Urteil des BGH vom 14.04.2010

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
TEILVERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
VIII ZR 145/09 Verkündet
am:
14. April 2010
Ring,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 281, 325, 254 Dc
a) Ein auf einen Mangel eines Kraftfahrzeugs gestützter Rücktritt des Käufers vom
Kaufvertrag schließt dessen Recht nicht aus, daneben unter den Voraussetzungen
des Schadensersatzes statt der Leistung Ersatz des mangelbedingten Nutzungs-
ausfallschadens zu verlangen (Bestätigung von BGHZ 174, 290).
b) Der Käufer kann allerdings im Hinblick auf die ihn treffende Schadensminderungs-
pflicht gehalten sein, binnen angemessener Frist ein Ersatzfahrzeug zu beschaf-
fen oder einen längeren Nutzungsausfall durch die Anschaffung eines Interims-
fahrzeugs zu überbrücken.
BGH, Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 14. April 2010 - VIII ZR 145/09 - KG Berlin
LG
Berlin
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin
Dr. Fetzer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 12. Zivilsenats des Kam-
mergerichts vom 30. April 2009 im Kostenpunkt und insoweit auf-
gehoben, als darin zum Nachteil der Klägerin erkannt und die Kla-
ge über einen Betrag von 842,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Mai 2007
hinaus abgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin kaufte am 11. April 2005 als Verbraucherin von der Beklag-
ten, einer Gebrauchtwagenhändlerin, einen gebrauchten PKW Honda Jazz 1.4
ES zum Preis von 13.100 €. Im Kaufvertrag wurde unter der Rubrik "Besonde-
rere Vereinbarungen" unter Hinweis auf Vorschäden handschriftlich vermerkt,
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dass keine Unfallfreiheit bestand. Noch vor Übergabe des Fahrzeugs am
13. April 2005 holte die Beklagte einen Zustandsbericht der F. -Schaden- und
Wertgutachterdienst GmbH ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass das Fahr-
zeug einen instand gesetzten Karosserieschaden aufweise, der aber ohne Ein-
fluss auf dessen Betriebs- und Verkehrssicherheit sei. Tatsächlich war das
Fahrzeug bei Übergabe an die Klägerin aber wegen eines nicht fachgerecht
beseitigten Unfallschadens an der Vorderachse nicht betriebs- und verkehrssi-
cher, was durch eine Inaugenscheinnahme ohne die Demontage von Verklei-
dungsteilen erkennbar war.
Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 6. Oktober 2005 und vom
3. Januar 2006 die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das Fahrzeug nutzte sie
seit dem 8. Dezember 2005 nicht mehr. Am 22. April 2006 erwarb sie einen
- zwei Tage später auf sie zugelassenen - Gebrauchtwagen. Die Beklagte wur-
de mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Berlin (37 O 36/06) vom 20. Feb-
ruar 2007 zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschä-
digung von 324,09 € nebst Verzugszinsen seit dem 14. Oktober 2005 verurteilt,
Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Ferner wurde festgestellt, dass
sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug be-
fand.
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Nun verlangt die Klägerin für den Zeitraum vom 8. Dezember 2005 bis
zum 24. April 2006 (168 Tage) von der Beklagten, die eine Verletzung der
Schadensminderungspflicht einwendet, den Ersatz ihres Nutzungsausfallscha-
dens (38 € pro Tag, insgesamt 6.384 €). Ferner begehrt sie Erstattung der für
das zurückgegebene Fahrzeug aufgewendeten Auslagen für Haftpflicht- und
Kaskoversicherung sowie für Kraftfahrzeugsteuer (842,45 €) und der für das
Ersatzfahrzeug angefallenen Zulassungskosten (75 €).
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Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 3.017,45 € (2.100 € Nut-
zungsausfallentschädigung für 60 Tage zuzüglich 917,45 € Auslagenersatz)
nebst Zinsen stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Hierge-
gen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Kammergericht hat unter
Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin auf die Berufung der Beklagten
das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr
Begehren in vollem Umfang weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat überwiegend Erfolg. Insoweit ist über das Rechtsmittel
antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich ver-
treten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis, sondern
auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
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I.
Das Berufungsgericht (Kammergericht, ZfS 2009, 503 = DAR 2009, 520)
hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren
von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Klägerin stehe keine abstrakt zu berechnende Nutzungsausfallent-
schädigung nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB für die fehlende Verwendbar-
keit des erworbenen und später zurückgegebenen Fahrzeugs zu.
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Zwar sei ein haftungsbegründendes Verschulden der Beklagten an der
Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs zu bejahen. Bei einer - angesichts sei-
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ner Vorgeschichte erforderlichen - näheren Überprüfung des Fahrzeugs vor der
Weiterveräußerung hätte die Beklagte die erheblichen, die Verkehrssicherheit
berührenden Mängel bemerkt und das Fahrzeug in diesem Zustand nicht wei-
terverkauft. Der eingeholte Zustandsbericht könne sie nicht entlasten, da er erst
nach Vertragsschluss gefertigt worden sei. Auch der für eine Nutzungsausfall-
entschädigung erforderliche Nutzungswille der Klägerin sei für einen Zeitraum
von jedenfalls sechzig Tagen gegeben. Eine Verletzung der Schadensminde-
rungspflicht der Klägerin sei insoweit weder vorgetragen noch ersichtlich.
Gleichwohl könne die Klägerin keinen Schadensersatz für entgangene
Nutzungen verlangen. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(Senatsurteil vom 28. November 2007 - VIII ZR 16/07) und einiger Oberlandes-
gerichte sei es nicht gerechtfertigt, dem Käufer eines Fahrzeugs nach Rücktritt
vom Kaufvertrag im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs Ersatz für den
zwischenzeitlich entstandenen Nutzungsausfall zuzusprechen. Die Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs, wonach auch im Falle eines Rücktritts der Nut-
zungsausfallschaden zum ersatzfähigen Erfüllungsschaden gehöre, führe zu
einem Vorrang der schadensrechtlichen Betrachtung. Danach komme dem
Rücktrittsrecht nur noch die Funktion zu, die ausgetauschten Leistungen zu
stornieren und anschließend den Boden für eine schadensersatzrechtliche Prü-
fung am Maßstab der vertraglich festgelegten Gleichwertigkeit der beiderseiti-
gen Leistungen zu bereiten. Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Ausle-
gung sei nicht zwingend und stehe zudem nicht im Einklang mit der Regelung
des § 325 BGB, wonach Rücktrittsrecht und Schadensersatzrecht gleichwertig
nebeneinander stünden, weswegen beiden Regelungssystemen zu größtmögli-
cher Geltung zu verhelfen sei. Das einschränkungslose Nebeneinander beider
Rechtsinstitute erlaube mit gleichem Recht auch die Deutung, dass das Rück-
trittsfolgenrecht in seinem Anwendungsbereich das Schadensersatzrecht ver-
dränge.
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Für ein solches Verständnis spreche auch die Regelung des § 281
Abs. 5 BGB. Danach sei ein Schuldner in den Fällen, in denen der Gläubiger
Schadensersatz statt der ganzen Leistung wegen nicht oder nicht wie geschul-
det erbrachter Leistung verlange, zur Rückforderung des Geleisteten nach den
Rücktrittsvorschriften der § 346 bis § 348 BGB berechtigt. Die vom Bundesge-
richtshof gefundene Auslegung führe zudem bei den beteiligten Vertragspartei-
en zu einer selbstwidersprüchlichen "dolo-agit"-Situation. Denn der Käufer und
Rücktrittsgläubiger habe zunächst nach Rücktrittsrecht eine Nutzungsentschä-
digung an den Verkäufer und Rücktrittschuldner zu zahlen, könne anschließend
aber einen gegenläufigen Schadensersatzanspruch wegen Nutzungsausfalls
geltend machen.
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Zudem sei selbst bei der vom Bundesgerichtshof angestellten vorrangi-
gen schadensrechtlichen Betrachtung ein Nutzungsausfallschaden bei einem
Rücktritt vom Kaufvertrag nicht ersatzfähig. Nach § 253 BGB könne wegen ei-
nes Schadens, der nicht Vermögensschaden sei, Entschädigung in Geld nur in
den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Eine ausdrückliche
gesetzliche Regelung zur Ersatzfähigkeit entgangener Gebrauchsvorteile von
Sachen bestehe nicht. Allerdings sei die entgangene Gebrauchsmöglichkeit in
bestimmten Fällen - so auch beim vorübergehenden Verlust der eigenwirt-
schaftlichen Nutzung eines Kraftfahrzeugs - von der Rechtsprechung als Ver-
mögensschaden anerkannt worden. Dieser Auslegung liege die Vorstellung
zugrunde, dass der Wert eines Vermögensgegenstandes häufig eher in seiner
Nutzungsmöglichkeit als in seiner Substanz bestehe. Die durch die Neurege-
lung des § 325 BGB eröffnete Kombination von Rücktritt und Schadensersatz-
verlangen führe jedoch zu einer Trennung der nach dieser Rechtsprechung
vorausgesetzten Verbindung von Sach- und Nutzungswert beim Geschädigten
und entziehe so der dargestellten schadensrechtlichen Auslegung nach altem
Recht die Rechtfertigung. Vielmehr sei maßgeblich auf die Regelung in § 347
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Abs. 1 BGB abzustellen, die den Käufer nach erfolgtem Rücktritt dafür entschä-
dige, dass er das an den Verkäufer Geleistete bis zur Rückabwicklung nicht
habe nutzen können. Angesichts dieser Entschädigungsregelung sei für eine
Auslegung des Begriffs "Vermögensschaden", die trotz Rückführung der Ge-
genleistung nebst Begleitansprüchen eigenständig am Nutzungswert der Sache
anknüpfe, kein Raum mehr.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten
Versicherungskosten und der Kraftfahrzeugsteuer, da sie sich insoweit ein haf-
tungsausschließendes Mitverschulden anrechnen lassen müsse. Es habe ihr
oblegen, das nicht mehr genutzte Fahrzeug abzumelden oder die Beklagte je-
denfalls davon zu unterrichten, dass eine Abmeldung wegen der Notwendigkeit,
den Wagen auf öffentlichen Straßen abzustellen, nicht möglich gewesen sei.
Ernsthafte Zweifel daran, dass die Beklagte von der Möglichkeit Gebrauch ge-
macht hätte, der Klägerin eine andere Abstellmöglichkeit zu verschaffen, be-
stünden nicht. Letztlich seien auch die Anmeldekosten für das neu erworbene
Fahrzeug nicht ersatzfähig, da es sich hierbei um "Sowiesokosten" handele. Die
Klägerin hätte diesen Betrag auch bei Anmeldung eines neuen, nach Rückab-
wicklung des ursprünglichen Vertrags erworbenen Fahrzeugs aufwenden müs-
sen.
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II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten
nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein
Anspruch der Klägerin auf Erstattung zumindest eines Teils des Nutzungsaus-
fallschadens und der Kosten für die Anmeldung des Ersatzfahrzeugs nicht ver-
neint werden. Ein möglicher Schadensersatzanspruch der Klägerin folgt aller-
dings nicht - wie vom Berufungsgericht in Erwägung gezogen - aus § 437 Nr. 3,
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§ 280 Abs. 1 BGB, sondern als Schadensersatz statt der Leistung aus § 437
Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, § 249 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB. Der geltend
gemachte Schaden ist nicht trotz des Festhaltens am Vertrag entstanden (vgl.
hierzu BGHZ 181, 317, Tz. 9), sondern beruht auf dem infolge des Rücktritts
und des damit verbundenen Erlöschens der ursprünglichen Leistungspflicht
endgültigen Ausbleiben der Leistung (vgl. hierzu etwa Staudinger/Otto, BGB
(2004), § 280 Rdnr. E 34; Faust, JZ 2008, 471, 472 m.w.N.; vgl. ferner OLG
Celle, NJW-RR 2008, 1635, 1637).
1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Erstattungsfähigkeit des
von der Klägerin geltend gemachten Nutzungsausfallschadens unter Hinweis
auf einen vermeintlichen Vorrang der rücktrittsrechtlichen Regelungen (§§ 346,
347 BGB) abgelehnt. Die von ihm vertretene Rechtsauffassung findet im Ge-
setz keine Stütze.
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a) Im Zuge der Modernisierung des Schuldrechts wurde die Neuregelung
des § 325 BGB eingeführt, die es dem Gläubiger im Falle einer ausgebliebenen
oder nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung ermöglicht, vom Vertrag zurück-
zutreten, und ihm gleichzeitig das Recht einräumt, Schadensersatz zu verlan-
gen. Nach der Intention des Gesetzgebers soll hierdurch die im früheren Recht
in §§ 325, 326 BGB aF angelegte, nicht mehr als sachgerecht empfundene Al-
ternativität zwischen dem Ersatz des Erfüllungsinteresses (Schadensersatz we-
gen Nichterfüllung) und der Ausübung des Rücktrittsrechts aufgegeben und
durch eine Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz abgelöst werden (BT-
Drs. 14/6040, S. 187 f.). Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Gläubiger
die Rechtsfolgen beider Rechtsbehelfe miteinander kombinieren kann (BT-Drs.
14/6040, S. 188). Nach der bis dahin geltenden Rechtslage konnte dieses Er-
gebnis nur bei der Wahl des nach der Differenzmethode berechneten Scha-
densersatzes erreicht werden (BT-Drs. 14/6040, S. 187 f.).
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b) Auf dieser Gesetzesänderung beruht die vom Berufungsgericht in
Frage gestellte Rechtsprechung des Senats, wonach durch den Rücktritt vom
Kaufvertrag ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung auch insoweit
nicht ausgeschlossen wird, als es um den Ersatz eines Nutzungsausfallscha-
dens geht, der dadurch entstanden ist, dass dem Käufer infolge des Mangels
der Kaufsache deren Nutzung entgeht (BGHZ 174, 290). Im Rahmen eines ne-
ben der Rückabwicklung nach §§ 346, 347 BGB eröffneten Schadensersatzan-
spruchs ist der Gläubiger nach der Differenztheorie so zu stellen, wie er stünde,
wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (BGHZ 87, 156, 158;
174, 290, Tz. 7), der Schuldner also seine Vertragspflichten nicht verletzt hätte.
Dieser auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtete Anspruch umfasst bei
Lieferung einer mangelhaften Sache typischerweise auch den Ersatz eines
Nutzungsausfallschadens, der dadurch entsteht, dass dem Käufer infolge des
Mangels die Nutzung der Sache entgeht (BGHZ 174, 290, Tz. 8 m.w.N.). An
dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.
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c) Anders als das Berufungsgericht meint, steht dem nicht entgegen,
dass der Käufer im Falle eines Rücktritts vom Kaufvertrag verpflichtet ist, dem
Verkäufer Wertersatz für gezogene oder möglich gewesene Nutzungen der
Kaufsache zu leisten (§ 346 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 347 Abs. 1 BGB). § 325 BGB be-
schränkt die Möglichkeit, Schadensersatz auch im Fall des Rücktritts vom Kauf-
vertrag zu verlangen, nicht auf die Kompensation bestimmter Schäden, sondern
lässt bei Ausübung des Rücktrittsrechts die sich aus anderen Normen ergeben-
den, nach dem Grundanliegen des § 249 BGB regelmäßig auf vollständigen
Ausgleich gerichteten Schadensersatzansprüche (vgl. etwa BGHZ 132, 373,
376; 155, 1, 5 - Grundsatz der "Totalreparation") in ihrer gesamten Reichweite
bestehen. Dass sich ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatz-
anspruch auch auf den Ersatz mangelbedingt entgangener Nutzungen er-
streckt, stellt auch das Berufungsgericht nicht in Frage. Es will aber im Gel-
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tungsbereich des § 325 BGB die Ersatzfähigkeit solcher Schäden im Hinblick
auf den von ihm bejahten Vorrang der rücktrittsrechtlichen Nutzungsersatzrege-
lungen ausschließen. Die Bestimmungen der §§ 346, 347 BGB über eine vom
Käufer infolge seines Rücktritts herauszugebende Nutzungsentschädigung stel-
len jedoch keine abschließenden Regelungen dar (vgl. BGHZ 174, 290, Tz. 9 ff.
m.w.N.; OLG Celle, aaO; OLG Düsseldorf, BeckRS 2008, 17148; Soergel/
Gsell, BGB, 13. Aufl., § 325 Rdnr. 3; MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., Vor
§ 346 Rdnr. 39, 37; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 325 Rdnr. 2; Staudin-
ger/Kaiser, BGB (2004), Vorbemerkungen zu §§ 346-354 Rdnr. 78; Staudin-
ger/Otto/Schwarze, BGB (2009), § 325 Rdnr. 34, 42; Jauernig/Stadler, BGB,
13. Aufl., § 325 Rdnr. 3; aA Staudinger/Otto, BGB (2004), § 325 Rdnr. 28;
Faust, aaO, S. 474).
aa) Der Rücktritt beseitigt den Vertrag nicht, sondern gestaltet ihn ledig-
lich in ein Rückgewährschuldverhältnis um, wodurch die primären Leistungs-
pflichten erlöschen. Es besteht daher keine Notwendigkeit, den Gläubiger in
jeder Hinsicht so zu stellen, als wäre der Vertrag niemals geschlossen worden
(Soergel/Gsell, aaO, Rdnr. 1 m.w.N.; Staudinger/Otto/Schwarze, aaO, Rdnr. 6).
Die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 346, 347 BGB über die im Falle bereits
erbrachter Leistungen durchzuführende Rückabwicklung des Vertrages zielen
zwar auf die Herstellung eines Zustands ab, der im Wesentlichen am negativen
Interesse der Vertragsparteien ausgerichtet ist. Darin liegt der Grund dafür,
dass die vor dem Rücktritt tatsächlich gezogenen oder möglich gewesenen
Nutzungen der Kaufsache nach Erlöschen der gegenseitigen Erfüllungsansprü-
che nicht mehr dem Käufer, sondern dem Verkäufer gebühren und deshalb der
Käufer zur Herausgabe oder zum Wertersatz (§§ 346, 347 BGB) verpflichtet ist
(BGHZ 174, 290, Tz. 10). Nach der mit der Neuregelung des § 325 BGB getrof-
fenen Entscheidung des Gesetzgebers soll es mit einer solchen Rückabwick-
lung aber gerade nicht sein Bewenden haben. Vielmehr soll der schadenser-
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satzberechtigte Käufer - auch nach dem Erlöschen seiner Erfüllungsansprü-
che - verlangen können, vermögensmäßig so gestellt zu werden, wie er bei
ordnungsgemäßer Erfüllung durch den Verkäufer stünde (BGHZ aaO, m.w.N.).
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bb) Die vom Berufungsgericht vertretene gegenteilige Auffassung lässt
sich mit der in § 325 BGB getroffene Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht
in Einklang bringen.
(1) Zwar wird von einigen Stimmen im Schrifttum die Auffassung vertre-
ten, die Konkurrenz zwischen rücktritts- und schadensersatzrechtlichen Vor-
schriften sei dergestalt zu lösen, dass das Schadensersatzrecht in den Berei-
chen, die durch das Rücktrittsfolgenrecht geregelt werden, nicht zur Anwen-
dung komme (vgl. Staudinger/Otto, aaO, Rdnr. 28; Faust, aaO). Für einen sol-
chen Vorrang des Rücktrittsrechts spreche der in § 281 Abs. 5 BGB angeordne-
te Verweis auf das Rücktrittsrecht für den Fall des Schadensersatzes statt der
ganzen Leistung bei erfolgter Teilleistung. Diese Verweisung sei bei der von der
herrschenden Auffassung bejahten schadensersatzrechtlichen Überlagerung
des Rücktrittsrechts überflüssig, weil dann im Ergebnis doch nach Schadenser-
satzrecht abgerechnet werden müsste (Faust, aaO).
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(2) Hiergegen spricht jedoch bereits der Umstand, dass § 281 Abs. 5
BGB lediglich das Schicksal der vom Gläubiger zurück zu gewährenden Leis-
tung regelt, aber keine Aussage darüber trifft, ob und in welchem Umfang der
beim Gläubiger entstandene "Nichterfüllungsschaden" zu ersetzen ist (ähnlich
Staudinger/Otto/Schwarze, aaO, Rdnr. 34). In der ebenfalls im Zuge der Mo-
dernisierung des Schuldrechts eingeführten Vorschrift des § 281 Abs. 5 BGB,
wonach im Falle des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung der Schuld-
ner die Herausgabe seiner Leistung nach Rücktrittsrecht fordern kann (vgl. BT-
Drs. 14/6040, S. 141), sah der Gesetzgeber keinen Widerspruch zur Regelung
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des § 325 BGB. Durch die Regelung des § 281 Abs. 5 BGB sollten nicht die
Reichweite des Schadensersatzrechts eingeschränkt, sondern nur die nach
alter Rechtslage bestehenden Unsicherheiten ausgeräumt werden, auf welche
Weise beim großen Schadensersatz Nutzungen und Beschädigungen der gelie-
ferten Sache auszugleichen sind (vgl. BT-Drs. 14/6040, aaO). Da bei dem Ver-
langen nach großem Schadensersatz (Schadensersatz statt der ganzen Leis-
tung) indirekt Rücktrittswirkungen erzielt werden, hielt es der Gesetzgeber für
zweckmäßig, die - schon nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot
erforderliche - Rückgewährung der gelieferten Sache und der durch sie ermög-
lichten Gebrauchsvorteile dem Rücktrittsrecht zu unterstellen (BT-Drs. 14/6040,
aaO; vgl. hierzu ferner Soergel/Gsell, aaO, § 325 Rdnr. 11; Gsell, JZ 2004, 643,
646; dies., JuS 2006, 203, 205, die insoweit allerdings noch eine teleologische
Reduktion vornehmen will).
(3) Unabhängig von diesen Überlegungen liefe die vom Berufungsgericht
befürwortete Beschränkung der Reichweite des ersatzfähigen Schadens im Fal-
le der Ausübung eines Rücktrittsrechts dem vom Gesetzgeber mit der Schaf-
fung des § 325 BGB verfolgten Ziel zuwider, dem Gläubiger trotz Rücktritts ei-
nen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Ausgleich in Geld zu ermöglichen.
Der Gläubiger darf bei einer Kumulation von Schadensersatz und Rücktritt im
Vergleich zu einer isolierten Geltendmachung von Schadensersatz nicht be-
nachteiligt werden (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 188). Dem Willen des Gesetzge-
bers kann nur dadurch Geltung verschafft werden, dass die grundsätzlich an-
wendbaren Bestimmungen der §§ 346, 347 BGB hinsichtlich der dort geregel-
ten Vermögenspositionen (Nutzungen, Verwendungen) nicht die Herstellung
eines am Erfüllungsinteresse ausgerichteten Zustandes hindern (BGHZ 174,
290, Tz. 7 ff. m.w.N.; vgl. auch OLG Celle, aaO; Soergel/Gsell, aaO, Rdnr. 3;
MünchKomm-BGB/Gaier, aaO, Rdnr. 37, 39; Staudinger/Otto/Schwarze, aaO,
Rdnr. 34).
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(4) Auch die vom Berufungsgericht befürchtete Widersprüchlichkeit bei
einer Kombination beider Anspruchssysteme besteht nicht. Soweit die Kumula-
tion beider Rechtsfolgen dazu führt, dass der Käufer und Rücktrittsgläubiger
zwar einerseits für gezogene und mögliche Nutzungen nach §§ 346, 347 BGB
Wertersatz an den Verkäufer und Rücktrittschuldner zu leisten hat, andererseits
aber einen gegenläufigen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nach
§§ 280, 281 BGB geltend machen kann, erklärt sich dies durch die unterschied-
lichen Zielsetzungen und Voraussetzungen von Rücktritt und Schadensersatz.
Der verschuldensunabhängige Rücktritt ist auf eine Stornierung oder Rückab-
wicklung des Leistungsaustauschs in natura gerichtet, während die ein Vertre-
tenmüssen des Schuldners voraussetzende Schadensersatzhaftung den Gläu-
biger vermögensmäßig so stellen soll, wie er bei rechtzeitiger und korrekter Er-
füllung stünde (vgl. etwa Soergel/Gsell, aaO; Staudinger/Otto/Schwarze, aaO;
Staudinger/Kaiser, aaO, Rdnr. 68; Gsell, JZ 2004, 643, 644; dies., NJW 2008,
912 f.; dies., JuS 2006, aaO; Herresthal, JuS 2007, 798, 799 f.). Dass damit im
Ergebnis ein zweistufiges Ausgleichssystem geschaffen wird, ist kein Wider-
spruch in sich, sondern logische Konsequenz des vom Gesetzgeber gewollten
Nebeneinanders von Rücktritt und Schadensersatz.
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2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist auch die Auffassung des Berufungs-
gerichts, angesichts der durch § 325 BGB eröffneten Kombination von Rücktritt
und Schadensersatzverlangen sei im Hinblick auf die Wertersatzregelung in
§ 347 Abs. 1 BGB jedenfalls für eine Auslegung des Begriffs "Vermögensscha-
den", die trotz Rückführung des Kaufpreises nebst Zinsen eigenständig am
Nutzungswert der Sache anknüpfe, kein Raum mehr. Hierbei lässt das Beru-
fungsgericht ebenfalls die mit § 325 BGB verfolgte Zielsetzung außer acht, wo-
nach bestehende Schadensersatzansprüche durch die Ausübung des Rück-
trittsrechts nicht nachteilig berührt werden sollen.
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Nach gefestigter Rechtsprechung stellt auch der vorübergehende Verlust
der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs einen Vermögensschaden dar,
wenn der Geschädigte sich für die Zeit des Nutzungsausfalls keinen Ersatzwa-
gen beschafft hat (BGHZ 40, 345, 347 ff; 56, 214, 215; BGH, Urteile vom
10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198, Tz. 6 ff. m.w.N.; vom
10. März 2009 - VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663, Tz. 6 m.w.N. [jeweils Kfz].; vgl.
ferner BGHZ 98, 212, 216 ff. [Haus]). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass
sich Wesen und Bedeutung des Vermögens nicht in dessen Bestand - dem
"Haben" - erschöpfen, sondern dass sie auch die im Vermögen verkörperten
Möglichkeiten umfassen, es zur Verwirklichung seiner Lebensziele zu nutzen.
Diese funktionale Zuweisung ist im vermögenswerten Recht mitgeschützt
(BGHZ 98, 212, 218). Gerade bei Fahrzeugen, auf deren ständige Verfügbar-
keit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung häufig angewiesen ist, stellt sich die
Gebrauchsmöglichkeit als ein vermögenswertes Gut dar und ist als geldwerter
Vorteil anzusehen (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008, aaO).
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An der Ersatzfähigkeit solcher Nutzungsausfallschäden hat sich durch
die Einführung des § 325 BGB nichts geändert. Diese Vorschrift soll - wie be-
reits ausgeführt - dem Gläubiger auch im Fall des Rücktritts die Berechtigung
erhalten, Ersatz für das positive Interesse zu erlangen. Mit diesem Regelungs-
ziel wäre es nicht zu vereinbaren, beim Zusammentreffen von Rücktritt und
Schadensersatzverlangen bestimmte als ersatzfähig anerkannte Vermögens-
positionen vom Ausgleich auszunehmen.
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Auch die vom Berufungsgericht angeführte Bestimmung des § 347
Abs. 1 BGB, die dem Käufer einen Anspruch auf Ersatz der möglich gewesenen
Nutzungen aus dem gezahlten Kaufpreis gewährt, steht einem auf das Erfül-
lungsinteresse gerichteten Anspruch auf Ersatz eines mangelbedingten Nut-
zungsausfallschadens nicht entgegen. Denn der Geschädigte ist im Hinblick auf
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das schadensrechtliche Bereicherungsverbot daran gehindert, sowohl rücktritts-
rechtlich die Nutzungen der Gegenleistung heraus zu verlangen als auch scha-
densersatzrechtlich Nutzungsersatz für die ihm entgangene Leistung geltend zu
machen. Eine ungerechtfertigte Begünstigung des Gläubigers wird dadurch
vermieden, dass der dem Gläubiger nach § 347 Abs. 1 BGB zugeflossene
Wertersatz im Wege der schadensrechtlichen Vorteilsausgleichung bei der Be-
messung des Nutzungsausfallschadens angerechnet wird (Staudinger/Kaiser,
aaO, Rdnr. 80; Soergel/Gsell, aaO, Rdnr. 5; AnwK/Dauner-Lieb, BGB, § 325
Rdnr. 5; Herresthal, aaO, S. 801; Arnold, ZGS 2003, 427, 429; v. Olshausen,
Festschrift für Huber, 2006, S. 471, 476; Clevinghaus, Das Verhältnis von Rück-
tritt und Schadensersatz nach neuem Schuldrecht, 2006, S. 207; vgl. auch
Bender, § 325 BGB - Die Auswirkungen des Rücktritts auf die Berechnung des
Schadensersatzanspruches statt der Leistung, 2008, S. 148 ff.; vgl. ferner
BGHZ 174, 290, Tz. 15 - Einbeziehung der vermögensmäßigen Folgen des
Rücktritts in die schadensrechtliche Betrachtung; iE ebenso Staudin-
ger/Otto/Schwarze, aaO, Rdnr. 39).
3. Das angefochtene Urteil stellt sich insoweit auch nicht aus einem an-
deren Grund als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn nach dem für die Revisionsin-
stanz maßgeblichen Sachverhalt kann ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz
eines Teils des Nutzungsausfallschadens und der Kosten für die Anmeldung
des Ersatzfahrzeugs nicht ausgeschlossen werden.
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a) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Beru-
fungsgericht eine von der Beklagten zu vertretende Mangelhaftigkeit des ver-
äußerten Fahrzeugs bei Gefahrübergang (fehlende Verkehrs- und Betriebssi-
cherheit) bejaht (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Abs. 1, 2 BGB). Dabei kann dahin stehen,
ob es der Beklagten - wie vom Landgericht angenommen - als ein eigenes Ver-
schulden anzulasten ist, dass ihr die die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden
29
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Mängel des Fahrzeugs verborgen geblieben sind. Ihr ist jedenfalls das Ver-
schulden (§ 276 Abs. 2 BGB) des von ihr mit der Begutachtung des Fahrzeugs
beauftragten Unternehmens nach § 278 Satz 1 BGB zuzurechnen. Einen Ge-
brauchtwagenhändler, der - wie hier - die Vorschädigung eines zu veräußern-
den Fahrzeugs kennt, trifft eine Untersuchungspflicht (vgl. etwa Senatsurteil
vom 11. Juni 1979 - VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886, unter II 2 d). Zur Erfül-
lung dieser Pflicht hat sich die Beklagte eines Gutachterdienstes bedient. Die-
ser hat die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch einfache In-
augenscheinnahme ohne die Demontage von Verkleidungsteilen feststellbaren
erheblichen Mängel nicht bemerkt.
b) Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfallschadens scheitert auch
nicht an einem fehlenden Nutzungswillen der Klägerin. Die Erstattung eines
Nutzungsausfallschadens setzt voraus, dass der Geschädigte ohne das schä-
digende Ereignis zur Nutzung des Fahrzeugs willens und fähig gewesen wäre
(BGHZ 45, 212, 219; 98, 212, 219 f.; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007
- VI ZR 62/07, NJW 2008, 915, Tz. 6). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen
hat das Berufungsgericht für einen Zeitraum von sechzig Tagen rechtfehlerfrei
bejaht. Für die weitere Zeitspanne von einhundertacht Tagen hat es zu dieser
Frage keine Feststellungen getroffen. In der Revisionsinstanz ist daher zuguns-
ten der Klägerin zu unterstellen, dass sie während des gesamten Zeitraums
willig und fähig gewesen wäre, das erworbene Fahrzeug im Falle seiner Man-
gelfreiheit zu nutzen.
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c) Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Klägerin in vollem Umfang Ersatz
des geltend gemachten Nutzungsausfallschadens verlangen kann. Denn das
Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Verstoß gegen die der Klägerin
nach § 254 Abs. 2 BGB obliegende Schadensminderungspflicht verneint.
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Der Geschädigte ist mit Blick auf § 254 Abs. 2 BGB gehalten, die Scha-
densbehebung in angemessener Frist durchzuführen (vgl. etwa Brandenburgi-
sches OLG, Urteil vom 30. August 2007 - 12 U 60/07, juris, Tz. 5; OLG Naum-
burg, NJW 2004, 3191) und einen längeren Nutzungsausfall gegebenenfalls
durch die Anschaffung eines Interimfahrzeugs zu überbrücken (BGH, Urteil vom
10. März 2009, aaO, Tz. 10 m.w.N.). Dass die Ersatzbeschaffung bei einem
handelsüblichen Kraftfahrzeug im Allgemeinen nicht 168 Tage dauert, ist offen-
kundig. Die Beklagte hat sich insoweit bereits in ihrer Klageerwiderung auf eine
Verletzung der Schadensminderungspflicht berufen. Das Berufungsgericht wird
im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung zu prüfen haben,
ob die von der Klägerin angeführten Gründe ausnahmsweise ein längeres Zu-
warten rechtfertigten.
32
4. Zum Schadensersatz statt der Leistung (§ 280 Abs. 1, 3 BGB, § 281
Abs. 1 BGB) gehören ferner auch die von der Klägerin geltend gemachten An-
meldekosten für das neue Fahrzeug in Höhe von 75 €. Wenn die Beklagte ord-
nungsgemäß erfüllt hätte, hätte die Klägerin keinen Ersatzwagen kaufen und
zulassen müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es
sich insoweit nicht um "Sowiesokosten". Die Kosten sind erst durch die Verlet-
zung der Pflicht der Beklagten zur mangelfreien Lieferung des Fahrzeugs und
den dadurch veranlassten Rücktritt der Klägerin vom Kaufvertrag entstanden.
Bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Leistungspflicht der Beklagten wären sie
gerade nicht angefallen.
33
5. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht dagegen einen Anspruch
der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Versicherungsprämie und
die Kraftfahrzeugsteuer nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, § 284
BGB in Höhe von 842,45 €
verneint. Die Auffassung des Berufungsgerichts,
das nach § 254 Abs. 2 BGB zu berücksichtigende Mitverschulden der Klägerin
34
- 18 -
sei bezüglich der in Frage stehenden Aufwendungen so hoch, dass demgegen-
über eine Haftung der Beklagten vollständig zurücktrete, hält sich im Rahmen
vertretbarer tatrichterlicher Würdigung. Soweit die Revision hiergegen einwen-
det, das Berufungsgericht habe verkannt, dass sich die Klägerin im Hinblick auf
den rechtskräftig festgestellten Annahmeverzug der Beklagten auf die Haf-
tungsmilderung des § 300 BGB berufen könne, übersieht sieht sie, dass diese
Erleichterung nur die Haftung für den Leistungsgegenstand - hier das Fahr-
zeug - gilt (vgl. etwa OLG Saarbrücken, NJW-RR 2002, 528) und damit die
Verpflichtung der Klägerin zur Geringhaltung der bei ihr eintretenden Schäden
und Aufwendungen nicht berührt.
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, so-
weit die Klage über einen Betrag von 842,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro-
zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Mai 2007 hinaus abgewiesen
wurde; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der
Rechtsstreit insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, im Umfang der Aufhe-
bung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erfor-
derlichen tatsächlichen Feststellungen treffen kann (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dabei wird sich das Berufungsgericht, da ein Anspruch aus § 280 Abs. 1, 3,
§ 281 Abs. 1 BGB in Frage steht, auch mit der bislang nicht erörterten Frage zu
befassen haben, ob die Klägerin - falls eine Fristsetzung nicht entbehrlich ge-
wesen sein sollte (vgl. etwa § 281 Abs. 2, § 440 BGB) - der Beklagten fruchtlos
eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Weiter wird das Berufungsgericht Ge-
legenheit haben, die Höhe des Nutzungsausfallschadens in Ausübung seines
Schätzungsermessens (§ 287 Abs. 1 ZPO) - gegebenenfalls unter Berücksich-
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- 19 -
tigung eines anteiligen Wertverlusts, den das von der Beklagten bezogene
Fahrzeug im Falle der Nutzung durch den Gebrauch erlitten hätte -, zu bestim-
men. Hierbei wird auch dem Einwand der Beklagten nachzugehen sein, die
Klägerin habe im Hinblick auf die Dauer der Ersatzbeschaffung gegen die ihr
obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen.
Ball
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.12.2007 - 8 O 325/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.04.2009 - 12 U 241/07 -