Urteil des BGH vom 08.07.1999

BGH (stgb, apotheke, brandstiftung, absicht, lfg, brand, vorsatz, ehefrau, verweisung, gebäude)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 597/99
vom
15. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. März 2000 ein-
stimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 8. Juli 1999 wird mit der Maßgabe als unbegründet
verworfen, daß aus dem Schuldspruch das Wort ”vorsätzlicher”
gestrichen wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen ”vorsätzlicher” Brandstif-
tung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB) in Tateinheit mit Versicherungsmißbrauch ver-
urteilt. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2
StPO). Der Senat hat nur die unnötige Bezeichnung der Tat als ”vorsätzliche”
Brandstiftung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 260 Rdn. 24)
aus der Urteilsformel gestrichen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Landgericht hat den Angeklagten verurteilt, weil er das Ladenge-
schäft, in dem seine Ehefrau einen Handel mit Geschenkartikeln und Tabakwa-
ren sowie eine Lotto-Annahmestelle betrieb, ohne Eigentümerin des Gebäudes
zu sein, in der Absicht in Brand gesetzt hatte, die Versicherungsleistungen aus
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der Feuerversicherung seiner Ehefrau und damit dem Familieneinkommen zu-
kommen zu lassen. Nach den Feststellungen des Landgerichts befand sich in
der an das Ladengeschäft angrenzenden Apotheke zum Zeitpunkt der Brand-
legung gegen 3.45 Uhr die den Nachtdienst versehende Apothekerin und
schlief. Sie wurde durch den bei der Tat verursachten Lärm wach und konnte
sich deshalb durch die bereits völlig verqualmte Apotheke vor dem sich schnell
ausbreitenden Brand retten. Das Landgericht hat ausgeführt, sie sei durch die
Tat an Leib und Leben konkret gefährdet gewesen (UA S. 19).
Danach liegt es nahe, daß sich der Angeklagte der besonders schweren
Brandstiftung nach § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB i.V.m. § 306 a Abs. 2 StGB
schuldig gemacht hat. Er hat eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB bezeichnete Sa-
che (ein Gebäude) in Brand gesetzt. Auf die Eigentumslage an dem Gebäude
kommt es nicht an. Der Bundesgerichtshof hat schon mehrfach ausgesprochen,
daß § 306 a Abs. 2 StGB durch die Verweisung auf die ”in § 306 Abs. 1 Nr. 1
bis 6 bezeichnete(n) Sache(n)” nur an das Inbrandsetzen oder die Zerstörung
durch Inbrandsetzung bestimmter Arten von Gegenständen anknüpft, nicht
auch an das fremde Eigentum dieser Objekte (BGH NStZ 1999, 32, 33 mit in-
soweit zustimmender Anm. Wolters JR 1999, 208, 209; BGH, Beschl. vom
10. Dezember 1998 - 3 StR 364/98). Der Wortlaut der Vorschrift spricht inso-
weit für diese Auslegung, als in § 306 a Abs. 2 StGB auf die in § 306 Abs. 1
StGB vor der Aufzählung der einzelnen Tatobjekte stehende Fremdheit gerade
nicht Bezug genommen wird und sich andernfalls die schlichte Verweisung auf
”306 Abs. 1” angeboten hätte (Horn in SK-StGB 49. Lfg. § 306 a Rdn. 25).
Hierfür sprechen auch systematische Erwägungen (vgl. Wolters JR 1999, 208,
209). Fremde Sachen sind als Tatobjekte deshalb nicht ausgeschlossen.
§ 306 a Abs. 2 StGB ist auch in diesem Fall keine Qualifikation des § 306
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Abs. 1 StGB (so Horn in SK-StGB 49. Lfg. § 306 a Rdn. 26, 24; aA Fischer in
Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 306 a Rdn. 10).
Der Angeklagte hat nach den Feststellungen dadurch einen anderen
Menschen zumindest in konkrete Gesundheitsgefahr (vgl. BGH NStZ 1999, 32,
33) gebracht. Die Feststellungen, die Apotheke habe Nachtdienstbereitschaft
gehabt, lassen es nicht fern liegen, daß der Angeklagte mit der Möglichkeit ge-
rechnet hat, daß sich in der Apotheke deswegen zur Nachtzeit eine Person
aufhielt, die durch die Brandlegung in Gefahr geriet, und damit bei der Tataus-
führung deren Gefährdung zumindest billigend in Kauf genommen hat. Damit
läge die von § 306 a StGB geforderte Vorsatz-Vorsatz-Kombination vor. Eine
Tat, bei der der Täter die Gefahr nur fahrlässig verursacht (Vorsatz-
Fahrlässigkeits-Kombination nach § 306 d Abs. 2 StGB), wäre keiner der in
§ 306 b Abs. 2 StGB geforderten ”Fälle des § 306 a” (vgl. Wolters JR 1998,
271, 273).
Das Landgericht hat weiter festgestellt, daß der Angeklagte in der Ab-
sicht handelte, eine andere Straftat, nämlich einen Betrug zum Nachteil der
Feuerversicherung durch Geltendmachung des Brandschadens, zu ermögli-
chen. Dies reicht zu der von § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB geforderten Absicht
aus. Es ist nicht erforderlich, daß nach der Vorstellung des Täters die andere
Tat gerade durch die spezifischen Auswirkungen der Gemeingefahr aufgrund
der Brandlegung begünstigt wird (BGH, Urt. vom 23. September 1999 - 4 StR
700/98 - zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt = NJW 2000, 226; BGH,
Beschl. vom 29. September 1999 - 3 StR 359/99; aA Fischer in Trönd-
le/Fischer, StGB 49. Aufl. § 306 b Rdn. 9; Horn in SK-StGB 49. Lfg. § 306 b
Rdn. 12).
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Dadurch, daß das Landgericht diese Prüfung unterlassen hat, ist der
Angeklagte indes nicht beschwert.
Kutzer RiBGH Dr. Rissing-van Saan Miebach
ist durch Urlaub verhindert zu
unterschreiben.
Kutzer
Winkler Pfister