d.A.).
Die Beklagte habe eine ganze Reihe von ähnlichen Geschäften finanziert. Es
handele sich offensichtlich nicht um individuelle, isolierte Einzelfinanzierungen,
sondern um standardisierte Massenfinanzierungen.
Auch die aktuelle Entscheidung des BGH vom 16.5.2006, XI ZR 6/04, die ein neue
Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs statuiere, sei vorliegend relevant.
Der Senat müsse den Klägern im Wege des Schriftsatznachlasses oder durch eine
Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz Gelegenheit geben, zu den
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Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz Gelegenheit geben, zu den
Voraussetzungen des institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen der
Beklagten und den Verkäufern bzw. Vertreibern des finanzierten Objekts
vorzutragen. Eine tatsächliche Klärung des Sachverhalts unter diesem
Gesichtspunkt sei im Prozess bisher nicht erfolgt - die genannte Entscheidung sei
erst am 13.6.2006 veröffentlich worden. Dazu seien weitere Besprechungen
zwischen den Klägern und ihrem Prozessbevollmächtigten zu führen und weitere
zeitaufwändige Recherchen anzustellen.
Die Kläger beantragen nunmehr sinngemäß,
das Versäumnisurteil und das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
zurückzuverweisen;
hilfsweise,
das Versäumnisurteil aufzuheben, das angefochtene Urteil abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen,
an den Kläger 65.483,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit 1.1.2006 zu zahlen - Zug um Zug gegen Auflassung der
streitbefangenen Eigentumswohnung;
hilfsweise:
an die Kläger 56.680,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz ab 1.1.2006 zu zahlen - Zug um Zug gegen Auflassung der
streitbefangenen Eigentumswohnung.
Die Beklagte beantragt,
den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und die weitergehenden Anträge
der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor:
Den Klägern habe kein Widerrufsrecht nach HWiG zugestanden, da eine
Haustürsituation nicht vorgelegen habe (wird ausgeführt).
Auch nach den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 komme es weiterhin
auf die Zurechenbarkeit des Vermittlerhandelns an, denn die Ausführungen des
EuGH zur Anwendbarkeit des § 123 II BGB bezögen sich ausschließlich auf die in
der Haustürwiderrufsrichtlinie geregelten an der Haustür abgeschlossenen
Verträge.
Auch der in den EuGH-Entscheidungen konstruierte Schadensersatzanspruch bei
fehlender Widerrufsbelehrung komme nicht in Betracht. Die Kläger hätten auch bei
ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nach HWiG den Darlehensvertrag nicht
widerrufen, denn die von ihnen erstrebten Steuerersparnisse wären dann nicht zu
erreichen gewesen.
Schließlich genüge die den Klägern nach VerbrKrG erteilte Belehrung den
Anforderungen des Art. 4 I der Haustürwiderrufsrichtlinie.
Ebenso habe die Beklagte keine Aufklärungspflicht verletzt. Insbesondere habe sie
keine Kenntnis von einem etwaigen sittenwidrigen Missverhältnis zwischen dem
Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert der Immobilie (wird ausgeführt).
Der neue Vortrag der Kläger in der Einspruchsschrift - insbesondere zu dem
angeblichen falschen Finanzierungsbeispiel des Vermittlers B sowie die
Behauptung, dieser habe bei Abschluss des Kaufvertrages ohne Vollmacht
gehandelt - sei verspätet. Der an mehreren Stellen angebotenen
Parteivernehmung der Kläger werde widersprochen.
Die Beklagte rechnet hilfsweise mit der rückzuerstattenden Darlehensvaluta auf
und erhebt hinsichtlich der über den zur Aufrechnung gestellten Teilbetrag
hinausgehenden Forderung hilfsweise Widerklage.
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Die aufgrund des zulässigen Einspruchs der Kläger durchzuführende erneute
mündliche Verhandlung führt gemäß § 343 ZPO zur Aufrechterhaltung des
Versäumnisurteils, da die Berufung zwar zulässig ist, in der Sache aber keinen
Erfolg hat.
Die in den Anträgen der Einspruchsschrift bezüglich der begehrten Zahlung
enthaltene Klageerweiterung (von 31.684,80 € auf nunmehr 65.483,26 €) ist nach
§ 533 Nr. 2 ZPO unzulässig, da sie mit neuem Vortrag verbunden ist, der in der
Berufung nicht berücksichtigt werden kann.
Die in den neuen Anträgen enthaltene Klageänderung (Fallenlassen der
Feststellungsanträge und Kopplung des Zug-um-Zug-Antrags mit dem
Leistungsantrag) ist dagegen im Rahmen von § 533 Nr. 1 ZPO zulässig.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Den Klägern steht ein
Anspruch auf Rückabwicklung der mit der Beklagten unter dem Datum 30.9. /
1.10.1997 eingegangenen Darlehensverträge nicht zu - auch nicht im Rahmen der
nach dem Versäumnisurteil geänderten Anträge, soweit diese überhaupt zulässig
sind. Aus diesem Grund kommt auch keine Zurückverweisung der Sache an das
Landgericht in Betracht.
1. Ein Anspruch auf Rückabwicklung der Darlehensverträge folgt nicht aus § 3
HWiG. Dabei kann dahinstehen, ob die genannten Darlehensverträge oder die
damit zusammenhängenden Willenserklärungen der Kläger auf eine
Haustürsituation im Sinne von § 1 I Nr. 1 HWiG zurückgehen, ob diese der
Beklagten zugerechnet werden kann und ob der von den Klägern erklärte Widerruf
rechtzeitig war. Rechtlich ohne Relevanz ist auch, wann die Kläger die
Darlehensverträge tatsächlich unterschreiben haben und ob zunächst andere
Darlehensverträge von dem Vermittler B zurückgefordert wurden, wie die Kläger in
der Einspruchsschrift erstmals vortragen. Selbst wenn man all dies zugunsten der
Kläger als wahr unterstellt, folgt daraus kein Rückabwicklungs- bzw.
Rückzahlungsanspruch gegenüber der Beklagten.
Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs nach dem HWiG ist gemäß § 3 HWiG die
Pflicht beider Vertragsparteien zur Rückgewähr dessen, was sie aus dem Vertrag
erlangt haben. Die Kläger könnten damit Rückzahlung der auf das Darlehen
erbrachten Raten verlangen. Diesem Zahlungsanspruch stünde jedoch der
Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich
marktüblicher Verzinsung gegenüber, den sie dem Zahlungsanspruch der Kläger
entgegenhalten könnte, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen
Aufrechnungserklärung bedarf.
Dass die Kläger das Darlehen erhalten haben, ergibt sich aus der von der
Beklagten vorgelegte Zahlungsanweisung vom 1.10.1997. Ausweislich ihrer
Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 19.7.2006 bestreiten die Kläger
nicht, dass sie diese Zahlungsanweisung unterzeichnet haben. Der nachträglich
Widerruf dieser Auszahlungsanordnung verfängt schon deshalb nicht, weil die mit
der Unterzeichnung der Anweisung zusammenhängende Willenserklärung nicht auf
den Abschluss eines Vertrages gerichtet war, wie dies § 1 I HWiG voraussetzt.
Die von den Klägern zitierte abweichende Rechtsprechung des II. Zivilsenats
(erstmals in den Entscheidungen vom 14.6.2004, II ZR 392/01, 374/02, 385/02,
393/02, 395/02 und 407/02) ist hier nicht einschlägig, da sie sich ausschließlich auf
Fälle des kreditfinanzierten Beitritts zu einer Fondsgesellschaft bezieht.
An dieser Rechtslage hat sich durch die EuGH-Entscheidungen vom 25.10.2005 (C
350/03 und C 229/04) nichts geändert. Der EuGH hat sogar ausdrücklich bestätigt,
dass die nach § 3 HWiG vorgesehene Rückabwicklung mit der Richtlinie 85/577
(Haustürwiderrufsrichtlinie) vereinbar ist.
2. Eine andere Form der Vertragsrückabwicklung ergibt sich in dem hier zu
beurteilenden Fall des kreditfinanzierten Erwerbs einer Eigentumswohnung auch
nicht unter dem Gesichtspunkt des verbundenen Geschäfts im Sinne von § 9
VerbrKrG. Danach wären Darlehensverträge und Kaufvertrag als Einheit zu
betrachten, so dass die Kläger so zu stellen wären, als hätten sie aus dem
Gesamtgeschäft nicht das Darlehen, sondern nur die Wohnung erlangt, was
wiederum zu Folge hätte, dass sie auch nur zu deren Rückübereignung verpflichtet
wären. § 9 VerbrKrG kann aber auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden,
weil es sich bei den zwischen den Parteien geschlossenen Kreditverträgen um
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weil es sich bei den zwischen den Parteien geschlossenen Kreditverträgen um
Realkreditverträge handelt, für die gemäß § 3 II Nr. 2 VerbrKrG die Vorschrift des §
9 III VerbrKrG nicht gilt.
Entgegen der Ansicht der Kläger liegen auch die Voraussetzungen des § 3 II Nr. 2
VerbrKrG vor: Mit einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 7,27 bzw. 7,32 %
halten sich die den Klägern gewährten Kredite im Rahmen der in den
Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Streubreitengrenze
(BGH Urteil vom 18.3.2003, XI ZR 422/01). Unerheblich ist dabei, ob das Darlehen
vollständig oder auch nur überwiegend durch den Verkehrswert der belasteten
Immobilie gesichert ist, da auch eine bloße Teilabsicherung den Tatbestand dieser
Norm erfüllt (BGH Urteil vom 15.7.2003, XI ZR 162/00).
Soweit die Kläger eine teleologische Reduktion des § 3 II Nr. 2 VerbrKrG für
erforderlich halten, ist dem nicht zu folgen. Sie ist weder nach nationalem Recht
noch aufgrund europarechtlicher Auslegung angezeigt. National handelt es sich
um eine bewusste, abschließende Regelung des Gesetzgebers, die von der
Rechtsprechung zu respektieren ist (BGH Urteile vom 23.9.2003, XI ZR 135/02 und
12.11.2002, XI ZR 25/00). Hieran ändern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen
des Europarechts nichts (BGH Urteil vom 16.9.2003, XI ZR 447/02). Mit den beiden
Entscheidungen vom 25.10.2005 hat der EuGH ausdrücklich anerkannt, dass die
Ausgestaltung der Rechtsfolgen eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz
dem nationalen Recht überlassen ist und die Haustürwiderrufsrichtlinie nationalen
Vorschriften nicht entgegensteht, die die Rechtsfolgen des Widerrufs eines
Darlehensvertrags auch im Rahmen von Kapitalanlagemodellen, bei denen das
Darlehen ohne den Erwerb der Immobilie nicht gewährt worden wäre, auf die
Rückabwicklung des Darlehensvertrages beschränken. Insbesondere verbietet es
die Haustürwiderrufsrichtlinie nach den genannten Entscheidungen nicht, dass der
von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machende Verbraucher die Darlehensvaluta
an den Darlehensgeber sofort und mit marktüblichen Zinsen zurückzahlen muss
und dass die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta verlangt wird, obwohl das
Darlehen nach dem für die Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur
Finanzierung des Erwerbs der Immobilie dient und unmittelbar an den Verkäufer
ausbezahlt wurde.
3. Ein verbundenes Geschäft kann auch nicht nach § 242 BGB angenommen
werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat
folgt, sind der Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft
grundsätzlich nicht als zu einer Einheit verbundene Geschäfte anzusehen. Der
Widerruf des Realkreditvertrags berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages über
eine Eigentumswohnung daher grundsätzlich nicht (BGH Urteile vom 12.11.2002,
XI ZR 25/00; 15.7.2003, XI ZR 162/00; 21.7.2003, II ZR 387/02; 16.9.2003, XI ZR
447/02; 23.9.2003, XI ZR 135/02). Ist die Annahme eines verbundenen Geschäfts
nach § 9 VerbrKrG gemäß § 3 II Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen, kommt jedenfalls
im Anwendungsbereich des § 1 VerbrKrG ein Rückgriff auf die von der
Rechtsprechung zum Abzahlungsgesetz aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätze
über das verbundene Geschäft grundsätzlich nicht in Betracht (BGH Urteil vom
27.1.2004, XI ZR 37/03).
4. Soweit der EuGH aus Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie einen
Schadensersatzanspruch des Verbrauchers in den Fällen herleitet, in denen dieser
bei ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht die mit dem Erwerb der
Kapitalanlage verbundenen Risiken hätte vermeiden können, liegen die
Voraussetzungen dieser Ausnahme hier nicht vor.
a) Allerdings ergibt sich dies nicht daraus, dass - wie die Beklagte meint - die
vorliegenden Darlehensverträge schon gar nicht der Haustürwiderrufsrichtlinie
unterfallen, weshalb auch ein Schadenersatzanspruch wegen fehlender
Widerrufsbelehrung nicht in Betracht kommen könne. Zwar ist die
Haustürwiderrufsrichtlinie gemäß Art. 1 in ihrem Anwendungsbereich beschränkt
auf Verträge, die in einer Haustürsituation geschlossen wurden. Das deutsche
HWiG geht aber darüber hinaus und erfasst auch solche Vertragsschlüsse, die
überhaupt auf eine Haustürsituation zurückgehen - zum Vertragsschluss selbst
muss es dabei nicht in einer Haustürsituation gekommen sein. Vorliegend ist der
Darlehensvertrag nach dem Vortrag der Kläger zwar in einer Haustürsituation
angebahnt worden, der eigentliche Vertragsschluss erfolgte jedoch später, indem
die Kläger die ihnen von der Beklagten zugesandten Verträge unterzeichneten.
Allerdings hat der BGH in einer Entscheidung vom 12.12.2005 (II ZR 327/04) unter
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Allerdings hat der BGH in einer Entscheidung vom 12.12.2005 (II ZR 327/04) unter
Bezugnahme auf die EuGH-Entscheidungen vom 25.10.2005 festgestellt, dass
unbeschadet des unterschiedlichen Anwendungsbereichs der
Haustürwiderrufsrichtlinie und des HWiG das Widerrufsrecht nach § 1 HWiG immer
dann anwendbar ist, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat.
b) Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts können aber nur solche
Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrags
eingegangen ist. War der Kaufvertrag schon vor Abschluss des Darlehensvertrages
zustande gekommen, so hätte er auch durch ordnungsgemäße Belehrung über
das Widerrufsrecht nicht mehr beseitigt werden können.
Die Kläger haben den Kaufvertrag am 9.9.1997 nicht selbst geschlossen. Vor dem
Notar ist vielmehr der Vermittler B aufgetreten. Dessen Handeln haben die Kläger
dann mit notarieller Bestätigung vom 9.10.1997 - also nach Abschluss der
Darlehensverträge - genehmigt. Würde man davon ausgehen, dass der
Kaufvertrag bis zur Bestätigung vom 9.9.1997 hinsichtlich der Kläger schwebend
unwirksam war, hätten die Kläger sich auch dazu entschließen können, ihn nicht zu
genehmigen. In diesem Fall könnte die unterlassene Widerrufsbelehrung nach
HWiG bei Abschluss der Darlehensverträge also auch kausal für die Eingehung der
kaufvertraglichen Verpflichtungen geworden sein. Bei genauerer Prüfung der
Bestätigung vom 9.10.1997 lässt sich aber feststellen, dass die Kläger darin
lediglich eine dem Vermittler B bereits zuvor mündlich erteilte Vollmacht
bestätigen. Insoweit handelte der Vermittler B also schon am 9.9.1997 in
Vollmacht der Kläger und der Kaufvertrag kam zu diesem Zeitpunkt - und damit
vor Abschuss der Darlehensverträge - zustande.
§ 313 BGB a.F. (neu § 311 b I BGB) seht dem nicht entgegen, denn die Vollmacht
des Vertreters zum Erwerb eines Grundstücks ist gemäß § 167 II BGB
grundsätzlich formfrei (Jauernig-Vollkommer BGB, 6. Auflage, § 313 Anm 4 p).
Auch wenn eine ordnungsgemäße Belehrung zu relevanten Zeitpunkt erfolgt wäre,
hätte der Abschluss des Kaufvertrages über die Wohnungen damit nicht mehr
vermieden werden können. Auch eine Möglichkeit zur nachträglichen Beseitigung
dieses Kaufvertrags bestand für die Kläger nicht mehr.
c) Soweit die Kläger in der Einspruchsschrift erstmals die Wirksamkeit des
Kaufvertrages selbst infrage stellen, hat dies - weil kein Verbundgeschäft vorliegt -
unmittelbar keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Darlehensverträge.
Soweit der Einwand unter dem Blickwinkel der Kausalität der unterbliebenen
ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung Bedeutung haben könnte, wenn man
forderte, dass nur der wirksame Abschluss eines Kaufvertrages die unterbliebene
ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung bei Abschluss der Darlehensverträge
irrelevant macht, ändert auch dies im Ergebnis nichts. Die Kläger begründen
nämlich die Unwirksamkeit des Kaufvertrages nachträglich mit Verstößen gegen
das AGBG und das BeurkG. Eine wirksame Belehrung über ihr Widerrufsrecht
anlässlich des Abschlusses der Darlehensverträge hätte sie danach nicht davon
abgehalten, das Geschäft durchzuführen.
d) Soweit die Kläger in der Einspruchsschrift erstmals vortragen, der Vermittler B
sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages tatsächlich nicht von ihnen
bevollmächtigt gewesen, steht dies im Widerspruch zu ihrer eigenen Erklärung vor
dem Notar am 9.9.1997. Schon materiell-rechtlich können sich die Kläger nach §
242 BGB nicht ohne weiteres von ihrer damaligen Erklärung lossagen. Jedenfalls
kann dieser neue Vortrag, den die Beklagte bestreitet, aber gemäß § 531 II ZPO in
der Berufung nicht mehr berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist der Vortrag
auch verspätet im Sinne von § 530 ZPO. Soweit die Kläger dies damit zu
entschuldigen versuchen, die entsprechenden Erkenntnisse um den Vermittler B
"seien erst nach dem Säumnis-Termin gewonnen" worden, kann dies nicht
durchgreifen, zumal völlig unklar bleibt, was dies bedeuten soll.
Soweit die Kläger die Erklärung vom 9.9.1997 schließlich nach HWiG widerrufen
wollen, scheitert dies jedenfalls an § 1 II 3 HWiG.
5. Ein Anspruch steht den Klägern auch nicht unter dem Gesichtspunkt des
Schadensersatzes aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung oder
§ 826 BGB zu. Die Beklagte hat keine ihr als Nebenpflicht aus dem
Darlehensvertrag obliegenden Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten verletzt. Auch
aus einem etwa zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrag
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aus einem etwa zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrag
können die Kläger keinen Schadensersatz verlangen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende
Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der
Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen
(BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576 - beide mit weiteren Nachweisen).
Die Verwendung des Kredits ist allein Sache des Kreditnehmers. Ihm allein obliegt
es, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die
Entscheidung darüber, ob er sie eingehen will, eigenverantwortlich zu treffen. Das
mit der Verwendung des Darlehens verbundene Risiko hat der Darlehensnehmer
grundsätzlich allein zu tragen. Bei finanzierten Kapitalanlagen darf die
darlehensgebende Bank deshalb regelmäßig davon ausgehen, dass der
Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage hinreichend
geprüft hat, gegebenenfalls unter Einschaltung besonderer Fachberater. Dies gilt
auch und in besonderem Maß bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart
WM 2000, 292).
Nur ausnahmsweise und in besonderen Fallgruppen kommt eine Aufklärungs- und
Beratungspflicht der Bank in Betracht. Dem Vortrag der Kläger lassen sich indes
keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer der von der Rechtsprechung hierzu
entwickelten Ausnahmefälle - Überschreiten der Kreditgeberrolle, Schaffung eines
besonderen Gefährdungstatbestandes, Bestehen einer Interessenkollision oder
Vorliegen eines konkreten Wissensvorsprunges - entnehmen.
a) Ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung bestand insbesondere nicht im
Hinblick auf die im Kaufpreis enthaltenen Innenprovisionen.
Der entsprechende Vortrag der Kläger kann von vornherein in der Berufung gemäß
§ 531 II ZPO nicht mehr berücksichtigt werden. Aber selbst, wenn man dies
zugunsten der Kläger außer Acht lässt, liegt eine Aufklärungspflichtverletzung nicht
vor, auch wenn die Provisionen mindestens 30 % betragen haben sollten, wie die
Kläger behaupten. Anders als ein Anlagevermittler, der dem Anlageinteressenten
vertraglich Aufklärung über alle für die Anlageentscheidung bedeutsamen
Umstände schuldet, ist nämlich eine kreditgebende Bank bei steuersparenden
Bauherren- und Erwerbermodellen grundsätzlich nicht verpflichtet, den Anleger
und Darlehensnehmer ungefragt über eine im finanzierten Kaufpreis einer
Eigentumswohnung enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Dies gilt
auch dann, wenn diese Innenprovision 15 % übersteigt (BGH Urteile vom
12.11.2002, XI ZR 3/01, und vom 23.3.2004, XI ZR 194/02).
b) Soweit die Kläger in der Einspruchsschrift erstmals vortragen, der Vermittler B
habe ihnen ein falsches Finanzierungsbeispiel präsentiert, das die
tilgungsersetzenden Lebensversicherungsprämien nicht berücksichtigt habe, ist
dieser Vortrag neu, von den Beklagten bestritten und kann daher nach § 531 II
ZPO nicht mehr berücksichtigt werden, da er erstinstanzlich nicht gehalten wurde,
obwohl dies möglich gewesen wäre.
c) Ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung liegt auch nicht darin, dass die von
den Klägern erworbene Wohnung möglicherweise sittenwidrig überteuert war und
die Beklagte dies gewusst haben soll. Der erkennende Senat folgt insoweit der
Rechtsprechung des BGH, der eine Aufklärungspflicht der Bank über die
Unangemessenheit des Kaufpreises ausnahmsweise annimmt, wenn die Bank bei
einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen
Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (Urteile vom 20.
Mai 2003, XI ZR 248/02 und vom 18.11.2003, XI ZR 322/01).
Erforderlich dazu ist zum einen substantiierter Vortrag zum Wert der Wohnung im
Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses, der - um als sittenwidrig überteuert
angesehen werden zu können - nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs knapp doppelt so hoch sein muss wie der Wert der Wohnung
(BGHZ 146, 298, 302 ff.; Urteil vom 20.5.2003, XI ZR 248/02 - jeweils mit weiteren
Nachweisen).
Lässt man zugunsten der Kläger insoweit die Vorlage des Verkehrswertgutachtens
Sander vom 13.3.2003 ausreichen, ist für die Annahme einer Aufklärungspflicht
weiterhin aber auch die Kenntnis der Bank von der sittenwidrigen Überteuerung
erforderlich.
Auf diese Kenntnis kann nicht im Wege einer tatsächlichen Vermutung allein aus
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Auf diese Kenntnis kann nicht im Wege einer tatsächlichen Vermutung allein aus
der objektiven Überteuerung geschlossen werden. Eine solche Vermutung hat die
Rechtsprechung lediglich aufseiten des am Rechtsgeschäft unmittelbar beteiligten
Geschäftspartners bejaht. Dies kann jedoch auf die das Geschäft finanzierende
Bank nicht übernommen werden. Anders als der Geschäftspartner selbst, muss
sich die Bank über die Rentabilität des Geschäfts keine Gedanken machen und
braucht keinen Vergleich des Werts von Leistung und Gegenleistung anzustellen.
Wenn sie sich darauf beschränkt, den beantragten Kredit nach Prüfung der
Bonitätsvoraussetzungen zu gewähren, begeht sie keine Pflichtverletzung. Eine
solche kommt nur in Betracht, wenn sie trotz positiver Kenntnis von der
sittenwidrigen Überteuerung von einem Hinweis an den Darlehensnehmer absieht.
Dass dies so war, müssen die Kläger vortragen und beweisen. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern angeführten BGH-Entscheidung
(BGH Urteil vom 20.1.2004, XI ZR 460/02 = WM 2004, 521). Darin wird nur beiläufig
erwähnt, dass im Falle des Bestehens des objektiven Tatbestands der
Sittenwidrigkeit - hier krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
- eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit
begründet werde. Diese Ausführungen beziehen sich auf das zu beurteilende
(sittenwidrige) Geschäft selbst und die daran Beteiligten. Die Vermutungsregelung
kann aber nicht auf die Kenntnis eines Dritten - hier der Bank - ausgeweitet
werden.
Zu einer entsprechenden Kenntnis der Beklagten von der Sittenwidrigkeit haben
die Kläger nicht ausreichend vorgetragen.
Soweit die Kläger unter Beweisantritt behaupten, die Beklagte habe durch
Gespräche im März 1997 positive Kenntnis von der sittenwidrigen
Kaufpreisüberhöhung gehabt, weil bei diesen Gesprächen nicht nur über die
verdeckten Innenprovisionen, sondern auch allgemein über die Werthaltigkeit der
Immobilien gesprochen wurde, kann dieser neue Vortrag gemäß § 531 II ZPO nicht
mehr berücksichtigt werden können. Darüber hinaus ist er im Hinblick auf die
konkrete Wohnung, die die Kläger erwarben, viel zu pauschal und ungenau, als
dass sich hierauf eine zulässige Beweisaufnahme gründen ließe, die keiner
unzulässigen Ausforschung gleichkäme.
Um ihrer Darlegungspflicht nachzukommen, können die Kläger auch nicht die
Vorlage der Finanzierungsakte der Beklagten nach §§ 421 f. ZPO verlangen. Der
Urkundsbeweis durch Antrag auf Vorlage einer Urkunde durch den Gegner ist zum
einen nur bezüglich einer konkret bezeichneten Urkunde möglich, nicht jedoch
bezüglich einer Urkundensammlung mit ungewissem Inhalt, wie sie eine komplette
Akte darstellt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, woraus sich der materielle
Anspruch der Kläger gegen die Beklagte auf Herausgabe der Finanzierungsakte
ergeben soll.
d) Soweit der BGH in seiner Entscheidung vom 16.5.2006, XI ZR 6/04, für die Fälle
eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem
Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts dem Anleger ermöglicht hat,
sich unter erleichterten Voraussetzungen auf einen die Aufklärungspflicht der Bank
auslösenden Wissensvorsprung zu berufen, liegen diese Voraussetzungen hier
nicht vor. Ein derartiger Wissensvorsprung wird nämlich nur dann vermutet, wenn
folgende Umstände vorliegen:
- eine arglistige Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler,
Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des -prospekts über das Anlageobjekt;
- ein institutionalisiertes Zusammenwirken zwischen Verkäufer oder
Fondsinitiatoren, der von ihnen beauftragten Vermittler und der Bank;
- die unrichtigen Angaben sind evident und es drängt sich auf, die Bank habe sich
der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
Aus dem bisherigen Vortrag der Kläger ergibt sich nicht, dass diese
Voraussetzungen - insbesondere die zweite und dritte - vorliegen könnten.
Entgegen der Ansicht der Kläger konnte ihnen zur Nachholung etwaigen
diesbezüglichen Vortrags kein Schriftsatznachlass gewährt werden; auch eine
Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz zur weiteren Aufklärung des
Sachverhalts kam nicht in Betracht.
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Die Kläger hatten nach der Veröffentlichung der vorgenannten Entscheidung des
BGH ausreichend Zeit, ihren Vortrag auf die neuen Voraussetzungen
auszurichten. Die Entscheidung des BGH vom 16.5.2006 war jedenfalls Anfang Juni
2006 via Internet von der Homepage des BGH abrufbar. Die danach für die Kläger
bzw. ihren Prozessvertreter bis zum Einspruchstermin verbleibende Zeit von über
sechs Wochen hätte nach Lage der Dinge für die Vorbereitung entsprechenden
Vortrags ausreichen müssen. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass es
ja nicht um die Beschäftigung mit völlig neuer Materie ging, sondern lediglich um
die Neubewertung und -ordnung bereits bekannter Fakten hinsichtlich eines
Rechtsstreits, der sich bereits in der Berufung befand, bei dem das Gericht bereits
einen Hinweisbeschluss nach § 522 II ZPO erlassen hatte und schon eine
mündliche Verhandlung mit ausführlicher Erörterung stattgefunden hat, die mit
einem Versäumnisurteil endete.
e) Soweit die Kläger in der Einspruchsschrift erstmals auch geltend machen, die
Beklagte habe einen Beratungsvertrag bei der "vorweggenommenen
Kreditberatung" im Rahmen ihrer Beteiligung an der Konzeption und Gestaltung
der Finanzierung verletzt , sind die Darlegungen nur pauschal. In den umfänglichen
"rechtshistorischen" Ausführungen der Kläger in der Einspruchsschrift findet sich
kein substantiierter Sachvertrag, der in Bezug zu dem konkreten Sachverhalt
steht.
Im Übrigen steht der Berücksichtigung dieses neuen Vortrags wiederum § 531 II
ZPO entgegenstehen.
6. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 30.12.2004 hilfsweise erklärte
Aufrechnung und vorsorglich hilfsweise angekündigten Widerklage können bei
dieser Sachlage dahinstehen.
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Der in der mündlichen Verhandlung vom 13.7.2006 von der Beklagten beantragte
Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz der Gegenseite vom 13.7.2006 war
angesichts der bestehenden Sach- und Rechtslage entbehrlich.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Kläger vom 1.8.2006 konnte nach § 296 a
ZPO nicht mehr berücksichtigt werden, soweit er neue Angriffs- oder
Verteidigungsmittel enthält.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2, 108 I ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht
vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.