Urteil des BGH vom 19.05.2010

BGH (vvg, zpo, gesetzestext, leistungsausschluss, baustelle, literatur, auslegung, klausel, vertretung, zukunft)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IV ZR 130/08
vom
19. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die
Richter Dr. Karczewski und Lehmann
am 19. Mai 2010
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Karlsruhe vom 6. Mai 2008 wird auf Kosten der Beklagten
zurückgewiesen.
Streitwert: 120.000 €
Gründe:
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfor-
dert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2
Satz 1 ZPO).
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1. Das angefochtene Urteil ist allerdings nicht frei von Rechtsfeh-
lern. Bei der Prüfung, ob hier eine Mitversicherung für den Zeugen
I. besteht, durfte das Berufungsgericht den Leistungsausschluss
(die so genannte Arbeitsunfallklausel) aus Nr. 3.2 der Besonderen Be-
dingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflichtversicherung für Be-
triebe des Baunebengewerbes (BBR BauNG) nicht schon deshalb für un-
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beachtlich halten, weil sich die Beklagte hierauf nicht ausdrücklich beru-
fen hatte. Ergeben sich die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für
diesen Risikoausschluss aus dem vom Tatrichter festgestellten Sachver-
halt, so liegt, was selbst das Revisionsgericht noch zu beachten hat, kein
Versicherungsfall vor. Insoweit verhält es sich anders als bei der Leis-
tungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung (BGH, Urteil vom
12. Juni 1985 - IVa ZR 17/84 - VersR 1985, 1029 unter III).
2. Im Ergebnis kommt es hierauf aber nicht an, weil sich das ange-
fochtene Urteil aus anderem Grunde als richtig erweist.
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a) Nach den ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen des Be-
rufungsgerichts war I. von der Versicherungsnehmerin für die
Baustelle, auf welcher der Geschädigte verunglückte, als Polier mit der
Leitung und Aufsicht betraut. Damit besteht für ihn Versicherungsschutz
nach Nr. 3.1.1 BBR BauNG und ist der Leistungsausschluss aus Nr. 3.2
BBR BauNG nicht anwendbar.
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b) Zwar hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob I. , der
am Unfalltage nicht mehr in einem festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis
bei der Versicherungsnehmerin stand, als "angestellt" im Sinne der
Nr. 3.1.1 BBR BauNG anzusehen ist. Davon ist jedoch auf der Grundlage
der vom Senat für zutreffend erachteten Auslegung, welche die Klausel
in Rechtsprechung und Literatur gefunden hat, auszugehen (vgl. dazu
Baumann in BK, VVG § 151 Rdn. 10; Schmalzl, Die Berufshaftpflicht des
Architekten und des Bauunternehmers, Rdn. 447; Späte, AHB BetrH
Rdn. 10; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. Betriebshaft-
pflicht Ziff. 7.1.2 Rdn. 6; § 151 VVG Rdn. 10, 11; OLG Stuttgart JR 1940,
62; ÖOGH VersRdsch 1956, 121; dazu, dass auch der Polier auf einer
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Baustelle der Mitversicherung nach Nr. 3.1.1 BBR BauNG unterfällt, vgl.
Bruck/Möller/Johannsen, VVG Bd. IV Anm. H 6; a.A. Krause, VersR
1999, 819 f.).
c) Einen weiter gehenden grundsätzlichen Klärungsbedarf zu die-
ser Frage zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde im Übrigen auch nicht
auf (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09 - veröf-
fentlicht in juris, unter Tz. 3). Ziff. 3.1.1 BBR BauNG entspricht dem Ge-
setzestext des § 151 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.. In § 102 VVG n.F. ist diese
Regelung nicht mehr übernommen worden. Nunmehr wird Mitversiche-
rung entweder dadurch begründet, dass die betreffende Person zur Ver-
tretung des versicherten Unternehmens befugt ist oder zu ihr in einem
Dienstverhältnis steht. Die Rechtsänderung lässt erwarten, dass ent-
sprechende Mitversicherungsklauseln künftig am neuen Gesetzestext
ausgerichtet werden, so dass sich die Frage einer "Anstellung" im Sinne
des hier in Rede stehenden Klauselwortlauts in Zukunft noch seltener
stellen dürfte.
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3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4
Satz 2, Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Terno Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 28.11.2007 - 5 O 126/07 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.05.2008 - 12 U 1/08 -