Urteil des BGH vom 06.05.2009

BGH (patentinhaber, lizenz, angebot, benutzung, treu und glauben, unternehmen, datenträger, höhe, patg, lizenzvertrag)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 39/06
Verkündet am:
6. Mai 2009
Bott
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Orange-Book-Standard
EG Art. 82; GWB § 20 Abs. 1; BGB § 242 Cd
a) Der aus einem Patent in Anspruch genommene Beklagte kann gegenüber dem
Unterlassungsbegehren des klagenden Patentinhabers einwenden, dieser miss-
brauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit dem Be-
klagten einen Patentlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behin-
dernden Bedingungen abzuschließen.
b) Missbräuchlich handelt der Patentinhaber jedoch nur, wenn der Beklagte ihm
ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht hat, an
das er sich gebunden hält und das der Patentinhaber nicht ablehnen darf, ohne
gegen das Diskriminierungs- oder das Behinderungsverbot zu verstoßen, und
wenn der Beklagte, solange er den Gegenstand des Patents bereits benutzt,
diejenigen Verpflichtungen einhält, die der abzuschließende Lizenzvertrag an
die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft.
c) Hält der Beklagte die Lizenzforderung des Patentinhabers für missbräuchlich
überhöht oder weigert sich der Patentinhaber, die Lizenzgebühr zu beziffern,
genügt dem Erfordernis eines unbedingten Angebots ein Angebot auf Abschluss
eines Lizenzvertrages, bei dem der Lizenzgeber die Höhe der Lizenzgebühr
nach billigem Ermessen bestimmt.
BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - KZR 39/06 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2009 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr.
Tolksdorf, den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof.
Dr. Meier-Beck, Dr. Strohn und Dr. Kirchhoff
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesge-
richts Karlsruhe vom 13. Dezember 2008 wird auf Kosten der Be-
klagten zu 3 bis 8 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten europäischen Patents 325 330 (Klagepatents), das auf
einer Anmeldung vom 17. Januar 1989 beruht und im Verlaufe des Revisions-
verfahrens durch Zeitablauf erloschen ist.
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Die mit der Klage geltend gemachten Patentansprüche 1 und 2 lauten:
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1. An optically readable record (1) carrier of the inscribable type,
comprising a recording layer (6) intended for recording an informa-
tion pattern of optically detectable recording marks, which record
carrier (1) is provided with a servo track (4) which in an area in-
tended for information recording exhibits a periodic track modula-
tion which can be distinguished from the information pattern, char-
acterized in that the frequency of the track modulation is modu-
lated in conformity with a position-information signal comprising
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position-code signals (12) which alternate with position-
synchronisation signals (11).
2. An optically readable record carrier as claimed in claim 1,
characterized in that the position-code signals (12) are biphase-
mark-modulated signals, the position-synchronisation signals (11)
having signal waveforms which differ from the biphase-mark-
modulated signal.
Die Patentnichtigkeitsklage der Beklagten zu 4 hat der Bundesgerichts-
hof mit Urteil vom 3. April 2007 (X ZR 36/04) abgewiesen.
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Die Beklagte zu 4, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Be-
klagte zu 5 ist, deren Geschäfte wiederum der Beklagte zu 6 führt, vertreibt eu-
ropaweit einfach und mehrfach beschreibbare optische Datenträger (CD-R und
CD-RW). Sie wird unter anderem von der Beklagten zu 7 mit CD-R beliefert; die
Beklagten zu 3 und 6 sind Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesell-
schafterin der Beklagten zu 7; der Beklagte zu 8 war Geschäftsführer der
Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 7.
4
Das Landgericht hat den Beklagten zu 3 bis 8 (im Folgenden auch: Be-
klagten) untersagt, CD-R und CD-RW, die nicht mit Zustimmung der Klägerin in
Verkehr gebracht worden sind, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen,
zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.
Es hat die Beklagten weiterhin zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung
und zur Herausgabe in ihrem Besitz befindlicher CD-R und CD-RW an einen
Gerichtsvollzieher zur Vernichtung verurteilt sowie die Verpflichtung der Beklag-
ten zum Schadensersatz festgestellt. Die Berufung der Beklagten ist im We-
sentlichen erfolglos geblieben (OLG Karlsruhe InstGE 8, 14 = GRUR-RR 2007,
177). Das Berufungsgericht hat die Urteilsformel "zur Klarstellung" dahin ge-
fasst, dass die Verurteilung der Beklagten zu 3, 7 und 8 auf CD-R betreffende
Handlungen beschränkt worden ist.
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- 4 -
Mit der – vom Senat zugelassenen – Revision verfolgen die Beklagten ih-
ren Klageabweisungsantrag weiter.
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Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel mit der Maßgabe entgegen, dass sie
anstelle des Unterlassungsantrags die Feststellung begehrt, dass dieser in der
Hauptsache erledigt ist.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Be-
klagten zu 4 und 7 mit den angegriffenen Handlungen entgegen § 9 PatG den
Gegenstand des Klagepatents benutzen, da es sich bei den von der Beklagten
zu 4 vertriebenen, teils von der Beklagten zu 7 bezogenen beschreibbaren CD
um (handelsübliche) Datenträger handelt, die sämtliche Merkmale der Patent-
ansprüche 1 und 2 des Klagepatents wortsinngemäß verwirklichen.
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1. Das Klagepatent betrifft nach den Ausführungen des Berufungsge-
richts einen optisch auslesbaren beschreibbaren Datenträger, insbesondere
eine beschreibbare Compact Disc (CD). Solche Datenträger werden ohne Nutz-
informationen hergestellt und erst vom Endabnehmer in einem geeigneten Re-
korder mittels eines Laserstrahls mit Daten beschrieben. Dazu ist der Aufzeich-
nungsträger mit einer lichtempfindlichen Schicht versehen, deren Reflektionsei-
genschaften durch Bestrahlung mit einem starken gebündelten Laserstrahl
punktuell verändert werden können. Auf einer vom Zentrum des Aufzeichnungs-
trägers nach außen verlaufenden spiralförmigen Spur (Servospur) werden die
Informationen als Aufzeichnungsmarken (Pits) in den Aufzeichnungsträger ge-
schrieben, so dass sich eine Folge von Pits und Lands, nämlich reflektierenden
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und nicht reflektierenden Flächen, ergibt. Die Kodierung der Informationen auf
dem Aufzeichnungsträger, bei der Datenbitfolgen in Kanalbitfolgen umgewan-
delt werden, erfolgt dabei in EFM-Modulation (Eight to Fourteen Modulation, s.
dazu näher BGH, Urt. v. 19.5.2005 - X ZR 188/01, GRUR 2005, 749, 750 –
Aufzeichnungsträger). Bei bekannten Datenträgern weist die Servospur eine
Spurmodulation mit konstanter Frequenz auf, aus der ein Taktsignal abgeleitet
wird, das zur Steuerung der Aufzeichnung oder des Auslesens benutzt wird. Die
Servospur ist in (zur Aufnahme der Nutzinformation dienende) Informationsauf-
zeichnungsgebiete und dazwischen liegende Synchronisationsgebiete aufge-
teilt. Diese enthalten Positionsinformationen in Form der Adresse des benach-
barten Informationsaufzeichnungsgebiets, aus denen beim Abtasten abgeleitet
werden kann, welcher Teil des Aufzeichnungsträgers gelesen wird. Auf diese
Weise kann schnell und genau eine bestimmte Stelle der Platte aufgesucht
werden.
Dem Nachteil der bekannten Aufzeichnungsträger, dass die Informati-
onsaufzeichnungsgebiete durch die Synchronisationsgebiete unterbrochen
werden, was insbesondere für die Aufzeichnung EFM-kodierter Informationen,
ungünstig ist, soll durch den erfindungsgemäßen Datenträger abgeholfen wer-
den, dessen Merkmale in der Ausführungsform nach Patentanspruch 2 das Be-
rufungsgericht wie folgt gliedert:
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1.
Optisch auslesbarer Aufzeichnungsträger vom beschreibbaren
Typ.
2.
Der Aufzeichnungsträger besitzt eine Aufzeichnungsschicht, die
zum Anbringen eines Informationsmusters aus optisch detek-
tierbaren Aufzeichnungsmarken dient.
3.
Der Aufzeichnungsträger besitzt eine Servospur, die in einem
zur Informationsaufzeichnung bestimmten Gebiet eine von dem
Informationsmuster unterscheidbare periodische Spurmodulati-
on aufweist.
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4.
Die Frequenz der Spurmodulation ist entsprechend einem Posi-
tionsinformationssignal moduliert.
5.
Das Positionsinformationssignal enthält abwechselnd Positi-
onssynchronisationssignale und Positionscodesignale.
6.
Die Positionscodesignale sind biphase-mark-modulierte Signa-
le.
7.
Die Positionssynchronisationssignale haben in Bezug auf das
biphase-mark-modulierte Signal eine abweichende Signalform.
Ein solcher Datenträger hat den Vorteil, dass die Adressinformation in
der Spurmodulation enthalten ist, so dass keine Synchronisationsgebiete benö-
tigt werden, die das Informationsaufzeichnungsgebiet unterbrechen.
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Die angegriffenen handelsüblichen CD-R und CD-RW weisen nach den
weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts eine Spurmodulation (Spur-
schwingung) im Sinne des Merkmals 3 auf. Diese Spurschwingung sei auch in
Übereinstimmung mit einem Positionsinformationssignal frequenzmoduliert
(Merkmal 4). Dazu sei erforderlich, dass die Frequenz der Spurschwingung in
Abhängigkeit vom momentanen Pegel des Positionsinformationssignals variie-
re. Die aufzumodulierende Information sei das aus 76 Kanalbits bestehende
Positionscodesignal, das durch Biphase-Mark-Modulation eines aus 38 Code-
bits bestehenden Positionscodes gebildet werde. Der vom Klagepatent ange-
sprochene Durchschnittsfachmann verstehe die bei der Aufmodulierung des
Positionsinformationssignals verwendete Frequenzumtastung, bei der nur zwei
verschiedene Frequenzen auftreten, je nachdem, ob das modulierende Signal
den logischen Zustand Null oder Eins aufweist (23,05 KHz, wenn das Kanalbit
Eins ist, 21,05 KHz, wenn das Kanalbit Null ist), als Frequenzmodulation im
Sinne des Klagepatents, denn eine solche Frequenzumtastung stelle die Pa-
tentschrift in der Beschreibung dar (Sp. 22 Z. 44 ff. = S. 26 Z. 20 ff. der Über-
setzung) und illustriere sie in Figur 9.
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- 7 -
2. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
14
a) Sie rügt, das Berufungsgericht habe verkannt, dass den Beklagten al-
lenfalls eine mittelbare Patentverletzung vorgeworfen werden könne, da die ver-
triebenen beschreibbaren CD kein Informationsmuster und somit auch keine
von einem Informationsmuster unterscheidbare periodische Spurmodulation
aufwiesen, das Informationsmuster vielmehr erst mit dem Beschreiben der CD-
R aufgebracht werde. Bei den angegriffenen Erzeugnissen werde zudem keine
Frequenzmodulation im Sinne des Merkmals 4 verwendet. Sie setze voraus,
dass an jeder Stelle aus der momentanen Frequenz der Spurschwingung auf
den momentanen Logikwert des binären Adresssignals (im Sinne des Positi-
onscodes) geschlossen werden könne, wie sich daraus ergebe, dass die Kla-
gepatentschrift hierin die sachliche Differenz zum Gegenstand der älteren euro-
päischen Patentanmeldung 265 695 sehe (Sp. 2 Z. 37-41); diesen "Disclaimer"
habe das Berufungsgericht missachtet.
15
b) Das Berufungsgericht hat das Klagepatent zutreffend ausgelegt. Sei-
nem Verständnis der geschützten technischen Lehre, das mit dem Verständnis
übereinstimmt, das der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Patentnichtig-
keitsverfahren gewonnen hat (Urt. v. 3.4.2007 – X ZR 36/04, Tz. 21 ff.), tritt der
erkennende Senat bei.
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Zu Unrecht meint die Revision, bei den von den Beklagten vertriebenen
beschreibbaren CD werde Merkmal 3 erst dann verwirklicht, wenn die Platten
von ihren Nutzern beschrieben werden. Das Klagepatent schützt nicht (erst)
den beschriebenen, sondern (bereits) den beschreibbaren Datenträger, d.h.
denjenigen Datenträger, der mit einer Servospur versehen ist, auf der das In-
formationsmuster mittels eines geeigneten Aufzeichnungsgerätes aufgebracht
werden kann. Die von dem Informationsmuster unterscheidbare periodische
Spurmodulation ist mithin eine solche, die sich ihrer Struktur nach von dem
– später aufzubringenden – Informationsmuster unterscheidet. Der Patentan-
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spruch bringt dies deutlich zum Ausdruck. Nach Merkmal 2 hat der Aufzeich-
nungsträger keine Aufzeichnungsschicht mit einem Informationsmuster, son-
dern eine Aufzeichnungsschicht, die zur Aufzeichnung eines Informationsmus-
ters bestimmt ist ("intended for recording an information pattern"). Die Ser-
vospur weist dementsprechend, wie Merkmal 3 zum Ausdruck bringt, auch die
Spurmodulation in dem Gebiet auf, das zur Aufzeichnung des Informationsmus-
ters bestimmt ist ("area intended for information recording"). Die Spurmodulati-
on muss sich folglich von demjenigen Informationsmuster unterscheiden, das
nach der von CD-Rekordern verwendeten Konvention beim Beschreiben der
CD auf der Aufzeichnungsschicht aufgezeichnet wird. Dass dies bei den ange-
griffenen Erzeugnissen der Fall ist, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei
und von der Revision unangegriffen festgestellt.
Die Revision zieht auch ohne Erfolg in Zweifel, dass bei der Spurmodula-
tion eine Frequenzmodulation im Sinne des Merkmals 4 verwendet wird. Dass
die aufzumodulierende Information das aus 76 Kanalbits bestehende Positions-
codesignal sein kann und die bei der Aufmodulierung dieses Positionsinformati-
onssignals verwendete Frequenzumtastung eine Frequenzmodulation im Sinne
des Merkmals 4 ist, hat der Bundesgerichtshof in sachlicher Übereinstimmung
mit dem Berufungsgericht bereits im Nichtigkeitsverfahren aus der Beschrei-
bung des Klagepatents abgeleitet (BGH aaO Tz. 26). Die Revision bringt nichts
vor, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die in den Vordergrund
ihrer Argumentation gerückte Frage nach der Bedeutung eines "Disclaimers"
stellt sich nicht; weder Patentanspruch noch Beschreibung nehmen eine solche
Frequenzumtastung vom Gegenstand des Patentanspruchs aus; die Beschrei-
bung stellt sie vielmehr ausdrücklich dar.
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II. Die Revision wendet sich im Ergebnis auch ohne Erfolg dagegen,
dass das Berufungsgericht es den Beklagten versagt hat, dem Unterlassungs-
anspruch der Klägerin, der nach § 139 Abs. 1 PatG aus der Verletzung des Kla-
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gepatents folgt, den Einwand entgegenzuhalten, die Klägerin sei den Beklagten
zu 4 und 7 zur Gewährung einer Lizenz am Klagepatent verpflichtet gewesen.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin verstoße nicht
gegen das Diskriminierungsverbot nach § 20 Abs. 1 GWB. Sie sei zwar Norm-
adressatin, da nach ihrem eigenen Vorbringen jeder, der handelsübliche CD-R
und CD-RW herstelle, den für solche Datenträger geltenden, sich aus den im
sogenannten Orange Book aufgeführten Spezifikationen ergebenden Standard
einhalten müsse und damit notwendigerweise auch vom Klagepatent Gebrauch
mache; die Vergabe von Lizenzen am Klagepatent bilde damit sachlich einen
eigenen Markt, den die Klägerin als einzige Anbieterin beherrsche. Die Lizenz-
vergabe stelle auch einen Geschäftsverkehr dar, der gleichartigen Unterneh-
men üblicherweise zugänglich sei, denn die Klägerin habe verschiedene Lizen-
zen erteilt. Sie behandle jedoch die Beklagten gegenüber gleichartigen Unter-
nehmen nicht ungleich. Die Beklagten hätten nicht dargetan, dass es Lizenz-
nehmer gebe oder gegeben habe, mit denen die Klägerin einen Lizenzvertrag
abgeschlossen habe, der die Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 3% des
Nettoverkaufspreises vorsehe, wie sie die Beklagten für angemessen erachte-
ten. Die Beklagten trügen zwar umfangreich dazu vor, dass die Klägerin die
Einhaltung der von ihr abgeschlossenen Lizenzverträge nicht hinreichend kon-
trolliere, ihre Ansprüche nicht durchsetze, Rückvergütungen vornehme und die
Meldung zu geringer lizenzpflichtiger Produktions- oder Liefermengen ("under-
reporting") dulde, so dass die vereinbarte Mindestlizenzgebühr pro verkauftem
CD-Rohling letztlich nicht gezahlt werde. Dem Vortrag der Beklagten lasse sich
aber nicht entnehmen, dass die tatsächliche und einvernehmliche Handhabung
eines zu anderen Bedingungen abgeschlossenen Lizenzvertrags darauf hin-
auslaufe, dass nur 3% des Nettoverkaufspreises an die Klägerin abgeführt wür-
den.
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2. Die Angriffe der Revision gegen diese Beurteilung bedürfen keiner
Erörterung, da sich die Beklagten schon aus anderen Gründen nicht auf eine
Verpflichtung der Klägerin zur Einräumung einer Lizenz am Klagepatent beru-
fen können.
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a) Der aus einem Patent in Anspruch genommene Beklagte kann aller-
dings grundsätzlich dem Unterlassungsbegehren des Patentinhabers den Ein-
wand entgegenhalten, der Kläger behindere ihn mit der Weigerung, einen Pa-
tentlizenzvertrag abzuschließen, unbillig in einem gleichartigen Unternehmen
üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr oder diskriminiere ihn gegenüber
anderen Unternehmen und missbrauche damit seine marktbeherrschende Stel-
lung.
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aa) In seiner Entscheidung "Standard-Spundfass" (BGHZ 160, 67, 81 f.)
hat der Senat offengelassen, ob ein Anspruch aus § 33 Abs. 1 GWB i.V. mit
Art. 82 EG oder §§ 19, 20 GWB dem Unterlassungsanspruch aus § 139 Abs. 1
PatG entgegengehalten werden kann. In der instanzgerichtlichen Rechtspre-
chung und der Literatur ist die Frage umstritten.
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Soweit der "kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand" zugelassen wird (be-
fürwortend LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2121; Heinemann, ZWeR 2005,
198, 200 f.; Kühnen in Festschrift für Tilmann, S. 513, 523; Schulte/Kühnen,
PatG, 8. Aufl., § 24 Rdn. 66 f.; Meinberg, Zwangslizenzen im Patent- und Urhe-
berrecht als Instrument der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht im deutschen
und europäischen Recht (2006), S. 196; Benkard/Scharen, PatG, 10. Aufl., § 9
Rdn. 73; Wirtz/Holzhäuser, WRP 2004, 683, 693 f.), wird er auf die Erwägung
gestützt, dass der Lizenzsucher zwar rechtswidrig handele, wenn er das Patent
benutze, ohne dass der Patentinhaber hierzu seine Zustimmung erteilt habe,
dass der Patentinhaber ihn aber gleichwohl nicht auf Unterlassung in Anspruch
nehmen könne, weil er mit dem Unterlassungsbegehren etwas verlange, was er
sogleich (in Form der Lizenzerteilung) zurückzugewähren habe (dolo petit, qui
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petit quod statim redditurus est), und damit gegen den Grundsatz von Treu und
Glauben (§ 242 BGB) verstoße.
Nach der Gegenauffassung (OLG Düsseldorf InstGE 2, 168, Tz. 27; OLG
Dresden GRUR 2003, 601, 603 f.; Jaecks/Dörmer in Festschrift für Säcker,
S. 97, 106 ff.; Maaßen, Normung, Standardisierung und Immaterialgüterrechte
(2006), S. 257 f.; Graf von Merveldt, WuW 2004, 19 ff.; Rombach in Festschrift
für Günter Hirsch, S. 311, 321 f.) soll der Zwangslizenzeinwand im Verlet-
zungsprozess nicht durchgreifen, weil die Voraussetzungen eines Selbsthilfe-
rechts nach § 229 BGB nicht vorlägen und die Einräumung der Lizenz
– nicht anders als im Falle des § 24 PatG – nur in die Zukunft wirke; solange
der Lizenzsucher seinen Lizenzierungsanspruch nicht im Wege der Klage oder
Widerklage durchgesetzt habe, sei er zur Unterlassung verpflichtet. Zudem ver-
lange Art. 31 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte
des Geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommens) für die Einräumung einer
Zwangslizenz einen hoheitlichen Akt.
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bb) Im Grundsatz ist der erstgenannten Auffassung zuzustimmen.
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Diskriminiert ein marktbeherrschendes Unternehmen mit der Weigerung,
einen ihm angebotenen Patentlizenzvertrag abzuschließen, das um die Lizenz
nachsuchende Unternehmen in einem gleichartigen Unternehmen üblicherwei-
se zugänglichen Geschäftsverkehr oder behindert es den Lizenzsucher damit
unbillig, stellt auch die Durchsetzung des patentrechtlichen Unterlassungsan-
spruchs einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung dar. Denn das
marktbeherrschende Unternehmen hindert damit das andere Unternehmen an
dem Marktzutritt, den es durch den Abschluss des Lizenzvertrages zu eröffnen
verpflichtet ist. Die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs ist damit ebenso
verboten wie die Weigerung, den Lizenzvertrag abzuschließen, der den Unter-
lassungsanspruch erlöschen ließe. Ein kartellrechtlich verbotenes Verhalten
darf jedoch nicht von den staatlichen Gerichten angeordnet werden.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 31 des TRIPS-Überein-
kommens. Denn die Vorschrift lässt die Zuerkennung eines Rechts zur Benut-
zung des Gegenstands eines Patents ohne Zustimmung des Patentinhabers
grundsätzlich zu, sofern die Erlaubnis zu einer solchen Benutzung aufgrund der
Umstände des Einzelfalles geprüft wird. Die weitere Voraussetzung, nach der,
wer die Benutzung plant, sich vor der Benutzung erfolglos bemüht haben muss,
die Zustimmung des Rechtsinhabers zu angemessenen geschäftsüblichen Be-
dingungen zu erhalten (Art. 31 lit. b), ist nach Art. 31 lit. k für die Vertragsstaa-
ten nicht verpflichtend, wenn die Benutzung gestattet ist, um eine in einem Ge-
richts- oder Verwaltungsverfahren festgestellte wettbewerbswidrige Praktik ab-
zustellen. Im Übrigen ist sie auch erfüllt, wenn der Verletzer des Klagepatents
sich vor der Aufnahme der Benutzung vergeblich um eine Lizenz zu nicht dis-
kriminierenden Bedingungen bemüht hat. Ob das Übereinkommen von den Ver-
tragsstaaten verlangt, dass das kartellrechtlich begründete Nutzungsrecht durch
einen hoheitlichen Akt eingeräumt wird, wie die Revisionserwiderung unter Be-
rufung auf Rombach (aaO S. 322) aus Art. 31 lit. a und i ableiten will, kann da-
hinstehen, da hierfür jedenfalls die gerichtliche Prüfung im Patentverletzungs-
verfahren ausreicht, in dem verbindlich entschieden wird, ob und inwieweit dem
Benutzer der Erfindung ein Anspruch auf die Einräumung einer Lizenz zusteht.
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b) Der Patentinhaber, der den Unterlassungsanspruch aus seinem Pa-
tent geltend macht, obwohl dem Beklagten ein Anspruch auf Einräumung einer
Lizenz am Klagepatent zusteht, missbraucht jedoch nur dann seine marktbe-
herrschende Stellung und handelt nur dann treuwidrig, wenn zwei Vorausset-
zungen erfüllt sind: Zum einen muss der Lizenzsucher ihm ein unbedingtes An-
gebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht haben, das der Patentin-
haber nicht ablehnen darf, ohne den Lizenzsucher unbillig zu behindern oder
gegen das Diskriminierungsverbot zu verstoßen, und sich an dieses Angebot
gebunden halten. Zum anderen muss der Lizenzsucher, wenn er den Gegen-
stand des Patents bereits benutzt, bevor der Patentinhaber sein Angebot ange-
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nommen hat, diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende
Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft. Dies
bedeutet insbesondere, dass der Lizenzsucher die sich aus dem Vertrag erge-
benden Lizenzgebühren zahlen oder die Zahlung sicherstellen muss.
aa) Dass der Lizenzsucher ein annahmefähiges Angebot zu Vertrags-
bedingungen gemacht haben muss, die der Patentinhaber nicht ablehnen kann,
ohne den Lizenzsucher damit gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne
sachlichen Grund ungleich zu behandeln oder ihn unbillig zu behindern, ist so-
weit ersichtlich allgemein anerkannt. Denn auch der marktbeherrschende Pa-
tentinhaber ist nicht verpflichtet, selbst die Gestattung der Benutzung der Erfin-
dung anzubieten; nur wenn er ein Angebot zum Vertragsabschluss zu nicht be-
hindernden oder diskriminierenden Bedingungen ablehnt, missbraucht er seine
marktbeherrschende Stellung. Die Benutzung seines Patents durch ein Unter-
nehmen, das nicht bereit ist, einen Lizenzvertrag zu solchen Bedingungen ab-
zuschließen, muss er nicht dulden.
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Der Streitfall gibt keine Veranlassung zu näheren Ausführungen dazu,
welche Bedingungen ein solches Lizenzangebot im Einzelnen zu enthalten hat.
Macht der Lizenzsucher ein Angebot zu üblichen Vertragsbedingungen, wird
sich der Patentinhaber jedoch nur dann darauf berufen können, er müsse ein-
zelne Vertragsbedingungen nicht akzeptieren, wenn er insoweit andere Bedin-
gungen anbietet, die mit seinen kartellrechtlichen Pflichten vereinbar sind.
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Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass ein Missbrauch der
marktbeherrschenden Stellung nicht in Betracht kommt, wenn der Lizenzsucher
lediglich ein bedingtes Lizenzangebot macht, insbesondere den Vertrags-
schluss nur unter der Bedingung anbietet, dass das Verletzungsgericht die von
ihm geleugnete Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausfüh-
rungsform bejaht. Auf ein solches Angebot muss sich der Patentinhaber auch
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sonst nicht einlassen; es kann daher auch seinem Unterlassungsbegehren nicht
entgegengehalten werden.
bb) Das annahmefähige unbedingte Vertragsangebot reicht jedoch nicht
aus, um den "Zwangslizenzeinwand" gegenüber dem Unterlassungsbegehren
des Patentinhabers durchgreifen zu lassen. Die Einräumung einer jeden Lizenz
wirkt grundsätzlich nur in die Zukunft (Rombach aaO S. 322). Erst wenn ihm die
Lizenz erteilt ist, ist der Lizenznehmer berechtigt, den Gegenstand des Lizenz-
vertrages zu benutzen; zugleich entsteht mit jedem Benutzungstatbestand (so-
fern und soweit keine benutzungsunabhängige Gegenleistung vereinbart ist)
der Anspruch des Lizenzgebers auf die vertragliche Gegenleistung, typischer-
weise – wie auch im Streitfall – in Gestalt einer Stück- oder umsatzbezogenen
Lizenzgebühr. Der Lizenzsucher, der im Vorgriff auf die ihm zu erteilende Li-
zenz die Benutzung des Klagepatents aufnimmt, darf nicht nur seinen vertragli-
chen Rechten, sondern muss auch seinen vertraglichen Pflichten "vorgreifen".
Er kann dem Unterlassungsbegehren nur dann den dolo-petit-Einwand entge-
genhalten, wenn er dem Patentinhaber nicht nur ein Angebot gemacht hat, das
der Patentinhaber nicht ablehnen darf, sondern sich auch so verhält, als ob der
Patentinhaber sein Angebot bereits angenommen hätte. In diesem Fall wäre er
nicht nur berechtigt, den Gegenstand des Patents zu benutzen, sondern insbe-
sondere auch verpflichtet, über die Benutzung regelmäßig abzurechnen und an
den Patentinhaber die sich aus der Abrechnung ergebenden Lizenzgebühren zu
zahlen. Auf der anderen Seite handelt der Patentinhaber weder missbräuchlich
noch treuwidrig, wenn er Ansprüche aus dem Patent gegenüber demjenigen
geltend macht, der zwar die Benutzungsbefugnis eines Lizenznehmers für sich
in Anspruch nimmt, aber die Gegenleistung nicht erbringt, die der Lizenznehmer
nach einem nicht diskriminierenden oder behindernden Lizenzvertrag zu erbrin-
gen verpflichtet wäre.
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Damit wird auch den Bedenken Rechnung getragen, die den Bundesge-
richtshof zu der Annahme veranlasst haben, einem urheberrechtlichen Unter-
lassungsanspruch könne nicht wegen eines bestehenden Anspruchs auf Lizen-
zierung mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnet werden.
Denn der Bundesgerichtshof hat dies vornehmlich damit begründet, dass dies
auf eine gesetzliche Lizenz hinausliefe, die den Urheber schlechter stellte als
eine urheberrechtliche Zwangslizenz, da er seinen Vergütungsanspruch nach
erfolgter Nutzung des Werks geltend machen müsste, statt die Erteilung der
Zustimmung von der Zahlung der geschuldeten Vergütung abhängig machen zu
können (BGHZ 148, 221, 231 f. – SPIEGEL-CD-ROM, vgl. auch Jaecks/Dörmer
aaO S. 108 f.).
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Gegen das Erfordernis eines "vertragstreuen" Handelns des Lizenzsu-
chers lässt sich nicht einwenden, es liege in der alleinigen Verantwortung des
Patentinhabers, der den Vertragsschluss verweigert, dass die Gegenleistung für
die Lizenz nicht erbracht wird (so Kühnen aaO S. 523, der jedoch auch fordert,
dass der Benutzer nicht nur leistungswillig, sondern auch leistungsfähig sein
müsse). Ebenso wenig wie es dem Lizenzsucher versagt werden kann, sich in
erster Linie gegen den Verletzungsvorwurf zu verteidigen mit der Folge, dass
die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist, wenn sich der Verletzungsvorwurf
nicht bestätigt, kann es dem Patentinhaber versagt werden, in erster Linie den
Unterlassungsanspruch aus dem Patent geltend zu machen mit der Folge, dass
dieser Anspruch zuzusprechen ist, wenn sich der Verletzungsvorwurf bestätigt
und das Gericht eine marktbeherrschende Stellung oder einen Missbrauch der-
selben verneint. Dann rechtfertigt aber der bloße Umstand, dass der Patentin-
haber den Abschluss des ihm angebotenen Lizenzvertrages verweigert, weil er
sich hierzu berechtigt glaubt, es nicht, den Lizenzsucher gegenüber dem Li-
zenznehmer dadurch zu privilegieren, dass jener im Ergebnis von der Beach-
tung des Gegenseitigkeitsverhältnisses von vertraglicher Leistung und Gegen-
leistung dispensiert wird. Ebenso wie sich der Patentinhaber so behandeln las-
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sen muss, als habe er die geschuldete Lizenz erteilt, muss sich auch der Li-
zenzsucher so verhalten, als sei ihm die Lizenz eingeräumt.
Dies bedeutet zum einen, dass der Lizenzsucher zu den Bedingungen
eines nicht diskriminierenden Vertrages über den Umfang seiner Benutzungs-
handlungen abzurechnen hat, zum anderen, dass er seinen sich aus der Ab-
rechnung ergebenden Zahlungspflichten nachkommen muss. Dabei muss der
Lizenzsucher allerdings nicht an den Patentinhaber zahlen, sondern kann nach
§ 372 Satz 1 BGB die Lizenzgebühren unter Verzicht auf das Recht zur Rück-
nahme hinterlegen. Denn die Weigerung des Patentinhabers, den Lizenzvertrag
abzuschließen, rechtfertigt die entsprechende Heranziehung der Vorschriften
über den Gläubigerverzug, sei es, weil der Patentinhaber auch die angebotene
Zahlung nicht anzunehmen bereit ist (§ 293 BGB), sei es, weil er zwar die Zah-
lung anzunehmen willens, jedoch nicht bereit ist, die Gegenleistung in Gestalt
der Lizenzgewährung zu erbringen (§ 298 BGB). Der Sache nach wird damit
dem Interesse des Lizenzsuchers Rechnung getragen, seinen Anspruch auf
Rückzahlung gezahlter Lizenzgebühren für den Fall zu sichern, dass die Klage
mangels Verletzung abgewiesen wird.
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c) Der Höhe nach ist die Lizenzgebühr und damit auch die Leistungs-
verpflichtung des Lizenzsuchers auf denjenigen Betrag begrenzt, der sich aus
den Bedingungen eines kartellrechtlich unbedenklichen Vertrages ergibt.
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Dass dieser Betrag auch für den Lizenzsucher nicht ohne weiteres fest-
stellbar ist, belastet ihn nicht unbillig, denn ihn trifft für die Voraussetzungen des
Lizenzierungsanspruchs grundsätzlich ohnehin die Darlegungs- und Beweislast.
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Wenn der Lizenzsucher die Lizenzgebührenforderung des Patentinha-
bers für missbräuchlich überhöht hält oder der Patentinhaber es ablehnt, die
Lizenzgebühr zu beziffern, etwa weil er sich für berechtigt hält, die Lizenzierung
des Klagepatents in jedem Fall zu verweigern, ist dem Lizenzsucher allerdings
das Recht zuzubilligen, das Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrages hin-
sichtlich des Entgelts nicht auf die Vereinbarung eines bestimmten Lizenzge-
bührensatzes, sondern auf eine vom Patentinhaber nach billigem Ermessen zu
bestimmende Lizenzgebühr zu richten. Andernfalls könnte die Hinterlegung ei-
nes höheren als des vom Lizenzsucher selbst für angemessen gehaltenen Be-
trages seine Verurteilung nicht hindern, wenn sie nicht von einem Lizenzange-
bot in gleicher Höhe begleitet wäre. Ein "sicherheitshalber" erhöhtes Angebot
würde dem Patentinhaber indessen die Möglichkeit verschaffen, sich durch An-
nahme dieses Angebots gegebenenfalls auch eine überhöhte Lizenzgebühr zu
sichern. Dies wäre nicht nur unbillig, sondern belastete den Patentverletzungs-
prozess auch in einem vermeidbaren Umfang mit der Aufgabe, die genaue Hö-
he einer nicht behindernden oder diskriminierenden Lizenzgebühr festzustellen.
Denn der Lizenzsucher wird eher bereit sein, eine höhere, über dem aus seiner
Sicht kartellrechtlich angemessenen Betrag liegende Summe zu hinterlegen,
wenn ihm der – grundsätzlich weiterhin zu seiner Darlegungs- und Beweislast
stehende – Einwand nicht abgeschnitten ist, eine Bestimmung der Lizenzge-
bühr durch den Patentinhaber in dieser Höhe sei unbillig. Der Patentinhaber
bleibt auf der anderen Seite bei der Bestimmung der Lizenzgebühr vollständig
frei; seine Bestimmung ist nur dann unbillig, wenn sie sich nicht an die ihm kar-
tellrechtlich ohnehin gesetzten Schranken hält und den Lizenznehmer unbillig
behindert oder gegenüber anderen Lizenznehmern diskriminiert.
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Entsprechend der Regelung in § 11 Abs. 2 UrhWG steht es der Hinterle-
gung der Lizenzgebühr nicht entgegen, dass die Höhe des geschuldeten Betra-
ges noch nicht feststeht, d.h. in diesem Fall von der Leistungsbestimmung nach
§ 315 BGB abhängt. Ist ein jedenfalls ausreichender Betrag hinterlegt, kann
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sich das Verletzungsgericht, wenn auch die übrigen Voraussetzungen des
"Zwangslizenzeinwands" vorliegen, mit der Feststellung begnügen, dass der
Patentinhaber zur Annahme des Lizenzvertragsangebots und zur Bestimmung
der Lizenzgebühr nach billigem Ermessen verpflichtet ist.
d) Danach hat das Berufungsgericht den Beklagten zu Recht den Ein-
wand versagt, die Klägerin missbrauche ihre marktbeherrschende Stellung
durch die Weigerung, einen Lizenzvertrag mit einer Lizenzgebühr von 3% zu
vereinbaren. Denn das Berufungsgericht hat – abgesehen davon, dass es auch
zum übrigen Inhalt des Vertragsangebots der Beklagten keine näheren Fest-
stellungen getroffen hat – nicht festgestellt, dass die Beklagten auch nur die
nach ihrer Auffassung geschuldeten Lizenzgebühren abgerechnet und Beträge
in dieser Höhe hinterlegt haben.
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III. Auch die Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung und die
Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz haben hiernach Bestand.
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1. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: Dem Begehren der Klä-
gerin auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten könnten
die Beklagten den Einwand des Rechtsmissbrauchs schon deshalb nicht mit
Erfolg entgegenhalten, weil sich die Beklagten auch dann schadensersatzpflich-
tig gemacht hätten, wenn ihnen ein Anspruch gegen die Klägerin auf Erteilung
einer Lizenz zugestanden hätte. Ein entsprechender Anspruch hätte nichts dar-
an geändert, dass die Beklagten von dem Schutzrecht der Klägerin ohne ihr
Einverständnis Gebrauch gemacht und sie damit rechtswidrig gehandelt hätten.
Da die Beklagten keine Freilizenz beanspruchten, sondern die Einräumung ei-
ner Lizenz gegen Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 3% des Nettover-
kaufspreises begehrten, wäre der Klägerin jedenfalls ein Schaden in Höhe des
Betrages entstanden, den sie hätte beanspruchen können, wenn sie mit den
Beklagten einen entsprechenden Lizenzvertrag abgeschlossen hätte. Da die
Beklagten unstreitig CD-R hergestellt und vertrieben hätten, stehe auch auf der
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Grundlage des Beklagtenvorbringens fest, dass der Klägerin ein Mindestscha-
den entstanden sei. Dies genüge, um dem Feststellungsbegehren der Klägerin
zu entsprechen.
2. Es kann dahinstehen, ob diese Begründung der Nachprüfung in allen
Punkten standhielte. Denn da der Klägerin nach dem zu II 2 Ausgeführten ein
durchsetzbarer Unterlassungsanspruch zustand, sind die Beklagten, deren
schuldhaftes Handeln das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht hat, nach
§ 139 Abs. 2 PatG auch verpflichtet, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der
ihr dadurch entstanden ist, dass die Beklagten entgegen § 9 PatG die patentier-
te Erfindung benutzt haben.
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IV. Entsprechendes gilt für den vom Berufungsgericht gleichfalls zuer-
kannten Anspruch nach § 140a Abs. 1 PatG auf Vernichtung der rechtswidrig
hergestellten Datenträger.
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Tolksdorf Bornkamm
Meier-Beck
Strohn
Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 13.09.2002 - 7 O 35/02 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.12.2006 - 6 U 174/02 -