Urteil des BGH vom 20.02.2008

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 49/07 Verkündet
am:
20. Februar 2008
Ermel,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 556 Abs. 3 Satz 1
§§ 556 ff. BGB legen den Vermieter bei der Abrechnung von Betriebskosten
nicht auf eine Abrechnung nach dem so genannten Leistungsprinzip fest; auch
eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip ist grundsätzlich zulässig.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 49/07 - LG Berlin
AG
Hohenschönhausen
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter
Dr. Wolst und Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 65
des Landgerichts Berlin vom 9. Januar 2007 im Umfang der An-
fechtung aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ho-
henschönhausen vom 2. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die
Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3. Die Klägerin trägt die Kosten
der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist seit 1997 Mieterin einer in B. gelegenen Wohnung
der Beklagten. Nach dem Mietvertrag hat die Klägerin die Betriebskosten, unter
anderem für Wasserversorgung und Abwasser, gesondert zu tragen und hierfür
monatliche Vorauszahlungen zu entrichten, über die die Beklagte einmal jähr-
lich abzurechnen hat. Der Wasserverbrauch der Klägerin wird durch einen in
der Wohnung installierten Wasserzähler ermittelt.
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Die Wasserversorgung der Gebäude der Beklagten nehmen die B.
vor, deren Abrechnungsturnus nicht mit dem Kalenderjahr
übereinstimmt. Wegen der Wasserkosten hat die Beklagte vier Gebäude zu
einer Wirtschaftseinheit zusammengefasst. Mit "Turnusrechnungen" vom
31. August 2004 und 7. September 2004 rechneten die B.
für die Zeit vom 23. September 2003 bis zum 27. Juli 2004 (Q.
Straße ), vom 24. September 2003 bis zum 19. Juli 2004 (L.
Straße ) und vom 23. September 2003 bis zum 19. Juli 2004 (Q.
Straße und Sch. Straße 10) über die von der Beklagten geleisteten
Abschlagszahlungen ab. Die Beklagte beglich die sich aus den Abrechnungen
ergebenden Nachforderungen der B. .
In die Betriebskostenabrechnung vom 28. November 2005 für den Ab-
rechnungszeitraum 2004 stellte die Beklagte die im Jahr 2004 von ihr an die
B. erbrachten Vorauszahlungen und Nachzahlungen ein
und legte die Gesamtkosten nach dem Verhältnis des in den einzelnen Miet-
wohnungen abgelesenen Einzelverbrauchs zum Gesamtverbrauch auf die Mie-
ter um. Nach dieser Abrechnung hat die Klägerin – neben unstreitigen weiteren
Betriebskosten von 1.235,45 € – Wasser- und Abwasserkosten in Höhe von
1.128,57 € zu tragen, denen geleistete Vorauszahlungen in Höhe von
1.991,16 € gegenüber stehen.
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Mit der Klage verlangt die Klägerin einen Teil der von ihr entrichteten
Vorauszahlungen für die Jahre 2002, 2003 und 2004 zurück. Das Amtsgericht
hat die Beklagte verurteilt, Betriebskostenvorauszahlungen für das Jahr 2002 in
Höhe von 239,71 € und für das Jahr 2003 in Höhe von 163,25 € zurückzuzah-
len; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt,
der Klägerin auch für den Abrechnungszeitraum des Jahres 2004 einen Teil der
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auf die Wasser- und Abwasserkosten geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von
215,96 € zu erstatten. Die weitergehende Berufung der Klägerin hat das Land-
gericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt die Beklagte ihr auf Zurückweisung der Berufung gerichtetes Begehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Inte-
resse, im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Klägerin stehe gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB ein Anspruch
auf Rückzahlung von Betriebskostenvorschüssen für das Jahr 2004 in Höhe
von 215,96 € zu. Die Beklagte könne von der Klägerin nur Betriebskosten für
Wasser und Abwasser verlangen, die für den in der Abrechnungsperiode ent-
standenen Verbrauch tatsächlich angefallen seien.
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§ 556a Abs. 1 Satz 2 BGB lasse wegen seiner eindeutigen Anknüpfung
an den Verbrauch nur die Auslegung zu, dass verbrauchsabhängig erfasste
Kosten nur nach dem entsprechenden Verbrauch in der vertraglich vereinbarten
Abrechnungsperiode abgerechnet werden dürften. Andernfalls müssten insbe-
sondere bei neu beginnenden Mietverhältnissen Mieter Betriebskosten tragen,
die nicht auf ihrem eigenen Verbrauch, sondern dem des Vormieters beruhten.
Dafür gebe es keinerlei Rechtfertigung.
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Soweit in der Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten
werde, eine dementsprechende Abrechnung nach dem Zeitabgrenzungs- bzw.
Leistungsprinzip bringe einen unverhältnismäßigen Abrechnungsaufwand für
den Vermieter mit sich, sei dem jedenfalls nach erfolgter Umstellung der Ab-
rechnung auf dieses Prinzip nicht zu folgen. Überdies stehe es dem Vermieter
frei, mit seinen Mietern individualvertraglich abweichende Vereinbarungen zur
Abrechnungsweise zu treffen. Ein Heranziehen der Grundsätze von Treu und
Glauben nach § 242 BGB sei deshalb auch im Einzelfall und für den Fall des
fortbestehenden Mietverhältnisses nicht angezeigt.
Die streitgegenständliche Betriebskostenabrechnung beachte für das
Jahr 2004 das Leistungs- bzw. Zeitabgrenzungsprinzip nicht, weil in ihr für 2003
angefallene Kosten ebenso mitberücksichtigt worden seien wie Abschläge für
den von den B. noch nicht abgerechneten Verbrauch
des Jahres 2004. Daher sei die Abrechnung zum Teil unrichtig. Die von den
B. für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2003 be-
rechneten Kosten seien nicht zu berücksichtigen, weil dieser Verbrauch nicht in
der hier maßgeblichen Abrechnungsperiode erfolgt sei. Nicht berücksichti-
gungsfähig seien auch die in den Abrechnungen der B.
aufgeführten Abschlagszahlungen, die die Beklagte für verschiedene Termine
im weiteren Verlauf des Jahres 2004 nach der Rechnungsstellung der B.
zu entrichten gehabt habe. Auch insoweit hätte die Beklagte
auf der Basis des tatsächlichen Verbrauchs und unter Berücksichtigung der ver-
traglich vereinbarten Abrechnungsperiode abrechnen müssen.
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II.
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Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Der Klägerin steht kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
auf Rückzahlung anteiliger Betriebskosten für die Wasserversorgung und
Schmutzwasserentsorgung für das Jahr 2004 zu. Entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts war es der Beklagten nicht verwehrt, nach dem so genann-
ten Abflussprinzip zu verfahren. Die Beklagte durfte deshalb die von ihr selbst
im Jahr 2004 an die B. geleisteten fälligen Zahlungen für
Wasser und Abwasser im Abrechnungszeitraum 2004 anteilig auf die Klägerin
umlegen.
1. Wie die nach § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB jährlich abzurechnenden Be-
triebskosten dem jeweiligen Abrechnungszeitraum zuzuordnen sind, wird in
Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt.
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a) Nach dem vom Berufungsgericht für allein zulässig gehaltenen Leis-
tungsprinzip (auch Zeitabgrenzungs- oder Verbrauchsprinzip genannt) sind die-
jenigen Betriebskosten abzurechnen, die für den jeweiligen Abrechnungszeit-
raum angefallen sind (ebenso LG Hamburg, NZM 2001, 806, 807). Das ent-
spricht der in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung (Staudinger/
Weitemeyer, BGB (2006), § 556 Rdnr. 117; Lammel, Wohnraummietrecht,
3. Aufl., § 556 Rdnr. 132; Schneider in: Müller/Walther, Miet- und Pachtrecht,
Stand: September 2007, § 556 Rdnr. 308 ff.; Betriebskostenkommentar/Rips,
2. Aufl., Rdnr. 1860, 1951; Both in: Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 3. Aufl.,
§ 556 Rdnr. 60; Beyerle in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraum-
miete, 2006, Kap. 11 Rdnr. 125, 142). Sofern nicht die Heizkostenverordnung
anwendbar sei, könne ein anderes Abrechnungsprinzip zwar grundsätzlich ver-
einbart werden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 535 Rdnr. 93; zweifelnd
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Staudinger/Weitemeyer, aaO); sei eine solche Vereinbarung nicht getroffen
worden, stehe dem Vermieter jedoch kein Wahlrecht zu (Schmid, Handbuch der
Mietnebenkosten, 10. Aufl., Rdnr. 3198). Nach dieser Auffassung sind die im
Jahr 2003 für den Wasserverbrauch angefallenen Kosten dem Abrechnungs-
zeitraum 2003 zuzuordnen, auch wenn sie dem Vermieter erst im Jahr 2004 in
Rechnung gestellt werden.
b) Demgegenüber wird auch eine Abrechnung nach dem so genannten
Abflussprinzip (auch Abrechnung nach Rechnungen oder Ausgabenabrechnung
genannt) für zulässig gehalten, nach dem die Beklagte verfahren ist. Danach
kann der Vermieter alle Kosten, mit denen er selbst im Abrechnungszeitraum
belastet wird, in die Abrechnung einstellen (LG Wiesbaden, NZM 2002, 944;
Kinne in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl., § 556
Rdnr. 54a, 78a, m.w.N.). Werden dem Vermieter – wie hier – im Jahr 2004
Wasserkosten für das Jahr 2003 berechnet, die er im Jahr 2004 begleicht, so
kann er die Belastung nach dieser Auffassung in die Betriebskostenabrechnung
für den Abrechnungszeitraum 2004 einbeziehen.
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c) Nach einer vermittelnden Auffassung kann der Vermieter nach dem
Abflussprinzip jedenfalls dann abrechnen, wenn eine Mehrbelastung des Mie-
ters ausgeschlossen ist, weil – wie im vorliegenden Fall – im Jahr des
Verbrauchs und im Jahr der Abrechnung kein Mieterwechsel stattgefunden hat
(LG Berlin, Zivilkammer 63, GE 2007, 368 und GE 2007, 451; LG Berlin, Zivil-
kammer 64, GE 2006, 725 und GE 1999, 1129, 1131; LG Berlin, Zivilkammer
62, MM 2004, 374 LS; LG Düsseldorf, DWW 1990, 51; Blank, DWW 1992, 65
f.).
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2. Die Streitfrage konnte im Senatsurteil vom 5. Juli 2006 dahinstehen,
weil in dem dort entschiedenen Fall der Vermieter die Betriebskostenabrech-
nung nicht nach dem Abfluss-, sondern nach dem Leistungsprinzip vorgenom-
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men hatte (VIII ZR 220/05, WuM 2006, 516 = NJW 2006, 3350, Tz. 13). Der
Senat entscheidet die Streitfrage nunmehr dahin, dass dem Vermieter eine Be-
triebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip grundsätzlich nicht verwehrt
ist.
a) Den Vorschriften der §§ 556 ff. BGB und den Gesetzesmaterialien
(BT-Drs. 14/4553, S. 50 ff.) ist nicht zu entnehmen, dass das Bürgerliche Ge-
setzbuch den Vermieter auf eine bestimmte zeitliche Zuordnung der Betriebs-
kosten festlegt (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 556
Rdnr. 303; Bieber, BGH-Report 2006, 1340). Auch vertraglich ist die Beklagte
nicht an eine bestimmte Abrechnungsmethode gebunden.
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aa) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist aus § 556a Abs. 1
Satz 2 BGB nicht herzuleiten, dass eine Betriebskostenabrechnung allein nach
dem Leistungsprinzip zulässig wäre. Nach dieser Bestimmung sind Betriebs-
kosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung
durch die Mieter abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unter-
schiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung
trägt. Diese Vorschrift trifft keine Bestimmung über die Zuordnung von Betriebs-
kosten zu einem bestimmten Abrechnungszeitraum. Wie die Revision zutref-
fend geltend macht, wird auch eine Betriebskostenabrechnung nach dem Ab-
flussprinzip dem Verbrauch bzw. der Verursachung als Abrechnungsmaßstab
gerecht.
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bb) § 556 Abs. 3 Satz 1, 2 und 3 BGB stehen einer Betriebskostenab-
rechnung nach dem Abflussprinzip ebenfalls nicht entgegen. Danach ist die
– jährlich vorzunehmende – Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf
des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen; nach
Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Ver-
mieter regelmäßig ausgeschlossen. Eine in Rechtsprechung und Literatur ver-
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tretene Auffassung, die sich auch die Revisionserwiderung zu Eigen macht,
verweist darauf, dass für den Nachforderungsausschluss nach § 556 Abs. 3
Satz 3 BGB bei einer Abrechnung nach dem Abflussprinzip kein Bedürfnis be-
stehe, weil sich dieser in erster Linie bei Abrechnungen nach dem Leistungs-
prinzip auswirke und bei Anwendung des Abflussprinzips kaum eintrete, und
zieht daraus den Schluss, § 556 BGB erlaube nur die Abrechnung nach dem
Leistungsprinzip (Staudinger/Weitemeyer, aaO; Betriebskostenkommentar/
Rips, aaO, Rdnr. 1953).
Diese Überlegung rechtfertigt indessen nicht die Schlussfolgerung, der
Gesetzgeber habe eine Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip
ausschließen wollen. Die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB und
der durch § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB angeordnete Ausschluss von Nachforde-
rungen sollen eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten, damit der Mieter in ei-
nem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum
entweder über ein sich zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen
kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer
Nachforderung des Vermieters rechnen muss (Senatsurteil vom 14. Februar
2007 – VIII ZR 1/06, WuM 2007, 196 = NJW 2007, 1059, Tz. 13, m.w.N.).
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cc) Gegen die Zulässigkeit einer Betriebskostenabrechnung nach dem
Abflussprinzip lässt sich auch nicht anführen, dass dem Mieter ein Vergleich der
Kostenentwicklung über verschiedene Abrechnungsperioden hinweg erschwert
werde (so aber Schneider, aaO, § 556 Rdnr. 310; vgl. auch Schmidt-Futterer/
Langenberg, aaO, § 556 Rdnr. 305). Entgegen der Ansicht der Revisionserwi-
derung folgt aus diesem Gesichtspunkt nicht, dass dem Vermieter eine Abrech-
nung nach dem Abflussprinzip untersagt ist, denn ein solches Erfordernis richtet
das Gesetz an eine Betriebskostenabrechnung nicht. Zudem ist die Anwendung
des Abflussprinzips auch für den Mieter von Vorteil, weil ihm die Kontrolle der
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jeweiligen Betriebskostenabrechnung vereinfacht wird; denn er kann anhand
des Fälligkeitsdatums der Rechnung des Versorgers leicht feststellen, ob ein in
die Abrechnung eingestellter Betrag zum Abrechnungszeitraum gehört (vgl.
Blank, DWW 1992, 65, 66).
b) Auch das Abflussprinzip ermöglicht grundsätzlich eine sachgerechte
Umlage der Betriebskosten, indem es auf die Kosten abstellt, mit denen der
Vermieter im Abrechnungszeitraum vom Leistungsträger jeweils tatsächlich be-
lastet wird. Die Betriebskostenabrechnung vereinfacht sich dadurch jedenfalls
für bestimmte Betriebskostenarten für den Vermieter unter Umständen erheb-
lich (vgl. Blank in: Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 556 Rdnr. 101). Das
veranschaulicht besonders der vorliegende Fall, in dem die Beklagte für die
nach dem Kalenderjahr vorgenommene Abrechnung mehrere Mietobjekte zu
einer (zulässigen) Wirtschaftseinheit zusammengefasst hat, während der Ver-
sorger jeweils etwa im August oder September eines Jahres "Turnusrechnun-
gen" erstellt, die sich – ungefähr – auf die vorangegangenen zwölf Monate be-
ziehen. Nach der vom Berufungsgericht geforderten Abrechnungsweise wäre
der Beklagten eine – im Interesse beider Vertragsparteien liegende – zeitnahe
Abrechnung nicht möglich. Denn sie könnte eine vollständige Abrechnung der
Betriebskosten für das Jahr 2004 erst nach Erhalt der weiteren Turnusrechnun-
gen der B. für die von diesen gewählte Abrechnungsperi-
ode 2004/2005 (also voraussichtlich im September 2005) erstellen. Außerdem
müsste die Beklagte bei einer Abrechnung nach dem Leistungsprinzip die von
den B. für die Zeiträume 2003/2004 und 2004/2005 ab-
gerechneten Beträge jeweils – im Wege einer Schätzung oder mit Hilfe einer
zusätzlichen Ablesung des Gesamtverbrauchs am Ende des Kalenderjahrs –
den einzelnen Kalenderjahren zuordnen. Der damit verbundene zusätzliche
Aufwand ist für den Vermieter nicht zumutbar und wird von schutzwürdigen In-
teressen des Mieters nicht gefordert. Gewisse Ungenauigkeiten, die sich durch
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eine konkrete Messung des (Gesamt)Verbrauchs zum Ende des Abrechnungs-
zeitraums des Vermieters vermeiden ließen, sind hinzunehmen (Schmidt-
Futterer/Langenberg, aaO, Rdnr. 310; vgl. auch Senatsurteil vom 8. März 2006
– VIII ZR 78/05, WuM 2006, 200 = NJW 2006, 1419, Tz. 17). Ob der Vermieter
in besonders gelagerten Fällen eines Mieterwechsels nach Treu und Glauben
(§ 242 BGB) gehindert sein könnte, Betriebskosten nach dem Abflussprinzip
abzurechnen, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil das Miet-
verhältnis der Parteien durchgängig sowohl im Verbrauchs- als auch im Ab-
rechnungszeitraum bestand.
III.
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer
tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat
die im Streit befindlichen Wasser- und Abwasserkosten richtig abgerechnet, so
dass kein Guthaben der Klägerin aufgrund der geleisteten Vorauszahlungen
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besteht. Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist deshalb
insgesamt zurückzuweisen.
Ball
Dr. Wolst
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Berlin-Hohenschönhausen, Entscheidung vom 02.06.2006 - 2 C 492/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 09.01.2007 - 65 S 172/06 -