Urteil des BGH vom 26.06.2002

BGH (vereinigung, usa, hamburg, pakistan, afghanistan, stgb, stpo, anfang, untersuchungshaft, konto)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 BJs 88/01 - 5
AK 12/02
vom
26. Juni 2002
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am 26. Juni 2002
gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesge-
richtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den all-
gemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.
Gründe:
Der Beschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermitt-
lungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 27. November 2001 seit dem
29. November 2001 wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristi-
schen Vereinigung (§ 129 a Abs. 3 StGB) in Untersuchungshaft. Die Voraus-
setzungen für deren Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Der Beschuldigte ist der ihm angelasteten Tat dringend verdächtig
(§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO).
a) Am 11. September 2001 entführten mindestens 19, in vier Gruppen
agierende Personen auf Inlandsflügen in den USA vier Verkehrsflugzeuge.
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Zwei dieser Flugzeuge wurden gezielt in die Türme des World Trade Center in
New York gesteuert. Das Dritte wurde in das Verteidigungsministerium in
Washington (Pentagon) gelenkt. Das Vierte stürzte in Stoney Creek Township
(Pennsylvania) ab. Bei diesen Terrorakten kamen mehrere Tausend Menschen
ums Leben, eine Vielzahl weiterer Personen wurde verletzt.
Die bisherigen Ermittlungen belegen, daß sich spätestens im Lauf des
Jahres 1999 in der Bundesrepublik - vornehmlich in Hamburg - eine Gruppie-
rung muslimischer Studenten zusammenschloß, die an der Vorbereitung und
Durchführung dieser Anschläge mitwirkte. Zu dieser Gruppierung zählten je-
denfalls die bei den Anschlägen ums Leben gekommenen A. ,
Al. und J. sowie die kurz vor dem 11. September 2001
untergetauchten B. , O. (alias Bi. ) und
E. . Mehrere Zeugen sowie weitere Beweismittel bestätigen, daß diese
Personen in engen persönlichen Beziehungen zueinander standen. Teilweise
wohnten sie in wechselnder Zusammensetzung in derselben Wohnung. Ihnen
war in religiösen und politischen Fragen eine fundamentalistische bzw. radikale
Einstellung gemeinsam, die sich in einer Ablehnung der westlichen Kultur,
Feindschaft namentlich gegen Israel und die USA sowie einer Befürwortung
des "heiligen Krieges" äußerte, wie er ihres Erachtens etwa in Tschetschenien
geführt wurde. Diese Ideologie wurde insbesondere in Veranstaltungen propa-
giert, die - maßgeblich unter der Leitung des A. - regelmäßig im Rahmen der
an der Technischen Universität Hamburg-Harburg gegründeten "Islam AG", in
Moscheen, aber auch im privaten Bereich stattfanden und an denen die ge-
nannten Personen wie auch andere Muslime in wechselnder Besetzung teil-
nahmen.
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Nach den vorliegenden Erkenntnissen hielten sich A. , Al. ,
J. , O. und E. ab Ende 1999/Anfang 2000 für längere Zeiträume
nicht mehr in der Bundesrepublik auf. Für A. und J. sind Flüge nach Pa-
kistan am 25. bzw. 29. November 1999 belegt, für E. ist ein Rückflug aus
Pakistan am 19. August 2000 ermittelt. Diese Flüge, die Koordination der Aus-
reise, der Zeitraum der Abwesenheit der Genannten aus der Bundesrepublik,
die nachfolgenden Geschehnisse sowie der Umstand, daß E. und B.
nach dem 11. September 2001 in einem Ausbildungslager in Afghanistan ge-
sehen wurden, begründen den dringenden Verdacht, daß sich die bezeichne-
ten fünf Personen zum Zwecke der Ausbildung in militärischen bzw. terroristi-
schen Fähigkeiten in einschlägige Lager nach Afghanistan begeben hatten.
Nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik beantragten zunächst A. ,
Al. , J. und O. Visa für die USA und nahmen Kontakt zu dortigen
Flugschulen mit dem Ziel einer Pilotenausbildung auf. Nachdem A. , Al.
und J. die Visa erhalten hatten, absolvierten sie bei verschiedenen Auf-
enthalten in den USA bis in das Jahr 2001 hinein ihre Pilotenausbildung. O. ,
der bereits eine Anzahlung an eine Flugschule in Florida geleistet hatte, wurde
das Visum dagegen verweigert. Kurz nach dieser Ablehnung beantragte
E. ein Visum, das ihm jedoch ebenfalls nicht bewilligt wurde. Unmittelbar
vor dem 11. September 2001 setzten sich B. , O. und E. aus der
Bundesrepublik ab. A. und Al. befanden sich am 11. September 2001 in
je einem der Flugzeuge, die in das World Trade Center in New York gesteuert
wurden. J. gehörte zu der Gruppe, die das schließlich in Pennsylvania ab-
gestürzte Flugzeug entführt hatte. B. und E. wurden von dem Zeugen
Ad. nach dem 11. September 2001 in einem Ausbildungslager für "Gottes-
krieger" in Afghanistan gesehen.
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Nach alledem bestehen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür,
daß es sich bei der Gruppierung um A. um eine terroristische Vereinigung
handelte (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1 und 3, § 211, § 316 c StGB). Denn es liegt nahe,
daß es sich um einen auf gewisse Dauer angelegten organisatorischen Zu-
sammenschluß von mindestens drei Personen handelte, die bei Unterordnung
des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit terroristische
Zwecke verfolgten und unter sich derart in Beziehung standen, daß sie sich als
einheitlicher Verband fühlten (vgl. Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 129 Rdn. 2
m. w. N. ). Der Dauerhaftigkeit des Zusammenschlusses steht hier nicht entge-
gen, daß die bei der Planung der Anschläge als Selbstmordkommandos vorge-
sehenen Attentäter für weitere Aktionen nicht mehr zur Verfügung stehen wür-
den und sich die anderen bekannten Mitglieder der Organisation schon vor den
Anschlägen aus der Bundesrepublik absetzen sollten. Das Vorliegen dieses
Merkmals beurteilt sich nach den Vorstellungen, die die Mitglieder der Vereini-
gung bei deren Gründung hegten. Insoweit ist hier zum einen nicht erkennbar,
daß sich die Zielrichtung der Vereinigung von vornherein auf die Durchführung
einer einzigen terroristischen Aktion beschränkte. Vielmehr liegt es nahe, daß
sich die Gruppierung zunächst in dem allgemeinen Bestreben zusammen-
schloß, terroristische Beiträge zu dem gegen den Westen, insbesondere gegen
die USA und Israel gerichtete "heiligen Krieges" fundamentalistischer Isla-
misten im Umkreis der Al Quaida zu leisten. Zum anderen deutet aber auch die
lange Planungs- und Vorbereitungszeit für die schließlich konkret am
11. September 2001 ausgeführten Terrorakte (nach bisherigen Erkenntnissen
fast zwei Jahre) auf einen von vornherein auf gewisse Dauer angelegten Zu-
sammenschluß der Gruppierung hin. Die Erfüllung des Merkmals der organi-
sierten Willensbildung (vgl. BGHSt 31, 239, 243 aE) liegt bei Berücksichtigung
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des erheblichen Aufwands, der zur logistischen Vorbereitung der Anschläge
und zur internen Abstimmung der Vorgehensweise sowohl innerhalb der Ham-
burger Gruppe, als auch zwischen dieser und anderen an der Planung und
Vorbereitung der Terrorakte beteiligten Gruppierungen oder Einzelpersonen
auf internationaler Ebene erforderlich war, auf der Hand. Letztlich steht der
Annahme einer terroristischen Vereinigung auch nicht entgegen, daß die von
der Organisation geplanten Straftaten ausschließlich im Ausland begangen
werden sollten. Denn jedenfalls auf die beabsichtigten Flugzeugentführungen
(§ 316 c StGB) findet gemäß § 6 Nr. 3 StGB das deutsche Strafrecht Anwen-
dung. Damit unterfällt die Vereinigung auch dem § 129 a StGB (vgl. BGH NJW
1966, 310, 312).
Es liegen auch ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, daß
die Vereinigung bis in das Jahr 2001 hinein in der Bundesrepublik fortbestand.
Obwohl sich bis auf B. die übrigen Gruppenmitglieder ab Ende
1999/Anfang 2000 regelmäßig und für längere Zeiten im Ausland aufhielten,
kehrten sie immer wieder in die Bundesrepublik zurück und hatten hier mit gro-
ßer Wahrscheinlichkeit auch jeweils wieder untereinander Kontakt. Dies wird
durch Zeugenaussagen, die hier gestellten Visaanträge für die USA, verschie-
dene Flugdokumente, Kontobewegungen und Kreditkartenabrechnungen be-
legt. Während ihrer Abwesenheit kümmerte sich unter anderem B. , der sich
bis September 2001 durchgehend in der Bundesrepublik aufgehalten haben
dürfte, um die Erledigung von Angelegenheiten der anderen Gruppenmitglie-
der. Auch die Geldtransfers in die USA, die von der Bundesrepublik vorge-
nommen wurden, deuten darauf hin, daß die Vereinigung eine wesentliche Ba-
sis für ihre Aktivitäten im Inland beibehielt.
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b) Gegen den Beschuldigten besteht der dringende Verdacht, daß er die
terroristische Vereinigung jedenfalls dadurch unterstützte, daß er am 4. Sep-
tember 2000 aufgrund entsprechender Vollmacht von einem Girokonto des
Al. bei der Dresdner Bank in Hamburg auf ein Konto des O. 5.000 DM
überwies, die dieser Ende September 2000 mit weiteren 5.000 DM an Al.
in die USA transferierte, der sich dort in Vorbereitung der Anschläge zur Pilo-
tenausbildung aufhielt. Der Verdacht, daß der Beschuldigte die Überweisung in
Kenntnis der Hintergründe und insbesondere des Verwendungszwecks des
Geldes vornahm, stützt sich auf eine zusammenfassende Bewertung folgender
Ermittlungsergebnisse:
aa) Nach den Aussagen mehrerer Zeugen, die durch weitere Beweis-
mittel bestätigt werden, stand der Beschuldigte in engem persönlichem Kontakt
zu den oben genannten Mitgliedern der Vereinigung. Auch er nahm regelmäßig
an den Treffen teil, die im Rahmen der "Islam AG", in Moscheen oder in Pri-
vatwohnungen unter führender Beteiligung des A. stattfanden. Dabei teilte er,
wie auch außerhalb des Rahmens dieser Zusammenkünfte, in religiösen Fra-
gen die radikal-fundamentalistischen Ansichten des A. und ließ durch ent-
sprechende Äußerungen in politischer Hinsicht eine aggressive, feindliche
Haltung gegenüber den Juden bzw. Israel sowie den USA und allgemein eine
Ablehnung der westlichen Kultur erkennen. Für diese Einstellung des Beschul-
digten spricht auch, daß er ausweislich von ihm notierter Telefonnummern so-
wie des Einzelverbindungsnachweises zu seinem Telefonanschluß mit großer
Wahrscheinlichkeit telefonischen Kontakt zu fundamentalistischen Regimekriti-
kern in Saudi-Arabien pflegte, die sich dort wegen ihrer Aktivitäten zeitweise in
Haft befunden hatten.
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Seine engen Beziehungen zu dem genannten Personenkreis werden
beispielhaft auch dadurch belegt, daß er schon am 11. April 1996 ein "Testa-
ment" des A. als Zeuge unterzeichnet hatte und ihm am 30. Juli 1998 von
Al. sowie am 5. April 2000 von B. eine Generalvollmacht erteilt wor-
den war. Aufgrund der Generalvollmacht des Al. ließ der Beschuldigte
am 23. November 1999 bei der Dresdner Bank seine Verfügungsbefugnis über
das dort geführte Girokonto des Al. auf dem Kontenblatt eintragen und
nahm in der Folge Verfügungen über das Konto vor. Auch verfaßte und unter-
zeichnete der Beschuldigte am 30. November 1999 das Schreiben zur Kündi-
gung des Mietvertrags des Al. für die Wohnung W. str. in Ham-
burg und wickelte das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ab,
wobei er sich selbst bis zu diesem Zeitpunkt häufig in der Wohnung aufhielt
und über den dortigen Telefonanschluß erreichbar war. Aufschlußreich ist auch
die Tatsache, daß B. , der sich Anfang September 2001 nach Pakistan ab-
gesetzt hatte und später in einem Ausbildungslager in Afghanistan gesehen
wurde, bereits am 4. September 2001 aus Karachi beim Beschuldigten in Ham-
burg anrief.
Diese Bewertung wird durch die Einlassungen des Beschuldigten nicht
in Frage gestellt. Er hat bei seinen Vernehmungen die Intensität seiner Kon-
takte zu der genannten Personengruppe teilweise herunterzuspielen bzw. zu
verheimlichen versucht. Insbesondere verleugnete er seine Freundschaft zu
J. , die jedoch durch die Aussagen der Zeugen Ay. , F. und S.
belegt wird. Sie wird auch dadurch bestätigt, daß es ersichtlich der Beschul-
digte war, der während des Auslandsaufenthalts des J. Ende 1999/Anfang
2000 dessen Lebensgefährtin Se. in Bo. anrief und fragte, ob sie et-
was brauche. Er war demgemäß über die Abwesenheit des J. zu diesem
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Zeitpunkt informiert. Auch den Anruf des B. aus Pakistan am 4. September
2001 verschwieg der Beschuldigte und behauptete, er habe erst später vom
Schwiegervater des B. erfahren, daß dieser sich in Pakistan aufhalte.
Ebenso behauptet er, von den Aufenthalten des A. in den USA keine Kennt-
nis gehabt zu haben. Dem steht jedoch die Aussage des Zeugen M. ge-
genüber. Dieser bekundete, er habe sich anläßlich eines Besuchs in Hamburg
im Jahr 2000 mit dem Beschuldigten, Mu. und Ba. getrof-
fen. Bei diesem Treffen habe einer seiner Bekannten (wahrscheinlich Ba.
) erzählt, daß A. sein Studium in der Bundesrepublik beendet habe und in
den USA weiterstudiere. Dies habe ihn - M. - gewundert, da A. streng-
gläubiger Moslem war.
bb) Der Beschuldigte unternahm vom 23. Mai (Hinflug von Hamburg
nach Karachi) bis zum 1. August 2000 (Rückflug von Karachi nach Hamburg)
eine Reise nach Pakistan, die er zu verheimlichen suchte. Dem Zeugen D.
und anderen Kommilitonen hatte der Beschuldigte erklärt, er werde im Som-
mersemester 2000 in Marokko studieren. Im Herbst 2000 bestätigte er dann
diesem Zeugen gegenüber, daß er dieses Studiensemester in Marokko absol-
viert habe.
Die Behauptung des Beschuldigten, er habe sich während des gesamten
Reisezeitraums in Karachi aufgehalten, konnte nicht verifiziert werden. In dem
von ihm zunächst angegebenen Hotel lagen keine Anmeldeunterlagen für ihn
vor. Lediglich für den 28./29. Juli 2000 ist eine Übernachtung des Beschuldig-
ten in einem anderen Hotel in Karachi belegt. Dies läßt die Möglichkeit offen,
daß sich der Beschuldigte zwischenzeitlich tatsächlich von Pakistan nach
Afghanistan begeben hatte. Die Ermittlungsergebnisse legen im übrigen nahe,
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daß sich auch E. von Anfang 2000 bis 19. August 2000 (Flug von
Karachi nach Dubai) in Pakistan oder Afghanistan aufhielt.
cc) Die Angaben des Beschuldigten zu Anlaß und Hintergrund der
Überweisung der 5.000 DM vom Konto des Al. auf das Konto des O.
am 4. September 2000 sind teilweise widersprüchlich und im übrigen auffallend
inhaltsleer. So hatte der Beschuldigte zunächst behauptet, O. habe ihn we-
nige Tage vor dem 4. September 2000 in der Moschee zu der Überweisung
aufgefordert mit dem Hinweis, er - O. - wolle von Al. 5.000 DM und
habe die Überweisung mit diesem abgesprochen. An dieser Aussage hielt der
Beschuldigte zunächst trotz des Vorhaltes fest, O. habe sich zu dieser Zeit
gar nicht in der Bundesrepublik aufgehalten. Erst bei Fortsetzung der Verneh-
mung am Folgetag äußerte der Beschuldigte, es sei doch möglich, daß ihn
O. wegen der Überweisung angerufen habe. Wie es tatsächlich gewesen
sei, habe er aber nicht in Erinnerung. Auch wisse er nicht, für welchen Zweck
die 5.000 DM gedacht gewesen seien.
dd) Vor diesem Hintergrund erhält auch die Aussage des Zeugen
L. besondere Beweisbedeutung. Danach habe der Beschuldigte in
einem von dem Zeugen mitgehörten Gespräch mit dem Zeugen Ay. geäu-
ßert: "Sie wollen wieder etwas machen und es wird etwas Größeres sein: Die
Juden verbrennen und wir werden auf ihren Gräbern tanzen." Bei anderer Ge-
legenheit habe er anläßlich des Besuchs von zwei oder drei Bekannten auf
einen von diesen gewiesen und gesagt: "Dies ist unser Pilot."
2. Gegen den Beschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr
(§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Der Beschuldigte ist Marokkaner, seine Ehefrau
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stammt aus Rußland. Beide Eheleute halten zu ihren in den jeweiligen Hei-
matländern wohnenden Eltern engen Kontakt. Besondere Bindungen des Be-
schuldigten oder seiner Ehefrau in der Bundesrepublik bestehen dagegen
- abgesehen von dem weitgehend abgeschlossenen Studium des Beschuldig-
ten - nicht. Im Hinblick auf den erheblichen Tatvorwurf besteht daher für ihn der
besondere Anreiz, sich dem Verfahren durch Flucht in das Ausland zu entzie-
hen. Bei dieser Sachlage kann der Zweck der Untersuchungshaft auch nicht
durch mildere Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 Abs. 1
StPO).
3. Es liegen wichtige Gründe im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO vor, die
die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus
rechtfertigen. Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Anschläge vom
11. September 2001 sind von außergewöhnlichem Umfang und auf internatio-
naler Ebene zu führen und zu koordinieren. Ebenso sind die Nachforschungen
zu den Strukturen der Gruppierung um A. sowie den Beziehungen des Be-
schuldigten zu dieser Gruppe und seinen in diesem Zusammenhang vorge-
nommenen Aktivitäten mit erheblichem Aufwand verbunden. Es waren eine
Vielzahl von Zeugen zu vernehmen und erhebliche Mengen sonstigen Be-
weismaterials auszuwerten. Auch hierbei ergaben sich vielfach Bezüge ins
Ausland. Daher mußten mehrere Rechtshilfeersuchen gestellt werden, deren
Beantwortung noch aussteht. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, daß die
Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt,
daß sie nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden
wären.
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Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht auch nicht außer Ver-
hältnis zur Bedeutung der Sache und der für den Beschuldigten im Falle einer
Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Winkler Miebach Becker