Urteil des BGH vom 02.02.2004
BGH (antragsteller, zulassung, berlin, vermögensverfall, beschwerde, rechtsanwaltschaft, sache, vermutung, antrag, sicherung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 18/04
vom
27. September 2005
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der  Bundesgerichtshof,  Senat  für  Anwaltssachen,  hat  durch  die  Vorsitzende
Richterin  Dr. Deppert,  die  Richter  Basdorf  und  Dr. Ganter,  die  Richterin
Dr. Otten  und  die  Rechtsanwälte  Dr. Schott,  Dr. Wüllrich  und  Dr. Frey  am
27. September 2005
beschlossen:
Die  sofortige  Beschwerde  des  Antragstellers  gegen  den  Be-
schluss  des  I.  Senats  des  Anwaltsgerichtshofes  Berlin  vom
2. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
der  Antragsgegnerin  die  ihr  im  Beschwerdeverfahren  entstande-
nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der  Geschäftswert  für  das  Beschwerdeverfahren  wird  auf
50.000 € festgesetzt.
Gründe:
1.  Der  Antragsteller  ist  seit  1988  zur  Rechtsanwaltschaft  beim  Landge-
richt  Berlin  zugelassen.  Mit  Bescheid  vom  12. Februar  2003  hat  die  Antrags-
gegnerin  die  Zulassung  des  Antragstellers  wegen  Vermögensverfalls  widerru-
fen.  Den  Antrag  auf  gerichtliche  Entscheidung  hat  der  Anwaltsgerichtshof  zu-
rückgewiesen. Gegen dessen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde
des  Antragstellers.  Mittlerweile  hat  die  Antragsgegnerin  am  9. Juni  2004  den
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Sofortvollzug der Widerrufsverfügung angeordnet. Auf mündliche Verhandlung
haben die Beteiligten verzichtet.
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2.  Die  sofortige  Beschwerde  ist  zulässig  (§ 42  Abs. 1  Nr. 3,  Abs. 4
BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
a)  Nach  § 14  Abs. 2  Nr.  7  BRAO  ist  die  Zulassung  zur  Rechtsanwalt-
schaft  zu  widerrufen,  wenn  der  Rechtsanwalt  in  Vermögensverfall  geraten  ist,
es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet
sind. Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof die Voraussetzungen eines Vermö-
gensverfalls  zum  maßgeblichen  Zeitpunkt  des  Widerrufsbescheids  als  belegt
angesehen,  weil  der  Antragsteller  damals  mit  einem  Haftbefehl  vom
27. November 2002 (AG Schöneberg - 31 M 1567/02) im Schuldnerverzeichnis
(§ 915  ZPO)  eingetragen  war;  damit  wurde  der  Vermögensverfall  nach  § 14
Abs. 2 Nr. 7 (2. Halbsatz) BRAO gesetzlich vermutet.
b)  Für  eine  Widerlegung  der  Vermutung  oder  eine  im  Beschwerdever-
fahren  beachtliche  Konsolidierung  der  Vermögensverhältnisse  des  Antragstel-
lers  ist  nichts  ersichtlich.  Das  Gegenteil  ergibt  sich  bereits  aus  folgenden  Er-
kenntnissen:  Die  Eintragung  im  Schuldnerverzeichnis,  auf  welche  die  Vermu-
tung gestützt wird, besteht nach Leistung der eidesstattlichen Versicherung am
24. Mai  2004  in  derselben  Sache  fort,  drei  weitere  Eintragungen  wegen  im
März  2004  erlassener  Haftbefehle  sind  hinzugekommen  (AG  Schöneberg
- 30 M 190, 192 und 312/04). Im Februar 2005 bestanden Sozialversicherungs-
rückstände von insgesamt mehr als 12.000 €. Eine Gläubigern, die A.      Bank,
hat beim Amtsgericht Charlottenburg                          Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens  über  das  Vermögen  des  Antragstellers  gestellt,  der  am
22. Juli 2005 mangels Masse zurückgewiesen worden ist. Abgesehen von alle-
dem  hat  es  der  Antragsteller,  der  sich auf punktuelles Vorbringen beschränkt,
bereits an der Erfüllung der ihm bekannten unerlässlichen Verpflichtung zu um-
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fassender  Darstellung  seiner  Vermögensverhältnisse  (vgl.  Feuerich/Weyland,
BRAO 6. Aufl. § 14 Rdn. 59 m.w.N.) fehlen lassen.
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c)  Ein  Ausnahmefall,  in  dem  die  Interessen  der  Rechtsuchenden  unge-
achtet  des  Vermögensverfalls  nicht  gefährdet  wären,  liegt  nicht  vor.  Zumal  in
der  gegebenen  weitestgehend  ungeordneten  Vermögenssituation  des  An-
tragstellers  nach  Ablehnung  eines  Insolvenzantrages  mangels  Masse  begrün-
det  die  Berufung auf die Umstände seiner Anstellung in der Einzelkanzlei sei-
nes Verfahrensbevollmächtigten keine ausreichend stabile Sicherung, um eine
Gefährdung  Rechtsuchender  für  den  Fall  auszuschließen,  dass  ihm  die  Fort-
setzung  seiner  anwaltlichen  Tätigkeit  ungeachtet  des  Vermögensverfalls  er-
möglicht  würde.  Es  sind  keine  persönlichen  Besonderheiten  ersichtlich  und
insbesondere  keine  umfassend  ausgestalteten  Sicherungen  gegeben,  wie  sie
in  dem  der  Senatsentscheidung  vom  18. Oktober  2004  - AnwZ (B)  43/03 -
(NJW  2005,  511)  zugrunde  liegenden  Fall  die  Annahme  einer  seltenen  Aus-
nahme  (vgl.  Senatsbeschlüsse  vom  4. April  2005  - AnwZ (B)  15/04 -  und  vom
18. April  2005  - AnwZ  (B)  38/04)  von  der  Regel  des  Zulassungswiderrufs  bei
Vermögensverfall gestatteten.
Deppert
Basdorf
Ganter
Otten
Schott
Wüllrich
Frey
AGH Berlin, Entscheidung vom 02.02.2004 - I AGH 10/03 -
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