Urteil des BGH vom 01.07.2010

BGH (zpo, kenntnis, vorteilsausgleichung, berechnung, annahme, kausalität, schaden, rechtsfrage, erwägung, sache)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 165/09
vom
1. Juli 2010
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 1. Juli 2010
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil
des 23.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
28. August 2009 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 41.492,05 € festgesetzt.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). In der Sache bleibt sie jedoch
ohne Erfolg.
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1. Vergeblich rügen die Kläger eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG,
soweit das Berufungsgericht ihr Vorbringen nicht berücksichtigt habe, die frei-
willige Auflösung von Rückstellungen habe sich wegen der im fraglichen Zeit-
raum nachträglich angefallenen höheren Steuern als wirtschaftlich nachteilig
erwiesen.
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Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen und An-
träge der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu zie-
hen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrages in
den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96,
205, 216 f; BGHZ 154, 288, 300; BGH, Beschl. v. 22. Oktober 2009 - IX ZR
237/06 Rn. 4). Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, inwiefern die angefochte-
ne Entscheidung auf dem gerügten Verfahrensverstoß beruhen soll, weil die
Kläger den durch den vermeintlichen Beratungsfehler verursachten Steuernach-
teil nicht ansatzweise beziffert haben.
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2. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der
Grundsätzlichkeit die Rechtsfrage aufwirft, ob bei der Berechnung eines Steu-
erschadens die durch die gewählte steuerliche Vorgehensweise erlangten
Steuervorteile schadensmindernd zu berücksichtigen sind, fehlt es bereits an
der gebotenen Darlegung des Zulassungsgrundes (BGHZ 152, 181, 191). Da-
von abgesehen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass solche Steuer-
vorteile nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu Gunsten des Ge-
schädigten zu berücksichtigen sind (BGH, Urt. v. 18. Januar 2007 - IX ZR
122/04, NJW-RR 2007, 742, 743 Rn. 14 m.w.N.).
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In diesem Zusammenhang scheidet auch ein Verstoß gegen Art. 103
Abs. 1 GG aus. Das Vorbringen der Kläger zur Berücksichtigung von Abschrei-
bungen hat das Berufungsgericht ersichtlich zur Kenntnis genommen, aber als
nicht hinreichend substantiiert erachtet. Darin kann ein Verstoß gegen Art. 103
Abs. 1 GG nicht erblickt werden. Die Würdigung des tatsächlichen Vorbringens
der Kläger durch das Berufungsgericht begegnet im Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil auch die Nichtzulassungsbe-
schwerde außer Stande ist, die konkreten steuerlichen Vorteile zu beziffern.
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3. Vergeblich wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die
Annahme des Berufungsgerichts, dass im Streitfall die Grundsätze eines An-
scheinsbeweises im Blick auf die Kausalität der Pflichtverletzung für den einge-
tretenen Schaden nicht anwendbar sind. Insoweit hat das Berufungsgericht
entgegen dem Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde auf die individuellen
wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger abgestellt. Seine weitere Würdigung
der Angaben der Klägerin zu 2 und des Zeugen S. bewegt sich innerhalb
des tatrichterlichen Ermessens.
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Ganter Kayser
Gehrlein
Fischer
Grupp
Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 31.10.2008 - 1 O 91/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.08.2009 - I-23 U 176/08 -