Urteil des BGH vom 24.04.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZB 92/07
vom
23.Oktober 2008
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 857, 851 Abs. 1, 851 a, 835; Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom
29. September 2003
1.
a) Die einem Landwirt nach der Verordnung (EG) Nr.
1782/2003 des Rates vom
29. September 2003 zugewiesenen Zahlungsansprüche sind als sonstige Vermögensrech-
te nach § 857 ZPO grundsätzlich pfändbar.
b) Die einem Landwirt aus der nationalen Reserve nach Art. 42 der Verordnung (EG)
Nr. 1782/2003 zugewiesenen Zahlungsansprüche sind innerhalb eines Zeitraums von fünf
Jahren ab ihrer Zuweisung nach § 857 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar.
c) § 851 a ZPO ist auf die Pfändung von derartigen Zahlungsansprüchen nicht anwendbar.
2. a) Die Verwertung eines gepfändeten Zahlungsanspruchs kann dadurch erfolgen, dass das
Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach § 857 Abs. 5 ZPO die Veräußerung
anordnet.
b) Die Überweisung eines gepfändeten Zahlungsanspruchs zur Einziehung setzt entspre-
chend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 voraus, dass der Gläubiger den Zahlungsan-
spruch selbst aktivieren kann, er also selbst Betriebsinhaber im Sinne der Verordnung ist
und eine landwirtschaftliche Fläche in der selben Region bewirtschaftet, für die der Zah-
lungsanspruch zugewiesen worden ist.
BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - VII ZB 92/07 - LG Neuruppin
AG
Neuruppin
- 2 -
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Oktober 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka, die
Richterin Safari Chabestari und den Richter Halfmeier
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der
5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 19. Oktober 2007
insoweit aufgehoben, als die Erinnerung des Schuldners gegen
den Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom
3. Juli 2006 zurückgewiesen worden und eine Kostenentschei-
dung zu seinen Lasten ergangen ist.
Im Übrigen (Pfändungsbeschluss) wird die Rechtsbeschwerde mit
der Maßgabe zurückgewiesen, dass von der Pfändung solche
Zahlungsansprüche ausgenommen sind, die nach Art. 42 Abs. 8
der Verordnung (EG) Nr.
1782/2003 des Rates vom
29. September 2003 nicht übertragbar sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entschei-
dung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an
das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
- 3 -
Gründe:
I.
1
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung
wegen Geldforderungen aus zwei Urteilen und zwei Kostenfestsetzungsbe-
schlüssen. Er hat beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - einen Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss gegen den Schuldner erwirkt, mit dem unter ande-
rem
"… sämtliche dem Schuldner nach der GAP-Agrarreform entspre-
chend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom
29.09.2003, des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes vom
26.07.2004 und der jeweils dazu erlassenen Durchführungsver-
ordnungen zugewiesenen Zahlungsansprüche …“
gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen wurden.
Gegen diesen Teil des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat
unter anderem der Schuldner Erinnerung eingelegt. Das Amtsgericht - Voll-
streckungsgericht - hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgeho-
ben. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das
Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und die Erinnerung
des Schuldners zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner die Wiederherstellung der amtsge-
richtlichen Entscheidung.
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II.
Das Beschwerdegericht führt aus, die Ansprüche des Schuldners gegen
den Drittschuldner nach der GAP-Agrarreform entsprechend der Verordnung
(EG) Nr.
1782/2003 des Rates vom 29.
September 2003 (VO (EG)
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- 4 -
Nr. 1782/2003), des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes vom 26. Juli 2004
(BetrPrämDurchfG) und der jeweils dazu erlassenen Durchführungsverordnun-
gen seien pfändbar. Die Zahlungsansprüche seien mit der in Art. 46 Abs. 1 VO
(EG) Nr. 1782/2003 enthaltenen Einschränkung zwischen den Betriebsinhabern
frei handelbar. Der Gläubiger sei Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 lit. a VO
(EG) Nr. 1782/2003, was er durch Vorlage der Anmeldung einer Unternehmer-
nummer für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und eines Pachtvertrages
über 0,5 ha Grünlandnutzflächen zur Bewirtschaftung jeweils in Ablichtung
nachgewiesen habe. Auch verfüge der Gläubiger über landwirtschaftliche Flä-
chen im betroffenen Förderungsgebiet B. , was sich aus dem vorge-
legten Pachtvertrag über landwirtschaftliche Nutzfläche mit einer Größe von
2,48 ha in B. ergebe. Nach § 2 Abs. 2 BetrPrämDurchfG reiche es zur Förde-
rung aus, wenn bewirtschaftete Flächen sich in derselben Region befänden,
auch wenn der Sitz des Unternehmens in einem anderen Bundesland liege.
Entsprechend knüpfe die regionale Förderung an die Lage der Fläche und nicht
an den Sitz des landwirtschaftlichen Betriebes an. In welcher Region die Fläche
liege, sei dabei nur für die Höhe der Prämie von Bedeutung.
III.
Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Betriebsprämie (gemeint ist
der Zahlungsanspruch) sei nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 46
VO (EG) Nr. 1782/2003 unpfändbar. Die Betriebsprämie sei nicht an den Gläu-
biger abtretbar. Der Gläubiger sei entgegen der Auffassung des Beschwerdege-
richts kein Betriebsinhaber, an den allein eine Abtretung erfolgen könne. Der
Gläubiger habe nicht substantiiert dargelegt, dass er eine landwirtschaftliche
Tätigkeit ausübe. Darüber hinaus seien die Zahlungsansprüche unpfändbar
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- 5 -
wegen der Zweckbindung der Betriebsprämie, wie sie sich aus Art. 44 Abs. 1
VO (EG) Nr. 1782/2003 und den Zielen der Verordnung ergebe. Die Prämien
seien streng an den Zweck geknüpft, landwirtschaftliche Flächen in förderungs-
fähiger Weise zu bewirtschaften. Diese Zweckbindung würde durch eine Abtre-
tung der Prämie an den Gläubiger gestört. Die Rechtsbeschwerde macht ferner
geltend, die Unpfändbarkeit ergebe sich aus § 851 a ZPO. Sinn und Zweck der
VO (EG) Nr. 1782/2003 einerseits und des § 851 a ZPO andererseits würden
trotz der Entkoppelung der Zahlungen eine Erstreckung des bisherigen Pfän-
dungsschutzes auch auf die Neuregelung der Subventionsgewährung erfor-
dern. Zudem liege eine Überpfändung vor. Der Wert der Betriebsprämie betra-
ge ein Vielfaches des jährlichen Auszahlungsanspruchs. Angesichts dessen,
dass der Gläubiger selbst die Betriebsprämien allenfalls insoweit einlösen kön-
ne, als sie der von ihm gepachteten Fläche von 2,48 ha entsprächen, liege in
der Pfändung der übrigen Zahlungsansprüche (62,0103 ha) gleichzeitig ein
Verstoß gegen das Verbot der zwecklosen Pfändung.
IV.
Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch
im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat nur teilweise Erfolg. Die Pfändung
der Zahlungsansprüche ist mit der Maßgabe wirksam, dass von ihr solche Zah-
lungsansprüche ausgenommen sind, die nach Art.
42 Abs.
8 VO (EG)
Nr. 1782/2003 nicht übertragbar sind. Ob die Überweisung der Zahlungsan-
sprüche zur Einziehung (teilweise) wirksam ist, bedarf weiterer Aufklärung.
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1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht ohne weiteres davon aus,
dass die Pfändbarkeit von Zahlungsansprüchen eines Landwirts nach der
Agrarreform entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom
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29. September 2003 nach § 857 ZPO zu beurteilen ist. Als Vermögensrecht
pfändbar sind Rechte aller Art, die einen Vermögenswert derart verkörpern,
dass die Pfandverwertung zur Befriedigung des Geldanspruchs des Gläubigers
führen kann (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2006 - VII ZB 92/05 m.w.N.,
MDR 2007, 485). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die gepfändeten
Zahlungsansprüche vor. Solche Zahlungsansprüche werden nach der VO (EG)
Nr. 1782/2003, dem Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie
vom 1. August 2004 (BetrPrämDurchfG) und den jeweils dazu erlassenen
Durchführungsverordnungen zugeteilt oder anderweitig erworben. Bei den Zah-
lungsansprüchen handelt es sich nicht um Geldforderungen im Sinne des § 829
ZPO. Sie stellen eine Berechtigung dar, unter bestimmten Voraussetzungen die
Forderung auf Betriebsprämie geltend machen zu können (Schmitte, Agrar- und
Umweltrecht 2005, 80, 81). Zahlungsansprüche sind unter bestimmten Voraus-
setzungen übertragbar, vgl. Art. 46 VO (EG) Nr. 1782/2003. Sie können auch
ohne eine gleichwertige Hektarzahl beihilfefähiger Flächen veräußert werden.
Ein Handel mit ihnen ist konzeptionell vorgesehen und findet auch statt (vgl.
Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2007, 116, 118 f.). Sie haben deshalb, wie
auch die einem Milcherzeuger zustehende Anlieferungs-Referenzmenge (vgl.
BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2006 - VII ZB 92/05, aaO), einen Markt-
und Vermögenswert. Diesen Vermögenswert kann der Gläubiger derart realisie-
ren, dass er die Zahlungsansprüche pfändet und sich zur Einziehung überwei-
sen lässt, soweit er die Zahlungsansprüche als Betriebsinhaber aktivieren kann
(vgl. dazu unten 8.). Andernfalls kann die Verwertung dadurch erfolgen, dass
auf Antrag des Gläubigers das Vollstreckungsgericht gemäß § 857 Abs. 5 ZPO
den Verkauf der gepfändeten Zahlungsansprüche anordnet. Der Erlös aus dem
Verkauf wird sodann an den Gläubiger ausgekehrt.
2. Die Unpfändbarkeit der Zahlungsansprüche kann auch nicht damit be-
gründet werden, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Befugnis handelt, die
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- 7 -
zur Geltendmachung von Betriebsprämien berechtigt. Der Senat hat bereits in
seinem Beschluss vom 20. Dezember 2006 (VII ZB 92/05, aaO) darauf hinge-
wiesen, dass übertragbare und als verkehrsfähig ausgestaltete öffentlich-
rechtliche Befugnisse, Rechte geltend zu machen, nicht mit bloßen Hand-
lungsmöglichkeiten vergleichbar sind, deren Nutzung dem Bürger ansonsten
garantiert ist.
3. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe
zu Unrecht angenommen, der Gläubiger sei Betriebsinhaber und somit zur
Pfändung berechtigt. Für die Pfändung kommt es nicht darauf an, ob der Gläu-
biger Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 ist. Die Pfän-
dung der Zahlungsansprüche hängt entgegen der Auffassung des Beschwer-
degerichts und der Rechtsbeschwerde (wohl auch Schmitte, Agrar- und Um-
weltrecht 2007, 116, 121) nicht von dieser Voraussetzung ab.
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a) Das Beschwerdegericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass
ein Vermögensrecht in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur
insoweit unterworfen ist, als es übertragbar ist, § 857 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 851
Abs. 1 ZPO. Richtig nimmt das Beschwerdegericht auch an, dass nach Art. 46
Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 ein gesetzliches Übertragungsverbot derart be-
steht, dass Zahlungsansprüche nur an andere Betriebsinhaber innerhalb des-
selben Mitgliedstaates übertragen werden können, ausgenommen im Falle der
Übertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge. Das Be-
schwerdegericht berücksichtigt jedoch nicht, dass eine gesetzliche Einschrän-
kung der Übertragbarkeit einer Forderung oder eines Vermögensrechts nicht
zwingend ein Pfändungsverbot nach § 851 Abs. 1 ZPO bewirkt. Diese Vorschrift
stellt allein darauf ab, ob eine Forderung als solche nicht übertragbar ist. Dies
kommt insbesondere in Betracht, wenn die Abtretung kraft Gesetzes schlecht-
hin verboten ist oder wenn der Gläubigerwechsel den Inhalt der Leistung än-
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dern oder deren rechtliche Zweckbindung vereiteln würde (BGH, Urteil vom
30. März 1978 - VII ZR 331/75, BauR 1978, 499; Urteil vom 15. Mai 1985
- IVb ZR 33/84, BGHZ 94, 316). Hingegen genügt es für § 851 Abs. 1 ZPO nicht
ohne weiteres, wenn eine Forderung ihrem Inhalt und ihrer Zweckbestimmung
nach übertragbar ist und lediglich bestimmten Gläubigern die Abtretung verbo-
ten oder diese nur unter bestimmten Voraussetzungen gestattet wird. In derarti-
gen Fällen kann erst eine Auslegung des beschränkenden Gesetzes ergeben,
ob es sich zwingend auch gegen eine Pfändbarkeit richtet (BGH, Urteil vom
25. März 1999 - IX ZR 223/97, BGHZ 141, 173, 176 f.; Beschluss vom 20. De-
zember 2006 - VII ZB 92/05, MDR 2007, 485).
Auf dieser Grundlage hat der Senat bereits die Pfändung der dem Milch-
erzeuger zustehenden Anlieferungs-Referenzmenge nicht nach § 851 Abs. 1
ZPO als ausgeschlossen gesehen, obwohl sie grundsätzlich nur innerhalb be-
stimmter Bereiche und nur an einen Übernehmer übertragbar ist, der entweder
selbst oder durch seinen Ehegatten Milch oder Milcherzeugnisse an einen Käu-
fer liefert oder mit der Milchlieferung beginnt, § 7 Abs. 5, § 8 Abs. 3 MilchAbgV
in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 2004. Er hat das damit
begründet, die von der Milchabgabenverordnung vorgenommene Einschrän-
kung der Übertragungsmöglichkeit der Anlieferungs-Referenzmenge finde ihren
Grund darin, dass eine Referenzmenge nur Milcherzeugern zustehen dürfe, sie
also an einen Milch erzeugenden Betrieb gebunden sei. Damit solle verhindert
werden, dass Referenzmengen nicht zur Erzeugung oder Vermarktung von
Milch, sondern dazu verwendet werden, unter Ausnutzung ihres Marktwertes
rein finanzielle Vorteile aus ihnen zu ziehen. Diese Zielsetzung der Milchabga-
benverordnung werde durch die Pfändung der Anlieferungs-Referenzmenge
nicht beeinträchtigt. Eine Verwertung durch den Gläubiger könne allein dadurch
erfolgen, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach § 857
Abs. 5 ZPO den Verkauf an der Verkaufsstelle anordne. Eine Überweisung zur
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Einziehung durch den Gläubiger sei nicht möglich, weil das zu einer Umgehung
des Verkaufsstellenzwanges führen würde. Damit sei gewährleistet, dass auch
im Falle ihrer Pfändung eine Anlieferungs-Referenzmenge ausschließlich einem
Milcherzeuger zukomme (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2006 - VII ZB
92/05, aaO).
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b) Aus ähnlichen Erwägungen steht § 851 Abs. 1 ZPO der Pfändung von
Zahlungsansprüchen durch solche Gläubiger nicht entgegen, die nicht Betriebs-
inhaber sind. Das Verbot der Übertragung von Zahlungsansprüchen an andere
als Betriebsinhaber dient dazu, den Zweck der Zahlungsansprüche sicherzu-
stellen. Zahlungsansprüche wurden gemäß Art. 43 VO (EG) Nr. 1782/2003 da-
maligen Betriebsinhabern für beihilfefähige Flächen auf ihren Antrag zugeteilt,
der bis zum 15. Mai 2005 zu stellen war, Art. 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003.
Je Hektar Fläche erhielt der Betriebsinhaber grundsätzlich einen Zahlungsan-
spruch, der sich nach Art. 43 VO (EG) Nr. 1782/2003 errechnete. Die Zah-
lungsansprüche sind jedoch nicht an bestimmte Flächen oder an eine konkrete
landwirtschaftliche Nutzung gebunden (BGH, Urteil vom 24. November 2006
- LwZR 1/06, NJW-RR 2007, 1279). Sie werden genutzt, indem sie durch Bean-
tragung einer jährlichen Betriebsprämie "aktiviert" werden. Voraussetzung dafür
ist grundsätzlich, sieht man von dem Zahlungsanspruch für Stilllegung ab, dass
der antragstellende Betriebsinhaber für jeden Zahlungsanspruch einen Hektar
landwirtschaftlicher Nutzfläche bewirtschaftet. Der antragstellende Betriebsin-
haber kann dabei auf ursprünglich zugeteilte oder auf anderweitig erworbene
Zahlungsansprüche zurückgreifen. Die Möglichkeit, auf anderweitig erworbene
Zahlungsansprüche zurückzugreifen, wird ihm dadurch eröffnet, dass er diese
gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 erwerben kann. Voraus-
setzung ist jedoch, dass er Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 lit. a VO (EG)
Nr. 1782/2003 ist. Die Beschränkung der Übertragbarkeit auf Betriebsinhaber
verhindert, dass Personen Zahlungsansprüche erwerben, die diese der vorge-
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sehenen Nutzung nicht zuführen können. Damit wird - wie durch die Übertra-
gungsbeschränkung der Anlieferungs-Referenzmenge - verhindert, dass die
Zahlungsansprüche nur unter Ausnutzung des Marktwertes dazu erworben
werden, um rein finanzielle Vorteile aus ihnen zu ziehen (vgl. BGH, Beschluss
vom 20. Dezember 2006 - VII ZB 92/05, aaO). Letztlich soll auch, wie sich aus
Nr. 30 der Erwägungsgründe zur VO (EG) Nr. 1782/2003 herleiten lässt, eine
Akkumulierung von Zahlungsansprüchen ohne entsprechende landwirtschaftli-
che Basis verhindert werden, die spekulativen Übertragungen Vorschub leisten
könnte.
Dieser mit der eingeschränkten Übertragbarkeit von Zahlungsansprü-
chen verfolgte Zweck wird nicht dadurch berührt, dass Zahlungsansprüche
durch Gläubiger pfändbar sind, die nicht Betriebsinhaber sind. Das Pfandrecht
des Gläubigers an den Zahlungsansprüchen führt nicht dazu, dass diese ihrer
vorgesehenen Nutzung entzogen oder in einer Weise verwendet werden kön-
nen, die mit dem in der VO (EG) Nr. 1782/2003 verfolgten Förderzweck nicht
vereinbar wäre. Ist der Gläubiger selbst Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 VO
(EG) Nr. 1782/2003, so kann er sich die Zahlungsansprüche in dem Umfang zur
Einziehung überweisen lassen, in dem er sie aktivieren kann. In diesem Fall
muss er im Erinnerungsverfahren nachweisen, dass er die Voraussetzungen für
den Erhalt der Betriebsprämie erfüllt. Ist der Gläubiger nicht selbst Betriebsin-
haber, kann er die Zahlungsansprüche nur so verwerten, dass er sie in einer mit
Art. 46 VO (EG) Nr. 1782/2003 und den dazu ergangenen Gesetzen und Ver-
ordnungen vereinbaren Weise übertragen lässt. Das Vollstreckungsgericht kann
auf seinen Antrag die Veräußerung der Zahlungsansprüche an andere Betriebs-
inhaber anordnen, § 857 Abs. 5 ZPO. Gelingt die Übertragung an andere Be-
triebsinhaber, steht das in Übereinstimmung mit dem von der VO (EG)
Nr. 1782/2003 verfolgten Förderzweck. Denn dadurch wird erreicht, dass die
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Zahlungsansprüche ihrem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechend
durch den Erwerber aktiviert werden können.
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4. Die Pfändung der Zahlungsansprüche ist allerdings nach § 851 Abs. 1
i.V.m. § 857 Abs. 1 ZPO zu beschränken, soweit es sich um aus der nationalen
Reserve nach Art. 42 VO (EG) Nr. 1782/2003 zugewiesene Zahlungsansprüche
handelt. Diese sind, außer im Falle der Übertragung durch Vererbung oder vor-
weggenommene Erbfolge, für einen Zeitraum von fünf Jahren, der mit ihrer Zu-
weisung beginnt, nicht übertragbar, Art. 42 Abs. 8 VO (EG) Nr. 1782/2003, und
damit in diesem Zeitraum auch nicht pfändbar, § 851 Abs. 1 ZPO (so auch
Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2007, 116, 121). Diese Pfändungsbeschrän-
kung ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Pfändungsbeschluss ist des-
halb dahin zu ändern, dass diese Zahlungsansprüche ausgenommen sind.
5. Die Pfändung der Zahlungsansprüche kann nicht deshalb für unwirk-
sam gehalten werden, weil damit einem Betriebsinhaber die Möglichkeit entzo-
gen würde, Betriebsprämien zu beantragen, und - wie die Rechtsbeschwerde
anführt - dadurch der Zweck der Zahlungsansprüche verfehlt würde. Die Beihil-
feregelung nach der Agrarreform bezweckt nicht eine dauerhaft individuelle
Förderung solcher Landwirte, denen Zahlungsansprüche einmal zugeteilt wor-
den sind oder die Zahlungsansprüche anderweitig erworben haben. Vielmehr
sind die Zahlungsansprüche nur Voraussetzung für den Anspruch auf Betriebs-
prämie. Diese wird dafür gewährt, dass ein beliebiger Betriebsinhaber im öffent-
lichen Interesse Grundanforderungen für eine Erzeugung einhält oder die Flä-
chen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden, in gutem landwirtschaft-
lichen und ökologischen Zustand erhält (vgl. BGH, Urteil vom 24. November
2006 - LwZR 1/06, NJW-RR 2007, 1279).
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6. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Beschwerde-
gericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen des § 851 a ZPO nicht geprüft.
Es kommt nicht darauf an, dass diese Rüge - wie die Rechtsbeschwerdeerwide-
rung richtig sieht - nicht ordnungsgemäß ausgeführt ist, weil weder dargetan ist,
dass der Schuldner im Erinnerungsverfahren die Voraussetzungen des § 851 a
Abs. 1 ZPO vorgebracht hätte, noch dass diese Voraussetzungen von Amts
wegen gemäß § 851 a Abs. 2 ZPO zu prüfen gewesen wären. Denn § 851 a
ZPO ist auf die Pfändung von Zahlungsansprüchen im Sinne von Art. 43 ff. VO
(EG) Nr. 1782/2003 nicht anwendbar.
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a) Nach § 851 a ZPO ist die Pfändung von Forderungen, die einem die
Landwirtschaft betreibenden Schuldner aus dem Verkauf von landwirtschaftli-
chen Erzeugnissen zustehen, auf seinen Antrag vom Vollstreckungsgericht in-
soweit aufzuheben, als die Einkünfte zum Unterhalt des Schuldners, seiner
Familie und seiner Arbeitnehmer oder zur Aufrechterhaltung einer geordneten
Wirtschaftsführung unentbehrlich sind. Zu den Forderungen aus dem Verkauf
landwirtschaftlicher Erzeugnisse sind auch solche Forderungen gezählt worden,
die den Kaufpreis ergänzen bzw. an dessen Stelle treten (so für Ausgleichszah-
lungen im Rahmen der EG-Getreidepreisharmonisierung OLG Schleswig, RdL
21 (1969), 240, 241; zustimmend MünchKommZPO/Smid, 3. Auflage, § 851 a
Rdn. 3; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Auflage, § 851 a Rdn. 2; Lüke
in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Auflage, § 851 a Rdn. 4).
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b) Die Pfändung von Zahlungsansprüchen ist nicht nach § 851 a i.V.m.
§ 857 Abs. 1 ZPO beschränkt. Zahlungsansprüche nach Art. 43 ff. VO (EG)
Nr. 1782/2003 sind keine Forderungen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher
Erzeugnisse. Sie können auch nicht wie solche Forderungen behandelt werden.
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aa) Allerdings ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, dass der Zahlungs-
anspruch Grundlage für die jährliche Betriebsprämie ist und diese unter ande-
rem auch dem finanziellen Ausgleich für niedrige Preise im Agrarbereich und
damit mittelbar der Ergänzung der Verkaufserlöse der Landwirte dient (vgl. Er-
wägungsgrund Nr. 24 der VO (EG) Nr. 1782/2003). Anders als Beihilfen, die
produktionsabhängig gezahlt werden, steht die Betriebsprämie jedoch in kei-
nem Zusammenhang mehr mit dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte (so
bereits LG Koblenz, Agrar- und Umweltrecht 2006, 253; zustimmend Haert-
lein/Müller, GPR 2006, 148, 149; Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2007, 116,
121). Mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der Europäischen Union
durch die VO (EG) Nr. 1782/2003 hat eine Entkoppelung der Direktzahlungen
von der Produktion und damit auch vom Verkauf landwirtschaftlicher Produkte
stattgefunden (Erwägungsgrund Nr. 24 der VO (EG) Nr. 1782/2003; Schmitte,
MittBayNot 2004, 95). Die Höhe der entkoppelten Betriebsprämie bestimmt sich
zwar für eine Übergangszeit nach einem Kombinationsmodell teilweise nach
der Höhe der in der Vergangenheit erhaltenen Direktzahlungen. Dabei handelt
es sich jedoch nur um eine Rechengröße (vgl. Art. 37, 38, 43 VO (EG)
Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 BetrPrämDurchfG; LG Koblenz, aaO).
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bb) Nach § 851 a ZPO kann kein Pfändungsschutz gewährt werden, der
den Anspruch auf Zahlung der derart ausgestalteten Betriebsprämie betrifft. Der
Gesetzgeber hat den Schutz der Landwirte lediglich dahingehend geregelt,
dass die Pfändung von Forderungen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Er-
zeugnisse beschränkt wird. Damit hat er keinen umfassenden Pfändungsschutz
für Landwirte derart vorgesehen, dass staatliche Einkommensbeihilfen der
Pfändung unter den Voraussetzungen des § 851 a ZPO unterworfen wären.
Auch wenn im Zeitpunkt der Regelung, die an § 37 der Erbhofrechtsverordnung
vom 21. Dezember 1936 und sich anschließende Länderregelungen anknüpfte
(BT-Drucksache 1/3284 S. 20 f.), die Forderungen aus dem Verkauf landwirt-
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schaftlicher Produkte die Haupteinnahmequelle der Landwirte gewesen sein
mögen und beabsichtigt gewesen sein mag, den Landwirten, ähnlich wie einem
Arbeitnehmer (vgl. Funk, RdL 1951, 109, 112), einen umfassenden Schutz in
Verbindung mit § 811 Nr. 4 ZPO zukommen zu lassen, kann die Regelung nicht
dahin ausgelegt werden, dass ein Anspruch auf eine staatliche Beihilfe, die vom
Verkauf landwirtschaftlicher Produkte vollständig abgekoppelt ist, den Forde-
rungen aus diesem Verkauf gleichsteht. Eine so extensive Auslegung der Vor-
schrift entfernt sich derart weit von dem Wortlaut und dem von ihm erfassten
wirtschaftlichen Hintergrund, dass sie, auch unter dem Gesichtspunkt des in der
Zwangsvollstreckung geltenden Grundsatzes der Formstrenge, nicht mehr zu
rechtfertigen ist.
7. Unbegründet ist die Rüge, das Beschwerdegericht habe nicht festge-
stellt, dass eine Überpfändung nach § 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorliege. Die
Rechtsbeschwerde hat nicht dargelegt, dass das Beschwerdegericht insoweit
einen Verfahrensfehler begangen hätte. Ein Verstoß gegen § 803 Abs. 2 ZPO
liegt aus den dargelegten Gründen nicht vor.
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8. Während der Pfändungsbeschluss nach alldem mit der vorgenomme-
nen Einschränkung aufrechterhalten bleiben kann und die Rechtsbeschwerde
des Schuldners insoweit zurückzuweisen ist, unterliegt der Teil des angefochte-
nen Beschlusses der Aufhebung, mit dem die gepfändeten Vermögensrechte
dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen worden sind. Insoweit ist die Sache
zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
21
a) Die Verwertung eines Zahlungsanspruches kann dadurch erfolgen,
dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers die Veräußerung
anordnet, § 857 Abs. 5 ZPO. Diesen Antrag hat der Gläubiger nicht gestellt.
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b) Er hat vielmehr beantragt, ihm die Zahlungsansprüche zur Einziehung
zu überweisen. Eine solche Verwertung ist auch möglich, § 857 Abs. 1 i.V.m.
§§ 835 f. ZPO. Voraussetzung für eine Überweisung zur Einziehung eines Ver-
mögensrechts ist, dass nach der Struktur des materiellen Rechts ein anderer
als der Schuldner selbst das Recht ausüben kann oder dass, wenn die Aus-
übung des Rechts einem bestimmten Personenkreis vorbehalten ist, der Gläu-
biger diesem Kreis angehört (MünchKommZPO/Smid, 3.
Auflage, §
857
Rdn. 46; vgl. Kormann, ZZP 41 (1911), 330, 349 f.). Diese Voraussetzungen
liegen vor, wenn der Gläubiger die Zahlungsansprüche selbst aktivieren kann.
Das ist der Fall, wenn er - wie sich aus der Verordnung ergibt, Art. 46 i.V.m.
Art. 58, 59, 63 VO (EG) Nr. 1782/2003, vgl. auch § 2 BetrPrämDurchfG - Be-
triebsinhaber im Sinne der Verordnung ist und eine landwirtschaftliche Fläche in
der Region bewirtschaftet, für die die Zahlungsansprüche zugewiesen worden
sind. Dabei müssen sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend entschieden
hat, Betriebssitz und die bewirtschafteten Flächen nicht in derselben Region
befinden.
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c) Zutreffend rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht
nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt hat, dass der Gläubiger Betriebsinhaber im
Sinne der VO (EG) Nr. 1782/2003 ist.
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aa) Nach Art. 2 lit. a, c VO (EG) Nr. 1782/2003 ist ein Betriebsinhaber ei-
ne natürliche oder juristische Person, deren Betrieb sich im Gemeinschaftsge-
biet befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt, worunter die Er-
zeugung, die Zucht oder der Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder die
Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand
zu verstehen ist. Dabei muss der Betriebsinhaber eine Mindestfläche von 0,3 ha
bewirtschaften (Art. 12 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommis-
sion vom 21. April 2004, § 10 der Verordnung über die Durchführung von Stüt-
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zungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der Ver-
ordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und
Kontrollsystems vom 3. Dezember 2004).
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bb) Das Beschwerdegericht setzt sich nicht ausdrücklich mit der streiti-
gen Behauptung des Schuldners auseinander, der Gläubiger bewirtschafte die
von ihm gepachteten Flächen nicht. Es will wohl mittelbar auf eine solche Be-
wirtschaftung schließen, weil der Gläubiger die Unternehmernummer für Inha-
ber landwirtschaftlicher Betriebe und die Pachtverträge vorgelegt hat. Dieser
Schluss ist jedenfalls unter den gegebenen Umständen nicht zulässig. Die Ur-
kunden belegen lediglich, dass der Gläubiger einen landwirtschaftlichen Betrieb
angemeldet hat und dass er zur landwirtschaftlichen Nutzung vorgesehene Flä-
chen gepachtet hat. Sie geben keine Auskunft darüber, dass er selbst oder
durch Hilfspersonen diese Flächen tatsächlich bewirtschaftet. Das Beschwer-
degericht wird mit seiner Würdigung dem Vorbringen des Schuldners nicht ge-
recht, der Gläubiger habe mit der Zuteilung der Unternehmernummer und mit
der Anpachtung der Flächen nur formal die Voraussetzungen für die Zwangs-
vollstreckung schaffen wollen. Dafür spricht deutlich der äußere Anschein. Der
Gläubiger ist Unternehmensberater. Er hat sich die Unternehmernummer erst
kurz vor Beantragung des Pfändungsbeschlusses zuteilen lassen. Auch der
Pachtvertrag über die Grünfläche in N. ist erst acht Monate
vorher geschlossen worden. Es ist überdies eine sehr kleine, aber formal noch
ausreichende Fläche, deren Kosten gering sind. Erst nachdem er durch den
Beschluss des Amtsgerichts darauf hingewiesen worden ist, dass dieses Vor-
gehen nicht ausreicht, die Voraussetzungen für eine Pfändung zu schaffen, hat
er ausweislich eines vorgelegten Pachtvertrages vom 2. Oktober 2006 eine wei-
tere Fläche in B. hinzugepachtet. Dieser Pachtvertrag, der ebenfalls
verhältnismäßig geringe Kosten ausweist, ist befristet auf ein Jahr. Wenn sich
das Beschwerdegericht bei seiner Beweiswürdigung allein mit der Urkundenla-
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ge begnügt, so blendet es dabei die denkgesetzlich naheliegende Möglichkeit
vollständig aus, dass der Gläubiger die angepachteten Flächen nicht selbst be-
wirtschaftet oder auf sein Risiko bewirtschaften lässt. Dazu trifft es auch keine
Feststellungen. Der Hinweis des Beschwerdegerichts, immerhin habe die zu-
ständige Kreisstelle dem Gläubiger eine Unternehmernummer zugeteilt, lässt
zudem besorgen, dass es den Vortrag des Schuldners übergangen hat, die
Kreisstelle prüfe nicht, ob zur landwirtschaftlichen Nutzung vorgesehene Flä-
chen tatsächlich bewirtschaftet würden.
cc) Dieser Verfahrensfehler nötigt dazu, den Beschluss insoweit aufzu-
heben, als die Zahlungsansprüche dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen
worden sind.
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d) Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Beschwerdegericht fol-
gendes zu berücksichtigen haben:
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aa) Der Gläubiger muss über eine landwirtschaftliche Fläche in der Regi-
on B. -B. verfügen. Die im vorgelegten Pachtvertrag vorgesehene
Pachtdauer war im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts bereits
abgelaufen.
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bb) Sollte der Gläubiger Betriebsinhaber im Sinne der VO (EG)
Nr. 1782/2003 sein und über landwirtschaftliche Fläche in der Region B. -
B. verfügen, wäre eine Überweisung der gepfändeten Zahlungsansprüche
zur Einziehung möglich, soweit der Gläubiger die Zahlungsansprüche selbst
aktivieren kann. Dies setzt nach Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 voraus,
dass der Gläubiger pro gepfändetem Zahlungsanspruch über je einen Hektar
beihilfefähiger Fläche verfügt. Eine Überweisung zur Einziehung darüber hinaus
bestehender Zahlungsansprüche kommt nicht in Betracht.
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cc) Sollte der Gläubiger nicht Betriebsinhaber sein oder nicht über land-
wirtschaftliche Fläche in der Region B. -B. verfügen, wären die
gepfändeten Zahlungsansprüche zu Unrecht zur Einziehung überwiesen wor-
den. Der Überweisungsbeschluss wäre insoweit aufzuheben. In diesem Fall
steht es dem Gläubiger offen, einen Antrag auf anderweitige Verwertung in
Form der Veräußerung nach den §§ 857 Abs. 5, Abs. 1, 844 ZPO zu stellen.
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Das gleiche gilt für die gepfändeten Zahlungsansprüche, soweit der
Gläubiger nicht über ausreichend beihilfefähige Fläche in der Region B. -
B. verfügt.
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Vorinstanzen:
AG Neuruppin, Entscheidung vom 29.01.2007 - 71 M 1231/06 -
LG Neuruppin, Entscheidung vom 19.10.2007 - 5 T 41/07 -