Urteil des BGH vom 07.05.1990

Entfernung der Herstellungsnummer II Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 291/98
Verkündet am:
17. Mai 2001
Führinger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
BGHR: ja
Entfernung der Herstellungsnummer II
UWG § 1; BGB § 242 Be; KosmetikVO § 4 Abs. 1
a) Wer kosmetische Artikel anbietet, bei denen die gemäß § 4 Abs. 1
KosmetikVO anzubringenden Herstellungsnummern entfernt worden sind,
kann sich gegenüber dem vom Hersteller geltend gemachten Anspruch auf
Drittauskunft regelmäßig nicht auf ein das Interesse der Allgemeinheit am
Gesundheitsschutz sowie das Interesse des Herstellers an der Überwa-
chung seines selektiven Vertriebssystems überwiegendes eigenes Interesse
an der Geheimhaltung seiner Bezugsquellen berufen.
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b) Der Anspruch auf Drittauskunft besteht allerdings nicht in allgemeiner Form,
sondern ist - entsprechend den Regelungen im Gesetz zur Stärkung des
Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie
vom 7. Mai 1990 (BGBl. I S. 422) - auf den konkreten Verletzungsfall be-
schränkt.
c) Die Aufwendungen für ein Qualitätssicherungssystem, das den bei Produkt-
mängeln entstehenden Schaden so gering wie möglich halten soll, müssen
grundsätzlich als allgemeine und ohne Bezug auf einen konkreten Scha-
densfall getroffene Vorkehrungen zur Schadensminderung vom Hersteller
getragen werden, der sie in seinem Interesse freiwillig auf sich genommen
hat.
d) Der Schadensersatzanspruch des Herstellers kosmetischer Artikel gegen
denjenigen, der gemäß § 4 Abs. 1 KosmetikVO anzubringende Warenkenn-
zeichnungen entfernt hat, kann unter dem Gesichtspunkt der Marktverwir-
rung in Betracht kommen und sich auf die ihm dadurch bedingt im Rahmen
einer Rückrufaktion entstandenen Mehrkosten erstrecken.
BGH, Urt. v. 17. Mai 2001 - I ZR 291/98 - OLG Brandenburg
LG Neuruppin
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 1. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. September 1998
unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen aufgehoben,
soweit die Klage mit den im Berufungsverfahren gestellten, auf
Auskunftserteilung und Belegvorlage hinsichtlich der Parfüms Jo-
op! "Homme" (Après Rasage, 75 ml) und Davidoff "Cool Water"
(EdT 40 ml) gerichteten Klageanträgen zu 1 a) und 1 b), mit dem
dortigen Klageantrag zu 3, soweit er auf die Klageanträge zu 1 a)
und 1 b) rückbezogen ist, und mit den dortigen Klageanträgen zu 5
bis 8 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisi-
on, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Klägerin ist Lizenznehmerin bekannter Marken, unter denen sie
Duftwässer herstellt und in einem selektiven Vertriebssystem durch Parfümeri-
en mit Beratung vertreibt. Sie kennzeichnet ihre Produkte durch Herstellungs-
nummern und zwar in Form von Barcodes und Codenummern. Die Kennzeich-
nung ist so ausgestaltet, daß sie einerseits gemäß § 4 KosmetikVO die Ermitt-
lung der Chargen, aus denen das jeweilige Produkt stammt, und andererseits
eine Überwachung des Vertriebsweges ermöglicht.
Die Beklagte handelt mit Parfümerieprodukten. Dem Vertriebssystem der
Klägerin ist sie nicht angeschlossen. Mit Rechnung und Lieferschein vom
11. März 1996 hat sie an eine Parfümerie in G. Duftwässer der zur
Produktpalette der Klägerin gehörenden Marken Joop! "Homme" (Après Rasa-
ge, 75 ml) und Davidoff "Cool Water" (Eau de Toilette, 40 ml) verkauft, bei de-
nen der Barcode gänzlich und die letzten Stellen der Herstellungsnummer
entfernt waren.
Die Klägerin hat die Beklagte aufgefordert, den Handel mit Produkten
der Klägerin, deren Codierung entfernt war, zu unterlassen und Auskunft zu
erteilen, von wem sie die betreffenden Produkte bezogen hatte. Die Beklagte
hat vorprozessual die begehrte Unterlassungserklärung abgegeben, die Aus-
kunft aber verweigert.
Die Klägerin hat deshalb Klage erhoben. Vor dem Landgericht hat sie
beantragt, die Beklagte zur Auskunftserteilung über alle ihre Lieferanten von
Duftwässern der Marken Lancaster, Monteil, Bogner, Chopard, Davidoff, Jil
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Sander, Joop und Nikos, gegebenenfalls zur Versicherung der Richtigkeit und
Vollständigkeit der erteilten Auskunft an Eides Statt sowie zur Zahlung des
nach der Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Schadensersatzbetrages
zu verurteilen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Gegen den geltend ge-
machten Auskunftsanspruch hat sie insbesondere eingewandt, sie habe die
Herstellungsnummern selbst entfernt.
Die Klägerin hat im Hinblick auf diese - von ihr bestrittene - Darstellung
hilfsweise beantragt festzustellen, daß die Beklagte den der Klägerin dadurch
entstandenen Schaden zu ersetzen habe, daß sie die von ihr selbst vorge-
nommene Entfernung der Herstellungsnummern erst mit der Klageerwiderung
vom 7. Oktober 1997 mitgeteilt habe.
Das Landgericht hat die Klägerin hinsichtlich ihrer Behauptung, die Be-
klagte habe Ware ohne Herstellungsnummern erhalten, als beweisfällig ange-
sehen und daher die Klage mit den Hauptanträgen abgewiesen. Dem Hilfsan-
trag hat es unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs stattgegeben.
Gegen das Urteil des Landgerichts haben die Klägerin Berufung und die
Beklagte (unselbständige) Anschlußberufung eingelegt.
Die Klägerin hat vor dem Berufungsgericht beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts zu
verurteilen,
1. der Klägerin
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a) Auskunft zu erteilen, von wem sie Produkte der Linien Davi-
doff, Chopard, Jil Sander, Bogner, Monteil, Lancaster, Nikos
und Joop bezogen hat, bei denen die herstellerseitig aufge-
brachte Herstellungskennziffer ganz oder teilweise entfernt,
beschädigt oder sonst unkenntlich gemacht worden ist,
b) die jeweiligen Einkaufsbelege (Rechnungen und Lieferschei-
ne) in Kopie vorzulegen,
2. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit
dem 11. März 1996 die in Nr. 1 bezeichneten Duftwässer ver-
trieben hat, deren Herstellungskennziffer entsprechend Nr. 1 be-
schädigt war,
3. ihre Auskünfte gemäß Nr. 1 a) und 2 erforderlichenfalls an Eides
Statt zu versichern,
4. an die Klägerin einen nach Erteilung der Auskunft zu Nr. 2 noch
zu beziffernden Schadensersatzbetrag zu zahlen,
hilfsweise
5. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in
welchem Umfang sie seit dem 11. März 1996 die in Nr. 1 be-
zeichneten Duftwässer vertrieben hat, bei denen sie selbst die
Herstellungskennziffer entsprechend Nr. 1 beschädigt hat,
6. die Beklagte zu verurteilen, ihre Auskunft gemäß Nr. 5 erforder-
lichenfalls an Eides Statt zu versichern,
7. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen nach Erteilung
der Auskunft zu Nr. 5 noch zu beziffernden Schadensersatzbe-
trag zu zahlen,
8. festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin sämtlichen Schaden
ersetzen muß, der ihr dadurch entstanden ist, daß die Beklagte
erst mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1997 Auskunft darüber erteilt
hat, daß sie selbst die Herstellungskennziffern auf den an die
Firma "D. " in G. gelieferten Produkten Joop!
"Homme", Apres Rasage 75 ml und Davidoff "Cool Water", EdT
40 ml, entfernt hat.
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Die Beklagte hat beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
und mit ihrer Anschlußberufung den Antrag auf vollständige Abweisung der
Klage weiterverfolgt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen
und auf die Anschlußberufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen
(OLG Brandenburg OLG-Rep 1999, 52).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt
die Klägerin ihre im Berufungsverfahren gestellten Anträge in vollem Umfang
weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für insgesamt unbegründet er-
achtet und hierzu ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein mit dem Hauptantrag zu 1 a) geltend gemachter
Anspruch auf Benennung der Lieferanten unter keinem rechtlichen Gesichts-
punkt zu. Voraussetzung für einen entsprechenden Auskunftsanspruch sei das
Bestehen einer Sonderverbindung, etwa eines Beseitigungs- oder Schadens-
ersatzanspruchs gemäß § 1 UWG, §§ 823, 1004 BGB. Für einen Beseiti-
gungsanspruch fehle es an einer noch bestehenden Störung. Die Störung
durch den Handel der Beklagten mit Produkten der Klägerin, bei denen die
Herstellungsnummer entfernt worden sei, sei durch die von der Beklagten ab-
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gegebene Unterlassungserklärung beseitigt worden. Die in dem Handel der
Vorlieferanten der Beklagten mit entsprechenden Produkten zu erblickende
Störung werde von der Beklagten nicht erzeugt oder unterhalten. Ein Scha-
densersatzanspruch stehe der Klägerin nicht zu, weil ihr aus dem Verhalten
der Beklagten kein Schaden entstanden sei. Ihr insoweit allenfalls in Mitleiden-
schaft gezogenes Vertriebssystem stelle keine eigentumsgleiche Rechtspositi-
on im Sinne des § 823 BGB dar. Den Eintritt eines sonstigen Vermögensscha-
dens habe die Klägerin nicht dargelegt. Ein Drittauskunftsanspruch stehe ihr
ebenfalls nicht zu. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten könnte sich
mangels einer zwischen den Parteien bestehenden rechtlichen Sonderverbin-
dung allenfalls aus Treu und Glauben ergeben. Das Geheimhaltungsinteresse
der Beklagten an ihren Bezugsquellen werde hier jedoch nicht von höherwerti-
gen Interessen der Allgemeinheit oder der Klägerin überlagert. Dieser stünden
daher auch die weiteren mit der Klage geltend gemachten Auskunfts- und
Schadensersatzansprüche nicht zu (Hauptanträge zu 2-4 sowie Hilfsanträge zu
5-7).
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
zum Teil Erfolg.
1. Die Ablehnung des Auskunftsanspruchs gemäß dem im Berufungs-
verfahren gestellten Klageantrag zu 1 a) hält der revisionsrechtlichen Über-
prüfung nicht stand (vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 07.03.1997 - 6 U 117/96, WRP
1997, 597; der BGH hat die Revision gegen dieses Urteil mit Beschluß vom
15.07.1999 - I ZR 88/97 - nicht angenommen).
a) Ein Anspruch auf Auskunftserteilung nach Treu und Glauben gemäß
§ 242 BGB besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Be-
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rechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes
im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der
Lage ist (vgl. BGHZ 10, 385, 387). Unter diesen Voraussetzungen ist ein An-
spruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der Inanspruch-
genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen
Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (vgl.
BGHZ 125, 322, 328 ff. - Cartier-Armreif; BGH, Urt. v. 24.03.1994
- I ZR 152/92, GRUR 1994, 635, 636 f. = WRP 1994, 516
- Pulloverbeschriftung; Urt. v. 23.02.1995 - I ZR 75/93, GRUR 1995, 427, 429
= WRP 1995, 493 - Schwarze Liste; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprü-
che, 7. Aufl., Kap. 38 Rdn. 35). Entsprechend liegt der Streitfall, in dem die
Klägerin im Wege der Drittauskunft von der Beklagten die Benennung der Lie-
feranten der Parfüms, bei denen die Herstellungsnummer entfernt worden war,
verlangt, um gegen diese Unterlassungsansprüche und möglicherweise Aus-
kunftserteilungs- sowie Schadensersatzansprüche geltend machen zu können.
b) Dem danach ursprünglich gegebenen Auskunftsanspruch der Kläge-
rin stand auch nicht das Fehlen einer rechtlichen Sonderverbindung zwischen
den Parteien entgegen. Eine entsprechende rechtliche Beziehung ergab sich
hier nämlich aus dem durch den Verstoß der Beklagten gegen § 4 Abs. 1 Kos-
metikVO nach § 1 UWG begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis.
Gemäß § 4 Abs. 1 KosmetikVO dürfen kosmetische Artikel gewerbsmä-
ßig nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn auf ihren Behältnissen
und Verpackungen die Nummer des Herstellungspostens oder ein Kennzei-
chen angegeben sind, die eine Identifizierung der Herstellung ermöglichen.
Das Gebot, die Nummer des Herstellungspostens anzubringen, dient dazu, bei
fehlerhaften Produkten Schaden von der Volksgesundheit abzuwenden (BGH,
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Urt. v. 21.04.1994 - I ZR 271/91, GRUR 1994, 642, 644 = WRP 1994, 527
- Chargennummer). Die Beklagte hat gegen diese Vorschrift verstoßen, indem
sie Parfüms verkauft hat, bei denen die Herstellungsnummern ganz oder teil-
weise entfernt waren. Hierin lag, da § 4 Abs. 1 KosmetikVO eine dem Schutz
der Volksgesundheit dienende Bestimmung darstellt, zugleich ein Wettbe-
werbsverstoß nach § 1 UWG (BGHZ 142, 192, 197 - Entfernung der Herstel-
lungsnummer I; BGH GRUR 1994, 642, 643 - Chargennummer).
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die rechtliche Grund-
lage für den Auskunftsanspruch der Klägerin auch nicht mit der von der Be-
klagten abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen. Diese
Erklärung beseitigte lediglich die Gefahr, daß die Beklagte künftig derartige
Wettbewerbsverstöße begeht, nicht aber die Gefahr, daß etwaige Lieferanten
der Beklagten weiterhin mit Parfüms handelten, bei denen die Herstellungs-
nummer entfernt war. Der Anspruch auf Drittauskunft dient jedoch nicht der
Unterbindung von Wettbewerbsverstößen des Auskunftspflichtigen selbst, son-
dern der Verhinderung von Wettbewerbsverstößen Dritter. Während der Aus-
kunftsanspruch zur Vorbereitung eines gegen den Auskunftspflichtigen selbst
gerichteten Hauptanspruchs voraussetzt, daß der durch die Verletzungshand-
lung eingetretene Störungszustand fortdauert, besteht ein Anspruch auf Aus-
kunft über die Bezugsquelle schon dann, wenn es allein um die Vermeidung
künftiger vergleichbarer Beeinträchtigungen geht (vgl. BGHZ 125, 322, 329 f.
- Cartier-Armreif). Die Nennung der Bezugsquelle soll es dem Berechtigten er-
möglichen, die Quelle zu verschließen, aus der die Rechtsverletzung fließt und
jederzeit erneut fließen kann (BGHZ 125, 322, 332 - Cartier-Armreif).
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d) Die Revision rügt ferner mit Recht, daß die vom Berufungsgericht bei
der Prüfung des Anspruchs auf Drittauskunft vorgenommene Interessenabwä-
gung rechtsfehlerhaft ist.
aa) Die Zubilligung des Auskunftsanspruchs hat, da es sich um einen
Anwendungsfall des in § 242 BGB niedergelegten Grundsatzes von Treu und
Glauben handelt, unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzel-
falls und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen.
Dabei sind sowohl die Art und Schwere der Rechtsverletzung als auch die bei-
derseitigen Interessen des Berechtigten und des Verpflichteten angemessen zu
berücksichtigen (vgl. BGHZ 125, 322, 331 - Cartier-Armreif).
bb) Zutreffend ist allerdings die Erwägung des Berufungsgerichts, die
Beklagte habe ein beachtenswertes Interesse an der Geheimhaltung ihrer Be-
zugsquellen. Auf der Grundlage des bisherigen Klagevorbringens nicht zu be-
anstanden ist auch seine Annahme, höherwertige Interessen der Klägerin lä-
gen nicht vor. Diese hat selbst nicht behauptet, sie benötige die Auskunft über
die Lieferanten etwa deshalb, weil sie zur Aufklärung verpflichtet sei, wer die
Parfüms, bei denen die Herstellungsnummer entfernt worden sei, in den Ver-
kehr gebracht habe. Die Klägerin hat zudem ausdrücklich erklärt, ihr komme es
im Rahmen des Anspruchs auf Drittauskunft nicht auf die Beseitigung von Be-
einträchtigungen ihres Vertriebssystems an.
cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haben im vorliegenden
Fall aber sowohl übergeordnete Interessen der Allgemeinheit als auch eigene
Interessen der Klägerin eine maßgebliche Bedeutung und sind deshalb bei der
gebotenen Abwägung entsprechend mit zu berücksichtigen. Der Auskunftsan-
spruch dient hier dem Ziel, Verstöße von Lieferanten solcher Parfüms, bei de-
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nen die Herstellungsnummer entfernt worden war, gegen das dem Gesund-
heitsschutz und damit dem Allgemeininteresse dienende Kennzeichnungsgebot
des § 4 Abs. 1 KosmetikVO zu unterbinden. Verstöße gegen dieses Kenn-
zeichnungsgebot sind besonders schwerwiegend, weil sie die menschliche Ge-
sundheit gefährden (vgl. BGH GRUR 1994, 642, 643 f. - Chargennummer). Die
Klägerin hat auch ein eigenes Interesse daran, daß ihre Produkte nicht unter
Verstoß gegen ein dem Gesundheitsschutz dienendes Kennzeichnungsgebot
auf den Markt gelangen. Hinzu tritt das ebenfalls geschützte Interesse, das
- auf wirksamen Verträgen beruhende, von der Rechtsordnung nicht mißbillig-
te - selektive Vertriebssystem zu überwachen. Sind die Nummern, mit deren
Hilfe die Klägerin den vertragsuntreuen Vertriebspartner ermitteln kann, ent-
fernt, ist sie auf die Drittauskunft angewiesen, wenn sie den Absatzweg der
Ware zurückverfolgen möchte. Gegenüber diesen Interessen muß das Interes-
se der Beklagten an der Geheimhaltung ihrer Lieferanten grundsätzlich zu-
rücktreten. Der für die Volksgesundheit bestehenden Gefahr konnte hier auch
nicht, wie das Berufungsgericht meint, in gleicher Weise durch eine ordnungs-
rechtliche Anzeige begegnet werden. Die Revision weist zutreffend darauf hin,
daß die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens keineswegs ebenso
wirksam zur Aufdeckung der Bezugsquellen der Beklagten führen muß.
dd) Der Senatsentscheidung "Cartier-Armreif" ist entgegen der Annahme
des Berufungsgerichts im übrigen nicht zu entnehmen, daß ein höherwertiges
Interesse des Geschädigten nur im Falle der Verletzung absolut geschützter
eigentumsgleicher Rechte besteht. Der Senat hat in dieser Entscheidung ledig-
lich ausgesprochen, daß das aus Wettbewerbsgründen an sich berechtigte
Interesse des Verletzers an der Geheimhaltung seiner Bezugsquelle und sei-
nes Vertriebswegs hinter dem Interesse des Inhabers einer wettbewerbsrecht-
lich geschützten Leistungsposition zurückzutreten hat, empfindliche Störungen
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dieser Position für die Zukunft zu unterbinden (BGHZ 125, 322, 331 - Cartier-
Armreif). Daraus folgt aber nicht, daß das Interesse des Verletzers an der Ge-
heimhaltung seiner Bezugsquelle allein in diesem Fall zurückstehen muß. Im
übrigen spricht nichts dafür, daß bei der Abwägung mit dem Interesse des
Verletzers an der Geheimhaltung seiner Bezugsquelle zwar das Interesse des
Verletzten an der Abwehr eines Eingriffs in eine wettbewerbsrechtlich ge-
schützte Leistungsposition, nicht aber das Interesse der Allgemeinheit an der
Abwehr einer Gefahr für die Volksgesundheit sowie das Interesse des Herstel-
lers und/oder des Lizenznehmers an der Unterbindung entsprechender Verstö-
ße von maßgeblicher Bedeutung sein sollten.
e) Der Klägerin ist der Anspruch auf Auskunft über die Lieferanten der
Parfüms, bei denen die Herstellungsnummer entfernt worden war, auch nicht
deshalb zu versagen, weil sie die Auskunft nicht nur zur Unterbindung von Ver-
stößen gegen die Kosmetikverordnung, sondern zugleich auch zur Durchset-
zung ihres selektiven Vertriebssystems verwenden kann. Wie der Senat inzwi-
schen entschieden hat, stellt die Verwendung von Herstellungsnummern zur
Überwachung der Vertriebswege in einem selektiven Vertriebsbindungssystem
eine legitime Kontrollmaßnahme dar, wenn es sich um ein auf rechtswirksamen
Verträgen beruhendes, rechtlich nicht mißbilligtes System handelt (BGHZ 142,
192, 198 ff. - Entfernung der Herstellungsnummer I). Dementsprechend ist das
Interesse der Klägerin an einer effektiven Überwachung ihrer Vertriebspartner
im Rahmen der Abwägung - oben unter d) cc) - zu berücksichtigen.
Keiner weiteren Erörterung bedarf in diesem Zusammenhang die Frage,
ob es der Klägerin ausnahmsweise wettbewerbsrechtlich verwehrt sein könnte,
sich auf den Verstoß gegen die Kosmetikverordnung zu berufen, wenn das
Nummernsystem dazu diente, ein von der Rechtsordnung mißbilligtes Ver-
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triebssystem durchzusetzen (vgl. BGHZ 142, 192, 197 - Entfernung der Her-
stellungsnummer I, m.w.N.); denn es liegen hier keine Anhaltspunkte dafür vor,
daß das Vertriebssystem der Klägerin von der Rechtsordnung mißbilligt wird.
Namentlich ergibt sich weder aus dem Berufungsurteil noch aus dem Vorbrin-
gen der Revisionserwiderung, daß dieses Vertriebssystem gegen nationales
oder europäisches Kartellrecht verstößt (vgl. BGHZ 142, 192, 198 ff.
- Entfernung der Herstellungsnummer I). Die von der Beklagten in Abrede ge-
stellte theoretische und praktische Lückenlosigkeit ist weder nach nationalem
noch nach europäischem Recht Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit des
Vertriebssystems (BGHZ 142, 192, 201-203 - Entfernung der Herstellungs-
nummer I; 143, 232, 236 ff. - Außenseiteranspruch II).
f) Der mit dem Antrag zu 1 a) geltend gemachte Anspruch setzt des
weiteren nicht den Nachweis voraus, daß die Beklagte die Parfüms bereits oh-
ne Herstellungsnummer von ihren Vorlieferanten erhalten hatte. Wie bereits
ausgeführt worden ist, besteht ein Auskunftsanspruch, wenn der Gläubiger
über den Bestand seines Rechts ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis ist
und der Schuldner darüber unschwer Auskunft erteilen kann. Diese Vorausset-
zungen liegen hier vor, weil die Klägerin nicht wissen kann, woher die Parfüms
stammen, bei denen die Herstellungsnummer gefehlt hat, und weil die Beklagte
hierüber ohne weiteres Auskunft erteilen kann. Die Klägerin kann daher Aus-
kunft darüber verlangen, ob die Beklagte von Dritten Ware ohne Herstellungs-
nummer bezogen oder diese selbst entfernt hatte. Allein auf diese Weise
konnte sie etwaige vertragsbrüchige Vertriebshändler ermitteln und dadurch
die Quelle für weitere Rechtsverletzungen verschließen (BGHZ 125, 322, 332
- Cartier-Armreif).
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g) Der mithin dem Grunde nach gegebene Auskunftserteilungsanspruch
ist allerdings seinem Inhalt nach auf den konkreten Verletzungsfall beschränkt,
d.h. die Beklagte hat mitzuteilen, wer ihr die mit Rechnung und Lieferschein
vom 11. März 1996 an die Parfümerie in G. verkauften und ausgelie-
ferten beiden Parfüms geliefert hatte. Die Beklagte ist dagegen nicht verpflich-
tet, der Klägerin Auskunft über etwaige andere an sie erfolgte Lieferungen von
Parfüms ohne Herstellungsnummer aus deren Produktpalette zu erteilen. Der
Nachweis bestimmter Verletzungshandlungen reicht schon grundsätzlich nicht
aus, um einen Anspruch auf Auskunft auch über alle möglichen anderen Ver-
letzungshandlungen zu begründen; denn dies liefe darauf hinaus, einen recht-
lich nicht bestehenden allgemeinen Auskunftsanspruch anzuerkennen und der
Ausforschung unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln Tür
und Tor zu öffnen (Teplitzky aaO Kap. 38 Rdn. 7 m.w.N.). Hinzu kommt, daß
die Klägerin hier einen Anspruch auf Drittauskunft geltend macht und dieser
auch insoweit, als er mittlerweile durch das Gesetz zur Stärkung des Schutzes
des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 7. Mai
1990 (BGBl. I S. 422) in bezug auf Sonderschutzrechte gesetzlich geregelt
worden ist, ausdrücklich nicht in allgemeiner Form besteht, sondern allein hin-
sichtlich des Schutzrechts, hinsichtlich dessen eine Verletzung festgestellt
worden ist (vgl. § 101a Abs. 1 UrhG: "... dieser Vervielfältigungsstücke ...";
§ 140b Abs. 1 PatG und § 24b Abs. 1 GebrMG jeweils: "... des benutzten Er-
zeugnisses ..."; § 37b SortenschG: "... des Materials, das Gegenstand einer
solchen Handlung ist ..."; § 25b Abs. 1 WZG: "... dieser Waren ..." und entspre-
chend nunmehr § 19 Abs. 1 MarkenG: "... von widerrechtlich gekennzeichneten
Gegenständen ...").
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h) Der Auskunftsanspruch der Klägerin bestünde allerdings dann nicht
mehr, wenn die Beklagte die von ihr zu fordernde Auskunft bereits erteilt hätte
und damit der Anspruch infolge Erfüllung erloschen wäre (§ 362 Abs. 1 BGB).
aa) Die in der Klageerwiderung vom 7. Oktober 1997 enthaltene Erklä-
rung der Beklagten, sie selbst habe die Herstellungsnummern entfernt, bein-
haltete zugleich die Erklärung, sie habe die fraglichen Parfüms von ihren Liefe-
ranten nicht bereits ohne Herstellungsnummer bezogen. Auch in einer negati-
ven Erklärung kann die Erfüllung des Auskunftsbegehrens zu sehen sein
(BGH, Urt. v. 29.10.1957 - I ZR 192/56, GRUR 1958, 149, 150 - Bleicherde).
bb) Eine zum Zweck der Auskunft gegebene Erklärung genügt zur Er-
füllung des Auskunftsanspruchs jedoch dann nicht, wenn sie nicht ernst ge-
meint, unvollständig oder von vornherein unglaubhaft ist (BGHZ 125, 322, 326
- Cartier-Armreif). Zumindest letzteres läßt sich beim gegenwärtigen Sach- und
Streitstand nicht ausschließen. Das Berufungsgericht hat in dieser Hinsicht
- von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Al-
lein der Verdacht, die Beklagte könnte bewußt oder unbewußt ihre Erinne-
rungsfähigkeit unterdrückt haben, rechtfertigte es andererseits noch nicht, de-
ren Erklärung von vornherein als unglaubhaft und damit als nicht abgegeben
anzusehen (BGHZ 125, 322, 326 - Cartier-Armreif). Allerdings sprechen ver-
schiedene Anhaltspunkte dafür, daß dies hier anders sein könnte.
So widerspricht es möglicherweise der Lebenserfahrung, daß die Par-
füms nicht bereits ohne Herstellungsnummer an die Beklagte geliefert worden
sind. In der Regel wird bereits der Depositär bei den Parfüms, die er entgegen
der mit dem Hersteller getroffenen Vereinbarung an Wiederverkäufer veräu-
ßert, die Herstellungsnummer entfernen, um so seinen Vertragsbruch zu ver-
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decken. Ebenso wird auch ein Zwischenhändler, der daran interessiert ist, daß
seine Bezugsquelle nicht versiegt, darauf achten, daß die Produkte keine Her-
stellungsnummern mehr aufweisen. Da sich die Beklagte - wenn man ihren
Umsatz in Betracht zieht - wohl auf der dritten oder vierten Handelsstufe des
Graumarkts befindet, erscheint es eher unwahrscheinlich, daß die Parfüms
noch mit Herstellungsnummer an sie geliefert worden sind.
Zudem gibt auch die Einlassung der Beklagten zu der Art und Weise,
wie sie die Herstellungsnummern entfernt haben will, Anlaß zu Zweifeln. Die
Beklagte hat hierzu mit der Anschlußberufung vorgetragen, die letzten vier
Ziffern der zehnstelligen Herstellungsnummer auf der Verpackung mit einem
Messer herausgeschnitten und dann vorsichtig abgezogen zu haben. Die Klä-
gerin hat in Erwiderung auf dieses Vorbringen ausgeführt, an dem durch Test-
kauf erworbenen Parfüm "Cool Water" der Marke Davidoff seien sämtliche
zehn Ziffern mit einem Lösungsmittel entfernt worden, ohne daß die Beklagte
dieser Darstellung - trotz Einräumung einer Schriftsatzfrist - entgegengetreten
ist.
Die Frage der Glaubhaftigkeit der von der Beklagten erteilten Auskunft
läßt sich daher auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes
- auch unter Berücksichtigung des im Berufungsurteil festgestellten unstreitigen
Sachverhalts - nicht abschließend beurteilen. Die Sache ist deshalb zur vom
Tatrichter vorzunehmenden Klärung der Frage, ob der Auskunftsanspruch ge-
mäß dem Klageantrag zu 1 a) noch fortbesteht, an das Berufungsgericht zu-
rückzuverweisen.
2. Beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand gleichfalls nicht abschlie-
ßend beurteilt werden kann die Frage, ob der Klägerin der mit dem Klagean-
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trag zu 1 b) geltend gemachte Anspruch auf Vorlage der jeweiligen Einkaufs-
belege zusteht. Der Auskunftsanspruch kann sich nämlich auf Umstände er-
strecken, die der Berechtigte benötigt, um die Verläßlichkeit der Auskunft über-
prüfen zu können (Teplitzky aaO Kap. 38 Rdn. 27 m.w.N.). Dies kann im Ein-
zelfall ausnahmsweise auch einen Anspruch auf Belegvorlage rechtfertigen
(vgl. BGH, Urt. v. 31.03.1971 - VIII ZR 198/69, LM § 810 BGB Nr. 5).
3. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin mit dem Klageantrag
zu 2 geltend gemachten Anspruch auf Auskunft über den Umfang der von der
Beklagten vorgenommenen Weiterveräußerung von Parfüms, bei denen die
Herstellungsnummer entfernt war, mit der Begründung verneint, es fehle an
einem Schadensersatzanspruch der Klägerin, auf dessen Durchsetzung der
Auskunftsanspruch zielen könnte. Die Klägerin habe nicht dargelegt, daß ihr
aus dem Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden sei. Diese Beurtei-
lung läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
Ohne Erfolg rügt die Revision, die Klägerin habe den Eintritt eines ihr
von der Beklagten gemäß § 1 UWG zu ersetzenden Vermögensschadens
durch den Vertrieb der Produkte ohne Herstellungsnummer in Form eines der
Marktverwirrung ähnlichen Schadens dargelegt, weil der Vertrieb solcher Pro-
dukte das von der Klägerin geschaffene Qualitätssicherungssystem außer
Funktion gesetzt habe, so daß die dafür getätigten Investitionen ins Leere ge-
gangen seien. Sie beruft sich insoweit auf die Ausführungen der Klägerin in der
Berufungsbegründung vom 9. März 1998. Dort hat die Klägerin klargestellt, ihr
sei zum einen aufgrund der Entfernung der Herstellungsnummern ein Schaden
in Höhe der Kosten entstanden, die sie für das Anbringen der Nummern auf-
gewandt habe; auf diesen Schaden bezögen sich die Hilfsanträge zu 5-7. Ge-
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genstand der Hauptanträge zu 2 und 4 sei hingegen allein der durch den Ver-
trieb der Produkte ohne Herstellungsnummer entstandene Schaden.
Nach Darstellung der Klägerin dienten die Aufwendungen für das Num-
mernsystem dem Zweck, den bei Produktmängeln entstehenden Schaden so
gering wie möglich zu halten. Der Schadensminderung dienende Aufwendun-
gen vor dem Schadensfall sind aber, da sie unabhängig von dem einzelnen
Schadensfall entstehen und durch diesen nicht veranlaßt sind, grundsätzlich
nicht erstattungsfähig. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen bei scha-
densmindernden Vorsorgemaßnahmen in Betracht, die letztlich dem Schädiger
zugute kommen. Vorkehrungen zur Schadensminderung, die - wie im vorlie-
genden Fall - allgemein und ohne Bezug auf einen konkreten Schadensfall ge-
troffen worden sind, müssen jedoch in der Regel von demjenigen getragen
werden, der sie in seinem Interesse freiwillig auf sich nimmt (vgl. BGHZ 59,
286, 287 f. - Doppelte Tarifgebühr; 75, 230, 237 f.; BGH, Urt. v. 14.1.1992
- VI ZR 120/91, NJW 1992, 1043, 1044).
Die Klägerin hat im übrigen auch keinen ihr entstandenen oder noch
entstehenden, der Marktverwirrung ähnlichen Schaden dargelegt, aufgrund
dessen sie die begehrte Auskunft zu beanspruchen hätte. Ein solcher Schaden
könnte allenfalls darin zu erblicken sein, daß die Beklagte durch ihr Verhalten
einen Zustand geschaffen hat, der Rechte oder auch das Ansehen der Klägerin
beeinträchtigt und dadurch zu einer Vermögenseinbuße geführt hat (vgl. Te-
plitzky aaO Kap. 34 Rdn. 7). Der Schaden bestünde dabei erst in der entspre-
chenden Einbuße; denn die Marktverwirrung stellt als solche lediglich einen
Störungszustand dar, dem mit Abwehransprüchen zu begegnen ist (BGH, Urt.
v. 6.6.1991 - I ZR 234/89, GRUR 1991, 921, 923 = WRP 1991, 708
- Sahnesiphon). Dementsprechend stünde der Klägerin unter dem Gesichts-
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punkt der Marktverwirrung nur dann ein Schadensersatzanspruch und - um
dessen Bezifferung zu ermöglichen - ein Auskunftsanspruch zu, wenn sich das
von ihr angesprochene Risiko realisiert hätte, daß ihr infolge der von der Be-
klagten vorgenommenen Entfernung der Herstellungsnummern im Rahmen
einer Rückrufaktion ansonsten nicht angefallene Kosten entstanden wären. In
dieser Hinsicht aber hat die Klägerin nichts vorgetragen.
4. Mit dem Klageantrag zu 2 entfällt auch der auf diesen rückbezogene
Klageantrag zu 4 sowie der Klageantrag zu 3, soweit er auf den Klageantrag
zu 2 rückbezogen ist.
5. Sollte das Berufungsgericht aufgrund der erneuten Verhandlung zu
dem Ergebnis gelangen, daß der Klage mit dem Antrag zu 1 a) stattzugeben
ist, wird es nunmehr über den hierzu mit dem Klageantrag zu 3 geltend ge-
machten Anspruch auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Voll-
ständigkeit der erteilten Auskünfte zu entscheiden haben. Dabei wird es fol-
gende Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben:
a) Besteht Grund zu der Annahme, daß eine Auskunft nicht mit der er-
forderlichen Sorgfalt erteilt worden ist, so hat der Verpflichtete nach § 259
Abs. 2 BGB zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß er die Auskunft nach
bestem Wissen so vollständig abgegeben hat, als er dazu imstande war. Der
Anspruch besteht unter der genannten Voraussetzung auch dann, wenn es
- wie hier - um eine Drittauskunft geht. Gerade in diesem Bereich, der im we-
sentlichen von der Wissensbereitschaft des Auskunftsverpflichteten abhängt
und nicht ohne weiteres durch äußere Umstände belegt oder widerlegt werden
kann, besteht ein besonderes Bedürfnis, mit dem Mittel der eidesstattlichen
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Versicherung einer wahrheitsgemäßen Auskunft Nachdruck zu verleihen
(BGHZ 125, 322, 333 - Cartier-Armreif).
b) Sollte das Berufungsgericht aufgrund der neuen Verhandlung zu der
Überzeugung gelangen, daß die von der Beklagten mit der Klageerwiderung
erteilte Auskunft ungeachtet der in dieser Hinsicht bestehenden Bedenken
nicht von vornherein unglaubhaft ist, wird es der Klägerin zumindest bei anson-
sten unverändertem Sach- und Streitstand im Hinblick auf diese Bedenken den
Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu gewähren haben.
6. Das Berufungsgericht wird, sollte es aufgrund der neuen Verhandlung
zu dem Ergebnis kommen, daß keine Ansprüche der Klägerin gemäß den Kla-
geanträgen zu 1 a), 1 b) und 3 (mehr) bestehen, im weiteren zu berücksichti-
gen haben, daß die Klägerin die Klageanträge zu 5 bis 7 nicht allgemein für
den Fall der Erfolglosigkeit ihrer Hauptanträge, sondern allein für den Fall
hilfsweise gestellt hat, daß sich die von ihr bestrittene Behauptung der Be-
klagten, die Herstellungsnummer der Parfüms selbst entfernt zu haben, als
richtig herausstellen sollte. Diese Bedingung, deren prozessuale Zulässigkeit
gegebenenfalls zu prüfen sein wird, ist, wie das Berufungsgericht im ange-
fochtenen Urteil unter Verstoß gegen § 308 ZPO verkannt hat, jedenfalls bis-
lang nicht erfüllt; denn das Gericht hat, ohne zu der Frage der Entfernung der
Herstellungsnummern Feststellungen zu treffen, den Hauptantrag wie auch den
Hilfsantrag schon aus Rechtsgründen abgewiesen.
7. Die Ausführungen zu vorstehend 6. gelten mit Blick auf den weiterhin
hilfsweise gestellten Klageantrag zu 8 entsprechend; denn dieser ist ausdrück-
lich nur für den Fall gestellt worden, daß sich die von der Klägerin bestrittene
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Behauptung der Beklagten, sie habe die Herstellungsnummern der Parfüms
selbst entfernt, als richtig herausstellen sollte.
Erdmann
Starck
Bornkamm
Büscher
Schaffert