Urteil des BGH vom 26.06.2003
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 155/03
Verkündet am:
28. September 2004
Preuß,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 13, ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, InsO § 146 Abs. 1
Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs wird auch durch einen erfolglosen Antrag
des  Insolvenzverwalters  auf  Zuständigkeitsbestimmung  gegenüber  den  in  der  An-
tragsschrift  bezeichneten  Anfechtungsgegnern  bei  nachfolgend fristgerechter Klage
gehemmt.
BGH, Urteil vom 28. September 2004 - IX ZR 155/03 - OLG München
LG Passau
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Der  IX. Zivilsenat  des  Bundesgerichtshofs  hat  auf  die  mündliche  Verhandlung
vom 23. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Rich-
ter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
für Recht erkannt:
Auf  die  Revision  des  Klägers  wird  das  Urteil  des  8. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni 2003 aufgehoben.
Die  Sache  wird  zur  neuen  Verhandlung  und  Entscheidung,  auch
über  die  Kosten  des  Revisionsverfahrens,  an  das  Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der  Kläger  macht  gegen  die  Beklagte  Rückzahlungsansprüche  aus  In-
solvenzanfechtung geltend. Die Beklagte erwirkte am 30. Juni 1999 einen Voll-
streckungsbescheid  gegen  die  A.              GmbH  (fortan:  Schuldnerin)  über
23.978,87 DM und leitete danach die Zwangsvollstreckung ein. Zur Abwendung
der  Zwangsvollstreckung  stellte  die  Schuldnerin  am  25. August  1999  einen
Scheck  über  7.271,16 DM  und  am  28. Oktober  1999  einen  weiteren  Scheck
über 2.000 DM aus, welche die Beklagte einlöste. Am 16. November 1999 zahl-
te die Schuldnerin weitere 10.728,84 DM. Auf einen am 14. Februar 2000 ein-
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gegangenen Antrag hin eröffnete das Amtsgericht Leipzig am 4. April 2000 das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Klä-
ger zum Insolvenzverwalter.
Mit  einem  am  2. April 2002 beim Oberlandesgericht Dresden eingegan-
genen  Schriftsatz  beantragte  der  Kläger,  ein  gemeinsames  Gericht  für  eine
Klage  gegen  68 Gläubiger  der  Schuldnerin  - darunter  die  Beklagte -  zu
bestimmen,  von  denen  der  Kläger  Beträge  im  Wege  der  Insolvenzanfechtung
zurückforderte.  Das  Oberlandesgericht  wies  den  Antrag  mit  Beschluß  vom
6. Mai  2002  zurück,  weil  seiner  Ansicht  nach  weder  die  Voraussetzungen  für
eine  notwendige  noch  für  eine  einfache  Streitgenossenschaft  vorlagen.  Der
Beschluß ging dem Kläger am 16. Mai 2002 zu. Gegenüber der vom Kläger am
14. August  2002  eingereichten  und  der  Beklagten  am  20. August  2002  zuge-
stellten  Klage  beruft  sich  die  Beklagte  auf  Verjährung  und  bestreitet  die  Vor-
aussetzungen einer Insolvenzanfechtung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - zugelas-
senen - Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet.
I.
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Das  Berufungsgericht  hat  angenommen,  der  Anfechtungsanspruch  sei
gemäß  § 146  InsO  verjährt.  Zwar  habe  der  Kläger  den  Antrag  auf  Zuständig-
keitsbestimmung  rechtzeitig  beim  Oberlandesgericht  eingereicht  und  auch  in-
nerhalb  von  drei  Monaten  nach Ablehnung des Gesuchs Klage erhoben. Eine
Hemmung der Verjährung sei jedoch nicht eingetreten. Nach dem Wortlaut des
§ 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB setze die Hemmung voraus, daß das angerufene hö-
here Gericht aufgrund des Vortrags in der Lage sei, ein zuständiges Gericht zu
bestimmen.  Ohne  Gerichtsstandsbestimmung  liege  eine  Sachentscheidung  im
Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB nicht vor.
II.
Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht das seit dem 1. Januar 2002 gel-
tende  Verjährungsrecht  angewendet  (Art. 229  § 6  Abs. 1  Satz 1  EGBGB).
Ebenfalls  zutreffend  ist  das  Berufungsgericht  davon  ausgegangen,  daß  der
anfechtungsrechtliche  Rückgewähranspruch  ohne  Berücksichtigung  einer
Hemmung durch das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren bei Einreichung der
Klage nach § 146 Abs. 1 InsO verjährt gewesen wäre. Zu Unrecht hat das Be-
rufungsgericht jedoch im Streitfall eine Hemmung der Verjährung verneint.
2. Das Berufungsgericht hat § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB zu eng ausgelegt.
Die  Vorschrift  hemmt  die  Verjährung  auch  dann,  wenn  der Antrag auf Bestim-
mung  der  Zuständigkeit  erfolglos  bleibt  (Staudinger/Peters,  BGB  13. Bearb.
2004, § 204 Rn. 110; MünchKomm-ZPO/Patzina, 2. Aufl. § 37 Rn. 3).
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a) Eine verbreitete Ansicht in der Literatur meint, daß die Hemmung der
Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB eine "Sachentscheidung" vorausset-
ze  (Palandt/Heinrichs,  BGB  63. Aufl.  § 204  Rn. 28;  AnwKomm-BGB/Mansel,
Schuldrecht  § 204  Rn. 38;  Bamberger/Roth/Henrich,  BGB  § 204  Rn. 43;
MünchKomm-BGB/Grothe,  4. Aufl.  Bd. 1a  § 204  Rn. 57;  Mansel/Budzikiewicz,
Das  neue  Verjährungsrecht  § 8  Rn. 79;  ebenso  zu  § 210  BGB  a.F.  Soergel/
Niedenführ,  BGB  13. Aufl.  § 210  Rn. 3).  Von  einem  Teil  des  Schrifttums  wird
darüber  hinaus  auch  vertreten,  die  Unterbrechungs-  oder  Hemmungswirkung
eines  Antrags  auf  Zuständigkeitsbestimmung  trete  nur  ein,  wenn  ein  solcher
Antrag  Erfolg  habe  (Musielak/Smid,  ZPO  3. Aufl.  § 37  Rn. 3;  Wieczorek/
Schütze/Hausmann, ZPO 3. Aufl. § 37 Rn. 4; Herz, Die gesetzliche Zuständig-
keitsbestimmung  1990  S. 118;  wohl  auch  BGB-RGRK/Johannsen,  12. Aufl.
§ 210 Rn. 1).
b)  Damit  werden  indes  die  schutzwürdigen  Interessen  des  Schuldners
überbewertet. Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB schützt den Gläubi-
ger, der darauf angewiesen ist oder darauf Wert legt, für die von ihm beabsich-
tigte  Klage  oder  Klagehäufung  ein  zuständiges  Gericht  bestimmt  zu  erhalten.
Der  mit  dem  Bestimmungsverfahren  einhergehende  Zeitverlust  kann  für  ihn
insbesondere  bei  kurzen  Verjährungsfristen  gefährlich  werden.  Hier  hemmt
§ 204  Abs. 1  Nr. 13  BGB die Verjährung, damit der Gläubiger eine gegenüber
anderen  Gläubigern  gleichwertige  Chance  hat,  seinen  Anspruch  durchzuset-
zen.  Der  Zeitverlust  eines  Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens  wird  verjäh-
rungsrechtlich  nicht  dem  Gläubiger, sondern grundsätzlich dem Schuldner zu-
gewiesen,  weil  der  Gläubiger  zur  Durchsetzung  seiner  Ansprüche  einen  Weg
beschreitet, der auch dem Schutz des Schuldners dient. Unter diesen Umstän-
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den darf ein Zeitverlust, der seinen Grund in der Dauer dieses Verfahrens fin-
det, verjährungsrechtlich nicht zu Lasten des Gläubigers gehen.
Diese Erwägung trifft auch auf die Fälle zu, in denen sich der Antrag des
Gläubigers, ein zuständiges Gericht zu bestimmen, als erfolglos erweist. § 204
BGB  faßt  die  Hemmung  der  Verjährung  durch  Rechtsverfolgung  zusammen.
Allen Fallgruppen der Vorschrift ist gemeinsam, daß der Gläubiger ernsthaft zu
erkennen  gibt,  seinen  behaupteten  Anspruch  durchsetzen  zu  wollen.  Die  ver-
schiedenen  Hemmungstatbestände  sind  gleichrangig;  der  Gläubiger  ist  nicht
gezwungen, eine der Maßnahmen vorrangig zu ergreifen. Kommt aus der Sicht
des Klägers ein Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Betracht, so besteht kein
Anlaß, die verjährungshemmende Wirkung hier davon abhängig zu machen, ob
das  Gericht  den  Antrag  für  zulässig  und  begründet  hält.  Schon  der  Wortlaut
des  § 204  Abs. 1  Nr. 13  BGB  bezieht  sich  nur  auf  den  Gegenstand  des  An-
tragsverfahrens, nicht darauf, daß der Bestimmungsantrag Erfolg hat.
Wäre  die  Verjährungshemmung  vom  Erfolg  eines Antrags abhängig, so
würden  die  Interessen  des  Gläubigers  in  einem  solchen  Fall  niedriger  als  in
den  übrigen  Hemmungstatbeständen  der  gerichtlichen  Anspruchsverfolgung
bewertet,  ohne  daß  ein  sachlicher  Grund  hierfür  bestünde.  Das  Gesetz  ver-
langt  für eine Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung grundsätzlich
nicht, daß die Antragsteller eine für sie günstige Sachentscheidung erstreiten.
Nach  den  Vorstellungen  des  Gesetzgebers  sollte  der  mit  der  Hemmung  ver-
bundene  bloße  Aufschub des Verjährungslaufs unabhängig vom Ausgang des
jeweiligen  Verfahrens  sein  (BT-Drucks. 14/6040,  S. 118  zur  Abschaffung  des
§ 212 BGB a.F. sowie BT-Drucks. 14/6857 S. 44 zur Prüfbitte des Bundesrates,
die Hemmung wie die Unterbrechung in den Fällen des § 212 Abs. 1 BGB a.F.
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nachträglich  entfallen  zu  lassen).  Daher  hemmt  eine  unzulässige  Klage  die
Verjährung  (vgl.  BGHZ  78,  1,  5;  BT-Drucks. 14/6040  S. 118;  MünchKomm-
BGB/
Grothe, 4. Aufl. Bd. 1a § 204 Rn. 25). Die Hemmung ist nicht einmal an irgend-
eine  Entscheidung  der  angerufenen  Stelle  gebunden,  sondern  tritt  grundsätz-
lich auch ein, wenn der Gläubiger den Antrag im Laufe des Verfahrens zurück-
nimmt  (Palandt/Heinrichs,  BGB  63. Aufl.  § 204  Rn. 33,  34;  MünchKomm-
BGB/Grothe, 4. Aufl. Bd. 1a § 204 Rn. 65). Gleiches gilt beispielsweise für An-
träge im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt (§ 204 Abs. 1 Nr. 2 BGB;
vgl.  Palandt/Heinrichs,  aaO  § 204  Rn. 35;  MünchKomm-BGB/Grothe,  aaO
§ 204  Rn. 79),  für  das  Mahnbescheidsverfahren  (§ 204  Abs. 1  Nr. 3  BGB; vgl.
Palandt/Heinrichs,  aaO  § 204  Rn. 36;  MünchKomm-BGB/Grothe,  aaO  § 204
Rn. 81),  das  Güteverfahren  (§ 204  Abs. 1  Nr. 4  BGB;  vgl.  Palandt/Heinrichs,
aaO § 204 Rn. 37; MünchKomm-BGB/Grothe, aaO § 204 Rn. 86) oder das Ver-
fahren  im  vorläufigen  Rechtsschutz  (§ 204  Abs. 1  Nr. 9  BGB;  vgl.  Palandt/
Heinrichs,  aaO  § 204  Rn. 41;  MünchKomm-BGB/Grothe,  aaO  § 204  Rn. 93).
Besonders deutlich wird die Unabhängigkeit der Hemmung vom Erfolg der ein-
geleiteten  Verfahrenshandlungen  bei  der  Hemmung  durch  Aufrechnung  im
Prozeß  (§ 204  Abs. 1  Nr. 5  BGB).  Sie  ist  gerade  auf  den  Fall  zugeschnitten,
daß  die  Aufrechnung  unzulässig  oder  unmöglich  ist;  die  Hemmung  tritt  daher
nur ein, wenn keine Sachentscheidung zugunsten des Aufrechnungsgläubigers
ergeht  (vgl.  Palandt/Heinrichs,  aaO  § 204  Rn. 20;  MünchKomm-BGB/Grothe,
aaO § 204 Rn. 33).
Zwar  kann  nach  der  Rechtsprechung  des  Bundesgerichtshofs  zu  § 209
Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F. nur eine nach § 72 ZPO zulässige Streitverkündung die
Verjährung  unterbrechen  (vgl.  BGHZ  65,  127,  130 f).  Über  die  aus  der  Unzu-
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lässigkeit  folgende  Wirkungslosigkeit  der  Streitverkündung  wird  jedoch  im  Ur-
sprungsrechtsstreit  nicht  entschieden;  sie  ist  erst  in  dem  späteren  "Folgepro-
zeß" zu prüfen (BGHZ 70, 187, 189). Deshalb kann aus dieser Verfahrenslage
für die Hemmungswirkung von Verfahrensanträgen, über die - wie im Falle des
§ 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB - selbständig entschieden wird, nichts hergeleitet wer-
den.
Es  wäre  nicht  sachgerecht,  für  den  Fall  der  Gerichtsstandsbestimmung
den Grundsatz zu durchbrechen, daß die Verjährung unabhängig vom Ausgang
des Verfahrens gehemmt werden kann. Dann könnte der Gläubiger in Zweifels-
fällen die vom Gesetz eröffnete Wahlmöglichkeit kaum nutzen, weil die Gefahr
bestünde,  daß  das  Gericht  zu  seinen  Ungunsten  entscheidet.  Damit  wäre  die
Hemmung  durch  eine  mangels  Zuständigkeitsbestimmung  unzulässige  Klage
verjährungsrechtlich  wirkungsvoller  als  ein  Antrag  auf  Zuständigkeitsbestim-
mung.  Hätte  der  Gläubiger  die  gehäufte  Klage  gegen  alle  Prozeßgegner  vor
einem  beliebigen  Gericht  erhoben,  wäre  die  Verjährung  selbst  dann  gehemmt
gewesen, wenn das Gericht die Klage mangels Zuständigkeit abgewiesen oder
der  Gläubiger  die  Klage  vor  einer  Entscheidung zurückgenommen hätte. Dem
Gläubiger hätte unter diesen Umständen gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB eine
sechsmonatige  Frist  für  eine  erneute  Klage  zur  Verfügung  gestanden;  inner-
halb  dieser  Frist  hätte  dem  Gläubiger  zur  Verjährungshemmung  sogar  ein
nachgeholter  Zuständigkeitsbestimmungsantrag  genügen  können  (vgl.  BGHZ
53, 270, 273 f). Darin läge ein Wertungswiderspruch (vgl. schon MünchKomm-
ZPO/Patzina, aaO § 37 Rn. 3).
c)  Erhebliche  Interessen  des  Schuldners  am  ungehemmten  Lauf  der
Verjährung, die das Gesetz nicht bereits berücksichtigt hat, bestehen nicht.
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Ein  innerhalb  der  laufenden  Verjährungsfrist  eingereichter  Antrag  auf
Bestimmung  der  Zuständigkeit  macht  deutlich,  daß  der  Gläubiger  gewillt  ist,
seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Einen entsprechenden ernsthaften
Willen des Berechtigten nimmt der Gesetzgeber in allen der Klagerhebung ver-
jährungsrechtlich  gleichgestellten  Fällen  an  (vgl.  BGH,  Urt.  v.  8. Dezember
1992 - X ZR 123/90, WM 1993, 620, 622 zu § 210 BGB a.F.). Der Gesetzgeber
erachtet den Gläubiger für schutzwürdiger als den Schuldner, sobald der Gläu-
biger  angemessene  und  unmißverständliche  Schritte  zur  Durchsetzung  des
Anspruchs ergriffen hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 111). Der Gläubiger soll davor
geschützt werden, daß sein Anspruch verjährt, nachdem er ein förmliches Ver-
fahren  mit  dem  Ziel  der  Durchsetzung  des  Anspruchs  eingeleitet  hat  (BT-
Drucks. 14/6040,  S. 112).  Dies  ist  auch  der  Fall  bei  einem Antrag auf Zustän-
digkeitsbestimmung.
Dem steht nicht entgegen, daß dem Schuldner der Antrag auf Gerichts-
standsbestimmung  unbekannt  bleiben  kann,  weil  dessen  Übermittlung  an  die
Gegner  nicht  allgemein  vorgeschrieben  ist.  Allerdings  wird  eine  Bekanntgabe
in  der  Regel  erforderlich  sein,  um  der  Gegenseite  zu  dem  Antrag  rechtliches
Gehör zu gewähren (vgl. Herz, aaO S. 121 f; Zöller/Vollkommer, ZPO 24. Aufl.
§ 37 Rn. 3; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 37 Rn. 1). Unterbleibt eine Anhö-
rung  der  Gegenseite,  weil  das  angerufene  Gericht  die  beantragte  Zuständig-
keitsbestimmung  a  limine  ablehnt,  so  ist  das  von  den  Antragsgegnern  verjäh-
rungsrechtlich  hinzunehmen.  Die  Schuldner  sind  nach  dem  Gesetz  nicht
schlechthin davor geschützt, daß die Verjährung durch Anträge gehemmt wird,
von denen sie zunächst nichts erfahren. Zwar knüpft das Gesetz die Hemmung
durch  Rechtsverfolgung  regelmäßig  an  Tatbestände,  die  eine  Kenntnis  des
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Schuldners von der Verfahrenshandlung erwarten lassen. Die Vorschriften des
§ 204 Abs. 1 Nr. 9 und 12 BGB enthalten aber ebenfalls Tatbestände, in denen
die  Hemmung  eintritt,  obwohl  der  Schuldner  die  diese  Wirkung  auslösenden
Umstände erst nach dem vermeintlichen Ablauf der Verjährung erfährt (vgl. BT-
Drucks. 14/6040  S. 115,  116;  vgl.  auch  MünchKomm-BGB/Grothe,  4. Aufl.
Bd. 1a  § 204  Rn. 45).  Selbst  bei  der  Verjährungshemmung  durch  Klageerhe-
bung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) liegt dies nach § 167 ZPO nicht anders.
d) Schließlich vernachlässigt die Ansicht, nach der nur ein erfolgreicher
Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung die Verjährung hemmt, daß das angeru-
fene  Gericht  den  Antrag  auch  rechtsfehlerhaft  ablehnen  kann.  Eine  von  der
Richtigkeit  der  späteren  Entscheidung  abhängende  Verjährungshemmung  ist
jedoch  mit  der  für  den  Gläubiger  bereits bei Einreichung des Antrags notwen-
digen  sicheren  Kenntnis  über  seine  Wirkungen  nicht  vereinbar.  Das  Gesetz
knüpft  den  Schutz  der  Gläubigerinteressen  an  bestimmte  Tatsachen,  deren
Eintritt nicht von der Entscheidung der angerufenen Stelle abhängt.
Falls sich aus § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB, § 922 Abs. 3 ZPO bei Ablehnung
eines  Arrest-  oder  Verfügungsantrages  etwas  anderes  ergeben  sollte  (vgl.
auch  BT-Drucks.  14/6040  S. 115),  so  wäre  dies  eine Ausnahme. Es bestünde
kein  Anlaß,  nach  diesem  neu  geschaffenen  Hemmungstatbestand  die  im  Ge-
setz  überkommenen  Unterbrechungs-  bzw.  Hemmungstatbestände  anders  als
in bisheriger Weise auszulegen.
Zum Schutz der Schuldnerinteressen genügt es nach der gesetzgeberi-
schen  Wertung,  daß  der  Gläubiger  bei  unzulässigen  oder  unbegründeten An-
trägen  die  Kosten  zu  tragen  hat  (vgl.  Mugdan,  Die  gesamten  Materialien  zum
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BGB,  Bd. 1  S. 789;  vgl.  auch  BT-Drucks.  14/6857  S. 44).  Eine  weitere
Schlechterstellung  des  Gläubigers  ist  schon  im  Gesetzgebungsverfahren  zum
alten  Verjährungsrecht  weder  für  erforderlich  noch  für  sachgerecht  gehalten
worden (Mugdan, aaO). Sollte ein Gläubiger im Einzelfall mit Hilfe unzulässiger
oder  unbegründeter  Anträge  in  mißbräuchlicher  Weise  versuchen,  die  Hem-
mung  der  Verjährung  herbeizuführen,  so  kann  dem  durch  Anwendung  von
§ 242  BGB  begegnet  werden  (vgl.  BT-Drucks.  14/6857  S. 44;  ebenso  Pa-
landt/Heinrichs, BGB 63. Aufl. § 204 Rn. 33 zur Antragsrücknahme).
e) Die vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen des Bun-
desgerichtshofs  zur  Unterbrechung  der  Gewährleistungsverjährung  bei  unzu-
lässigem  Antrag  auf  Beweissicherung  (BGH,  Urt.  v.  20. Januar  1983  - VII  ZR
210/81,  NJW  1983,  1901;  v.  22. Januar  1998  - VII  ZR  204/96,  NJW 1998,
1305, 1306) führen schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil sie Fälle
betrafen,  bei  denen  das  Gericht  dem  Beweissicherungsantrag  stattgegeben
hatte, obwohl der Antrag nach Ansicht des Prozeßgerichts unzulässig war. Der
allgemeine  Gegenschluß  des  Berufungsgerichts  aus  diesen  Entscheidungen
auf die verjährungsrechtliche Wirkungslosigkeit unbegründeter Zuständigkeits-
bestimmungsanträge ist unzutreffend.
3.  Das  Berufungsurteil  stellt  sich  auch  nicht  aus  anderen  Gründen  im
Ergebnis als richtig dar.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Beru-
fungsgerichts hat der Kläger die Anfechtungsklage innerhalb von drei Monaten
nach Erledigung des Gerichtsstandsbestimmungsverfahrens eingereicht. Damit
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sind die Voraussetzungen der Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 13
BGB erfüllt.
III.
Die  Sache  ist  noch  nicht  zur  Endentscheidung  reif  (§ 563  Abs. 1  ZPO),
weil  das  Berufungsgericht  - aus  seiner  Sicht  folgerichtig -  zu  den  Vorausset-
zungen des Anfechtungsanspruchs keine Feststellungen getroffen hat. Für die
neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
1.  Die  Zahlungen  vom  25. August  (7.271,16 DM)  und  28. Oktober  1999
(2.000 DM)  sind  nur  nach  § 133  Abs. 1  InsO  anfechtbar.  Obwohl  sie  zur  Ab-
wendung  der  Zwangsvollstreckung  aufgrund  des  Vollstreckungsbescheides
vom  30. Juni  1999  erfolgten,  handelt  es  sich  um  kongruente  Leistungen,  weil
sie  außerhalb  des  Dreimonatszeitraums vor dem Antrag auf Eröffnung des In-
solvenzverfahrens liegen (BGHZ 155, 75, 82 f).
Hat  die  Schuldnerin  wenigstens  mittelbar  auch  die  Begünstigung  des
Gläubigers  bezweckt,  so  hätte  sie  mit  Gläubigerbenachteiligungsvorsatz  ge-
handelt.  Bei  einer  kongruenten  Leistung  kommt  dies  in  Betracht,  wenn  die
Schuldnerin  mit  der  Befriedigung  gerade  dieses  Gläubigers  Vorteile  für  sich
erlangen oder Nachteile von sich abwenden will (BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 - IX
ZR 272/02, ZIP 2003, 1799, 1800; vgl. auch BGHZ 155, 75, 84). Dies wäre et-
wa der Fall bei einem massiven Druck durch die Beklagte. Hierzu wird das Be-
rufungsgericht gegebenenfalls die Hintergründe der Zahlungen aufklären müs-
sen.
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Weiterhin setzt die Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO voraus,
daß  die  Beklagte  zur  Zeit  der  Handlung  den  Vorsatz  der  Schuldnerin  kannte.
Die  Beklagte  muß  mithin  gewußt  haben,  daß  die  Zahlungen  vom  25. August
und  28. Oktober  1999  die  übrigen  Gläubiger  der  Schuldnerin  benachteiligten
und daß die Schuldnerin dies wollte. Hierbei wird das Berufungsgericht neben
dem Schreiben vom 28. April 1999 zu berücksichtigen und zu klären haben, ob
die Beklagte Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit hatte (§ 133 Abs. 1
Satz 2 InsO).
2.  Die  Zahlung vom 16. November 1999 über 10.728,84 DM könnte ge-
mäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar sein, wenn auch sie unter dem Druck
einer  (unmittelbar  drohenden)  Zwangsvollstreckung  stand  (vgl.  BGH,  Urt.  v.
11. April 2002 - IX ZR 211/01, ZIP 2002, 1159, 1160 f). Sie erfolgte in den letz-
ten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sollte
das  Berufungsgericht  sich  nicht  davon  überzeugen  können,  wird  es  die  Vor-
aussetzungen  des  §  130  Abs.  1  Nr.  1  InsO  zu  prüfen  haben.  Die  Beklagte
kannte aufgrund der Schreiben der Schuldnerin vom 28. April und 11. Mai 1999
und  durch  den  unternommenen  Vollstreckungsversuch  die  damalige
Zahlungsunfähigkeit.  Sofern  sich  die  Beklagte  auf  eine  allgemeine  Aufnahme
der  Zahlungen  seitens  der  Schuldnerin  vor  den  an  sie  erbrachten  Leistungen
berufen  würde,  so  trüge  sie  dafür  die  Beweislast  (vgl.  BGHZ  149,  100,  109;
aaO 178, 188).
Fischer
Raebel
Vill
Cierniak
Lohmann