Urteil des BGH vom 24.01.2002

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 206/00
Verkündet am:
24. Januar 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 781
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu einem "Schuldbekenntnis
am Unfallort" finden im Vertragsrecht keine Anwendung.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - VII ZR 206/00 - OLG Naumburg
LG Halle
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Hausmann und Dr. Kuffer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. April 2000 aufgeho-
ben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Beru-
fungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
I.
Die Parteien haben aufgrund einer Vielzahl an Verträgen jeweils für die
andere Partei Werkleistungen erbracht.
Die Klägerin hat von der Beklagten eine Restvergütung für erbrachte
Leistungen in Höhe von 53.767,25 DM verlangt. Die Beklagte hat u.a. gegen-
über dieser Forderung mit zwei unstreitigen Gegenforderungen in Höhe von
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insgesamt 14.215,39 DM die Aufrechnung erklärt. Die verbleibende Restforde-
rung in Höhe von 39.549,86 DM ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Beklagte hat mit einer bestrittenen Gegenforderung in Höhe von
146.890,26 DM die Aufrechnung erklärt und hinsichtlich des Restbetrages in
Höhe von 107.340,40 DM Widerklage erhoben.
Gegenstand der Revision ist nur noch diese bestrittene Gegenforderung.
II.
Die Klägerin, die von der Stadt S. den Auftrag über die Errichtung eines
Parkplatzes erhalten hatte, vergab diesen Auftrag im Juli 1994 an die Beklagte
als Subunternehmerin auf der Grundlage eines schriftlichen Angebots der Be-
klagten.
Die Beklagte führte die Arbeiten aus. Am 15. November 1994 nahm die
Stadt S. den Parkplatz entsprechend der Vereinbarung der Parteien im Ver-
tragsverhältnis zwischen ihnen unter Vorbehalt einiger geringfügiger Mängel
ab.
Nachdem die Beklagte am 12. Dezember 1994 die Schlußrechnung er-
teilt hatte, kam es zwischen den Parteien zum Streit über die Höhe der Forde-
rung. Die Klägerin kürzte die Rechnung um mehrere Einzelbeträge und zahlte
im übrigen.
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Entscheidungsgründe:
I.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg, sie führt zur Aufhebung des Beru-
fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
II.
1. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten geltend gemachte
Vergütungsforderung für den Parkplatz der Höhe nach mit folgenden Erwägun-
gen für begründet erachtet:
a) Nach den Aussagen der Zeugen S. und M. sei Ausgangspunkt des
Gespräches vom 7. Juni 1995 gewesen, daß die Höhe der Forderung zwischen
den Parteien "klar" gewesen sei. Darin sei ein "Schuldbekenntnis" zu sehen,
das zur Folge habe, daß die Beweislage des Erklärungsempfängers sich ver-
bessere. Er müsse die Behauptungen, die sein Prozeßbegehren tragen sollen,
erst beweisen, wenn der Erklärende den Nachweis der Unrichtigkeit des Aner-
kannten geführt habe.
b) Folglich habe die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, wel-
che von ihr nach der Besprechung vom 7. Juni 1995 beanstandeten Mengen-
und Massenberechnungen und welche beschriebenen Arbeitsleistungen von
der Beklagten konkret falsch berechnet worden seien und in welcher Höhe die-
se hätte berechnet werden dürfen. Dazu habe die Klägerin weder substantiiert
vorgetragen noch Beweis angeboten.
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2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung
nicht Stand.
a) Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Beweisla-
stumkehr bei einem "Schuldbekenntnis" sind auf Erklärungen über Grund und
Höhe vertraglicher Forderungen nicht anwendbar. Die vorgenannten Grundsät-
ze betreffen eine Erklärung in der besonderen Situation an einem Unfallort
(BGH, Urteil vom 10. Januar 1984 - VI ZR 64/82, NJW 1994, 799).
Die daraus abgeleitete Änderung der Beweislage ist ein Äquivalent da-
für, daß der Erklärungsempfänger von der Wahrnehmung seiner Aufklärungs-
möglichkeiten absieht.
b) Eine Bestätigungserklärung im Sinne eines "Zeugnisses des Aner-
kennenden gegen sich selbst" (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1976
- IV ZR 222/74, BGHZ 66, 250, 254 f.) kann den Aussagen der Zeugen zu dem
Gespräch am 7. Juni 1995 nicht entnommen werden. Die beiden Zeugen ha-
ben hierzu keine konkreten Tatsachen bekundet, sondern nur Meinungen ge-
äußert.
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3. Entgegen der Rüge der Revisionserwiderung, trifft die Beurteilung des
Berufungsgerichts zu, daß die Parteien in dem Anspruch vom 7. Juni 1995 kein
Schuldanerkenntnis vereinbart haben.
Ullmann
Thode
Haß
Hausmann
Kuffer