Urteil des BGH vom 30.08.2002

BGH (antragsteller, rechtssatz, genossenschaft, oldenburg, beendigung, kompetenz, verzicht, beschwerde, wirksamkeit, abberufung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 32/02
vom
13. März 2003
in der Landwirtschaftssache
betreffend einen Augleichsanspruch nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 13. März
2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschafts-
senats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. August 2002
wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die dem Antragsteller auch
die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens
zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren be-
trägt 3.000
Gründe:
I.
Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin im Wege des Stu-
fenantrags zunächst Auskunft, um einen Anspruch auf bare Zuzahlung nach
§ 28 Abs. 2 LwAnpG berechnen zu können.
Der Antragsteller war Mitglied der LPG (P) G. -K. . Die An-
tragsgegnerin wurde im Jahr 1990 in die Rechtsform einer eingetragenen Ge-
nossenschaft umgewandelt; der Antragsteller war eines ihrer Vorstandsmitglie-
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der. Ihm wurden Anfang 1998 gesellschaftswidriges Verhalten und Untreue zur
Last gelegt. Am 23. Januar 1998 schlossen die Beteiligten eine Aufhebungs-
vereinbarung, wonach der Antragsteller sein Amt als Vorstandsmitglied mit so-
fortiger Wirkung niederlegte und der Anstellungsvertrag einvernehmlich auf-
gelöst wurde; ferner erklärten sie, darüber einig zu sein, daß keine wechselsei-
tigen Ansprüche mehr bestehen. Für die Antragsgegnerin wurde die Vereinba-
rung von ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden und von ihrem Vorstandsvorsitzen-
den unterzeichnet.
Der Antragsteller meint, ihm stünde gegen die Antragsgegnerin ein An-
spruch auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG zu. Das Landwirtschafts-
gericht hat den Auskunftsantrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde
des Antragstellers hat das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - ihm
stattgegeben. Mit ihrer - nicht zugelassen - Rechtsbeschwerde erstrebt die An-
tragsgegnerin weiter die Zurückweisung des Antrags.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie
nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2
LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2
Nr. 1 LwVG zulässig. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor (dazu
näher BGHZ 89, 149 ff.).
1. Die Antragsgegnerin macht zunächst geltend, das Beschwerdegericht
sei von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18. April
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1991 (1 U 174/90, ZfG 44, 139 = DB 1992, 1179) abgewichen. Es ist jedoch
kein von dem Beschwerdegericht aufgestellter, seine Entscheidung tragender
Rechtssatz ersichtlich, der von einem in der genannten Entscheidung des
Oberlandesgerichts Oldenburg enthaltenen Rechtssatz abweicht. Dort ging es
ausschließlich um die Zuständigkeit des Aufsichtsrats einer Genossenschaft für
die sofortige einvernehmliche Beendigung des Dienstvertrags mit einem Vor-
standsmitglied einschließlich einer Abfindungsregelung, jedoch ohne einen
Regreßverzicht. Hier geht es indes um die Wirksamkeit eines wechselseitigen
Anspruchsverzichts. Darüber verhält sich die Entscheidung des Oberlandesge-
richts Oldenburg nicht, so daß das Beschwerdegericht insoweit keinen abwei-
chenden Rechtssatz aufstellen konnte.
2. Weiter meint die Antragsgegnerin, das Beschwerdegericht sei auch
von der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 24. November 1980
(BGHZ 79, 38) abgewichen. Auch das ist nicht richtig. Die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes enthält keinen sie tragenden Rechtssatz, daß ein Ver-
gleich über den wechselseitigen Anspruchsverzicht zwischen einer Genossen-
schaft und ihrem ausscheidenden Vorstandsmitglied für die Genossenschaft
von dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Vorstandsvorsitzenden geschlos-
sen werden könnte. Auch insoweit konnte das Berufungsgericht somit keinen
abweichenden Rechtssatz aufstellen.
3. Soweit die Antragsgegnerin unter Berufung auf die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes vom 8. Dezember 1997 (II ZR 236/96, NJW 1998, 1315)
meint, das Beschwerdegericht habe nicht berücksichtigt, daß dem zur Bestel-
lung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern ermächtigten Aufsichtsrat einer
Genossenschaft auch die Annex-Kompetenz zustehen müsse, sich mit dem
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ausscheidenden Vorstandsmitglied über den wechselseitigen Anspruchsver-
zicht zu einigen, reicht das nicht aus, die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde
darzutun. Die Antragsgegnerin zeigt nämlich keinen von dem Beschwerdege-
richt aufgestellten Rechtssatz auf, der von einem in der genannten Entschei-
dung des Bundesgerichtshofes enthaltenen Rechtssatz abweicht. Sie macht
vielmehr lediglich Rechtsfehler des Beschwerdegerichts geltend, das die Zu-
ständigkeit des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin zur Bestellung von Vor-
standsmitgliedern übersehen haben soll. Das ist jedoch für die Frage der Zu-
lässigkeit der Rechtsbeschwerde ohne Belang, denn ein solcher Fehler macht
- für sich genommen - sie nicht statthaft (st. Senatsrspr., s. schon BGHZ 15, 5,
9 f. und Senatsbeschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lem-
ke