Urteil des BGH vom 29.01.2001

BGH (höhe, grundstück, eintragung, auseinandersetzung, zahlung, versteigerung, 1995, ergebnis, stand, form)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 277/00
Verkündet am:
19. März 2001
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Dr. Kurzwelly, Kraemer und die Richterin Münke
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen
Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 23. Dezember 1999 wird
auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren geschiedenen Ehemann, auf
Schadenersatz wegen der Löschung einer nicht mehr valutierten Grundschuld
über 57.500,-- DM in Anspruch. Mit der Grundschuld war das vom Beklagten
am 24. März 1995 im Wege der Teilungsversteigerung erstandene Hausgrund-
stück S. straße 32 in R. belastet, das früher im Alleineigentum des Be-
klagten gestanden hatte und aufgrund Schenkungsvertrages vom 27. Novem-
ber 1990 ab 10. August 1992 beiden Parteien je zur ideellen Hälfte gehört hat-
te.
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Die Grundschuldgläubigerin, das B. (im folgen-
den: B. ), hatte der Klägerin bereits unter dem 13. Februar 1980 nach Tilgung
des Darlehens, dessen Sicherung die Grundschuld diente, eine Löschungsbe-
willigung übermittelt. Die Parteien machten davon keinen Gebrauch. Die
Grundschuld blieb bei der Versteigerung ihres gemeinsamen Grundstücks als
Teil des geringsten Gebots in voller Höhe bestehen. Nach hälftiger Teilung des
Versteigerungserlöses forderte die Klägerin von dem Beklagten Zahlung in Hö-
he der Hälfte des Nennbetrages der Grundschuld. Das Landgericht F.
- 7 O 1527/95 - wies ihre Klage mit der Begründung ab, beiden Parteien
stehe gegen das B. gemeinschaftlich ein Anspruch auf Rückgewähr der
Grundschuld zu, hinsichtlich dessen sie sich gemäß § 752 BGB auseinander-
setzen müßten. Die Klägerin ließ dem Beklagten mit Anwaltsschreiben vom
15. August 1995 die Löschungsbewilligung übersenden. Die Grundschuld wur-
de auf Antrag des Beklagten am 29. Oktober 1998 gelöscht.
Mit ihrer am 19. Oktober 1998 eingereichten Klage verlangt die Klägerin
von dem Beklagten Zahlung von 28.750,-- DM nebst Zinsen, hilfsweise, daß er
einer Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft an der ursprünglich ein-
getragenen Grundschuld dergestalt zustimme, daß er die Eintragung einer
Grundschuld über 28.750,-- DM nebst Zinsen an dem Grundstück
S. straße 32 zugunsten der Klägerin in das Grundbuch an erster Rangstelle
beantrage und bewillige. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das
Oberlandesgericht hat den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehen-
den Berufung der Klägerin verurteilt, die Eintragung einer Grundschuld in be-
antragter Höhe an erster Rangstelle zugunsten der Klägerin zu bewilligen. Mit
der - zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, beiden Parteien habe der An-
spruch auf Rückgewähr der Grundschuld gemeinschaftlich zugestanden. Für
den Beklagten habe spätestens aufgrund der Klageerhebung im vorliegenden
Verfahren unmißverständlich festgestanden, daß die Klägerin mit einer Aufhe-
bung der Gemeinschaft in der für sie ersatzlosen Weise durch Löschung der
Grundschuld nicht mehr einverstanden sei. Mit der gleichwohl veranlaßten Lö-
schung habe er entgegen § 747 Satz 2 BGB als Nichtberechtigter verfügt und
müsse der Klägerin nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB die Wiedereintragung des
hälftigen Anteils an der vormals zugunsten des B. an erster Rangstelle ein-
getragenen Grundschuld bewilligen.
II. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nur im Ergebnis stand.
1. Der Beklagte handelte bei der Löschung der Grundschuld nicht als
Nichtberechtigter. Die Klägerin hatte ihn durch die Übersendung der Lö-
schungsbewilligung zur Durchführung der Löschung ermächtigt (§ 185
Abs. 1 BGB). Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts mußte der Be-
klagte aus der vorliegenden Klage nicht entnehmen, daß die Klägerin ihre Zu-
stimmung widerrufen wollte. Denn die Klage wurde ihm am 6. November 1998
und damit erst nach der bereits am 29. Oktober 1998 erfolgten Eintragung der
Löschung zugestellt.
2. Die Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig
(§ 563 ZPO). Der Klägerin steht der Anspruch auf Einräumung einer Grund-
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schuld über 28.750,-- DM nebst Zinsen in mindestens entsprechender Anwen-
dung von § 752 BGB zu.
Zwischen den Parteien bestand auch nach der Ersteigerung des ge-
meinsamen Grundstücks durch den Beklagten noch eine Gemeinschaft nach
§ 741 BGB. Als gemeinschaftliches Recht stand ihnen allerdings nicht ein An-
spruch auf Rückgewähr der Grundschuld gegen das B. zu, sondern die be-
reits 1980 erteilte Löschungsbewilligung.
In dem im Jahre 1990 geschlossenen notariellen Vertrag, durch den ihre
Bruchteilsgemeinschaft an dem Grundstück begründet wurde, hatten die Par-
teien zunächst vorgesehen, daß der Klägerin außer dem hälftigen Miteigentum
auch etwaige "Eigentümerrechte" an der auf dem Grundstück lastenden
Grundschuld zur Hälfte übertragen werden sollten. In Abänderung dieser Be-
stimmung sind die Parteien dann statt dessen übereingekommen, die Grund-
schuld löschen zu lassen. Im wirtschaftlichen Ergebnis änderte dies jedoch an
dem Inhalt der Schenkung nichts: Die Klägerin sollte an allen an dem Grund-
stück bestehenden Rechten und damit auch an der Löschungsbewilligung hälf-
tig beteiligt sein.
Die gemeinsame Berechtigung an der Löschungsbewilligung ist durch
die Versteigerung des Grundstücks und den dem Beklagten erteilten Zuschlag
nicht untergegangen. An der Notwendigkeit einer Auseinandersetzung der
Parteien auch insoweit hat sich nichts geändert dadurch, daß die Klägerin dem
Beklagten die Löschungsbewilligung überlassen und der Löschung zugestimmt
hat. Denn das erfolgte in der ausdrücklich geäußerten Erwartung, der Beklagte
werde sich mit ihr über die Grundschuld auseinandersetzen, was sowohl in
Form der Auszahlung der Klägerin als auch in Form der ersatzweisen Einräu-
mung einer Grundschuld in Höhe des halben Nennwerts der zu löschenden
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Grundschuld hätte geschehen können. Da der Beklagte dieser Erwartung nicht
entsprochen hat, sondern die Grundschuld ohne Berücksichtigung der Mitbe-
rechtigung der Klägerin zur Löschung brachte, kann es der Klägerin unter Be-
rücksichtigung der in dem notariellen Schenkungsvertrag zum Ausdruck ge-
kommenen gemeinsamen Willensrichtung der Parteien, die Klägerin in jeder
Beziehung hälftig an dem Grundstück zu beteiligen, nicht verwehrt sein, von
dem Beklagten nunmehr die Einräumung einer Grundschuld in Höhe der Hälfte
des gelöschten Rechts zu verlangen.
Röhricht
Hesselberger
Kurzwelly
Kraemer Münke