Urteil des BGH vom 26.04.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 220/11
vom
26. April 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 823 Abs. 2 C; GSB § 1
Wird Baugeld zweckwidrig verwendet, entfällt ein ersatzfähiger Schaden des Bau-
handwerkers, sofern an ihn pflichtgemäß geleistete Zahlungen anfechtungsrechtlich
keinen Bestand gehabt hätten.
BGH, Beschluss vom 26. April 2013 - IX ZR 220/11 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 26. April 2013
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil
des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
vom 16. November 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückge-
wiesen.
Der Streitwert wird auf 40.000
€ festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
1. Ein Zulassungsgrund greift nicht durch, soweit das Berufungsgericht
den von dem Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 1 BauFordSiG hergeleite-
ten Schadensersatzanspruch mangels Eintritt eines ersatzfähigen Schadens als
unbegründet erachtet. Diese rechtliche Würdigung ist zutreffend.
Werden Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten, entfällt ein nach § 823
Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 1 StGB ersatzfähiger Schaden des
Sozialversicherungsträgers, wenn pflichtgemäß geleistete Zahlungen anfech-
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tungsrechtlich keinen Bestand gehabt hätten (BGH, Urteil vom 2. Dezember
2010 - IX ZR 247/09, WM 2011, 88 Rn. 19 mwN, insoweit in BGHZ 187, 337
nicht abgedruckt). Diese schadensrechtlichen Erwägungen sind auf den vorlie-
genden Sachverhalt, in dem Baugelder nicht an die Bauhandwerker ausgekehrt
wurden, ohne weiteres zu übertragen. Danach scheidet ein Schadensersatzan-
spruch der Klägerin aus, weil etwaige von der Schuldnerin an ihn zur Tilgung
seiner Bauforderungen bewirkte Zahlungen nach Verfahrenseröffnung der An-
fechtung unterlegen hätten.
b) Die Anfechtung etwaiger an die Klägerin bewirkter Zahlungen wäre
nicht - wie die Beschwerde meint - mit Rücksicht auf ein Vorrecht der Klägerin
als Baugeldgläubigerin an einer fehlenden Gläubigerbenachteiligung (§ 129
Abs. 1 InsO) gescheitert.
Die von der Schuldnerin eingezogenen Baugelder sind mangels etwaiger
fortbestehender Pfändungsbeschränkungen (§ 36 Abs. 1 InsO) Bestandteil der
Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO) geworden. Die Baugeldforderungen, denen
aufgrund ihrer Zweckbindung gemäß § 851 Abs. 2 ZPO Pfändungsschutz zu-
kam (vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 36 Rn. 25), sind im Streitfall durch Zahlung
an die spätere Masse erfüllt worden. In dieser Gestaltung sieht das Gesetz kei-
nen weiteren Schutz vor (OLGR Hamm 2007, 159 f; MünchKomm-InsO/
Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 106; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 4. Aufl., § 36 Rn. 17;
Heidland, ZInsO 2010, 737, 743). Ist das Baugeld ausgezahlt und nicht auf ei-
nem besonderen Treuhandkonto verbucht, dann ist es der Pfändung durch an-
dere Gläubiger ausgesetzt. Eine solche Pfändung durch Personen, die nicht
Baugläubiger sind, ist zwar nicht im Sinne des Schutzanliegens des Gesetzes
zur Sicherung der Bauforderungen. Der Gesetzgeber hat aber keine Siche-
rungsmöglichkeiten vorgesehen, die anderen Gläubigern des Baugeldempfän-
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gers einen Zugriff auf das Baugeld verwehren können. Es ist vielmehr nach
dem Gesetz grundsätzlich allein Sache des Baugeldempfängers, dafür zu sor-
gen, dass das Baugeld seiner Zweckbestimmung zugeführt wird (BGH, Urteil
vom 13. Oktober 1987 - VI ZR 270/86, NJW 1988, 263, 265). Hat sich infolge
der Zahlung die Zweckbindung des Anspruchs erledigt, stehen die Mittel als
Bestandteil der Masse dem allgemeinen Gläubigerzugriff offen (BGH, Be-
schluss vom 8. November 2007 - IX ZB 221/03, WM 2008, 87 Rn. 5).
2. Die Rügen, welche die Fälligkeit der Forderungen der Klägerin betref-
fen, sind nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Sie setzen sich nicht mit der Würdi-
gung des Berufungsgerichts auseinander, dass die Forderungen im Blick auf
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den Bautenstand und den Leistungsumfang nicht ausreichend und in schlüssi-
ger Weise dargelegt worden sind und zudem nicht dem Ratenzahlungsplan des
Vertrages entsprechen.
Kayser
Gehrlein
Vill
Lohmann
Fischer
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 09.12.2010 - 2 O 186/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.11.2011 - 4 U 202/10 -