Urteil des BGH vom 16.06.2000

BGH (geltendmachung des anspruchs, lpg, antragsteller, auskunft, abtretbarkeit, abtretung, zahlung, eigenkapital, zessionar, zweifel)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 30/99
vom
16. Juni 2000
in der Landwirtschaftssache
betreffend Auskunft und Einsichtnahme in Unterlagen
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
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LwAnpG § 44 Abs. 1
Der Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Abfindungsanspruchs nach § 44
Abs. 1 LwAnpG (oder eines Barabfindungsanspruchs) kann abgetreten werden.
BGH, Beschl. v. 16. Juni 2000 - BLw 30/99 - OLG Naumburg
AG Dessau
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 16. Juni 2000
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt und
Prof. Dr. Krüger sowie die ehrenamtlichen Richter Siebers und Gose
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Senats für
Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom
11. Mai 1999 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die dem An-
tragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbe-
schwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
5.000 DM.
Gründe:
I.
H. S. trat im Jahre 1984 oder 1985 der LPG (P) Bernburg-
Nord, der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, als Mitglied bei und arbei-
tete dort als Traktorist. Mit Schreiben vom 19. April 1991 kündigte er die Mit-
gliedschaft.
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Mit Beschluß vom 16. August 1990 hatte die LPG ihre Umwandlung in
die Antragsgegnerin beschlossen, die am 5. Juli 1991 in das Genossenschafts-
register eingetragen wurde.
H. S. trat unter dem 20. Juni 1997 etwaige "Ansprüche aus
der Mitgliedschaft" bei der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin an den An-
tragsteller ab. Dieser ist der Auffassung, ihm stünden aufgrund der Abtretung
Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz zu. Er hat
im Wege des Stufenantrags u.a. Auskunft über die Umwandlungsbilanz und
den Anteil des Zessionars an der früheren LPG sowie Zahlung des sich daraus
ergebenden Betrages verlangt.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Oberlan-
desgericht hat dem Auskunftsantrag stattgegeben. Mit der - zugelassenen -
Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragsgegnerin die Wiederherstellung der
Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts. Der Antragsteller beantragt die Zu-
rückweisung des Rechtsmittels.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Die Rüge, der Antragsteller sei vor dem Beschwerdegericht durch ei-
nen nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt vertreten gewesen, ist nicht be-
gründet, da im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nach dem die Sache
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zu behandeln ist (§§ 65 Abs. 2 LwAnpG, 9 ff LwVG), vor dem Beschwerdege-
richt kein Anwaltszwang besteht (§§ 9 LwVG, 21 Abs. 2 FGG).
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich nicht gegen die Auffassung des
Beschwerdegerichts, daß dem Zedenten dem Grunde nach ein Abfindungsan-
spruch nach § 44 Abs. 1 LwAnpG oder ein Anspruch auf Barabfindung nach
§ 40 Abs. 1 LwAnpG 1990 zugestanden hat. Rechtliche Bedenken können
hiergegen auch nicht erhoben werden (vgl. BGHZ 131, 260, 262). Sie meint
indes, zur Geltendmachung des Anspruchs bedürfe der Berechtigte keiner
Auskunft, er könne sogleich auf Zahlung klagen. Geschuldet werde nämlich
allein für jedes Beschäftigungsjahr ein Betrag in Höhe von 100 DM; diesen sei
sie bereit zu zahlen.
Dem ist nicht zu folgen. Auch wenn der Zedent - wie die Rechtsbe-
schwerde geltend macht - weder Inventarbeiträge geleistet noch Land einge-
bracht hat, so ist ihm doch bei seinem Ausscheiden eine Abfindung in Höhe
seines Anteils an der früheren LPG zu leisten. Bei der Berechnung dieses An-
teils kommt es auf das Eigenkapital der LPG zum Umwandlungsstichtag an
(§ 44 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 6 LwAnpG). Darauf zielt der geltend gemachte Aus-
kunftsanspruch.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde auch gegen die Be-
jahung der Abtretbarkeit der Auskunftsansprüche durch das Beschwerdege-
richt. Daß der Abfindungsanspruch nach § 44 LwAnpG (oder auch der An-
spruch auf Barabfindung) abtretbar ist, unterliegt keinem Zweifel (vgl. BGH,
Urt. v. 8. Dezember 1997, II ZR 217/96, WM 1998, 384, 387). Dasselbe gilt
dann auch für den Auskunftsanspruch, dem lediglich eine Hilfsfunktion zu-
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kommt und ohne den der abgetretene Zahlungsanspruch wertlos wäre. Es ist
daher auch im Zweifel davon auszugehen, daß ein nicht gesondert abgetrete-
ner Auskunftsanspruch in entsprechender Anwendung des § 401 BGB auf den
Zessionar des Zahlungsanspruchs mit übergeht (MünchKomm-BGB/Roth,
3. Aufl., § 401 Rdn. 7; Erman/Westermann, BGB, 9. Aufl., § 401 Rdn. 2). So-
weit sich aus den Besonderheiten des Rechtsverhältnisses, aus dem der Aus-
kunftsanspruch herrührt, Beschränkungen seines Inhalts oder seiner Geltend-
machung ergeben, führt das nicht zum Ausschluß der Abtretbarkeit. Die Rechte
des zur Auskunft Verpflichteten werden vielmehr durch § 404 BGB gewahrt.
Das gilt auch für einen auf § 242 BGB gestützten Einwand (BGH, Urt. v.
30. Mai 1962, VIII ZR 173/61, NJW 1962, 1388, 1390; zur Fortwirkung einer
inhaltlichen Beschränkung: BGH, Urt. v. 1. Dezember 1982, VIII ZR 206/81,
NJW 1983, 749). Ob eine Abtretung dann ausgeschlossen ist, wenn sie in
rechtsmißbräuchlicher Absicht vorgenommen wurde, bedarf keiner Entschei-
dung, da eine solche Absicht nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts
hier nicht gegeben ist.
Soweit das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluß vom
21. Dezember 1999 die Abtretbarkeit des Auskunftsanspruchs unter Berufung
auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 25, 116, 122; Urt. v.
3. November 1975, II ZR 98/74, BB 1975, 11) mit der Begründung verneint,
daß das Einsichtsrecht eines Genossenschafters zu den Verwaltungsrechten
eines Mitglieds gehöre, die höchstpersönlicher Art seien und daher nur von
den Gesellschaftern selbst ausgeübt werden könnten, verkennt es, daß im vor-
liegenden Fall keine Abspaltung des Auskunfts- oder Einsichtsrechts von den
Mitgliedschaftsrechten in Rede steht. Der Zessionar ist aus der Rechtsvorgän-
gerin der Antragsgegnerin ausgeschieden. Ihm stehen keine Mitgliedschafts-
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rechte mehr zu. Vielmehr beschränken sich seine Rechte auf eine seinem frü-
heren Anteil entsprechende vermögensmäßige Beteiligung am Eigenkapital.
Diese Rechte sind ebensowenig wie der zur Durchsetzung erforderliche Aus-
kunftsanspruch höchstpersönlicher Art. Durch Abtretung sind sie auf den An-
tragsteller übergegangen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel
Vogt
Krüger