Urteil des BGH vom 07.11.2012

BGH: missbrauch, auflage, anwendungsbereich, überprüfung, anhörung, verfolgungsverjährung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 331/12
vom
7. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. November 2012
gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Darmstadt vom 28. März 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 57 Fällen,
davon in 44 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch
von Schutzbefohlenen, des sexuellen Missbrauchs von Kin-
dern in 26 Fällen, davon in 23 Fällen in Tateinheit mit sexuel-
lem Missbrauch von Schutzbefohlenen sowie der gefährli-
chen Körperverletzung in zwei Fällen schuldig ist,
b) im Strafausspruch zu Fall II. 16 der Urteilsgründe aufgeho-
ben; insoweit wird eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren
und neun Monaten festgesetzt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Revisionsverfah-
rens sowie die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen not-
wendigen Auslagen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Miss-
brauchs von Kindern in 57 Fällen, davon in 45 Fällen in Tateinheit mit sexuel-
lem Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kin-
dern in 26 Fällen, davon in 23 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch
von Schutzbefohlenen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fäl-
len zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verur-
teilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat in dem aus der Be-
schlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"I.
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils im Schuldspruch hat
ergeben, dass die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten
wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen zum Nach-
teil des Kindes M. S. im Fall II 16 der Urteilsgründe ent-
fällt, da in diesem Fall Verfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 3 Nr. 4
StGB) eingetreten ist. Zu Gunsten des Angeklagten ist hier von
einer Tatzeit 1. April 1999 auszugehen mit der Folge, dass die Tat
im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Änderung der
Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestim-
mung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007; 1. April 2004) be-
reits verjährt war (siehe UA S. 21).
Im Übrigen tragen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
den Schuldspruch.
II.
Die Schuldspruchänderung wirkt sich auf die Strafbemessung im
Fall II 16 der Urteilsgründe aus, denn das Landgericht hat die tat-
einheitliche Verwirklichung des § 174 StGB ausdrücklich straf-
schärfend gewertet. Dies zwingt hier jedoch nicht zur Aufhebung
und Zurückweisung der Sache an das Landgericht (siehe dazu
BGH NStZ-RR 2002, 97; NStZ-RR 2010, 194; BGHR StPO § 354
Abs. 1a Anwendungsbereich 2, Meyer-Goßner StPO 55. Auflage
§ 354 Rn 27). Der Senat kann vielmehr ausnahmsweise in ent-
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sprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst entschei-
den. Mit Blick auf die in den Fällen 4 bis 15 der Urteilsgründe fest-
gesetzten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren und neun Mona-
ten (UA S. 23) kann ausgeschlossen werden, dass die Strafkam-
mer im Fall II 16 der Urteilsgründe ohne Berücksichtigung des
Tatbestandes des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen
(§ 174 StGB) statt auf die verhängte Freiheitsstrafe von vier Jah-
ren auf eine niedrigere Freiheitsstrafe als drei Jahre und neun
Monate erkannt hätte. Auf diese ist daher die Einzelstrafe festzu-
setzen. Angesichts der Summe der Einzelstrafen ist auch auszu-
schließen, dass das Landgericht bei Festsetzung einer Einzelstra-
fe von drei Jahren und neun Monaten im Fall II 16 auf eine niedri-
gere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Der Strafausspruch im Übrigen ist ohne Rechtsfehler. Die Straf-
rahmenwahl und die Strafzumessungserwägungen sind rechtlich
nicht zu beanstanden. Die verhängten Einzelstrafen und die gebil-
dete Gesamtfreiheitsstrafe halten sich im Rahmen des tatrichterli-
chen Beurteilungsspielraums."
Dem schließt sich der Senat an.
Becker
Appl
Schmitt
Berger
Eschelbach
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