Urteil des BGH vom 06.10.2004

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 108/04
vom
6. Oktober 2004
in der Familiensache
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Oktober 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 werden
der Beschluß des 1. Senats für Familiensachen des Thüringer
Oberlandesgerichts in Jena vom 1. April 2004 aufgehoben und der
Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Erfurt vom 20. Mai
2003 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Vom Versicherungskonto Nr. 43 040656 S 553 der Antragsgegne-
rin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden auf
das Versicherungskonto Nr. 03 120457 F 015 des Antragstellers
bei der Landesversicherungsanstalt Thüringen Rentenanwart-
schaften in Höhe von monatlich 79,67 €, bezogen auf den 28. Fe-
bruar 2002, übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwart-
schaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.
Zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei der Versor-
gungsanstalt des Bundes und der Länder werden auf dem Versi-
cherungskonto Nr. 03 120457 F 015 des Antragstellers bei der
Landesversicherungsanstalt Thüringen Rentenanwartschaften von
monatlich 13,63 €, bezogen auf den 28. Februar 2002, begründet.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte
umzurechnen.
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Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfah-
rens werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 500 €
Gründe:
I.
Die Parteien haben am 12. Oktober 1979 geheiratet. Der Scheidungsan-
trag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 12. April 1957) ist der Ehefrau
(Antragsgegnerin; geboren am 4. Juni 1956) am 22. März 2002 zugestellt wor-
den. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe geschieden (insoweit
rechtskräftig) und den abgetrennten Versorgungsausgleich nachfolgend dahin
geregelt, daß es im Wege des Rentensplittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom
Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) auf das Versicherungskonto des
Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Thüringen (LVA; weitere Be-
teiligte zu 3) Rentenanwartschaften von monatlich 79,68 €, bezogen auf den
28. Februar 2002, übertragen hat. Darüber hinaus hat es im Wege des Quasi-
splittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgung der Antragsge-
gnerin bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere
Beteiligte zu 1) auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der LVA
Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 38,98 €, bezogen auf den
28. Februar 2002, begründet. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das
Oberlandesgericht die Entscheidung dahin abgeändert, daß hinsichtlich der
Anwartschaften bei der VBL im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1
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Abs. 3 VAHRG Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 20,22 € begrün-
det werden.
Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Be-
teiligten zu 1 bis 3 von ehezeitlichen (1. Oktober 1979 bis 28. Februar 2002;
§ 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften des Antragstellers bei der LVA in Höhe
von angleichungsdynamisch 538,41 € und der Antragsgegnerin bei der BfA in
Höhe von angleichungsdynamisch 697,76 €, jeweils monatlich und bezogen auf
das Ende der Ehezeit, ausgegangen. Die für die Antragsgegnerin bei der VBL
bestehenden Anwartschaften hat das Oberlandesgericht als im Anwartschafts-
stadium volldynamisch und im Leistungsstadium statisch bewertet und nach
entsprechender Dynamisierung für die Antragsgegnerin monatlich 40,43 € dem
Versorgungsausgleich zugrunde gelegt.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die VBL die bei ihr be-
stehenden Anwartschaften der Antragsgegnerin entsprechend der Senatsrecht-
sprechung bewertet wissen. Die Parteien und die weiteren Beteiligten haben
sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die nach §§ 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verb indung
mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist
begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat die für die Antragsgegnerin bei der VBL
bestehenden Anwartschaften als im Anwartschaftsstadium volldynamisch und
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im Leistungsstadium statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht
stand. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß die Versorgungsan-
rechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach
der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium
statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbe-
schluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474).
2. Damit ergibt sich folgende Berechnung:
Bei der Umwertung der VBL-Anwartschaften in eine dynamische Versor-
gung kommt Tabelle 1 zu § 2 Abs. 2 BarwertVO zur Anwendung. Dies führt zur
Erhöhung des sich daraus ergebenden Faktors 3,8 (Alter der Antragsgegnerin
bei Ende der Ehezeit: 45 Jahre) um 65 % auf 6,27 (§ 2 Abs. 2 Nr. 4
BarwertVO). Aus der Jahresrente von 935,52 € errechnet sich demnach ein
Barwert von 935,52 € x 6,27 = 5865,71 €. Nach Multiplikation mit dem Umrech-
nungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung für 2002 von 0,0001835894
ergeben sich 1,0769 Entgeltpunkte und nach weiterer Multiplikation mit dem
allgemeinen Rentenwert zum Ehezeitende von 25,31 € eine dynamische Rente
von 27,26 €.
Der in der Ehezeit erworbenen Versorgung des Antragsstellers in Höhe
von 538,41 € stehen somit Anwartschaften der Antragsgegnerin in Höhe von
insgesamt 697,76 € + 27,26 € = 725,02 € gegenüber, so daß sich eine Aus-
gleichspflicht der Antragsgegnerin in Höhe von 93,30 € errechnet (725,02 € ./.
538,41 € = 186,61 €; 186,61 € : 2 = 93,30(5) €).
Nach §§ 1587 b Abs. 1 BGB, 1 Abs. 3 VAHRG hat der Versorgungsaus-
gleich durch Rentensplitting in Höhe von (697,76 € - 538,41 €) : 2 = 79,67(5) €
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und analoges Quasisplitting in Höhe von 27,26 € : 2 = 13,63 € zu erfolgen. Die
Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB.
Hahne
Sprick
Weber-Monecke
Wagenitz
Dose