Urteil des BGH vom 30.07.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X I I Z B 8 5 / 1 4
vom
30. Juli 2014
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 61 Abs. 1
Kommt es für das Erreichen der Beschwer nach § 61 Abs. 1 FamFG auf ein Ge-
heimhaltungsinteresse des zur Auskunft verpflichteten Rechtsmittelführers an, hat
dieser sein besonderes Interesse, bestimmte Tatsachen geheim zu halten, und den
durch die Auskunftserteilung drohenden Nachteil substantiiert darzulegen und erfor-
derlichenfalls glaubhaft zu machen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. April
2014 - XII ZB 565/13 - FamRZ 2014, 1100).
BGH, Beschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 85/14 - OLG Karlsruhe
AG Freiburg
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juli 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Schil-
ling, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18. Familien-
senats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
4. Februar 2014 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Beschwerdewert: bis 300 €
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Aus-
kunftserteilung im Rahmen eines Verfahrens zur Zahlung nachehelichen Unter-
halts.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Teilbeschluss verpflichtet,
der Antragstellerin Auskunft über sein Erwerbseinkommen in der Zeit von Janu-
ar 2012 bis August 2013 zu erteilen und die Auskunft durch Vorlage der monat-
lichen Gehaltsabrechnungen seines Arbeitgebers und der in diesem Zeitraum
abgegebenen kompletten Einkommensteuererklärungen sowie der ergangenen
Einkommensteuerbescheide zu belegen.
Seine Beschwerde, deren Zulässigkeit der Antragsgegner unter anderem
damit begründet hat, ein gesteigertes Rechtsschutzbedürfnis an der Geheim-
haltung seiner persönlichen Daten zu haben, hat das Oberlandesgericht wegen
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Nichterreichens der Beschwerdesumme verworfen. Hiergegen wendet sich der
Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Die nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1
Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Antrags-
gegners ist nicht zulässig, weil weder die Fortbildung des Rechts oder die Si-
cherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbe-
schwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
1. Die vom Beschwerdegericht vorgenommene Bemessung der Be-
schwer ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Das Beschwerdegericht hat hierzu ausgeführt, dass der Aufwand für
die Erteilung der geschuldeten Auskunft auf nicht mehr als 150
€ zu schätzen
sei. Für die gesonderte Geltendmachung eines Geheimhaltungsinteresses ge-
nüge der vom Antragsgegner geltend gemachte allgemeine Hinweis auf die
Vertraulichkeit seiner Gehaltsmitteilungen und einen allgemeinen, auf sein Per-
sönlichkeitsrecht gründenden Anspruch auf Daten- und Geheimnisschutz nicht.
Denn die unterhaltsrechtlichen Auskunftspflichten regelten gerade Sachverhal-
te, in denen dem Auskunftsverpflichteten unter bestimmten Voraussetzungen
die Offenlegung von Informationen von Gesetzes wegen zuzumuten sei.
b) Diese Ausführungen halten sich im Rahmen der Senatsrechtspre-
chung und begründen keinen Zulassungsgrund.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die
Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands bei der Verurteilung zur
Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Aus-
kunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem Fall eines besonderen Ge-
heimhaltungsinteresses abgesehen - auf den Aufwand an Zeit und Kosten ab-
zustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert
(Senatsbeschluss vom 9. April 2014 - XII ZB 565/13 - FamRZ 2014, 1100
Rn. 10 mwN).
Im Einzelfall kann zwar ein Geheimhaltungsinteresse des zur Auskunft
verpflichteten Beschwerdeführers für die Bemessung des Rechtsmittelinteres-
ses erheblich sein. Insoweit muss dieser dem Beschwerdegericht aber sein be-
sonderes Interesse, bestimmte Tatsachen geheim zu halten, und den durch die
Auskunftserteilung drohenden Nachteil substantiiert darlegen und erforderli-
chenfalls glaubhaft machen. Dazu gehört auch, dass gerade in der Person des
die Auskunft Begehrenden die Gefahr begründet sein muss, dieser werde von
den ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über den Rechtsstreit hinaus in ei-
ner Weise Gebrauch machen, welche die schützenswerten wirtschaftlichen In-
teressen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden könnte (vgl. Senatsbe-
schluss vom 9. April 2014 - XII ZB 565/13 - FamRZ 2014, 1100 Rn. 11 mwN).
bb) Gemessen hieran ist der angegriffene Beschluss des Beschwerdege-
richts nicht zu beanstanden.
Dass der Aufwand zur Erteilung der Auskünfte sowie zur Vorlage der
Gehaltsmitteilungen und der Einkommensteuererklärungen bzw. -bescheide für
den Zeitraum von Januar 2012 bis August 2013 einen Betrag von 600
€ nicht
übersteigt, sieht ersichtlich auch die Rechtsbeschwerde so, da sie maßgeblich
auf das Geheimhaltungsinteresse abstellt.
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Dass das Beschwerdegericht für ein - die Beschwer erhöhendes - Ge-
heimhaltungsinteresse den bloßen Hinweis des Antragsgegners auf die Ver-
traulichkeit von Gehaltsmitteilungen und einen allgemeinen, auf sein Persön-
lichkeitsrecht gründenden Anspruch auf Daten- und Geheimschutz nicht hat
ausreichen lassen, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Allein der Um-
stand, dass die betreffenden Gehaltsmitteilungen mit einem Vermerk "vertrau-
lich" versehen sind, vermag ein besonderes Geheimhaltungsinteresse gegen-
über dem Auskunftsberechtigten nicht zu begründen. Vielmehr soll dadurch re-
gelmäßig sichergestellt werden, dass die Gehaltsmitteilung dem Arbeitnehmer
und nicht etwa einem Dritten im Betrieb zugeht. Der weitere Einwand der
Rechtsbeschwerde, wonach die Auskunftsverpflichtung den Arbeitsplatz des
Antragsgegners gefährden könne, ist nicht nachvollziehbar. Für die Hergabe
der Gehaltsbescheinigung an die Antragstellerin bedarf es der Einbeziehung
des Arbeitgebers nicht.
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2. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen,
weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-
deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose
Weber-Monecke
Schilling
Botur
Guhling
Vorinstanzen:
AG Freiburg, Entscheidung vom 19.12.2013 - 39 F 2338/13 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.02.2014 - 18 UF 4/14 -
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