Urteil des BGH vom 14.01.2008, VII B 279/03
BGH (erlöschen des anspruchs, antragsteller, zulassung, forderung, rechtsanwaltschaft, vermögensverfall, haftbefehl, beschwerde, einfluss, abgabenordnung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 67/06 vom
14. Januar 2008
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Dr. Ernemann,
Dr. Frellesen und Schaal sowie die Rechtsanwältinnen Dr. Hauger, Kappelhoff
und den Rechtsanwalt Prof. Dr. Stüer nach mündlicher Verhandlung am
10. Dezember 2007
am 14. Januar 2008 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
des 1. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofes vom 30. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
50.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
11. Der Antragsteller ist seit 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit
Bescheid vom 5. August 2005 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche
Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofs hat der Antragsteller sofortige Beschwerde
eingelegt.
22. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), bleibt
jedoch in der Sache ohne Erfolg.
3a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist,
es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet
sind. Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof die Voraussetzungen eines Vermögensverfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids als belegt
angesehen. Der Antragsteller war mit einem Haftbefehl vom 5. Juni 2003 (
), den das Amtsgericht M. auf Betreiben des Zentralfinanzamtes M. erlassen hatte, im Schuldnerverzeichnis eingetragen; im August 2004 betrugen die Steuerrückstände über 63.000 €. Zudem wurden gegen
den Antragsteller eine Vielzahl von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen
erwirkt. Damit wurde der Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 (2. Halbsatz)
BRAO gesetzlich vermutet.
4b) Die den Haftbefehl betreffende Eintragung wurde zwar zwischenzeitlich getilgt und der Antragsteller hat teilweise belegt, dass neben der Forderung
des Zentralfinanzamtes nur noch eine Forderung über 900 € und weitere kleinere Forderungen von insgesamt 120 € zur Zahlung anstehen. Gleichwohl kann
die begründete Vermutung des Vermögensverfalls weder als widerlegt angesehen werden, noch hat der Antragsteller hinreichend dargetan, dass sich seine
Vermögensverhältnisse nunmehr konsolidiert hätten, so dass von einem Widerruf abgesehen werden könnte (vgl. BGHZ 75, 356; 84, 149).
5Dies gilt namentlich deshalb, weil sich die Verbindlichkeiten des Antragstellers gegenüber dem Zentralfinanzamt bis zum 13. Dezember 2005 auf
über 64.000 € erhöht haben. Auf das Beschwerdevorbringen, das Zentralfi-
nanzamt hätte die Steuerforderungen gemäß § 261 AO niedergeschlagen,
kommt es hierbei nicht an. Die Niederschlagung erfolgt allein in dem Interesse
der Verwaltung, unnötigen bzw. aussichtslosen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Sie begründet keinen Rechtsanspruch des Steuerbürgers auf ein weiteres Absehen der Finanzbehörde von der Beitreibung, vielmehr ist sie jederzeit
aufzuheben und der Anspruch geltend zu machen, wenn bekannt wird, dass der
Vollstreckungsschuldner über pfändbares Vermögen verfügt (BFH, Beschl. v.
27. November 2003 - VII B 279/03; BGH, Beschl v. 6. November 2006
- AnwZ (B) 87/05). Sie ist deshalb weder eine Stundungsverfügung noch eine
Erlassverfügung, führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs und hat auch keinen
Einfluss auf die Fälligkeit der Forderung (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung Lfg. 108 Oktober 2005, § 261 Rdn. 8-12). Wie
der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. November 2005 mitgeteilt hat, sind
seine Bemühungen mit dem Zentralfinanzamt zu einer vergleichsweisen Erledigung der Forderungen zu kommen, erfolglos geblieben.
6c) Schließlich ist für einen Ausnahmefall, in dem die Interessen der
Rechtsuchenden ungeachtet des Vermögensverfalls nicht gefährdet wären,
nichts ersichtlich. Dass die Ehefrau des Antragstellers berufstätig ist und er sei-
ne Honorareinnahmen nicht notwendiger Weise zur Führung seines Lebensunterhalts benötigt, genügt nicht.
Hirsch Ernemann Frellesen Schaal
Hauger Kappelhoff Stüer
Vorinstanz:
AGH München, Entscheidung vom 30.01.2006 - I - 24/05 -
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