Urteil des BGH vom 12.03.2013

BGH: gesellschaftsvertrag, einlage, rückzahlung, auszahlung, allgemeine geschäftsbedingungen, partiarisches darlehen, wiederaufleben, gesellschaftsvermögen, verbindlichkeit, kommanditgesellschaft

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 74/11
Verkündet am:
12. März 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den
Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher
und Born
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. März 2011 aufgehoben
und das Urteil der IV. Kammer für Handelssachen des Landge-
richts Dortmund vom 22. Juli 2010 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Ehemann der Beklagten beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom
29. April 1994 mit einer Einlage in Höhe von 200.000 DM als Kommanditist an
der Klägerin, einer Fondsgesellschaft, deren Gegenstand der Erwerb und der
Betrieb des Containerschiffes MS C. war. Der Gesellschaftsvertrag
enthält u.a. folgende Regelungen:
1
- 3 -
§ 4 Gesellschafter, Gesellschaftskapital, Einlagen
(…)
5. Eine Nachschusspflicht der Kommanditisten besteht nicht, auch nicht
als Ausgleichspflicht der Gesellschafter untereinander, soweit sich
nicht aus den nicht abdingbaren §§ 171 f HGB etwas anderes ergibt.
(…)
7. Kapitalkonten für die Einlage sind Festkonten. Hiernach bemisst sich
das Stimmrecht, das Verhältnis der Beteiligung am Gewinn und Ver-
lust sowie am Auseinandersetzungsguthaben. (…)
(…)
9. Die persönlich haftende Gesellschafterin ist berechtigt, ein partiari-
sches Darlehen bis zu einem Gesamtbetrag von DM 1.000.000,- auf-
zunehmen. Der mit dem Darlehensgeber bestehende Vertrag lautet
wie folgt:
(…)
b) Die Darlehenseinlage ist mit 7,5 % p.a. zu verzinsen. Im übrigen
nimmt das partiarische Darlehen am Ergebnis der Gesellschaft nicht
teil, soweit sich nicht aus c) etwas anderes ergibt. Die Auszahlung
der Zinsen wird zinslos gestundet, sofern die Liquiditätslage der Ge-
sellschaft unter Berücksichtigung einer Ausschüttung von 7 % auf das
Kommanditkapital ab 1995 eine Auszahlung nicht zulässt.
c) Die Darlehenseinlage und etwaige aufgelaufene Zinsen sind erst
rückzahlbar und kündbar bei Veräußerung des der Gesellschaft ge-
hörenden Seeschiffes. Sie gelten als erlassen, sofern und soweit der
Veräußerungserlös zur Rückzahlung des partiarischen Darlehens
so
wie der gestundeten Zinsen nicht ausreicht. (…)
Nach Abzug der etwaigen noch bestehenden Verbindlichkeiten und
der Veräußerungskosten werden aus dem Veräußerungserlös zu-
nächst gestundete Darlehenszinsen auf das partiarische Darlehen
und nicht gezahlte Ausschüttungen auf das KG-Kapital bis zur Höhe
von durchschnittlich 7% ab 1995 im gleichen Verhältnis zueinander,
sodann das partiarische Darlehen, sodann das nominelle Komman-
ditkapital gezahlt. Ein sodann noch verbleibender Überschuß wird im
Verhältnis des nominellen KG-Kapitals zum partiarischen Darlehen
aufgeteilt und verteilt.
(…)
§ 8 Gesellschafterbeschlüsse
(…)
4. Kein Kommanditist kann durch Gesellschafterbeschlüsse gegen sei-
nen Willen verpflichtet werden, der Gesellschaft weitere Mittel nach-
zuschießen, unbeschadet der nicht abdingbaren gesetzlichen Haf-
tungsregelung.
(…)
- 4 -
§ 11 Gewinn- und Verlustrechnung
1. Der im Jahresabschluss ausgewiesene Gewinn oder Verlust eines
Geschäftsjahres ist den Kommanditisten entsprechend dem Verhält-
nis der nominellen Kommanditanteile und unbeschadet der Regelung
in § 4 Ziff.
9 c) zueinander voll zuzuweisen. (…)
(…)
3. Unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn
oder Verlust schüttet die Gesellschaft für den Fall, dass die Liquidi-
tätslage es zulässt, ab 1995 einen Betrag in Höhe von voraussichtlich
7%
in den Jahren 1995 - 2000
7,5%
2001
8%
2002
9%
2003
10%
2004, 2005
des Kommanditkapitals p.a. an die Gesellschafter aus, der auf Darle-
henskonto gebucht wird. Sofern ein Gesellschafter im Hinblick auf
das Wiederaufleben der Haftung auf diese Entnahmen verzichtet,
entfällt für ihn insoweit die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit.
4. Weitere Entnahmen außerhalb der vorgenannten Ausschüttungen
sind nur zulässig, wenn die Gesellschafter einen entsprechenden Be-
schluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen fassen,
die persönlich haftende Gesellschafterin zustimmt und die Liquiditäts-
lage der Gesellschaft es zulässt. Auch in diesem Fall kann jeder Ge-
sellschafter für sich entscheiden, ob er eine Entnahme tätigt.
Der Ehemann der Beklagten übertrug dieser mit Zustimmung der Kläge-
rin seinen Kommanditanteil zum 1. Januar 2006. Auf den Kommanditanteil wur-
den seit 1995 Ausschüttungen nach § 11 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags in
Höhe von 30.677,51
€ gezahlt. Die Jahresabschlüsse der Klägerin wiesen diese
Ausschüttungen auf der Passivseite der Bilanz in der Position „Entnahmen“ und
auf der Aktivseite in der Position „Nicht durch Vermögenseinlagen gedeckte
Verlustanteile und Entnahmen der Kommanditisten“ in einer Gesamtsumme
aus. Nachdem sich die Liquiditätslage der Klägerin im Zuge der Wirtschaftskrise
am Ende des Jahres 2008 verschlechtert hatte, beschloss die Gesellschafter-
versammlung am 25. Juni 2009 ein Restrukturierungskonzept, das auch die
Anweisung an die Geschäftsführung zum Inhalt hatte, Ausschüttungen an
2
- 5 -
Kommanditisten in Höhe von 2.665.875,90 € zurückzufordern. Die Beklagte
wurde daraufhin erfolglos zur Rückzahlung der an sie bzw. ihren Ehemann ge-
währten Ausschüttungen aufgefordert. Die MS C. wurde im Juni
2010 veräußert.
Das Landgericht hat der auf Rückzahlung der Ausschüttungen gerichte-
ten Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten
zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision
der Beklagten, mit der sie ihren auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiter-
verfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung der
Klage.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Beklagte sei verpflichtet, die als Ausschüttungen erhaltenen Zahlun-
gen an die Klägerin zurückzuzahlen. Der Gesellschaftsvertrag sehe in § 11
Ziff. 3 in Abweichung von § 169 Abs. 1 HGB gewinnunabhängige Ausschüttun-
gen an Kommanditisten vor. Diese Ausschüttungen unterlägen der Rückforde-
rung, weil sich den gesellschaftsvertraglichen Regelungen ein Rückforderungs-
anspruch entnehmen lasse. Aus § 11 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags ergebe
sich, dass die gewinnunabhängigen Ausschüttungen den Gesellschaftern im
Verhältnis zur Klägerin nic
ht „unentziehbar“ hätten verbleiben sollen. Das werde
aus dem Nachsatz „der auf Darlehenskonto gebucht wird“ sowie durch § 11 Ziff.
3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags hinreichend deutlich. Die Formulierung „Bil-
dung der Darlehensverbindlichkeit“ beziehe sich eindeutig („insoweit“) auf die
3
4
5
6
- 6 -
zuvor erwähnte Buchung „auf Darlehenskonto“ und betreffe damit (nur) das In-
nenverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. Die Regelungen des
Gesellschaftsvertrags außerhalb des § 11 böten keinen Anlass für die Annah-
me, gewinnunabhängig ausgeschüttete Beträge dürften von der Gesellschaft
nicht zurückgefordert werden.
II. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision in einem ent-
scheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft an-
genommen, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag ein Anspruch der Klägerin
auf Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen ergibt.
1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass
ein Rückzahlungsanspruch nicht schon dann entsteht, wenn an einen Kom-
manditisten auf der Grundlage von § 11 Ziff. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags
von § 169 Abs. 1 HGB nicht gedeckte Auszahlungen zu Lasten seines Kapital-
anteils geleistet werden. Der Gesellschafter schuldet vielmehr die Rückzahlung
nur dann, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht.
a) Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB hat der Kommanditist nur einen An-
spruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Er kann auch die
Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust
unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist
oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert würde. Es ist
aber allgemein anerkannt, dass auch über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB
hinaus Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig sind, wenn der Gesell-
schaftsvertrag dies wie hier in § 11 Ziff. 3 vorsieht oder die Ausschüttung durch
das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist (BGH, Urteil vom
7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977, 1446, 1447; Urteil vom 5. April 1979
- II ZR 98/76, WM 1979, 803, 804; Gummert in Henssler/Strohn, GesR, § 169
7
8
9
- 7 -
HGB Rn. 14; von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl.,
§ 169 Rn. 20; MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 169 Rn. 9; Hopt in
Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 169 Rn. 7; Oetker in Oetker, HGB, 2. Aufl.,
§ 169 Rn. 15; Gehling, BB 2011, 73, 75 f.; Wagner, DStR 2008, 563, 564). Sol-
che Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie auch
insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne ge-
deckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantier-
ten Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen (vgl. BGH, Urteil vom
7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977, 1446, 1447).
b) Wird eine Auszahlung an den Kommanditisten entgegen § 169 Abs. 1
HGB auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag geleistet,
führt dies selbst dann nicht zu einer Rückzahlungspflicht, wenn die Auszahlung
dessen Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine be-
reits bestehende Belastung vertieft. Solche Zahlungen können zwar zu einer
Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften be-
treffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den
Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur
Gesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977,
1446, 1447; Urteil vom 3. Juli 1978 - II ZR 110/77, WM 1978, 1228, 1229 f.;
Urteil vom 20. Juni 2005 - II ZR 252/03, ZIP 2005, 1552, 1553; von Gerkan/
Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 172 Rn. 18; Münch-
KommHGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 172 Rn. 62).
Der Kommanditist ist im Innenverhältnis zur Kommanditgesellschaft ver-
pflichtet, die vereinbarte Einlage zu erbringen. Im Außenverhältnis haftet er den
Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar (§ 171
Abs. 1 Halbsatz 1 HGB). Erbringt der Kommanditist seine Einlage, erlischt im
Innenverhältnis seine Einlageverpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Seine
10
11
- 8 -
Haftung im Außenverhältnis entfällt gem. § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB,
wenn
er einen der eingetragenen Haftsumme entsprechenden Wert in das Gesell-
schaftsvermögen geleistet und ihn auch dort belassen hat. Wird dem Komman-
ditisten die Einlage ganz oder teilweise zurückbezahlt, gilt sie gemäß § 172
Abs. 4 Satz 1 HGB den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber insoweit als
nicht geleistet, d.h. die Außenhaftung entsteht wieder. Dasselbe gilt nach § 172
Abs. 4 Satz 2 HGB. Die in § 172 Abs. 4 HGB beschriebene Wirkung tritt aber
nur gegenüber den Gläubigern ein, d.h. das Innenverhältnis zur Gesellschaft ist
davon nicht berührt. Ein Rückgewähranspruch der Gesellschaft entsteht bei
einer Rückzahlung der Einlage somit nicht automatisch, sondern kann sich nur
aus anderen Rechtsgründen ergeben, insbesondere aus einer entsprechenden
vertraglichen Abrede (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2005 - II ZR 252/03, ZIP
2005, 1552, 1553; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
§ 172 Rn. 19).
Es gibt bei der Kommanditgesellschaft keinen im Innenverhältnis wirken-
den Kapitalerhaltungsgrundsatz. Die Gesellschafter können ihre Rechtsbezie-
hungen im Innenverhältnis insoweit untereinander und zur Gesellschaft weitge-
hend frei gestalten. Das schließt die Entscheidung darüber ein, ob und wie er-
brachte Einlagen zurückgewährt werden. Auch die Auslegungsregel in § 161
Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 706 Abs. 2 Satz 1 BGB, nach der beizutragende
vertretbare und verbrauchbare Sachen im Zweifel in das Eigentum der Gesell-
schaft zu übertragen sind (vgl. MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, § 706 Rn. 9;
Servatius in Henssler/Strohn, GesR, § 706 BGB Rn. 4), rechtfertigt nicht die
Annahme, dass im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehene Kapitalrück-
zahlungen der Gesellschaft im Zweifel wieder zuzuführen sind (aA OLG Köln,
Urteil vom 11. August 2003 - 18 U 13/03, juris Rn. 25; Weipert in Ebenroth/
Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 169 Rn. 23).
12
- 9 -
2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Auslegung des Gesellschaftsvertrags
durch das Berufungsgericht. Sie gewichtet zum einen für die Auslegung we-
sentliche Umstände fehlerhaft und berücksichtigt zum anderen nicht sämtliche
relevanten Umstände. Dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin lässt sich ein
Vorbehalt der Rückforderung der auf der Grundlage von § 11 Ziff. 3 Satz 1 des
Gesellschaftsvertrags an die Kommanditisten gezahlten Beträge nicht entneh-
men. Diese Feststellung kann der Senat selbst treffen, weil Gesellschaftsver-
träge von Publikumsgesellschaften nach ihrem objektiven Erklärungsbefund
auszulegen sind (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Juli 2011
- II ZR 153/09, ZIP 2011, 1906 Rn. 11; Urteil vom 16. Oktober 2012
- II ZR 251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 13).
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen die Regelungen in
Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die
Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. ein-
greift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Ge-
schäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP
2001, 243, 244; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095,
2097 f.; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50;
Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 32). Hieraus folgt in
Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten
des Verwenders gehen (BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02,
ZIP 2004, 2095, 2097 f.). Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitre-
tenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht un-
mittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesell-
schaftsvertrag daher klar ergeben.
b) Hieran gemessen enthält der Gesellschaftsvertrag der Klägerin keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Kommanditisten Auszahlungen
13
14
15
- 10 -
gem. § 11 Ziff. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags unter dem Vorbehalt einer
Rückforderung erhalten haben.
aa) Das Berufungsgericht hat seine gegenteilige Annahme maßgeblich
aus dem Wortlaut von § 11 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags abgeleitet, nach
dessen Satz 1 die Ausschüttung „auf Darlehenskonto gebucht“ wird und nach
dessen Satz 2 „die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit“ unterbleibt, sofern
ein Gesellschafter auf diese Entnahme verzichtet. Hierbei geht das Berufungs-
gericht davon aus, dass es sich um eine Verbindlichkeit des jeweiligen Gesell-
schafters gegenüber der Gesellschaft handelt, ohne dass sich hierfür im Ge-
sellschaftsvertrag hinreichende Anhaltspunkte finden lassen.
(1) Die in § 11 Ziff. 3 und 4 des Gesellschaftsvertrags verwendeten Be-
griffe „Ausschüttung“ und „Entnahme“ weisen nicht auf einen Vorbehalt der
Rückforderung hin. Der Begriff der „Ausschüttung“ wird im Handelsgesetzbuch
im Zusammenhang mit der Auszahlung von Gewinnen verwandt (z.B. § 268
Abs. 8 HGB). Diesbezüglich regelt § 169 Abs. 2 HGB, dass der Kommanditist
nicht verpflichtet ist, bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzah-
len. Nach § 11 Ziff. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags sind die Ausschüttungen
hier allerdings unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Ge-
winn oder Verlust zu gewähren. Daraus kann aber nicht auf eine Verpflichtung
zur Rückzahlung geschlossen werden. Vielmehr sprechen die Regelungen des
Gesellschaftsvertrags zur Ergebnisverteilung in § 11 Ziff. 1 und zur Zahlung der
gewinnunabhängigen Ausschüttungen nach § 11 Ziff. 3 gegen die Annahme,
dass die Ausschüttungen etwa nur Vorauszahlungen auf künftige Gewinne dar-
stellen und gegebenenfalls erstattet werden sollen. Auch eine Verrechnung der
nach § 11 Ziff. 3 gezahlten Ausschüttungen mit späteren Gewinnen ist im Ge-
sellschaftsvertrag nicht vorgesehen. Der Gesellschaftsvertrag macht die Aus-
schüttungen nach § 11 Ziff. 3 nicht von einem zumindest erwarteten und später
16
17
- 11 -
endgültig festzustellenden Gewinn abhängig. Aus der Verwendung des Begriffs
der „Entnahme“ lässt sich gleichfalls kein Anhaltspunkt für ein Rückforderungs-
recht entnehmen. Dieser findet in der Überschrift zu der Vorschrift des § 122
HGB Verwendung, die in Absatz 1 Halbsatz 1 gerade regelt, dass der Gesell-
schafter einer offenen Handelsgesellschaft unter den dort genannten Voraus-
setzungen berechtigt ist, Geldbeträge aus dem Gesellschaftsvermögen zu sei-
nen Lasten zu erheben, oder Auszahlungen in bestimmter Höhe zu verlangen,
ohne diese (gesetzlich zulässigen) Entnahmen der Gesellschaft später erstatten
zu müssen (vgl. Ehricke in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 122
Rn. 4).
(2) Aus der Verwendung des Begriffs „Darlehenskonto“ in § 11 Ziff. 3
Satz 1 des Gesellschaftsvertrags kann entgegen der Auffassung des Beru-
fungsgerichts gleichfalls nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass
auf diesem Konto Darlehensverbindlichkeiten i.S.d. § 488 BGB gebucht wer-
den. Entsprechend legt auch die Verwendung des Begriffs der „Darlehensver-
bindlichkeit“ in § 11 Ziff. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags ein solches Ver-
ständnis nicht zwingend nahe. Im Übrigen ließe auch die Annahme einer „Dar-
lehensverbindlichkeit“ im schuldrechtlichen Sinne nicht den Schluss zu, dass es
sich jedenfalls um eine Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
handelt. Der vom Berufungsgericht allein am Wortlaut orientierte Schluss ist
fehlerhaft, weil er denkbare weitere Auslegungsmöglichkeiten außer Acht lässt.
Das Gesetz enthält keine Regelungen darüber, ob und gegebenenfalls
welche Konten für die Gesellschafter geführt und wie diese bezeichnet werden.
Die Gesellschafter können vielmehr frei darüber bestimmen, in welcher Weise
sie ihre Kapitalanteile sowie die wechselseitigen Verbindlichkeiten und Forde-
rungen auf Konten verbuchen (v. Falkenhausen/Schneider in MünchHdbGesR,
Bd. 2, 3. Aufl., § 22 Rn. 34 f.). Die zivilrechtliche Bedeutung der Konten richtet
18
19
- 12 -
sich dabei nicht nach ihrer Bezeichnung. Führt eine Kommanditgesellschaft für
die Kommanditisten mehrere Konten mit verschiedenen Bezeichnungen, ist zu-
nächst anhand des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln, welche zivilrechtliche
Rechtsnatur diese Konten haben (vgl. BFH, Urteil vom 15. Mai 2008
- IV R 46/05, BFHE 221, 162 Rn. 42 mwN); die vereinbarte Art der Führung und
der Bezeichnung der Konten ist dabei lediglich als ein Gesichtspunkt in die alle
relevanten Umstände berücksichtigende Auslegung einzubeziehen.
Eine eindeutige Bestimmung lässt sich insoweit dem Gesellschaftsver-
trag im vorliegenden Fall nicht entnehmen. Der Gesellschaftsvertrag enthält
keine abschließende Regelung darüber, welche Konten im Einzelnen geführt
werden und welche Buchungen für die jeweiligen Konten vorgesehen sind. Das
in § 11 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags genannte Darlehenskonto wird an an-
derer Stelle nicht mehr erwähnt. In § 4 Ziff. 7 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags
ist bestimmt, dass die Kapitalkonten für die Einlage Festkonten sind. Bei der
gesellschaftsvertraglichen Gestaltung der Kontenführung in Personenhandels-
gesellschaften wird neben einem festen Kapitalkonto, auf dem die vereinbarte
Einlage verbucht wird, regelmäßig ein weiteres, variables Konto (gewöhnlich als
Kapitalkonto II bezeichnet) geführt, auf dem Gewinnanteile, Verluste und Ent-
nahmen gebucht werden. Da bei dieser Form des Kapitalkontos II stehen ge-
lassene Gewinne mit späteren Verlusten verrechnet werden, wird insbesondere
im Hinblick auf die gesetzliche Regelung der Verlustverteilung beim Kommandi-
tisten (§ 167 Abs. 2 und 3 HGB) häufig ein weiteres, als Darlehenskonto be-
zeichnetes variables Konto geführt, auf dem entnahmefähige Gewinne, sonsti-
ge Einlagen und Entnahmen gebucht werden; dieses Darlehenskonto stellt ein
Forderungskonto dar, das, wenn es nicht überzogen wird, eine Forderung des
Gesellschafters gegen die Gesellschaft ausweist (vgl. BFH, Urteil vom 16. Ok-
tober 2008 - IV R 98/06, BFHE 223, 149 Rn. 40 ff. mwN). Das Kapitalkonto II
erfasst dann nur noch die nicht entnahmefähigen Gewinne sowie die Verluste.
20
- 13 -
Über die Buchung der Ausschüttungen auf dem Darlehenskonto sowie
über die Führung sonstiger variabler Konten neben den festen Kapitalkonten für
die Einlage (§ 4 Ziff. 7) enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen.
Dass die Ausschüttungen nach § 11 Ziff. 3 Satz 1 „auf Darlehenskonto gebucht“
werden, besagt nichts darüber, ob sie ähnlich wie entnahmefähige Gewinne als
dem Kommanditisten endgültig verbleibende oder als nur vorläufige Zuweisun-
gen aus dem Gesellschaftsvermögen wie etwa Vorschüsse auf künftige Ge-
winngutschriften gebucht werden sollen. Eine Ausschüttung, die dem Komman-
ditisten unentziehbar verbleiben soll, ist, wenn es sich um ein Darlehenskonto
handeln sollte, das entnahmefähige Zuweisungen an den Kommanditisten und
dessen Entnahmen ausweist, so zu buchen, dass dieses Konto nach der Bu-
chung der (gemäß § 11 Ziff. 3 bei entsprechender Liquiditätslage beschlosse-
nen) Ausschüttung im Haben eine entsprechende Forderung des Kommanditis-
ten gegen die Gesellschaft ausweist, die erlischt, wenn der ausgeschüttete Be-
trag an den Kommanditisten gezahlt und diese Zahlung als Entnahme im Soll
gebucht wird. Eine Verbindlichkeit zugunsten der Gesellschaft wird insoweit
nicht gebildet. Vielmehr weist die Buchung der Ausschüttung im Haben des
Darlehenskontos gerade eine Forderung des Kommanditisten gegen die Ge-
sellschaft aus.
Dass die Buchung im vorliegenden Fall dagegen in der Weise zu erfol-
gen hat, dass das Darlehenskonto letztlich ein Debet und einen dementspre-
chenden Anspruch der Gesellschaft gegen den Kommanditisten ausweist, lässt
sich auch nicht aus dem Zusammenhang von Satz 1 und Satz 2 des § 11 Ziff. 3
des Gesellschaftsvertrags mit der erforderlichen Klarheit entnehmen. Das wäre
nur der Fall, wenn die Regelung in Satz 2, dass für den Gesellschafter, der im
Hinblick auf das Wiederaufleben der (Außen)Haftung auf die Entnahme verzich-
tet, die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit entfällt, mit dem Berufungsge-
richt dahin verstanden werden müsste, dass mit Darlehensverbindlichkeit hier
21
22
- 14 -
nur die Bildung einer Verbindlichkeit zugunsten der Gesellschaft gemeint sein
kann. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Die Regelung in § 11 Ziff.
3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags kann vielmehr auch dahin verstanden wer-
den, dass hier die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit zugunsten des Ge-
sellschafters angesprochen ist. § 11 Ziff. 3 Satz 2 Halbs. 1 ermöglicht es dem
Gesellschafter für den Fall, dass ihm eine Ausschüttung nach Satz 1 zusteht, im
Hinblick auf das (mögliche) Wiederaufleben der Außenhaftung „auf diese Ent-
nahme“ zu verzichten. Ein solcher Verzicht auf die Entnahme könnte als ein
bloßes Stehenlassen des dem Gesellschafter nach Satz 1 zustehenden Aus-
schüttungsbetrags auf dem Darlehenskonto verstanden werden mit der Folge,
dass das Darlehenskonto ein entsprechendes Haben zugunsten des Gesell-
schafters und demgemäß eine entsprechende Darlehensverbindlichkeit der Ge-
sellschaft zugunsten des Gesellschafters ausweisen würde. Auch im Hinblick
auf die vom Gesellschafter beabsichtigte Folge seines Verzichts, die Außenhaf-
tung nach § 172 Abs. 4 HGB nicht wieder aufleben zu lassen (zur Anwendbar-
keit des § 172 Abs. 4 HGB bei der Umwandlung von Haftkapital in eine Darle-
hensforderung vgl. Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
§ 172 Rn. 24 mwN einerseits und MünchKommHGB/K. Schmidt, §§ 171, 172
Rn. 72 mwN andererseits), stellt § 11 Ziff. 3 Satz 2 Halbs. 2 bei diesem Ver-
ständnis dann klar, dass für den Gesellschafter insoweit die Bildung einer Dar-
lehensverbindlichkeit entfällt.
bb) Bei der Auslegung ist weiter zu berücksichtigen, dass es naheliegend
gewesen wäre, im Gesellschaftsvertrag die Voraussetzungen zu regeln, unter
denen der Gesellschafter zur Rückzahlung der Ausschüttungen an die Gesell-
schaft verpflichtet sein sollte, wenn die Auszahlungen unter dem Vorbehalt ei-
ner Rückforderung hätten stehen sollen. Das Recht der Personenhandelsge-
sellschaften gewährt keinen gesetzlichen Anspruch auf Rückzahlung von (ver-
traglich eingeräumten) Ausschüttungen, auf den mangels vertraglicher Rege-
23
- 15 -
lungen zurückgegriffen werden könnte. Ein Rückgriff auf gesetzliche Regelun-
gen des bürgerlich-rechtlichen Darlehensrechts (§ 488 Abs. 3 BGB bzw. § 609
BGB a.F.) würde dem im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommenden Wil-
len der Gesellschafter nicht gerecht. Es wäre widersprüchlich, wenn die Gesell-
schafter, wie dies § 11 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags vorsieht, regelmäßig
aus Liquiditätsüberschüssen Zahlungen von der Gesellschaft erhalten sollen,
ihnen diese - möglicherweise über erhebliche Zeiträume hinweg geleisteten -
Zahlungen aber ohne besonderen Grund binnen einer Frist von drei Monaten
wieder entzogen werden könnten.
cc) Hinzu kommt, dass weitere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags
gegen die Auslegung des Berufungsgerichts sprechen. § 4 Ziff. 9 Buchst. c re-
gelt für den Fall der Veräußerung des Schiffs die Rückzahlbarkeit eines partiari-
schen Darlehens, das die persönlich haftende Gesellschafterin in Höhe von
1.000.000 DM aufzunehmen berechtigt sein sollte, sowie die Zahlung gestunde-
ter Zinsen auf dieses Darlehen. Darüber hinaus wird das Rangverhältnis zwi-
schen den Verbindlichkeiten aus dem partiarischen Darlehensvertrag, nicht ge-
zahlten Ausschüttungen auf das Kommanditkapital und der Rückzahlung des
nominellen Kommanditkapitals selbst im Falle der Veräußerung des Schiffs
festgelegt.
Dabei unterscheidet der Gesellschaftsvertrag zwischen der Zahlung ge-
stundeter Darlehenszinsen auf das partiarische Darlehen und nicht gezahlter
Ausschüttungen auf das Kommanditkapital einerseits und Rückzahlungen auf
das partiarische Darlehen und auf die nominellen Kapitalanteile andererseits.
Erstere haben untereinander ranggleich, jedoch vorrangig vor etwaigen Rück-
zahlungen auf das Darlehen und auf die nominellen Kapitalanteile zu erfolgen.
Diese Regelung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass für den Fall fehlender
Liquidität nicht nur die Ausschüttungen auf das Kommanditkapital gem. § 11
24
25
- 16 -
Ziff. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags zu unterbleiben hatten, sondern auch
die Zinsen auf das partiarische Darlehen zinslos gestundet sein sollten (§ 4
Ziff. 9 Buchst. b Satz 3 des Gesellschaftsvertrags). Die erfolgten Ausschüttun-
gen nach § 11 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags werden in der Verteilungsrege-
lung nach § 4 Ziff. 9 Buchst. c nicht angesprochen.
Sieht der Gesellschaftsvertrag danach aber vor, nicht gezahlte Ausschüt-
tungen vorrangig vor Rückzahlungen auf die Kapitalanteile und ranggleich mit
den gestundeten Zinsen auf das partiarische Darlehen nachzuholen, erschließt
sich, dass jedenfalls in der Liquidation bereits erfolgte Ausschüttungen nicht
zum Ausgleich etwaiger Belastungen des Kapitalkontos herangezogen werden
sollen. Im Gegenteil lässt sich das in der Bestimmung des § 4 Ziff. 9 Buchst. c
vorgesehene Rangverhältnis zwischen den nicht gezahlten Ausschüttungen
und den gestundeten Darlehenszinsen nur wahren, wenn den Kommanditisten
die aus Liquiditätsüberschüssen gewährten gewinnunabhängigen Ausschüttun-
gen - ebenso wie dem Darlehensgeber gezahlte Darlehenszinsen - endgültig
verbleiben. Sollten den Kommanditisten die (gewinnunabhängigen) Ausschüt-
tungen danach in der Liquidation der Gesellschaft verbleiben, ist dies ein ge-
wichtiges Indiz dafür, dass auch in der Phase des Betriebs des Schiffs eine
Rückforderung dieser Ausschüttungen nicht gewollt war.
III. Der Senat hat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu ent-
scheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist. Ist - wie aufgezeigt - die Be-
klagte nach dem Gesellschaftsvertrag nicht zur Wiederauffüllung ihres Kapital-
anteils verpflichtet, ist der Gesellschafterbeschluss vom 25. Juni 2009 keine
taugliche Grundlage für das Rückzahlungsverlangen der Klägerin. Dieser ver-
stößt zum einen gegen § 8 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags, nach der die Be-
klagte als Kommanditistin nicht gegen ihren Willen durch Gesellschafterbe-
schluss verpflichtet werden kann, der Gesellschaft weitere Mittel nachzuschie-
26
27
- 17 -
ßen. Eine Regelung, nach der die Gesellschafterversammlung beschließen
kann, dass die nach § 11 Ziff. 3 gewährten Ausschüttungen zurückzuzahlen
sind, enthält der Gesellschaftsvertrag nicht. Unabhängig davon ist der Gesell-
schafterbeschluss einer Personengesellschaft, durch den eine Nachschussver-
pflichtung begründet wird, die im Gesellschaftsvertrag keine Grundlage hat, je-
denfalls gegenüber dem Gesellschafter grundsätzlich unwirksam, der dem Be-
schluss nicht zugestimmt hat (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 707 BGB;
vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 11, 15;
Beschluss vom 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Rn. 10).
Die Beklagte kann die Unwirksamkeit des Beschlusses der auf Zahlung
gestützten Klage der Klägerin auch dann als Einwendung entgegenhalten,
wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten binnen
einer bestimmten Frist eingeleitet werden müssen und diese Frist abgelaufen
ist. Denn durch eine verfahrensrechtliche Regelung im Gesellschaftsvertrag
darf das mitgliedschaftliche Grundrecht eines Gesellschafters, nicht ohne seine
Zustimmung mit weiteren Beitragspflichten beschwert zu werden, nicht ausge-
hebelt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP
2007, 1368 Rn. 10; Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864
Rn. 16). Beschlüsse, die zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des betroffenen
Gesellschafters bedürfen, unterfallen nicht den Anfechtungs- und Nichtigkeits-
gründen im Sinne des Kapitalgesellschaftsrechts, sondern die fehlende Zu-
stimmung stellt eine „dritte Kategorie“ von Mängeln des Beschlusses dar, die im
Wege der allgemeinen, nicht fristgebundenen Feststellungsklage gem. § 256
ZPO oder durch Einwendung im Prozess geltend gemacht werden kann (BGH,
Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, ZIP 2009, 2289 Rn. 12 mwN). Dass
28
- 18 -
die Beklagte der Erweiterung der Beitragspflicht zugestimmt hat, hat das Beru-
fungsgericht nicht festgestellt. Die Klägerin behauptet das auch nicht.
Bergmann
Strohn
Reichart
Drescher
Born
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.07.2010 - 18 O 163/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 09.03.2011 - I-8 U 133/10 -